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Strenge Rechtsprechung zum Öffentlichkeitsprinzip festigt sich

Überblick über praxisrelevante Entscheide der Jahre 2018 und 2019 zum Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ)

Daniel Kämpfer*, MLaw, Jurist beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA, Bern
Annina Keller*, MLaw, Juristin beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten EDÖB, Bern

Résumé: Un coup d’œil à la jurisprudence des deux années écoulées révèle que tant le TAF que le TF confirment de manière constante les exigences strictes auxquelles l’application des dispositions d’exception de la LTrans sont soumises. La barre pour refuser ou  limiter l’accès est ainsi placée haut pour les autorités, à qui incombe aussi le fardeau de la preuve. Ainsi, grâce à des décisions parfois pionnières, les tribunaux fédéraux contribuent à une percée de la transparence dans l’administration. Même si les jugements des tribunaux sont convaincants dans leurs conclusions, certaines erreurs conceptuelles s’y glissent régulièrement, erreurs qui, dans des cas d’espèce, peuvent susciter une certaine insécurité. La question de savoir dans quels cas une pesée des intérêts doit intervenir et dans quels cas une analyse des risques suffit reste problématique. En bref, il apparaît que, sur le plan fédéral, une jurisprudence stricte, confirmant, en fin de compte, les objectifs poursuivis par la LTrans, est en train de s’imposer.

Zusammenfassung: Ein Blick auf die Rechtsprechung der vergangenen zwei Jahre zeigt, dass sowohl das BVGer als auch das BGer unverändert strenge Anforderungen an die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmungen des BGÖ stellen und die Messlatte für Zugangsbeschränkungen oder -verweigerungen gegenüber den beweisbelasteten Behörden hoch ansetzen. Damit verhelfen die eidgenössischen Gerichte in teilweise wegweisenden Entscheiden der Verwaltungsöffentlichkeit zum Durchbruch. Obgleich die Urteile der Gerichte im Ergebnis in den meisten Fällen überzeugen, schleichen sich doch regelmässig konzeptionelle Makel ein, welche im Einzelfall Verunsicherung stiften können. Besondere Schwierigkeiten scheint nach wie vor die Frage zu verursachen, in welchen Fällen eine Interessenabwägung und in welchen lediglich eine Schadensrisikoprüfung vorzunehmen ist. Alles in allem scheint sich aber im Bereich des Öffentlichkeitsprinzips auf Bundesebene eine strenge Rechtsprechung zu festigen, welche letztlich im Interesse der mit dem BGÖ verfolgten Ziele steht.

Einleitung

In den beiden vergangenen Jahren haben sich das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) und das Bundesgericht (BGer) vergleichsweise oft mit dem Öffentlichkeitsgesetz[2] befassen müssen. Der vorliegende Beitrag soll einen Überblick über besonders praxisrelevante Entscheide liefern. Diese werden nachfolgend anhand der geprüften Bestimmungen gruppiert, weshalb einzelne Entscheide mehrmals zu besprechen sind. Als besonders umstritten erwiesen sich einmal mehr Fragen zu möglichen Spezialbestimmungen, Geschäftsgeheimnissen und Personendaten. Wie bereits in den vergangenen Jahren bieten auch in dieser Berichtsperiode wieder einige Urteile Anlass zu Bemerkungen

1. Persönlicher Geltungsbereich des Gesetzes (Art. 2 BGÖ)

a) Anzahl attestierter Arbeitsunfähigkeiten durch Gutachter der IV-Stelle  
(BGer 1C_461/2017 und 1C_467/2017 vom 27.6.2018)
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Diesen beiden weitestgehend identischen Entscheiden zum Informationszugangsrecht des Kantons Solothurn lag u.a. die auf Bundesebene relevante Frage zugrunde, ob für den Zugang zu amtlichen Dokumenten einer kantonalen IV-Stelle das kantonale Informationszugangsrecht oder das Öffentlichkeitsprinzip des Bundes zur Anwendung gelangt. Das BGer stellte klar, dass das kantonale Recht Anwendung findet, selbst wenn die IV-Stellen Bundesrecht vollziehen. Diese Klärung wurde nötig, da das BGer zuvor in zwei anderen Entscheiden im jeweiligen Kontext zu einer unterschiedlichen Beurteilung gekommen war[3].

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Kommentar: Auch auf Bundesebene war bereits über den Zugang zu amtlichen Dokumenten kantonaler IV-Stellen unter den Prämissen des BGÖ zu entscheiden. Dies etwa dann, wenn die zur Einsicht verlangten Informationen von IV-Stellen beim Bundesamt für Sozialversicherungen lagen, über welche dieses im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben verfügte[4].

b) Schlichtungstätigkeit ombudscom  (BVGer A-1732/2018 vom 26.3.2019)
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Zu beurteilen war die Frage, ob die ombudscom – eine im Auftrag des Bundesamtes für Kommunikation tätige Schlichtungsstelle im Bereich Telekommunikation – dem persönlichen Geltungsbereich des BGÖ untersteht. Die ombudscom hatte dies verneint und den Zugang zu statistischen Daten betreffend ihre Schlichtungstätigkeit verweigert.

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Zunächst hielt das BVGer fest, dass die Verwaltungseinheiten der zentralen und dezentralen Bundesverwaltung im Anhang 1 der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung[5] abschliessend aufgelistet seien. Demnach seien Verwaltungsträger wie die ombudscom, die zwar Bundesaufgaben erfüllten, aber nicht in einem der beiden Anhänge zur RVOV aufgeführt seien, nicht Teil der Bundesverwaltung, sondern verwaltungsexterne Aufgabenträger. Letztere unterstünden gemäss den gesetzlichen Bestimmungen nur dann dem BGÖ, soweit ihnen eine Erlass- oder Verfügungskompetenz zukomme. Da die ombudscom für ihre Leistungen im Bereich ihrer Schlichtungstätigkeit den Parteien mittels Verfügung die Verfahrensgebühren auferlegt, war unbestritten, dass sie zumindest in diesem Bereich dem BGÖ untersteht. Das BVGer gelangte jedoch zum Schluss, dass die Gebührenfrage nicht losgelöst von der gesamten Tätigkeit der ombudscom erfolgen könne. Vielmehr bestehe ein derart enger Konnex zwischen der Auferlegung der Verfahrensgebühren mittels Verfügung und der übrigen Tätigkeiten der ombudscom, dass sie insgesamt dem persönlichen Geltungsbereich des BGÖ unterstehe.

2. Spezialbestimmungen anderer Bundesgesetze (Art. 4 BGÖ)

a) Liste mit beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beantragten Bewilligungen für Kriegsmaterialexporte
(BVGer A-6108/2016 vom 28.3.2018 / BGer 1C_222/2018 vom 21.3.2019)
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Im wohl bedeutendsten Entscheid des Jahres 2018 war der Zugang zu einer Liste zu beurteilen, welche sämtliche in der Schweiz ansässigen Firmen enthält, die dem SECO im Jahr 2014 ein Gesuch zur Ausfuhr von Kriegsmaterial gestellt hatten. Das SECO verweigerte den Zugang u.a. unter Hinweis auf Art. 32 des Kriegsmaterialgesetzes[6], wonach der Bundesrat die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte über die Einzelheiten der Kriegsmaterialausfuhr orientiert. Im Rahmen dieser jährlichen Berichterstattung stellten diese Informationen Sitzungsunterlagen der Geschäftsprüfungskommissionen dar, welche von Art. 47 des Parlamentsgesetzes[7] erfasst würden und somit vom BGÖ ausgenommen seien.

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Das BVGer stellte klar, dass es sich bei Art. 47 ParlG um eine Spezialbestimmung i.S.v. Art. 4 Bst. a BGÖ handle, sofern Dokumente zur Debatte stünden, welche direkt auf das Beratungsgeheimnis der parlamentarischen Kommissionen Bezug nehmen würden. Daraus könne umgekehrt aber nicht geschlossen werden, dass jedes in einer Kommissionssitzung verwendete Dokument und jede dort verbreitete Information als geheim zu betrachten sei. Da der Gesuchsteller nicht Zugang zur Berichterstattung an die Geschäftsprüfungskommissionen verlange, sondern zu Informationen, welche bereits früher und unabhängig von diesem Bericht und der Kommissionssitzung bestanden hätten, würden diese nicht allein deshalb vertraulich, weil sie Gegenstand von Kommissionssitzungen geworden seien. Art. 47 ParlG komme vorliegend daher nicht als Spezialbestimmung zur Anwendung. Das BGer stützte diese Auffassung.

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Kommentar: Das BGer hat mit diesem Entscheid die Rechtsprechung bestätigt, wonach das Kommissionsgeheimnis nicht automatisch zur Anwendung gelangt, wenn amtliche Dokumente oder Informationen herausverlangt werden, welche (auch) Teil von Sitzungsunterlagen parlamentarischer Kommissionen bildeten. Damit hat es den Anwendungsbereich von Art. 47 ParlG als Spezialbestimmung zum BGÖ weiter konkretisiert, was zu begrüssen ist.

b) Schlichtungstätigkeit ombudscom (BVGer A-1732/2018 vom 26.3.2019) 
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Im bereits erwähnten Urteil betreffend die ombudscom äusserte sich das BVGer mit Blick auf Art. 4 BGÖ dahingehend, dass eine allgemeine Verordnungskompetenz des Bundesrates im Fernmeldegesetz[8], wonach der Bundesrat die Einzelheiten regelt, nicht genüge, damit eine gestützt darauf erlassene Verordnungsbestimmung[9] dem BGÖ als Spezialbestimmung i.S.v. dessen Art. 4 vorgehen könne.

c) Kontrolle Wickelkommoden durch die Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung  (BVGer A-5623/2017 vom 2.5.2019)
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In diesem Urteil befasste sich das BVGer mit dem Verhältnis zwischen dem Anspruch auf Zugang zu amtlichen Dokumenten nach dem BGÖ und Bestimmungen zur aktiven Informationspflicht im Bundesgesetz über die Produktesicherheit[10]. Dabei kam es zum Schluss, dass Art. 10 Abs. 4 (öffentliche Warnung der Bevölkerung) i.V.m. Art. 12 PrSG (Schweigepflicht) als spezialgesetzliche Grundlage i.S.v. Art. 4 BGÖ zu qualifizieren sei, welche den Zugang zu Verwaltungsinformationen abweichend vom BGÖ regeln würde[11]. Eine Beschwerde gegen dieses Urteil ist vor dem BGer hängig.

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Kommentar: Dieser Entscheid überzeugt nach der hier vertretenen Auffassung nicht. Aus einer Aktivinformationsbestimmung kann selbst in Kombination mit einer Bestimmung zur Schweigepflicht grundsätzlich nicht gefolgert werden, dass jeder weitergehende Zugang zu verweigern ist[12]. Die aktive und die passive Informationstätigkeit sind streng auseinanderzuhalten und mit Blick auf ihre unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und Zweckbestimmungen nebeneinander anzuwenden. Es gilt zu verhindern, dass die aktive Information die passive Information einschränkt oder umgekehrt[13]. Falls das BGer dieses Urteil bestätigen sollte, dürfte dies mit Blick auf die zahlreich vorhandenen Aktivinformationsbestimmungen in der Bundesgesetzgebung bedeutende Auswirkungen auf den Anwendungsbereich des BGÖ haben.

d) Bussen und Nachsteuern im Bereich der direkten Bundessteuer
(BVGer A-6255/2018 vom 12.9.2019)

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In diesem Urteil stellte sich unter anderem die Frage, ob das Steuergeheimnis als Spezialbestimmung zum BGÖ einem Zugang zu den im Jahr 2017 im Bereich der direkten Bundesssteuer von der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) eingenommenen 268.7 Millionen Franken Bussen und Nachsteuern, aufgeschlüsselt auf die einzelnen Kantone und Anzahl Verfahren, entgegensteht. Zunächst erinnerte das BVGer daran, dass das Steuerrecht als Rechtsbereich nicht insgesamt vom Öffentlichkeitsprinzip ausgenommen sei. Vom Steuergeheimnis erfasst seien nur diejenigen Informationen, die einen direkten Bezug zu einer steuerpflichtigen Person aufweisen bzw. deren Identifizierung ermöglichen würden. Hingegen seien interne Prozesse, Planungen und Weisungen, die der allgemeinen Vertrauensbildung in die Arbeit der Steuerbehörden dienten, nicht Gegenstand des Steuergeheimnisses. Dies gelte grundsätzlich auch für aggregierte Zahlen zu Steuererträgen. Im konkreten Fall hielt es das BVGer allerdings für nicht vollständig ausgeschlossen, dass aufgrund der vom Gesuchsteller nachgefragten Angaben im Einzelfall auf eine bestimmte steuerpflichtige Person geschlossen werden könne. Dies beispielsweise dann, wenn in einem Kanton die Einnahmen an Nachsteuern und Bussen in einem bestimmten Jahr nur aus einem einzigen Verfahren stammten, und bereits bekannt sei, dass eine bestimmte Person aus diesem Kanton in diesem Jahr Nachsteuern und eine Busse bezahlen musste. Um solche Rückschlüsse zu vermeiden und das Steuergeheimnis zu wahren, sei bloss die Summe der Nachsteuern und Bussen je Kanton – jedoch ohne die Angabe der Anzahl solcher Verfahren pro Kanton – bekannt zu geben.

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Kommentar: Dieser Entscheid bietet einen guten Überblick zum Steuergeheimnis im Anwendungsbereich des BGÖ. Vom Zugangsanspruch ausgenommen sind demnach lediglich Informationen, die für sich alleine oder zusammen mit weiteren, öffentlich zugänglichen Informationen eine Identifikation der steuerpflichtigen Person erlauben.

e) Vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderte wissenschaftliche Arbeiten  
(BVGer A-6160/2018 vom 4.11.2019)
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Art. 13 des Bundesgesetzes über die Förderung der Forschung und der Innovation[14] regelt das Verfahren, das Forschungsförderungsinstitutionen wie der SNF beim Erlass ihrer Beitragsverfügungen zu beachten haben. Abs. 4 dieser Bestimmung besagt, dass die Namen der Referentinnen und Referenten und der wissenschaftlichen Gutachterinnen und Gutachter nur mit deren Einverständnis der beschwerdeführenden Person bekannt gegeben werden dürfen. Das BVGer erblickte darin in einem früheren Urteil eine spezielle Geheimhaltungsnorm im Sinne von Art. 4 Bst. a BGÖ, welche absolute Geltung beanspruche, weshalb die Namen der einzelnen Gutachter auch in einem BGÖ-Verfahren geheim gehalten werden müssten[15].

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Anlässlich des oben genannten neueren Urteils präzisierte das BVGer diese Rechtsprechung dahingehend, dass die Namen mit Zustimmung der Betroffenen bekannt gegeben werden könnten. Konsequenterweise müsse die Möglichkeit zur Bekanntgabe mit Zustimmung der Betroffenen auch ausserhalb eines Beitragsverfahrens gelten. In diesem Sinne wies das BVGer den SNF an, die Gutachterinnen und Gutachter der vom Zugangsgesuchs betroffenen Projekte anzufragen, ob ihre Namen dem Zugangsgesuchsteller bekannt gegeben werden dürfen.

f) Beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) vorhandene Dokumente eines Krankenversicherers betreffend Prämienerhöhung  (BVGer A-2352/2017 vom 11.12.2019)
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In diesem Urteil stand wiederum das Verhältnis zwischen einer Aktivinformationsverpflichtung und dem Anspruch auf Zugang zu amtlichen Dokumenten nach dem BGÖ zur Diskussion. Konkret machte das BAG geltend, dass Art. 28b der Verordnung über die Krankenversicherung[16] diejenigen Bereiche, in welchen eine (aktive) Veröffentlichung von Zahlen pro Versicherer zulässig sei, abschliessend aufzähle. Damit sei die Transparenz ausreichend gewährleistet.

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Gemäss BVGer verwechselt das BAG damit jedoch die aktive Information – die durch besondere Bestimmungen geregelt ist und die Behörden verpflichtet, bestimmte Informationen aus eigener Initiative zu veröffentlichen – mit der passiven Information auf Gesuch hin. Art. 28b KVV hindere das BAG deshalb nicht daran, auf Anfrage auch andere Dokumente zu übermitteln. Zudem sei diese Bestimmung nicht in einem Gesetz im formellen Sinne, sondern in einer Verordnung des Bundesrates enthalten, was mit Blick auf die Normstufe den Anforderungen von Art. 4 BGÖ nicht genüge.

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Das BAG und der betroffene Krankenversicherer beriefen sich darüber hinaus auf Art. 16 Abs. 6 des Krankenversicherungsaufsichtsgesetzes[17], wonach gewisse Informationen vor der Genehmigung des Prämientarifs weder veröffentlicht noch weitergeleitet werden dürfen. Nach Ansicht des BVGer entsprechen diese Vorgaben jedoch den Bestimmungen des BGÖ vollständig, da der Zugang bei noch ausstehenden Entscheidungen aufgeschoben werden könne und eine Ausnahmebestimmung für Geschäftsgeheimnisse bestehe. Demnach handle es sich auch bei Art. 16 Abs. 6 KVAG nicht um eine lex specialis zum BGÖ.

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Kommentar: Es ist zu begrüssen, dass das BVGer in diesem Entscheid deutlich machte, dass eine Aktivinformationsverpflichtung die Behörde nicht daran hindere, auf Gesuch hin weitere Dokumente zugänglich zu machen. Diese klare Aussage des BVGer ist zugleich erstaunlich, da es im unter Ziff. 2 Bst. c besprochenen Wickelkommodenurteil noch zum gegenteiligen Ergebnis gekommen war.

3. Definition des amtlichen Dokuments (Art. 5 BGÖ)

a) Vom Nachrichtendienst des Bundes (NDB) geprüfte und zur Ablehnung empfohlene Asylgesuche  (BVGer A-2070/2017 vom 16.5.2018)
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Streitig war der Zeitpunkt der Herausgabe der Anzahl vom NDB im Jahr 2016 geprüften und zur Ablehnung empfohlenen Asylgesuche. Unter Hinweis auf den Umstand, dass die verlangten Zahlen für den Geschäftsbericht des Bundesrates vorgesehen seien und damit dem Mitberichtsverfahren unterstehen würden (Art. 8 Abs. 1 BGÖ), wurde der Zugang bis zur Publikation des Geschäftsberichts des Bundesrates aufgeschoben. Das verlangte Dokument sei demnach nicht ein amtliches Dokument im Sinne des BGÖ, da es als Bestandteil des Geschäftsberichtes des Bundesrates nicht von dessen persönlichem Geltungsbereich erfasst werde (Art. 2 Abs. 1 Bst. a BGÖ e contrario).

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Das BVGer kam zum Schluss, dass die verlangten Asylgesuchszahlen zwar Eingang in den bundesrätlichen Geschäftsbericht gefunden hätten, in erster Linie jedoch im Rahmen der Auftragserfüllung des NDB im Interesse des Staatsschutzes gewonnen worden und damit in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe entstanden seien. Weiter handle es sich um nicht veränderbare, rein quantitative Angaben, welche nicht Gegenstand einer noch ausstehenden Meinungs- und Willensbildung seien, weshalb das Dokument als fertiggestellt zu bezeichnen sei. In seinem Urteilsdispositiv gelangte es daher zur Feststellung, dass es sich beim streitgegenständlichen Dokument betreffend die Anzahl geprüfter und zur Ablehnung empfohlener Asylgesuche um ein amtliches Dokument im Sinne des BGÖ handle, zu welchem grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang bestehe.

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Kommentar: Dieses Urteil ist insofern interessant, als es – soweit ersichtlich – das einzige Urteil ist, welches die Frage des Vorliegens eines amtlichen Dokuments im Rahmen eines Feststellungsbegehrens des Gesuchstellers zu beantworten hatte.

b) Zugang zu einem Dokumentenentwurf beim Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) (BVGer A-5768/2018 vom 12.9.2019)
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Wie ist mit einem Dokument zu verfahren, welches für immer im Entwurfsstadium bleiben wird, da der Ersteller entschieden hat, dieses nicht fertig zu stellen? Mit dieser Frage befasste sich das BVGer in diesem Entscheid und gelangte zum Schluss, dass ein Dokumentenentwurf, selbst wenn er nicht mehr weiterbearbeitet wird und demnach für immer eine provisorische Fassung bleibt, als nicht fertig gestelltes Dokument zu qualifizieren sei, zu welchem kein Recht auf Zugang bestehe. So sei das Dokument, welches dem SBFI von einem privaten Dritten zugestellt worden war, in sich selber nicht abgeschlossen, weil die für die Endfassung erforderlichen Bearbeitungsschritte nicht durchgeführt worden seien. Der interne Willensbildungsprozess der Erstellerin sei somit nicht abgeschlossen worden, weshalb stets eine bloss provisorische Fassung des Berichts vorliegen werde. Entsprechend könne das Dokument auch durch Zeitablauf nicht zu einem fertig gestellten Dokument mutieren. Daran vermag nach Auffassung des BVGer auch der Umstand, dass der Meinungsbildungsprozess der Verwaltung abgeschlossen ist, nichts zu ändern. Das SBFI verfüge nur deshalb über dieses Dokument, weil es mit der Übersetzung zuhanden der Erstellerin beauftragt worden sei. Wäre das Dokument nicht vom SBFI übersetzt worden, würde es sich gar nicht in dessen Besitz befinden.

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Kommentar: Mit diesem wenig überzeugenden Ergebnis scheint das BVGer von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen, wonach die inhaltliche Vollständigkeit eines Dokuments gerade kein Kriterium für die Qualifikation als fertig gestellt ist bzw. ein unfertiges Dokument aufgrund der äusseren Umstände – selbst ohne Zutun des Verfassers durch blossen Zeitablauf – zu einem fertig gestellten mutieren kann, wenn die Gefahr einer Beeinflussung der Meinungs- und Willensbildung entfällt[18]. Es ist nach der hier vertretenen Auffassung nicht nachvollziehbar, weshalb ein Dokument, welches nachweislich nicht mehr in Bearbeitung steht – mithin keinerlei inhaltliche Änderungen mehr erfahren wird – nicht als fertig gestelltes Dokument qualifiziert werden soll. Andernfalls könnte ein Zugangsanspruch bereits dadurch vereitelt werden, dass die Behörde ein Dokument inhaltlich nicht fertig stellt bzw. private Dritte der Behörde ein Dokument nur als Entwurf, nicht aber in der fertig gestellten Version zustellen.

c) Bussen und Nachsteuern im Bereich der direkten Bundessteuer
(BVGer A-6255/2018 vom 12.9.2019)
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Im bereits erwähnten Urteil betreffend die Einnahmen der ESTV aus Bussen und Nachsteuern im Bereich der direkten Bundesssteuer beurteilte das BVGer auch die Frage, ob überhaupt ein amtliches Dokument vorliegt. So publiziert die ESTV auf ihrer Webseite zwar jeweils die Gesamtsumme der Bussen und Nachsteuern pro Jahr, nicht aber in der vom Gesuchsteller gewünschten Aufschlüsselung nach Kanton und Anzahl Verfahren. Folglich argumentierte die ESTV, es liege kein amtliches Dokument vor, welches die gewünschten Informationen enthalte, und ein solches lasse sich auch nicht mittels eines einfachen elektronischen Vorganges erstellen. Sie habe die auf ihrer Webseite publizierten Informationen manuell aus diversen Dokumenten zusammengeführt.

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Gemäss BVGer grenzt diese Argumentation der ESTV unter den gegebenen Umständen an überspitzten Formalismus. Befänden sich die nachgefragten Informationen auf einem Informationsträger im Besitz einer Behörde sei grundsätzlich Einsicht zu gewähren, unabhängig davon, wieviel Aufwand dies der Behörde verursache.

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Kommentar: Die rechtsanwendenden Behörden sind regelmässig mit der Situation konfrontiert, dass Gesuchsteller gestützt auf das BGÖ Informationen herausverlangen, die der Behörde zwar vorliegen, jedoch nicht in der gewünschten Zusammenstellung bzw. Aufschlüsselung. Das BVGer hat in diesem Fall mit bemerkenswert klaren Worten dennoch das Vorliegen eines amtlichen Dokuments bejaht, ohne sich mit den Detailfragen beispielsweise zum «einfachen elektronischen Vorgang» nach Art. 5 Abs. 2 BGÖ auseinanderzusetzen. Dies dürfte daran liegen, dass eine Aufschlüsselung der Gesamtsumme auf die einzelnen Kantone offensichtlich mit geringem Aufwand möglich war.

4. Schutz der aussenpolitischen Interessen und der internationalen Beziehungen der Schweiz (Art. 7 Abs. 1 Bst. d BGÖ)

a) Liste mit beim SECO beantragten Bewilligungen für Kriegsmaterialexporte
(BVGer A-6108/2016 vom 28.3.2018 / BGer 1C_222/2018 vom 21.3.2019)
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Die bereits besprochene Verweigerung des Zugangs zur Liste mit den 2014 beim SECO beantragten Kriegsmaterialexporten wurde u.a. auch unter Hinweis auf eine mögliche Beeinträchtigung der aussenpolitischen Interessen oder der internationalen Beziehungen der Schweiz begründet. Dies deshalb, weil nach Ansicht des SECO durch die verlangten Informationen in Kombination mit einer bereits publizierten Statistik über Kriegsmaterialausfuhren Kundenländer der betroffenen Unternehmen ermittelt und Rückschlüsse auf die von einem bestimmten Unternehmen an ein konkretes Bestimmungsland gelieferten Rüstungsgüter gezogen werden könnten. Dies könne zu einer Verärgerung der betroffenen Länder und schliesslich zur Belastung der bilateralen Beziehungen dieser Länder mit der Schweiz führen, da viele Länder ihre Rüstungsbeschaffungen geheim halten würden.

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Das BVGer widersprach dieser Argumentation und hielt fest, dass das SECO bereits heute ausführliche Informationen zu Kriegsmaterialexporten auf seiner Website bereitstelle, ohne dass damit offenbar die Beziehungen zu anderen Staaten beeinträchtigt würden. Zwar seien allfällige Rückschlüsse gewisser Kriegsmaterialexporte in bestimmte Länder nicht ausgeschlossen, doch habe das SECO nicht konkret genug aufzuzeigen vermögen, inwiefern solche Rückschlüsse in mehr als nur unbeträchtlichem Ausmass möglich wären. Weiter sei es ihm nicht gelungen plausibel darzulegen, inwiefern die importierenden Länder ein substantielles Interesse an der absoluten Vertraulichkeit dieser Angaben hätten. Im Ergebnis sei die gesetzliche Zugangsvermutung nicht umgestossen worden, weshalb diese Ausnahmebestimmung keine Anwendung finde.

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Das Bundesgericht stützte diese Haltung in seinem Beschwerdeentscheid vollständig. Zwar weise der Entscheid über die Anwendbarkeit von Art. 7 Abs. 1 Bst. d BGÖ eine wesentliche aussenpolitische Komponente auf, die mit einer entsprechenden Zurückhaltung in der gerichtlichen Überprüfung einhergehe. Die Berufung darauf entbinde die Behörde jedoch nicht davon, konkret darzulegen, inwiefern die aussenpolitischen Interessen oder die internationalen Beziehungen der Schweiz beeinträchtigt werden könnten. Dies sei dem SECO vorliegend nicht gelungen, weshalb die Ausnahmebestimmung nicht zur Anwendung gelange.

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Kommentar: Der höchstrichterliche Entscheid ist von nicht zu unterschätzender Tragweite für die Praxis. Das BGer machte deutlich, dass die Zurückhaltung bei der gerichtlichen Überprüfung von vorwiegend aussenpolitischer Fragestellungen im Rahmen von Art. 7 Abs. 1 Bst. d BGÖ keinen Freipass für die Behörden darstellt. Damit unterstrich es, dass die Anforderungen an die Substantiierung durch die beweisbelasteten Behörden auch bei dieser Ausnahmebestimmung nicht geringer sind als bei den übrigen, und stellte so sicher, dass Art. 7 Abs. 1 Bst. d BGÖ nicht zum Blankocheck wird.

b) Dokumente zum Steuerstreit mit den USA
(BVGer A-6475/2017 vom 6.8.2018 / BGer 1C_462/2018 vom 17.4.2019)
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Streitig war der Zugang zu sämtlichen Dokumenten beim Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) rund um die Anklage sowie den Strafprozess gegen einen ehemaligen UBS-Banker. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) schob den Zugang u.a. unter Hinweis auf die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen zwischen der Schweiz und dem US-amerikanischen Department of Justice auf. Solange anlässlich des Steuerstreits noch Verfahren gegen Schweizer Banken laufen würden, seien sämtliche BGÖ-Gesuche zu sistieren, da das Risiko bestehe, dass die Offenlegung von Dokumenten während des noch laufenden US-Programms dessen Umsetzung beeinträchtigen und die Beziehungen zwischen der Schweiz und den USA unverhältnismässig belasten könnte.

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Das BVGer sah keinen Grund, an der Darstellung des EFD und der Richtigkeit der Angaben sowie dessen Einschätzung über die aussenpolitischen Folgen zu zweifeln und stützte den Entscheid. Es hielt fest, dass im aktuellen Zeitpunkt die Interessen des EFD an einer intakten Beziehung zu den USA als wichtigem Verhandlungspartner höher zu gewichten seien, als das private Einsichtsinteresse des Gesuchstellers am Zugang zu den verlangten Dokumenten sowie jenes der Öffentlichkeit an Transparenz. Deshalb sei der Zugang bis zum Abschluss des US-Programms aufzuschieben, was dem Gesuchsteller zumutbar und somit verhältnismässig sei.

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Das BGer bestätigte diesen Entscheid und stützte insbesondere auch die vom BVGer vorgenommene und vom Gesuchsteller kritisierte Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Geheimhaltungsinteresse gemäss Art. 7 Abs. 1 Bst. d BGÖ und dem privaten Einsichtsinteresse des Gesuchstellers. Die Vorinstanz habe neben den privaten Einsichtsinteressen des Gesuchstellers auch die Interessen der Öffentlichkeit an Transparenz mitberücksichtigt, weshalb die Interessenabwägung des BVGer nicht zu beanstanden sei.

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Kommentar: Nach der hier vertretenen Auffassung dürften die beiden Entscheide im Ergebnis richtig sein. Einmal mehr unterläuft den Gerichten aber der Fehler, dass sie anlässlich der Prüfung einer Ausnahmebestimmung nach Art. 7 Abs. 1 BGÖ eine Interessenabwägung vornehmen, obwohl nach der gesetzlichen Konzeption des BGÖ lediglich eine Schadensrisikoprüfung angezeigt wäre.

5. Beziehungen zwischen Bund und Kantonen (Art. 7 Abs. 1 Bst. e BGÖ)

Bussen und Nachsteuern im Bereich der direkten Bundessteuer
(BVGer A-6255/2018 vom 12.9.2019)
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In diesem bereits erwähnten Urteil äusserte sich das BVGer auch zum Ausnahmetatbestand, der dem Schutz der Beziehungen zwischen Bund und Kantonen dient. Dieser wurde im Gesetzgebungsverfahren insbesondere eingeführt, um diejenigen Kantone zu schützen, die das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung (noch) nicht eingeführt hatten. Die ESTV machte geltend, die Bekanntgabe der gewünschten Informationen könnte die Bereitschaft der kantonalen Steuerverwaltungen schmälern, ihr Informationen zu liefern, die sie für ihre Tätigkeit brauche.

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Das BVGer stellte fest, dass mittlerweile die meisten Kantone das Öffentlichkeitsprinzip ebenfalls eingeführt hätten oder zumindest entsprechende Bestrebungen bereits weit fortgeschritten seien. Damit komme diesem Ausnahmetatbestand heute nur noch geringe Bedeutung zu. Unabhängig davon würden die Kantone im Bereich der direkten Bundessteuer lediglich Bundesrecht vollziehen. Zudem verfüge der Bund über rechtlich abgesicherte Aufsichts- und Einsichtsrechte, weshalb kein ernsthaftes Risiko einer Beeinträchtigung der Beziehungen zwischen Bund und Kantonen bestehe.

6. Dokumente mit Geschäftsgeheimnissen (Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ)

a) Liste mit beim SECO beantragten Bewilligungen für Kriegsmaterialexporte
(BVGer A-6108/2016 vom 28.3.2018 / BGer 1C_222/2018 vom 21.3.2019)
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Die bereits besprochene Verweigerung des Zugangs zur Liste mit den 2014 beim SECO beantragten Kriegsmaterialexporten wurde auch mit dem Vorliegen von Geschäftsgeheimnissen begründet. So könnten die offengelegten Informationen dazu verwendet werden, die Kundenländer der exportierenden Rüstungsunternehmen zu ermitteln, was die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen einschränken könne, da sowohl die schweizerische als auch die internationale Konkurrenz diese Informationen zu ihren Gunsten auszunutzen wissen dürften.

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Das BVGer hielt dazu fest, dass es sich beim Kundenkreis eines Unternehmens grundsätzlich um ein Geschäftsgeheimnis handeln könne. Angesichts der eher geringen Anzahl möglicherweise an Waffenimporten interessierter Kundenländer sei nicht ersichtlich, wie die Bekanntgabe der jeweiligen Kunden der einzelnen Unternehmen geeignet sein könne, den Konkurrenten einen ernsthaften wirtschaftlichen Vorteil bzw. den betroffenen Unternehmen einen entsprechenden Nachteil zu verschaffen. Dies gelte umso mehr, als es sich beim Rüstungsmarkt um einen stark regulierten und von politischen Interessen geprägten Markt handle. Im Ergebnis verneinte das BVGer mangels Vorliegen eines konkreten und ernsthaften Schadenspotentials das objektive Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Unternehmen und versagte Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ die Anwendbarkeit. Gleichzeitig wies es darauf hin, dass das SECO das subjektive Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Unternehmen nicht abgeklärt habe.

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Das BGer stützte diesen Entscheid und bestätigte, dass das subjektive Geheimhaltungsinteresse der betroffenen Unternehmen auch bei einer Bejahung des objektiven Geheimhaltungsinteresses abgeklärt werden müsse, da es sich um kumulative Voraussetzungen handle.

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Kommentar: Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die von der Rechtsprechung entwickelte Praxis der zweistufigen Interessenabwägung[19], welche im Hinblick auf die Offenlegung von Personendaten (Art. 7 Abs. 2 BGÖ bzw. Art. 19 Abs. 1bis des Datenschutzgesetzes[20]) hergeleitet wurde, offenbar auch anlässlich der Prüfung von Geschäftsgeheimnissen gemäss Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ Anwendung finden soll. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei allfälligen Geschäftsgeheimnissen von Unternehmen zugleich um Personendaten derselben im Sinne des DSG handelt, scheint diese Schlussfolgerung naheliegend und überzeugend. Dies zumindest solange, wie die Anhörung der betroffenen Unternehmen einzig dazu dient, deren subjektiven Geheimhaltungswillen abzuklären, und nicht, um anstelle der erforderlichen Schadensrisikoprüfung eine Interessenabwägung vorzunehmen.

b) Zugang zum Schlussbericht des SECO zur Kontrolltätigkeit der Zentralen Arbeitsmarktkontrolle (ZAK) im Bereich Schwarzarbeitsbekämpfung 
(BVGer A-3367/2017 vom 3.4.2018)
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Nachdem das SECO einen teilweisen Zugang zu dem von einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen erstellten Bericht verfügte, den Zugang zum restlichen Bericht aber unter Verweis auf noch ausstehende Entscheide und angebliche Geschäftsgeheimnisse aufgeschoben hatte, gelangten sowohl der Gesuchsteller wie auch die ZAK als betroffene Dritte mit Beschwerde an das BVGer. Der Gesuchsteller verlangte dabei die vollständige Offenlegung des Berichts inklusive Anhänge, wogegen die ZAK die vollständige Verweigerung des Zugangs forderte.

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Das BVGer bestätigte die Verfügung des SECO weitgehend. In einem Anhang des Berichts identifizierte es vorläufige Geschäftsgeheimnisse des Wirtschaftsprüfungsunternehmens, zu denen der Zugang ebenfalls aufzuschieben sei, bis der noch ausstehende Entscheid betreffend allfällige Rückforderungen getroffen worden sei.

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Kommentar: In Bezug auf den Aufschub des Zugangs zu Geschäftsgeheimnissen des Wirtschaftsprüfungsunternehmens im Anhang des Berichts überzeugt das Urteil nach der hier vertretenen Auffassung nicht. Zwar sieht der Einleitungssatz von Art. 7 Abs. 1 BGÖ für alle Tatbestände u.a. die Möglichkeit eines Zugangsaufschubes vor, doch scheint es nicht naheliegend, dass eine Information als «vorläufiges Geschäftsgeheimnis» qualifiziert und der Zugang dazu lediglich aufgeschoben werden kann. Weshalb das Vorliegen von Geschäftsgeheimnissen eines privaten Unternehmens von einem noch ausstehenden Entscheid einer Behörde über allfällige Rückforderungen öffentlicher Gelder abhängen soll, ist nicht nachvollziehbar. Dieses etwas umständliche Konstrukt hätte vermieden werden können, wenn das BVGer den Zugang zum Anhang des Berichts gestützt auf Art. 8 Abs. 2 BGÖ aufgeschoben und festgehalten hätte, dass der Inhalt des Anhangs nach getroffenem Entscheid auf das Vorliegen von Geschäftsgeheimnissen zu prüfen und das Wirtschaftsprüfungsunternehmen zu gegebener Zeit zu dieser Frage anzuhören sei.

c) Zolltarifauskünfte (BVGer A-199/2018 vom 18.4.2019)
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Streitig war die Frage, ob die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) Zugang zu Datensätzen aus ihrem TADOC-Informationssystem (Zolltarifauskünfte) gewähren muss. Die EZV hatte dies mit der Begründung abgelehnt, dass mit der Bekanntgabe von Zolltarifnummern sowie von Marken- und Sachnamen Geschäftsgeheimnisse offenbart würden, da Rückschlüsse auf die Zusammensetzung oder Herstellung eines Produkts möglich seien.

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Das BVGer erachtete diese Begründung als zu pauschal und ungenügend. Obwohl vom Zugangsgesuch mehrere Tausend Einträge betroffen seien, führe die EZV lediglich anhand zweier Tarifnummern aus, welche Schlüsse in Bezug auf Zusammensetzung oder Herstellung gezogen werden könnten. Zudem reiche das von der EZV angeführte allenfalls vorhandene subjektive Geheimhaltungsinteresse für sich alleine nicht aus, um den Zugang einzuschränken. Mit dieser pauschalen Rechtfertigung habe die EZV ihre Begründungspflicht und damit den Anspruch des Gesuchstellers auf rechtliches Gehör verletzt. Im Ergebnis wies das Gericht die Sache an die Vorinstanz zum neuen Entscheid zurück.

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Kommentar: Soweit erkennbar ist dies das erste Urteil, in welchem das BVGer eine nicht überzeugende, allzu generelle Begründung einer Behörde im Anwendungsbereich des BGÖ als Verletzung des rechtlichen Gehörs des Gesuchstellers qualifizierte. Der Grund für dieses Vorgehen dürfte gewesen sein, dass sich das Gericht gemäss eigener Aussage mangels ausreichender Begründung kein Bild von der Tragweite des ergangenen Entscheides machen und diesen daher nicht sachgerecht überprüfen konnte.

7. Vertraulichkeitsvereinbarungen (Art. 7 Abs. 1 Bst. h BGÖ)

Zugang zum Schlussbericht des SECO zur Kontrolltätigkeit der ZAK im Bereich Schwarzarbeitsbekämpfung
(BVGer A-3367/2017 vom 3.4.2018)
44

In diesem bereits besprochenen Verfahren begründete die ZAK als betroffene Dritte die verlangte Zugangsverweigerung u.a. mit einer im Schlussbericht enthaltenen Geheimhaltungsklausel, gemäss welcher der streitgegenständliche Bericht nur für den internen Gebrauch beim SECO und dem Kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) des Kantons Basel-Landschaft bestimmt sein soll und eine Weitergabe des Dokuments ohne schriftliches Einverständnis des Wirtschaftsprüfungsunternehmens als Berichtsverfasserin ausser Betracht falle.

45

Das BVGer hielt fest, dass die erwähnte Vertraulichkeitsklausel lediglich im Begleitbrief zum Schlussbericht enthalten sei, welcher einzig vom Wirtschaftsprüfungsunternehmen und nicht vom SECO unterzeichnet worden sei. Hingegen enthalte die ebenfalls vom SECO als Auftraggeberin unterzeichnete Auftragsbestätigung keine solche Klausel, weshalb von Seiten der Behörde keine explizite Zusicherung der Geheimhaltung des Schlussberichts i.S.v. Art. 7 Abs. 1 Bst. h BGÖ vorliege.

46

Kommentar: Selbst wenn im vorliegenden Fall eine ausdrückliche Geheimhaltungszusicherung seitens des SECO an das Wirtschaftsprüfungsunternehmen erfolgt wäre, würde Art. 7 Abs. 1 Bst. h BGÖ gleichwohl nicht zur Anwendung gelangen, da die im Bericht enthaltenen Informationen seitens des Wirtschaftsprüfungsunternehmens dem SECO nicht auf freiwilliger Basis, sondern gestützt auf ein Auftragsverhältnis und damit auf eine vertragliche Verpflichtung übermittelt wurden.

8. Dokumente mit Personendaten / Anhörung betroffener Dritter (Art. 7 Abs. 2, Art. 9, Art. 11 BGÖ und Art. 19 Abs. 1bis DSG)

a) Liste mit beim SECO beantragten Bewilligungen für Kriegsmaterialexporte
(BVGer A-6108/2016 vom 28.3.2018 / BGer 1C_222/2018 vom 21.3.2019)
47

Die bereits besprochene Verweigerung des Zugangs zur Liste mit den 2014 beim SECO beantragten Kriegsmaterialexporten wurde vom SECO u.a. auch unter Hinweis auf eine mögliche Beeinträchtigung der Privatsphäre der betroffenen Unternehmen begründet. Dies deshalb, weil Kriegsmaterialausfuhren in der Öffentlichkeit generell kontrovers diskutiert würden und die betroffenen Unternehmen im Falle ihrer Nennung mit negativen Konsequenzen bis hin zum Verlust von Abnehmern rechnen müssten. Dies umso mehr, wenn es sich um Abnehmer aus politisch umstrittenen Kundenländern handle.

48

Das BVGer liess diese Argumentation nicht gelten und verwies darauf, dass die Kriegsmaterial exportierenden Unternehmen den interessierten Kreisen bereits weitestgehend bekannt oder zumindest einfach zu eruieren sein dürften, was im Übrigen auch für ihr Angebot gelte. Mit (zusätzlichen) ernsthaften Reputationsschäden sei im Falle der Offenlegung ihrer Namen kaum zu rechnen. Vielmehr könne Transparenz in diesem Bereich gerade dazu dienen, allfällige falsche Annahmen, etwa bezüglich direkter Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, zu korrigieren. Zwar bestehe die Gefahr gewisser kurzfristiger unangenehmer Folgen für die Unternehmen, wie etwa eine vorübergehende höhere Medienpräsenz, verbunden mit kritischen Fragen und Kommentaren, doch reiche dies alleine nicht, um den Zugang zu verweigern. Insgesamt qualifizierte das BVGer das Interesse der betroffenen Unternehmen am Schutz ihrer Privatsphäre und an der Geheimhaltung ihrer Identität als eher gering. Demgegenüber anerkannte es ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit i.S.v. Art. 6 Abs. 2 Bst. a VBGÖ, namentlich soweit Kriegsmaterial in politisch umstrittene Länder exportiert werde. Auch wies das BVGer das Argument des SECO zurück, wonach das Bewilligungsverfahren von Kriegsmaterialexporten bereits durch die parlamentarischen Kommissionen überwacht werde, wodurch ein Zugang nach BGÖ nicht mehr nötig sei. Den Medien komme die Funktion eines Bindeglieds zwischen Staat und Öffentlichkeit zu, weshalb diese über Tätigkeiten der staatlichen Kontrollorgane berichten können müssten. Da die vorläufige Interessenabwägung deutlich zugunsten des Zugangs ausfiel, wies das BVGer das SECO an, die bislang unterlassene Anhörung der betroffenen Unternehmen nachzuholen und sodann eine definitive Interessenabwägung vorzunehmen.

49

Das BGer nahm in seinem Beschwerdeentscheid zu dieser vorläufigen Interessenabwägung nicht Stellung. Da vorliegend nicht bekannt sei, ob sich die betroffenen Unternehmen überhaupt gegen eine Bekanntgabe zur Wehr setzten, erübrige sich eine Auseinandersetzung mit den geltend gemachten öffentlichen und privaten Interessen. Eine Interessenabwägung ohne vorherige Anhörung vorzunehmen, würde letztere ihres Sinns entleeren. Im Ergebnis schützte es den Entscheid des BVGer, die Sache an das SECO zurückzuweisen, um die Anhörungen nachzuholen.

50

Kommentar: Zwar lässt das BGer mit seinem Vorgehen durchblicken, dass es die vorläufige Interessenabwägung des BVGer inhaltlich nicht beanstandet, doch stiftet es durch die Ablehnung einer vorläufigen Interessenabwägung gewisse Verwirrung im Hinblick auf die von ihm selbst entwickelte Praxis der zweistufigen Interessenabwägung bei der Prüfung einer allfälligen Beeinträchtigung der Privatsphäre Dritter im Rahmen von Art. 7 Abs. 2 BGÖ bzw. Art. 19 Abs. 1bis DSG. Sinn und Zweck dieser zweistufigen Interessenabwägung ist es ja gerade, nach einer ersten, vorläufigen Interessenabwägung über das verfahrensrechtliche Instrument der Anhörung nach Art. 11 BGÖ bei den Betroffenen allfällige weitere, bislang noch nicht berücksichtigte Interessen abzuholen.

b) Zugang zum Schlussbericht des SECO zur Kontrolltätigkeit der ZAK im Bereich Schwarzarbeitsbekämpfung (BVGer A-3367/2017 vom 3.4.2018)
51

Im bereits besprochenen Verfahren um Zugang zum vom SECO in Auftrag gegebenen Schlussbericht zur Schwarzarbeitsbekämpfung im Kanton Basel-Landschaft rügte der Gesuchsteller, die ZAK sei vom SECO zu Unrecht nach Art. 11 BGÖ angehört worden. Die ZAK nehme im Rahmen der an sie delegierten Kontrolltätigkeit im Bereich der Schwarzarbeit eine öffentlich-rechtliche Aufgabe wahr und sei daher selbst als Behörde zu qualifizieren. Als solche habe sie kein schützenswertes Interesse an einer Anhörung, welche nur für private Dritte konzipiert sei.

52

Das BVGer widersprach dieser Haltung und stellte klar, dass die ZAK auch durch die vom Kanton delegierten Aufgaben nicht zur Verwaltungsbehörde werde, zumal ihr in diesem Bereich weder Verfügungskompetenzen noch sonstige hoheitlichen Befugnisse zukämen. Als im Handelsregister eingetragener Verein und damit juristische Person des Privatrechts sei die ZAK vom SECO demnach zu Recht angehört worden.

53

Kommentar: Die Begründung, wonach die ZAK durch die blosse Übernahme von Kontrollaufgaben und mangels hoheitlicher Befugnisse nicht zur Behörde wird, mag isoliert betrachtet zwar richtig sein, sie berücksichtigt jedoch zu wenig, dass die ZAK letztendlich öffentliche Aufgaben vollzieht und damit grundsätzlich nicht geltend machen kann, diese Tätigkeit falle in ihre Privatsphäre. Würde die Verwaltung diese Aufgaben selbst erfüllen, anstatt sie an Private auszulagern, könnte sie sich selbst nicht auf private Geheimhaltungsinteressen berufen.

c) Schlussbericht Administrativuntersuchung
(BVGer A-6908/2017 und A-7102/2017 vom 27.8.2019)
54

Gleich mehrfach beschäftigten sich das BVGer und das BGer mit einem Fall, in welchem sich zwei betroffene Drittpersonen gegen eine vom Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) beabsichtigte teilweise Zugangsgewährung zum Schlussbericht einer in seinem Auftrag von der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) durchgeführten Administrativuntersuchung im Zusammenhang mit der Gewährung von Bürgschaften des Bundes für die Schweizer Hochseeflotte wehrten. Die beiden Beschwerdeführenden rügten insbesondere eine Verletzung des rechtlichen Gehörs während der Administrativuntersuchung, da sie sich zu den fraglichen Sachverhalten und Dokumenten während der Untersuchung nie hätten äussern können.

55

Das BVGer folgte der Argumentation der betroffenen Dritten und bejahte eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der beiden Beschwerdeführenden anlässlich der Administrativuntersuchung. In Anbetracht der Intensität ihrer Betroffenheit, der Auswirkungen auf ihre Rechtsstellung und des Umstandes, dass ihnen die Möglichkeit der nachträglichen Ausübung des rechtlichen Gehörs nur einen beschränkten Rechtsschutz biete, hätte ihnen im Administrativuntersuchungsverfahren das rechtliche Gehör gewährt werden müssen. Mit Blick auf die Schwere der Gehörsverletzung lasse sich diese auch nicht durch das nachträgliche Zugangs- und Datenschutzverfahren heilen. Als Folge davon qualifizierte das BVGer die Datenbearbeitung als unrechtmässig im Sinne von Art. 4 Abs. 1 DSG, da der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV nach Ansicht des BVGer auch den Schutz der Persönlichkeit bezwecke. Im Ergebnis wies es die Vorinstanz an, sämtliche im Schlussbericht zur Administrativuntersuchung enthaltenen Personendaten betreffend die Beschwerdeführenden zu vernichten. Danach könne der Zugang zum Schlussbericht gewährt werden. Eine Beschwerde gegen dieses Urteil ist vor BGer hängig.

56

Kommentar: In diesem Entscheid hat sich das BVGer – soweit ersichtlich – zum ersten Mal mit datenschutzrechtlichen Behelfen gemäss Art. 25 DSG anlässlich eines Zugangsverfahrens nach BGÖ befassen müssen (vgl. Art. 25bis DSG). Das Ergebnis vermag jedoch nach der hier vertretenen Auffassung nicht gänzlich zu überzeugen. Die Frage der Rechtmässigkeit der Datenbearbeitung beurteilt sich anhand des Vorliegens einer genügenden gesetzlichen Grundlage i.S.v. Art. 17 DSG. Deshalb ist es fraglich, ob die anlässlich der Administrativuntersuchung geschehenen Gehörsverletzungen – trotz ihres zweifellos erheblichen Gewichts – die Rechtmässigkeit der Datenbearbeitung tatsächlich rückwirkend entfallen lassen kann. Dies erscheint bereits mit Blick auf die Rechtssicherheit problematisch, da eine sich auf eine genügende gesetzliche Grundlage abstützende und damit grundsätzlich rechtmässige Datenbearbeitung aufgrund von Verfahrensfehlern nachträglich für rechtswidrig erklärt werden könnte. Die angeordnete Vernichtung der entsprechenden Personendaten wirft darüber hinaus auch in Bezug auf deren praktische Umsetzung eine Reihe von Fragen auf.

d) Vom SNF geförderte wissenschaftliche Arbeiten 
(BVGer A-6160/2018 vom 4.11.2019)
57

In diesem bereits erwähnten Urteil stellte sich auch die Frage, ob der SNF im Hinblick auf die Personendaten der gesuchstellenden Forscher zu Recht einen bloss anonymisierten Zugang zu den abgelehnten Forschungsgesuchen im Rahmen des Forschungsprogramms 67 gewährte hatte. So waren in den Dokumenten neben den Namen auch einzelne Projekttitel geschwärzt. Dies jeweils dann, wenn mittels einer Google-Suche die gesuchstellenden Forscher hätten identifiziert werden können.

58

Das BVGer stützte diese Einschätzung des SNF. Insgesamt würden die Interessen der abgelehnten Forscher am Schutz ihrer Privatsphäre ein allfälliges öffentliches Interesse am Zugang zu deren Namen deutlich überwiegen. Ebenso erachtete das BVGer die Methode des SNF, die Identifizierbarkeit der Forschenden mittels einer Google-Suche nach den Arbeitstiteln zu überprüfen, als sinnvoll und wendete diese daher ebenfalls an. In diesem Rahmen gelangte das BVGer zum Schluss, dass in einem Fall der Projekttitel zu Unrecht geschwärzt worden war, da die Suche nach dem Titel zahlreiche Ergebnisse und eine grosse Menge an möglichen Forschenden ergeben habe. Daher lasse sich dieser Titel nicht direkt einer bestimmten Person zuordnen, weshalb er bekannt zu geben sei.

9. Amtliche Dokumente des Mitberichtsverfahrens (Art. 8 Abs. 1 BGÖ)

Vom NDB geprüfte und zur Ablehnung empfohlene Asylgesuche
(BVGer A-2070/2017 vom 16.5.2018)
59

Im bereits besprochenen Entscheid qualifizierte der NDB die vom Gesuchsteller verlangten Zahlen über die im Jahr 2016 geprüften und zur Ablehnung empfohlenen Asylgesuche als Bestandteil des Geschäftsberichts des Bundesrates, welcher dem Mitberichtsverfahren unterliege und erst dann zu veröffentlichen sei, wenn der Bundesrat seine Willensbildung darüber abgeschlossen habe. Deshalb bestehe kein Recht auf Zugang bis zum Ablauf der vom Bundesrat für seinen Geschäftsbericht vorgesehenen Sperrfrist.

60

Das BVGer hielt fest, dass Art. 8 Abs. 1 BGÖ die Wahrung des Kollegialitätsprinzips innerhalb des Bundesrates sowie den Schutz seiner Meinungs- und Willensbildung bzw. seines Entscheidfindungsprozesses bezwecke. Dabei unterstelle die Bestimmung pauschal jedes amtliche Dokument zwischen den Entscheidträgern im Mitberichtsverfahren der Geheimhaltung. Der Ausschluss des Zugangsrechtes sei endgültig und daure auch nach dem Entscheid des Bundesrates auf unbestimmte Zeit an. Die streitgegenständlichen Zahlen sollten jedoch – ebenso wie der Geschäftsbericht selbst – gerade nicht geheim gehalten, sondern nach Ablauf der Sperrfrist veröffentlicht werden. Im Übrigen sei das Zugangsgesuch bereits vor der Einleitung des Mitberichtsverfahrens beim NDB eingegangen, mithin zu einem Zeitpunkt, in welchem das streitige Dokument bereits bestanden habe und damit grundsätzlich gemäss BGÖ zugänglich gewesen sei. Dass dieses Dokument zu einem späteren Zeitpunkt wieder der Geheimhaltung unterliege, nur weil es als Anhang eines anderen Dokumentes für einen Bundesratsentscheid relevant werde, sei nicht im Sinne des Gesetzgebers. Schliesslich sei auch nicht ersichtlich, inwiefern rein quantitative Angaben den Entscheidfindungsprozess des Bundesrates beeinflussen könnten. Im Ergebnis falle das verlangte Dokument nicht in den Anwendungsbereich von Art. 8 Abs. 1 BGÖ.

10. Ausstehender politischer oder administrativer Entscheid der Behörde (Art. 8 Abs. 2 BGÖ)

a) Zugang zum Schlussbericht des SECO zur Kontrolltätigkeit der ZKA im Bereich der Schwarzarbeitsbekämpfung 
(BVGer A-3367/2017 vom 3.4.2018)
61

Im bereits besprochenen Entscheid begründete das SECO den Zugangsaufschub u.a. damit, dass die Frage einer allfälligen Rückforderung geleisteter Beiträge noch nicht geklärt sei und der fragliche Schlussbericht für diesen Entscheid eine Grundlage von beträchtlichem Gewicht darstelle. Weiter bestehe zwischen dem Schlussbericht und dem ausstehenden Entscheid ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang.

62

Das BVGer argumentierte, dass die Offenlegung der vom SECO zurückgehaltenen Kapitel des Schlussberichts durchaus geeignet sei, eine öffentliche Debatte betreffend die Kontrolltätigkeit der ZAK im Kanton Basel-Landschaft in den Fokus der medialen Berichterstattung zu rücken. Dadurch würden in aller Regel öffentliche Debatten initiiert, welche nicht nur meinungsbildend, sondern auch polarisierend wirken und damit Druck auf die Politik und Entscheidträger hervorrufen könnten. Dabei dürfte auch das Verhalten des SECO und des Kantons Basel-Landschaft diskutiert werden, was je nach Intensität der öffentlichen Diskussion deren Entscheidvermögen beeinflussen könne. Im Ergebnis erweise sich ein Druck der Öffentlichkeit auf das SECO und auf den Kanton ebenso wie eine Störung ihres internen Willensbildungsprozesses als sehr wahrscheinlich und der Zugangsaufschub mit Blick auf Art. 8 Abs. 2 BGÖ als gerechtfertigt.

63

Kommentar: Zwar scheint das Resultat der Prüfung von Art. 8 Abs. 2 BGÖ in vorliegendem Zusammenhang grundsätzlich richtig, doch stören nach der hier vertretenen Auffassung die etwas überzeichnet anmutenden Ausführungen des BVGer über die zu erwartenden negativen Folgen einer möglicherweise kritischen medialen Berichterstattung. Sinn und Zweck des BGÖ ist es gerade, eine Mitwirkung von Bürgerinnen und Bürgern am politischen Entscheidfindungsprozess zu fördern und öffentliche Debatten über Verwaltungssachverhalte zu ermöglichen. Mit Blick auf diese Zielsetzung erscheint es schwer verständlich, dass das BVGer eine öffentliche Debatte über die Kontrolltätigkeit der ZAK – wenn auch nur vorübergehend – für unerwünscht erklärt.

b) Vom NDB geprüfte und zur Ablehnung empfohlene Asylgesuche
(BVGer A-2070/2017 vom 16.5.2018)
64

Im bereits besprochenen Entscheid vertrat der NDB die Ansicht, der noch offene Entscheid des Bundesrates über die Genehmigung des Geschäftsberichtes sei insofern durch das Zugangsgesuch betroffen, als die vom Gesuchsteller zur Einsicht verlangten Zahlen vom NDB einzig im Auftrag des Bundesrates für dessen Geschäftsbericht erhoben worden seien und demnach eine wesentliche Grundlage für diesen noch ausstehenden Entscheid i.S.v. Art. 8 Abs. 2 BGÖ darstellen würden.

65

Das BVGer hielt dem entgegen, dass der entsprechenden Spezialgesetzgebung[21] nicht zu entnehmen sei, dass diese Zahlen aufgrund eines besonderen Auftrages des Bundesrates erhoben würden. Vielmehr erfolge die Erhebung dieser Angaben im Rahmen der allgemeinen Berichterstattung des NDB betreffend Bedrohungslage und Tätigkeit der Sicherheitsorgane des Bundes. Schliesslich handle es sich um gerade einmal zwei Zahlen, wobei nicht ersichtlich sei, inwiefern diese beiden Zahlen von derart beträchtlichem Gewicht für den noch offenen Entscheid des Bundesrates über die Verabschiedung seines Geschäftsberichts sein sollten. Ein Zugangsaufschub sei damit nicht zu rechtfertigen.

11. Zuständigkeitsfragen

a) Schlussbericht Administrativuntersuchung
(BVGer A-6908/2017 und A-7102/2017 vom 14.5.2018 / BGer 1C_297/2018 vom 28.3.2019) 
66

Im bereits besprochenen Fall betreffend den Zugang zum Administrativuntersuchungsbericht im Bereich Hochsee-Bürgschaften war u.a. auch die Frage der Zuständigkeit für die Bearbeitung des Zugangsgesuches streitig. Uneinig war man sich zwischen den betroffenen Dritten und der Verwaltung darüber, ob das WBF als Auftraggeberin der Administrativuntersuchung oder aber die EFK als mit der Durchführung der Untersuchung betraute Behörde für die Beantwortung und Durchführung des Gesuchsverfahrens zuständig ist. In zwei weitestgehend identischen Zwischenentscheiden und schliesslich in einem höchstrichterlichen Entscheid äusserten sich sowohl das BVGer als auch das BGer alleine zu dieser Frage.

67

Gemäss Art. 10 Abs. 1 BGÖ ist das Zugangsgesuch an jene Behörde zu richten, die das Dokument erstellt oder von Dritten, die nicht diesem Gesetz unterstehen, als Hauptadressatin erhalten hat. Das BVGer kam nach einer Auslegung von dieser Bestimmung zum Schluss, dass triftige Gründe dafür vorliegen würden, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinngehalt der Norm wiedergebe, und entgegen dem eigentlichen Wortlaut von Art. 10 Abs. 1 BGÖ nicht die EFK als verfassende Behörde für die Bearbeitung des Zugangsgesuchs zuständig sei, sondern das WBF als die die Administrativuntersuchung anordnende Behörde.

68

Das BGer stützte den vorinstanzlichen Entscheid zwar im Ergebnis, war jedoch der Ansicht, dass sich die Zuständigkeit des WBF als Auftrag erteilende Behörde bereits eindeutig aus dem Wortlaut von Art. 10 Abs. 1 BGÖ (erste Tatbestandsvariante) ergebe, weshalb keine unechte Gesetzeslücke bestehe und sich eine Auslegung entgegen dem Wortlaut der Bestimmung erübrige.

b) Vom NDB geprüfte und zur Ablehnung empfohlene Asylgesuche
(BVGer A-2070/2017 vom 16.5.2018)
69

In diesem bereits besprochenen Verfahren war u.a. die Frage der Zuständigkeit für die Bearbeitung des Zugangsgesuches streitig. Der NDB erachtete sich sowohl im Zugangs- als auch im Beschwerdeverfahren für nicht zuständig. Die Bundeskanzlei trage als federführende Behörde die Informationen aus den verschiedenen Departementen zum Entwurf des Geschäftsberichtes des Bundesrates zusammen. Sie habe deshalb als Verfasserin des Geschäftsberichtes zu gelten, wobei die verlangten Zahlen zu den geprüften Asylgesuchen Teil davon seien. Daraus ergebe sich die Zuständigkeit der Bundeskanzlei zur Behandlung des Zugangsgesuches.

70

Das BVGer stellte klar, dass der Gesuchsteller nicht Zugang zum Geschäftsbericht des Bundesrates, sondern allein zum spezifischen Zahlendokument der geprüften Asylgesuche verlangt habe. Dabei sei der NDB, welcher die fraglichen Zahlen im Rahmen seiner Überprüfung von Asylgesuchen erhoben habe, ohne Weiteres als Ersteller des Dokuments zu betrachten und damit auch für die Bearbeitung des Gesuches zuständig.

12. Gebührenerhebung für den Zugang zu amtlichen Dokumenten (Art. 17 BGÖ)

Gebühr für den Zugang zu amtlichen Dokumenten  
(BVGer A-400/2017 vom 19.4.2018 / BGer 2C_458/2018 vom 31.5.2018)
71

Eine Privatperson verlangte Zugang zu einem Dossier der Wettbewerbskommission (WEKO) im Zusammenhang mit einer Marktbeobachtung. Nach einem durch den Gesuchsteller akzeptierten Kostenvoranschlag über CHF 700.-, stellte die WEKO diesem für den Zugang zu den offengelegten Dokumenten schliesslich aus Kulanzgründen lediglich CHF 400.- in Rechnung. Nachdem der Gesuchsteller diese Rechnung nach mehrmaliger Mahnung nicht zahlte, trat die WEKO die Forderung der Zentralen Inkassostelle der Eidgenössischen Finanzverwaltung zum Inkasso ab. In der Folge auferlegte die WEKO dem Gesuchsteller mit Gebührenverfügung die streitige Gebühr von CHF 400.- und stellte ihm zusätzlich CHF 500.- für den Erlass der Verfügung in Rechnung. Dagegen erhob der Gesuchsteller Beschwerde und verlangte u.a. die Aufhebung der Gebührenverfügung.

72

Das BVGer schützte die Gebührenerhebung der WEKO im Rahmen der verfügten CHF 400.- für den Dokumentenzugang, obwohl die WEKO anlässlich ihrer Kostenaufstellung gewisse Arbeiten aufgeführt hatte, für welche der Aufwand nach der geltenden Verwaltungspraxis[22] nicht in Rechnung gestellt werden kann. Da die WEKO insgesamt jedoch deutlich unter der vorangeschlagenen Gebühr geblieben sei, sei die letztlich verfügte Gebühr von CHF 400.- nicht zu beanstanden, zumal sie in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert der erbrachten Leistung stehe und damit dem Äquivalenzprinzip Rechnung trage. Ebenso schützte das BVGer die Gebühr über CHF 500.- für den Erlass der Gebührenverfügung durch die WEKO, da sich der Betrag insgesamt als verhältnismässig erweise. Es existiere weder eine Regelung, wonach die Kosten für den Erlass einer Gebührenverfügung nicht höher sein dürften, als die Gegenstand dieser Verfügung bildende streitige Gebühr, noch eine Regelung, dass sich die Höhe dieser Kosten an der Gebühr für den die streitige Gebühr betreffenden Zahlungsbefehl zu orientieren habe.

73

Auf die vom Gesuchsteller gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde trat das BGer mangels hinreichender Begründung nicht ein.

74

Kommentar: Das Ergebnis der Prüfung über die Zulässigkeit der erhobenen Gebühr für den Zugang zu den verlangten amtlichen Dokumenten sowie für den Erlass der entsprechenden Gebührenverfügung ist grundsätzlich nachvollziehbar. Das BVGer stellt jedoch bei der Prüfung der Recht- und Verhältnismässigkeit von Gebühren im BGÖ-Bereich regelmässig auf das im allgemeinen Gebührenrecht geltende Äquivalenzprinzip ab[23], was sich nach der hier vertretenen Auffassung als nicht unproblematisch erweist. Die Berücksichtigung des Äquivalenzprinzips im Bereich des Öffentlichkeitsprinzips steht mangels Erfordernis eines Identitäts- und Interessennachweises für die Einreichung eines Zugangsgesuches in einem gewissen Widerspruch zur Berücksichtigung des Verhältnisses der in Rechnung gestellten Gebühr mit dem Wert der erhaltenen amtlichen Dokumente für die gesuchstellende Person. Bei konsequenter Anwendung des Äquivalenzprinzips würden sich gegenüber Medienschaffenden, welche die mittels BGÖ erhaltenen Dokumente vorwiegend kommerziell nutzen, tendenziell höhere Gebührenforderungen rechtfertigen. Dies würde ohne Frage der Konzeption des Gesetzes widersprechen, weshalb das Äquivalenzprinzip nach der hier vertretenen Auffassung im Bereich der Verwaltungsöffentlichkeit höchstens modifiziert Anwendung finden kann[24].

13. Meinungs- und Informationsfreiheit / Medienfreiheit (Art. 16 und 17 BV)

a) Dokumente zum Steuerstreit mit den USA
(BVGer A-6475/2017 vom 6.8.2018 / BGer 1C_462/2018 vom 17.4.2019)
75

Im bereits besprochenen Urteil um Zugang zu Dokumenten im Zusammenhang mit der Anklage und dem Strafprozess gegen einen ehemaligen UBS Banker rügte der Gesuchsteller die vollständige Zugangsverweigerung u.a. als eigenständige Verletzung der Informations- und der Medienfreiheit (Art. 16 und 17 BV).

76

Das BVGer wies darauf hin, dass Art. 16 Abs. 3 BV nur ein Recht gewähre, sich Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen. Die Informationsfreiheit sei demnach auf jene Informationen beschränkt, die nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften der Öffentlichkeit zugänglich seien. Die Qualifikation einer Quelle als allgemein zugänglich ergebe sich für amtliche Dokumente aus dem BGÖ, weshalb die Informationsfreiheit keinen Anspruch auf Einsicht in (nach den Ausnahmebestimmungen des Gesetzes) geheim zu haltende Dokumente bzw. auf weitergehende Zugangsrechte gewähre. Die Medienfreiheit räume den Medienschaffenden schliesslich lediglich Abwehrrechte gegenüber dem Staat ein, vermittle ihnen jedoch keinen unmittelbaren Anspruch auf staatliche Leistungen. Die Herausgabe von amtlichen Dokumenten stelle jedoch eine staatliche Leistung dar, weshalb der Gesuchsteller aus der Medienfreiheit keinen über das BGÖ hinausgehenden Anspruch auf Zugang herleiten könne. Das BGer bestätigte diese Einschätzung in seinem Beschwerdeentscheid.

b) Beim BAG vorhandene Dokumente eines Krankenversicherers betreffend Prämienerhöhung 
(BVGer A-2352/2017 vom 11.12.2019)
77

In diesem bereits erwähnten Urteil befasste sich das BVGer zum ersten Mal mit dem Entscheid Nr. 18030/11 des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Sachen Magyar Helsinki Bizottság g. Ungarn, in welchem der Gerichtshof gestützt auf die Meinungsäusserungsfreiheit (Art. 10 EMRK) unter bestimmten Voraussetzungen ein Recht auf Informationszugang anerkannt hat. Der Gesuchsteller machte geltend, dass mit Blick auf dieses EGMR-Urteil auch bei der Prüfung der Ausnahmebestimmungen nach Art. 7 Abs. 1 BGÖ – im konkreten Fall von Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ (Schutz von Geschäftsgeheimnissen) – eine Interessenabwägung durchzuführen und vorliegend das Interesse an Transparenz als überwiegend zu betrachten sei.

78

Das BVGer folgte dieser Argumentation nicht und wies darauf hin, dass auch im Anwendungsbereich des BGÖ die Behörde im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände beurteilen müsse, ob eine Offenlegung die vom Gesetzgeber vordefinierten Interessen ernsthaft und erheblich beeinträchtigen würden. Auch wenn diese Schadensrisikoprüfung nicht einer eigentlichen Interessenabwägung entspreche, erlaube sie der Behörde dennoch alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Darüber hinaus müsse eine Behörde auch stets den Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachten. Damit stehe die Rechtsprechung zum BGÖ im Einklang mit den Anforderungen dieses EGMR-Entscheides. Im Ergebnis stützte das BVGer den Entscheid des BAG, den Zugang zu den verlangten Dokumenten wegen darin enthaltener Geschäftsgeheimnisse im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Bst. g BGÖ zu verweigern.

79

Kommentar: Damit stellte das BVGer klar, dass dieses EGMR-Urteil zumindest in Bezug auf die Ausnahmebestimmungen nach Art. 7 Abs. 1 BGÖ keine weitergehenden Ansprüche verleiht, und weiterhin «bloss» eine Schadensrisikoprüfung vorzunehmen ist.


Fussnoten

  1. * Die Autoren vertreten in diesem Beitrag ihre persönliche Meinung.
    Zum Überblick über die Rechtsprechung zum Öffentlichkeitsgesetz des Jahres 2017 vgl. Annina Keller/Daniel Kämpfer, Öffentlichkeitsgesetz: Gerichte stärken das Recht auf Zugang zu Verwaltungsakten, in: Medialex 03/2018.

  2. Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ; SR 152.3).

  3. S. dazu die Urteile des BGer 1C_125/2015 vom 17. Juli 2015 sowie 9C_36/2016 vom 16. Februar 2016.

  4. S. dazu etwa BVGer A-4903/2016 vom 22. Mai 2017: Liste mit Personendaten der Ärzteschaft der Regionalen Ärztlichen Dienste (RAD).

  5. RVOV; SR 172.010.1.

  6. Bundesgesetz über das Kriegsmaterial (Kriegsmaterialgesetz, KMG; SR 514.51).

  7. Bundesgesetz über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR171.10).

  8. Art. 12c Abs. 4 des Fernmeldegesetzes (FMG; SR 784.10).

  9. Art. 48 Abs. 4 der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV; SR 784.101.1).

  10. PrSG; SR 930.11.

  11. Vgl. ausführliche Urteilsbesprechung von Daniel Kämpfer, Öffentlichkeitsprinzip: Hintertür Spezialbestimmungen?, vom 1. Oktober 2019; abrufbar unter www.medialex.ch.

  12. So auch das BVGer in einem früheren Urteil A-4571/2015 vom 10. August 2016 E. 4.2.

  13. Daniel Kämpfer, Öffentlichkeitsprinzip: Hintertür Spezialbestimmungen? a.a.O.

  14. FIFG; SR 420.1.

  15. BVGer A-590/2014 vom 16.12.14 E. 11.2.5.

  16. KVV; SR 832.102.

  17. Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung (KVAG; SR 832.12).

  18. BVGer A-7405/2014 vom 23.11.15 E. 5.2.1.2; BGE 142 II 324 E. 2.5.1; BVGE 2011/52 E. 5.1.2.

  19. Vgl. Urteil des BGer 1C_74/2015 vom 2. Dezember 2015 E.4.2.

  20. Bundesgesetz über den Datenschutz (DSG; SR 235.1).

  21. Art. 27 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120, Stand 16. Juli 2012, diese Bestimmung ist heute aufgehoben).

  22. Vgl. dazu Bundesamt für Justiz/Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter, Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips in der Bundesverwaltung: Häufig gestellte Fragen vom 7. August 2013, Ziffer 8.2.3, abrufbar unter https://www.edoeb.admin.ch/dam/edoeb/de/dokumente/2013/08/umsetzung_des_oeffentlichkeitsprinzipsinderbundesverwaltunghaeuf.pdf.download.pdf/umsetzung_des_oeffentlichkeitsprinzipsinderbundesverwaltunghaeuf.pdf sowie Generalsekretärenkonferenz, Empfehlungen über die Erhebung der Gebühren für den Zugang zu amtlichen Dokumenten vom 22.11.2013, abrufbar unter https://www.bj.admin.ch/dam/data/bj/staat/gesetzgebung/archiv/oeffentlichkeitsprinzip/gsk-empfehlung-gebuehren-d.pdf

  23. Vgl. auch Urteile des BVGer A-3299/2016 vom 24. Mai 2017 E. 5.2 sowie A-3363/2012 vom 22. April 2013 E. 5.4.

  24. Vgl. dazu Daniel Kämpfer/Astrid Schwegler, Öffentlichkeitsgesetz: Bundesgericht befreit Medienschaffende von Gebühren – zu Unrecht?, in Medialex 04/2013.