Bundesrat lehnt die «Halbierungsinitiative» ab, die Radio- und Fernsehabgabe soll aber sinken
Die Empfangsgebühr soll ab 2029 pro Jahr und Haushalt auf 300 Franken sinken.
Der Bundesrat will die Radio- und Fernsehverordnung anpassen. Die Vernehmlassung dazu dauert bis 1. Februar 2024. Nicht zuletzt will er die Volksinitiative «200 Franken sind genug!» (Halbierungsinitiative) kontern. Diese empfiehlt er zur Ablehnung.
Mit einem Ja würde der Abgabenanteil am Budget der SRG von heute 1.25 Milliarden auf rund 650 Millionen Franken sinken. «Dies hätte weitreichende Folgen für das publizistische Angebot und die Grösse und Struktur der föderalistisch organisierten SRG», sagte Medienminister Albert Rösti Anfang November in Bern vor den Medien.
Der Bundesrat will der Initiative keine Änderung der Verfassung oder eines Gesetzes entgegenstellen – über solche Gegenvorschläge hätte das Parlament und allenfalls auch das Volk zu befinden. Er bevorzugt einen Gegenvorschlag in seinem Zuständigkeitsbereich; er will die Höhe der Radio- und Fernsehgebühr weiterhin selbst festlegen.
Auch Unternehmen sollen entlastet werden
Die Abgabe für Haushalte will der Bundesrat ab 2027 auf 312 Franken und ab 2029 auf 300 Franken senken. Für Kollektivhaushalte, etwa Heime, wird eine Senkung der Gebühr von heute 670 Franken auf 624 Franken ab 2027 und auf 600 Franken ab 2029 vorgeschlagen.
Zudem sollen ab 2027 über 60’000 Unternehmen von der Abgabe befreit werden. Heute müssen sie Betriebe mit mehrwertsteuerpflichtigem Jahresumsatz von 500’000 Franken zahlen. Neu sollen das nur noch Unternehmen mit 1.2 Millionen Franken Jahresumsatz tun müssen. Damit wären rund 80 Prozent der Unternehmen von der Abgabe befreit.
Bundesverwaltungsgericht kritisiert aktuellen Tarif
Was die Unternehmensabgabe angeht, besteht ohnehin Anpassungsbedarf. Ebenfalls im November hat das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) ein Urteil zur Radio- und Fernsehabgabe gefällt, das zu reden gab. Laut seinem Entscheid A_4741/2021 vom 8. November 2023 (https://medialex.ch/bvger-a-4741-2021-rtv-gebuehren/) ist der aktuell gültige degressive Tarif der Radio- und Fernsehabgabe verfassungswidrig. Gemäss Mehrwertsteuergesetz sind Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu einer halben Million Franken von der Abgabe befreit. Für die anderen Unternehmen hat der Bundesrat einen 18- stufigen Tarif in Kraft gesetzt. Dieser verstösst gemäss BVGer gegen das Rechtsgleichheitsgebot. Bei der Analyse der Tarifstufen stellte das Gericht fest, dass kleinere Unternehmen einer wesentlich höheren relativen Steuerbelastung als umsatzstarke Unternehmen unterliegen. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Verhältnismässigkeit bleibt der geltende Tarif aber anwendbar. Das BVGer legt dem Bundesrat jedoch nahe, bei der nächsten Überprüfung «eine progressive oder teilweise lineare Ausgestaltung der Unternehmensabgabe in Betracht zu ziehen».
Sparauftrag an die SRG
Von der SRG verlangt der Bundesrat, zu sparen und sich mehr auf audio- und audiovisuelle Angebote auszurichten sowie auf Information, Bildung und Kultur. Bei Unterhaltung und Sport soll der Fokus auf dem liegen, was andere nicht abdecken. Rösti sprach von «mehreren hundert Stellen», die der Umstrukturierung zum Opfer fallen könnten.
Die Senkung der Haushaltabgabe in zwei Etappen verschaffe der SRG eine angemessene Übergangszeit, um die nötigen Sparmassnahmen umzusetzen. Im Rahmen der Konzession wolle der Bundesrat aber festhalten, dass die SRG in allen vier Sprachräumen verankert bleiben müsse, versicherte Rösti.
Die SRG begrüsst den Entscheid des Bundesrats, die Halbierungsinitiative abzulehnen, nimmt die vorgeschlagenen Massnahmen aber mit Sorge zur Kenntnis. Sie will in der nun folgenden Vernehmlassung die zu erwartenden Auswirkungen aufzeigen.
Geändertes Nutzungsverhalten
Der Bundesrat begründet die Senkung der Abgaben auch mit einem geänderten Verhalten der Mediennutzenden. Das Medienbudget der Haushalte habe sich in den letzten Jahren aufgrund der zunehmenden Nutzung von zahlungspflichtigen in- und ausländischen Fernseh- und Streamingangeboten erhöht.
Für die Entlastung der Haushalte sprächen auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen wie Inflation und höhere Mieten. Beim Bund wird davon ausgegangen, dass mit der vom Bundesrat geplanten Abgabensenkung und -befreiung die SRG rund 170 Millionen Franken weniger aus dem Gebührentopf erhalten wird.
SRG/medialex