Sorgfaltspflichten zu kennen ist essenziell

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Leitlinien und Unterschiede der rechtlichen und medienethischen Anforderungen an die journalistische Sorgfalt

Nora Camenisch, Dr. iur., Bern

Résumé: Dans le champ de tensions entre liberté de la presse et protection de la réputation des personnes, entre devoir d’innocence et formation libre des opinions, les devoirs de diligence des journalistes jouent un rôle central. Il est essentiel que ces derniers les connaissent. Toutefois, il est non seulement difficile de dresser la liste exhaustive de ces principes, mais, de plus, il n’est pas toujours aisé de les distinguer, selon qu’ils relèvent des droits humains, du droit pénal ou du droit civil, ou encore du droit de la concurrence ou du droit des médias électroniques ou de l’éthique des médias. Mais des principes directeurs de base s’en dégagent, la vérification des reproches, l’audition des personnes concernées et les différentes exigences qui concernent la manière de présenter une thématique. 

Zusammenfassung: Journalistische Sorgfaltspflichten spielen im Spannungsfeld zwischen Medienfreiheit und Ansehensschutz, Unschuldsvermutung und freier Meinungsbildung eine zentrale Rolle. Für Medienschaffende ist es daher essenziell, diese Sorgfaltspflichten zu kennen. Dabei sind die Anforderungen jedoch teilweise nicht nur schwer zu überblicken; sie können sich in menschenrechtlicher, straf-, zivil- und wettbewerbsrechtlicher Hinsicht sowie im Recht der elektronischen Medien und der Medienethik voneinander unterscheiden. Dennoch lassen sich grundlegende Leitlinien erkennen, welche insbesondere die Verifizierung von Vorwürfen, die Anhörung von betroffenen Personen und verschiedene Anforderungen an die Darstellung eines Beitrags betreffen.

Die vorliegende Untersuchung basiert auf den Ergebnissen der Dissertation «Journalistische Sorgfalt: rechtliche und medienethische Anforderungen» der Autorin.

I. Einleitung

«Der Journalismus darf nicht alles, was er kann[1]
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Journalismus kann Vieles. Er kann aufklären und aufdecken. Er kann hinterfragen. Er kann Meinungen bilden. Er kann Debatten fördern. Mit dieser Macht geht eine grosse Verantwortung einher, denn Journalismus kann Grenzen überschreiten und namentlich das Ansehen einer Person, die Unschuldsvermutung oder auch die freie Meinungsbildung des Publikums verletzen. In diesem Spannungsfeld spielen journalistische Sorgfaltspflichten eine zentrale Rolle.

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Sorgfältiges Handeln bedeutet für Journalistinnen und Journalisten, dass sie die Gefahr für die Rechtsgüter Dritter erkennen und sich entsprechend verhalten[2]. Medienschaffende tragen also in diesem Bereich eine grosse Verantwortung. Dieses Verantwortungsbewusstsein, das von Medienschaffenden erwartet wird, bildet sowohl in der Rechtsprechung des EGMR als auch in der Medienethik den entscheidenden Anknüpfungspunkt für die journalistischen Sorgfaltspflichten. Verantwortungsvolles Handeln und damit verbunden die Einhaltung von Sorgfaltspflichten tragen nämlich den beidseitigen Ansprüchen Rechnung und bilden einen wesentlichen Faktor, wenn es darum geht, die entgegenstehenden Interessen gegeneinander abzuwägen.

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Im Berufsalltag ist es zentral, dass die Sorgfaltspflichten möglichst klar und einfach verständlich sind, damit sich Medienschaffende in diesen Spannungsfeldern zurechtfinden und ihre Verantwortung wahrnehmen können. Dies würde es ihnen erleichtern, sich vor rechtlichen Konsequenzen zu schützen, bspw. vor einer Verurteilung wegen übler Nachrede (Art. 173 StGB) oder den Folgen, die sich aus der Verletzung der zivil- und wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen (Art. 28 ZGB, Art. 3 Abs. 1 lit. a UWG) oder des Sachgerechtigkeitsgebots (Art. 4 Abs. 2 RTVG) ergeben. Im Einzelfall sind die rechtlichen und medienethischen Anforderungen teilweise jedoch nur schwer zu überblicken.

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Immerhin lassen sich aus der Rechtsprechung des EGMR, jener des Bundesgerichts und der UBI sowie aus der Spruchpraxis des Presserats grösstenteils übereinstimmende Vorgaben ableiten. Die Sorgfaltspflichten können in drei Hauptkategorien unterteilt werden, die für alle Rechtsgebiete und auch die Medienethik gelten: Die Pflicht zur Verifizierung von Vorwürfen (III.), die Pflicht zur Anhörung bei schweren Vorwürfen (IV.) sowie verschiedene Pflichten im Rahmen der Publikation von Beiträgen (V.). Diese Pflichten beruhen auf gemeinsamen Leitlinien für den anzuwendenden Sorgfaltsmassstab (sogleich II.).

II. Sorgfaltsmassstab

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In einem idealen Umfeld hätten die Menschen bei der Ausübung ihres Berufs die Möglichkeit, grösstmögliche Sorgfalt walten zu lassen. In der Realität stehen dem aber Gegebenheiten entgegen, insbesondere sind die personellen und finanziellen Ressourcen oftmals beschränkt. Dies hat zur Folge, dass Kompromisse in Bezug auf die Sorgfalt nötig sind. Letztlich gilt dies für viele Berufe. Auf den Journalismus trifft es es jedoch in besonderem Masse zu. Es liegt beispielsweise auf der Hand, dass für eine Kurzmeldung über eine Ausstellungseröffnung oder eine Umleitung aufgrund einer Strassensperre nicht die gleichen personellen Mittel eingesetzt werden können wie für eine umfangreiche Enthüllung, die für die betroffenen Menschen oder Unternehmen besonders einschneidende Konsequenzen haben könnte. Dieser Gegebenheit kommen Medienethik und Rechtsprechung entgegen, indem sie einen den Umständen angepassten Sorgfaltsmassstab anwenden.

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Die Analyse von Medienrecht und Medienethik ergibt, dass verschiedene Faktoren den Sorgfaltsmassstab beeinflussen. Dabei sind insbesondere die Schwere der Anschuldigung, gewisse Eigenschaften der betroffenen Personen (relevant sein kann hier etwa die Öffentlichkeit einer Person, deren Tätigkeit in der Justiz oder ob es sich beispielsweise um ein Kind oder ein Opfer einer Straftat handelt) sowie allenfalls vorhandener Zeitdruck für die Bestimmung der Anforderungen an den Sorgfaltsmassstab massgebend. Hier gibt es keine harten Kriterien, in welchem Mass die Anforderungen an die Sorgfalt beim Vorhandensein oder Nichtvorhandensein dieser Faktoren steigen respektive sinken. Dies dient der Einzelfallgerechtigkeit.

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Bei der Schwere der Vorwürfe gilt für alle Rechtsgebiete[3] sowie die Medienethik[4], dass je schwerer ein Vorwurf wiegt, desto höher auch die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht sind. Die Schwere des Vorwurfs hängt dabei namentlich von dessen Inhalt[5], der Wirkung des Mediums auf das Publikum[6] sowie dem erreichten Personenkreis des Mediums[7] ab.

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Eine massgebliche Rolle für die Beurteilung der Sorgfalt spielen auch Eigenschaften der von der Berichterstattung betroffenen Personen. Öffentliche Personen haben insbesondere im Rahmen der Rechtsprechung des EGMR[8], der Schweizer Straf- und Ziviljustiz[9] sowie in der Spruchpraxis des Presserats[10] schwerere Eingriffe in ihre Privatsphäre zu erdulden und ein höheres Mass an Kritik hinzunehmen als Privatpersonen. Das höhere Mass erlaubter Kritik führt nicht zuletzt dazu, dass in der Berichterstattung über öffentliche Personen tendenziell auch schärfere Formulierungen zulässig sind[11] und dass Tatsachenbehauptungen unter Umständen auch nicht im selben Masse zu verifizieren sind, sodass beispielsweise ein Verzicht auf das Einholen einer Stellungnahme eher zulässig ist[12].

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An einem strengen Massstab misst die Strassburger Justiz die Berichterstattung über verletzliche Personen. Dazu gehören nebst psychisch vulnerablen Personen[13] etwa auch Opfer von Sexualstraftaten. Handelt es sich um minderjährige Opfer, so ist die Anforderung an die journalistische Sorgfalt noch einmal höher zu setzen[14]. Auch die Richtlinien des Presserats halten fest, dass Kinder und Opfer von Sexualdelikten in der medialen Berichterstattung besonderen Schutz verdienen[15]. Es sind deshalb besonders ausgeprägte Anforderungen an die Sorgfalt bei der journalistischen Arbeit zu stellen. Grund dafür ist die Wirkung, die ein Vorwurf auf eine betroffene Person haben kann[16].

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Einen Einfluss kann auch das Vorhandensein von Zeitdruck bei der journalistischen Recherche und Publikation eines Beitrags haben[17]. Dies darf aber nicht dazu führen, dass die essenziellen Anforderungen an die Sorgfalt ausser Acht gelassen werden.

III. Verifizierungspflicht

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Die Verifizierung von Informationen ist für die journalistische Tätigkeit von grosser Bedeutung. Sowohl im Medienrecht als auch in der Medienethik gilt der Grundsatz, dass Informationen vor ihrer Veröffentlichung zu überprüfen sind. Für Medienschaffende geht es im Rahmen dieser Verifizierung darum, sich (oftmals unter Zeitdruck) in guten Treuen ein Bild über eine Situation machen zu können und anschliessend zu entscheiden, ob ihnen eine Information zumindest als wahr erscheint[18], denn nur dann soll diese veröffentlicht werden. Dieses «Dilemma der nur angenäherten Wahrheit»[19] stellt Medienschaffende teilweise vor eine grosse Herausforderung, kann doch die Publikation einer Unwahrheit oder einer falschen Tatsachenbehauptung nicht nur in medienethischer, sondern auch in rechtlicher Hinsicht Konsequenzen nach sich ziehen.

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Die Verifizierung von Informationen hat in den vergangenen Jahren unter anderem durch die sozialen Medien[20] und durch User-generated Content (Stichwort Leser-Reporter oder News-Scout) noch an Bedeutung gewonnen. Es bestehen zunehmend Bestrebungen, das Fact-Checking zu institutionalisieren. Sowohl im Ausland als auch in der Schweiz haben Medien inzwischen eigene Redaktionsteams oder zumindest Redaktorinnen und Redaktoren, die sich professionell mit Fact-Checking auseinandersetzen[21]. Die journalistischen Handwerksregeln zur Verifizierung sind vielfältig, hinzu kommen zahlreiche redaktionsinterne Richtlinien, die journalistisch korrektes Vorgehen statuieren[22]. Auch Rechtsprechung und Medienethik haben Anforderungen an die Verifizierung definiert. Die Grundanforderungen aus den Handwerksregeln finden sich teilweise darin wieder[23], jedoch nicht vollständig[24].

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Aus dieser Rechtsprechung und der Medienethik lassen sich einige allgemeingültige Grundsätze ableiten. Sowohl die Medienethik als auch das Medienrecht kennen in den meisten Bereichen eine grundsätzliche Pflicht zur Verifizierung von ehrverletzenden Tatsachenbehauptungen[25]. Eine eher untergeordnete Rolle spielt die Verifizierung im Zivilrecht, wo sie vor allem im Bereich der reparatorischen Klagen Einfluss haben kann[26]. Grad und Umfang der Verifizierung und damit die Anforderungen an die journalistische Sorgfalt hängen im Wesentlichen von der Quelle ab, von der eine Information stammt. Je höher die Glaubwürdigkeit einer Quelle, desto eher darf auf die Information vertraut werden und desto weniger brauchen Informationen verifiziert zu werden.

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Es kann im Wesentlichen zwischen folgenden Quellen unterschieden werden: behördliche Berichte, andere Medien und Drittpersonen. Dabei gelten behördliche Berichte und amtliche Mitteilungen als besonders vertrauenswürdig. Sie brauchen im Grundsatz nicht verifiziert zu werden[27]. Ähnliches gilt für Meldungen von anerkannten Agenturen, die ebenfalls eine erhöhte Glaubwürdigkeit geniessen[28]. Der Pflicht zu Verifizierung unterliegen demgegenüber im Grundsatz Informationen von Privatpersonen. Dabei ist es Aufgabe der Medienschaffenden zu erkennen, ob beispielsweise Eigeninteressen oder Widersprüche in den Aussagen vorliegen, welche an der Glaubwürdigkeit einer Quelle zweifeln lassen[29]. Es sind die entsprechenden Verifizierungsschritte zu unternehmen und diese Eigeninteressen kenntlich zu machen[30]. Demgegenüber eine höhere Glaubwürdigkeit weisen beispielsweise Aussagen von Expertinnen und Experten auf[31].

IV. Pflicht zur Anhörung bei schweren Vorwürfen

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Die zweite Kategorie von Sorgfaltspflichten ist die Anhörung von betroffenen Personen. Als Begründung für die Pflicht der Anhörung dient die Wirkung der Medien. Durch die Anhörung erfährt das Publikum unter Umständen, dass Hauptpunkte der Anschuldigung kontrovers sind[32].

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Im Rahmen von umstrittenen Tatsachenbehauptungen in der Presse weisen sowohl der EGMR als auch die Schweizer Gerichte, die UBI und der Presserat immer wieder darauf hin, dass Medienschaffende den im Artikel angeschuldigten Personen das Recht zugestehen müssen, zu den Vorwürfen gegen sie Stellung zu nehmen[33]. Dabei lassen sich aus Rechtsprechung und Medienethik auch Grundsätze ableiten, was zu tun ist, wenn eine Person nicht erreichbar ist oder sich weigert, Auskunft zu geben:

  • Je einfacher eine Person zu erreichen ist, desto weniger kann auf ihre Stellungnahme verzichtet werden[34].
  • Je mediengewandter und professioneller organisiert das Gegenüber ist, desto schneller kann eine Stellungnahme erwartet werden. So muss etwa einem Unternehmen mit Pressestelle weniger Zeit eingeräumt werden als einer Privatperson[35].
  • Je dringlicher die Angelegenheit und je öfter die Publikation erscheint, desto schneller darf eine Antwort erwartet werden[36].
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Nebst dem geltenden Grundsatz sind jedoch auch Unterschiede in der Beurteilung bei Print- und elektronischen Medien erkennbar, wobei Letztere aufgrund des geschützten Rechtsguts der freien Meinungsbildung des Publikums besonders hohe Anforderungen zu erfüllen haben[37]. So sind etwa die Ansichten von Angeschuldigten auf angemessene Weise zum Ausdruck zu bringen, auch wenn sie für eine Stellungnahme nicht erreichbar sind oder auf eine solche verzichten. Falls keine Argumente ersichtlich sind, so ist zumindest der Grund für das Fehlen der Stellungnahme zu nennen[38]. Die freie Meinungsbildung des Publikums gebietet es auch, dass Betroffene mit dem «belastenden» Material konfrontiert und im (geschnittenen) Beitrag grundsätzlich mit ihrem besten Argument gezeigt werden[39].

V. Sorgfalt in der Darstellung

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Als dritte Kategorie der Sorgfaltspflichten kann die Sorgfalt in der Darstellung bezeichnet werden. Die Darstellung eines Beitrags stellt die letzte Stufe im Prozess journalistischen Arbeitens dar. Die gewählte Sprache, die Formulierungen und die Aufmachung können die zulässigen Grenzen von Übertreibungen und Provokation sprengen, die Unschuldsvermutung kann missachtet werden oder eine Anonymisierung zu einer eigentlichen Farce verkommen. Dies geschieht nicht immer — wohl gar eher selten — mit Absicht.

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In Bezug auf die Voraussetzungen an die Zulässigkeit von Übertreibungen, Provokationen und Ungenauigkeiten lassen sich einige generelle Leitlinien aus Rechtsprechung und Medienethik ableiten. Grundsätzlich gilt, dass ein gewisses Mass an Übertreibungen und Provokationen zulässig ist. Auch kleinere Ungenauigkeiten sind zu tolerieren[40]. Das Mass ist im Grundsatz dann überschritten, wenn wesentlich von den tatsächlichen Begebenheiten abgewichen wird[41] oder Aussagen unnötig verletzend sind[42].

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Zu beachten ist bei der Formulierung eines Beitrags, dass dem Grundsatz der Unschuldsvermutung Rechnung getragen wird[43]. Dabei misst der EGMR die Unschuldsvermutung an einem weniger strengen Massstab als das Bundesgericht, er anerkennt zwar ihren Stellenwert, setzt sie aber nicht absolut. Der EGMR öffnet eine vorverurteilende Schlagzeile im Gegensatz zum Bundesgericht einer Interessenabwägung zwischen der journalistischen Freiheit und der Information des Publikums. So kann ein Medienbericht letztlich selbst dann zulässig sein, wenn er Aussagen enthält, die eigentlich die Unschuldsvermutung missachten[44].

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Weiter haben Medienschaffende im Rahmen der Darstellung eines Beitrags darauf zu achten, dass die Identität anonymisierter Personen nicht erkennbar wird. Eine Identifizierung ist nämlich nicht nur durch die Nennung des Namens, sondern auch durch die Nennung von Details aus dem Privatleben betroffener Personen denkbar[45]. Massgebend ist dabei im Grundsatz, ob die Identifizierung über den unmittelbaren Familien- und Freundeskreis hinaus ermöglicht wird[46].

VI. Differenzen zwischen Rechtsprechung und Medienethik am Beispiel der Titelsetzung

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Auch wenn die Analyse von Rechtsprechung und Medienethik weitgehend übereinstimmende Leitlinien für die Anforderungen an die journalistische Sorgfalt erkennen lässt, zeigt sich bei genauerer Betrachtung, dass sich die Beurteilung der Zulässigkeit von Vorwürfen in rechtlicher und medienethischer Hinsicht durchaus unterscheiden kann. Exemplarisch dafür stehen die Anforderungen an die Titelsetzung.

1. Presserat

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Aus medienethischer Sicht gelten Zuspitzungen im Titel als vertretbar, wenn sie «durch die recherchierten Fakten gedeckt sind und früh im Lead oder zu Beginn des Textes in einen differenzierten Kontext gestellt werden[47].» Dabei prüft der Presserat, ob die Gefahr besteht, dass die Leserschaft in relevanter Weise getäuscht wird. Eine Täuschung liegt dann vor, wenn die Leserschaft aufgrund von überspitzten Schlagzeilen und Titeln von Tatsachen ausgeht, die so nicht zutreffen. Dabei geht der Presserat nicht davon aus, dass Leserschaft neben Titel und Schlagzeile den gesamten Artikel liest[48].

2. Recht der elektronischen Medien

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In eine ähnliche Richtung geht die UBI in Bezug auf das Sachgerechtigkeitsgebot. Sie berücksichtigt tendenziell den gesamten Artikel. Sie anerkennt aber, dass Titel und Lead in einem Online-Artikel von besonderer Bedeutung sind. Ein Mangel wirkt dort besonders schwer[49]. Eine frühe Relativierung von Aussagen wirkt sich jedoch besonders positiv auf die freie Meinungsbildung des Publikums aus[50].

3. Rechtsprechung des EGMR

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Der EGMR stellt klar, dass bei der Beurteilung einer problematischen Schlagzeile grundsätzlich auf den Gesamtzusammenhang abzustellen ist[51]. Auch der EGMR hält wie der Presserat und die UBI ein gewisses Mass an Übertreibung und Provokation für zulässig. Dieses Mass ist aber etwa dann überschritten, wenn die Behauptungen in einem Titel zu einer Diskrepanz mit den in einem Haupttext aufgeführten Fakten führen[52].

4. Wettbewerbsrecht

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In eine ähnliche Richtung geht dabei das Schweizer Wettbewerbsrecht. Dieses fokussiert stärker auf den Gesamtzusammenhang. So ist die Formulierung des Titels grundsätzlich nicht isoliert zu betrachten, sondern unter Berücksichtigung des Haupttextes und umgekehrt. Es ist zu berücksichtigen, dass Titel notwendig verkürzend sind und regelmässig aus schlagwortartigen Hinweisen bestehen, die die Aufmerksamkeit der Leserschaft auf sich lenken und deren Interesse wecken soll[53]. Das Bundesgericht anerkennt, dass Mediennutzer vielfach in der Lage seien, «reisserische Überschriften, Sensationshascherei oder übermässige Vereinfachungen zu erkennen und zu relativieren, was bei der Würdigung von wirtschaftsjournalistischer Berichterstattung ebenfalls berücksichtigt werden muss[54].» Ein Titel oder Untertitel kann jedoch auch für sich allein unlauter, wenn dem Titel falsche Tatsachen zugrunde liegen, er irreführend oder unnötig verletzend ist[55]

5. Schweizer Strafrecht

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Strenger als der EGMR und auch der Presserat scheint die Schweizer Rechtsprechung zu sein. In strafrechtlicher Hinsicht scheint das Bundesgericht viel stärker auf einzelne Ausdrücke zu fokussieren und nimmt damit eher einen Rechtsverstoss an als der EGMR. Nach Ansicht des Bundesgerichts lässt eine reisserische Aufmachung im Stil einer Boulevardzeitung eine Berichterstattung nicht zwangsläufig als wahrheitswidrig erscheinen. Das Bundesgericht nimmt jedoch dann einen Verstoss gegen Art. 173 StGB an, wenn die Aufmerksamkeit der Leserschaft auf einzelne Elemente gelenkt wird, die sich nicht mit dem Inhalt des ganzen Textes decken. Dies zeigt etwa das Beispiel «Lucona»[56] aus dem Jahr 1990. Eine Zeitung titelte «Lucona-Versicherungsskandal: Prokschs Schweizer Freunde» gefolgt vom Untertitel «Versicherungsbetrug steuert auf Mordanklage zu».

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Auch wenn im Gesamtkontext des Artikels erkennbar gewesen ist, dass noch kein rechtskräftiges Urteil gegen Proksch vorlag, ist die Zeitung nach Ansicht des Bundesgerichts mit dieser Darstellung zu weit gegangen. Denn das Bundesgericht ging nämlich bereits damals davon aus, dass die Leserschaft nicht einen ganzen Artikel liest und deshalb an jeder Stelle, an der ein Verdacht erwähnt wird, die Unschuldsvermutung gewahrt wird.

6. Schweizer Zivilrecht

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Genau wie die Strafjustiz fokussiert auch die Schweizer Ziviljustiz stark auf einzelne Aussagen. Auch hier kann eine Persönlichkeitsverletzung aus einer einzelnen Behauptung oder einzelnen Passagen eines Medienberichts resultieren.

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Zu erwähnen ist hier ein Bundesgerichtsurteil aus dem Jahr 2021[57], das sich unter anderem mit der Frage befasste, inwiefern Titel und Lead vom Inhalt des Haupttextes abweichen dürfen. Das Onlineportal «blick.ch» titelte «A.B. aus Rafz ZH. Dieser Schweizer hilft Kinderquäl-Sekte». Der Untertitel lautete wie folgt: «Die deutsche Justiz ermittelt gegen ‹Zwölf Stämme›. Die Sekte quält Kinder – mit Unterstützung aus der Schweiz.» Im Rahmen des Verfahrens vor Bundesgericht brachte die Beschwerdeführerin (der Verlag) vor, dass unter Beizug des Haupttextes klar würde, dass mit dem Untertitel nicht eine Mithilfe der im Artikel genannten Person beim tatsächlichen Schlagen ausgedrückt werde. Folglich habe sie auch keine falschen Informationen verbreitet.

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In Anlehnung an die strafrechtliche Praxis im «Lucona»-Urteil stellt sich auch die II. zivilrechtliche Abteilung des Bundesgerichts auf den Standpunkt, dass die Leserschaft den Haupttext eines Medienberichts oft nicht in allen Einzelheiten von A bis Z durchliest, sondern ihre Aufmerksamkeit vor allem oder gar ausschliesslich den Schlagzeilen, Unter- und Zwischentiteln oder Bildlegenden zuwendet. Das Bundesgericht hielt sodann fest, dass dies insbesondere für die Leserschaft von Onlineportalen gelte[58].

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Muss damit gerechnet werden, dass der Artikel nicht zu Ende gelesen wird, kann sich ein Medienunternehmen nicht darauf berufen, dass die vollständige Lektüre des Berichts allfällige Doppelbödigkeiten ausgeräumt hätte. Die Redaktion muss sich nach Ansicht des Bundesgerichts unter Umständen gar Lesarten entgegenhalten lassen, die vielleicht nicht ganz so naheliegend erscheinen beziehungsweise nicht beabsichtigt waren[59]. Das Bundesgericht scheint mit diesem neueren Entscheid teilweise von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen respektive diese zumindest im Hinblick auf Onlinemedien zu differenzieren. So hielt das Bundesgericht in den 1990er-Jahren fest, dass die Formulierung eines Titels zwar der bewussten Irreführung dienen könne. Umgekehrt könnten schlagwortartig verkürzte Überschriften aber auch erst zum vertieften Lesen eines Berichts beitragen. Die gerügten Textstellen seien deshalb im Gesamtzusammenhang zu beurteilen[60]. Auch liess das Bundesgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung in die Beurteilung miteinfliessen, dass Boulevardmedien nicht gerade für ihre zurückhaltende Aufmachung bekannt seien[61].

7. Fazit

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Das Bundesgericht wendet bei der Beurteilung von zuspitzenden Titeln in Massenmedien einen strengeren Massstab an als der EGMR. Der Gerichtshof fokussiert stärker auf den Gesamteindruck als auf die einzelnen Elemente und akzeptiert auch ein stärkeres Mass an Übertreibung und Provokation bei der Titelsetzung. Zudem scheint der EGMR weniger darauf abzustellen, dass die Leserschaft einen Artikel nicht zu Ende liest. Es ist somit fraglich, ob die bundesgerichtliche Praxis der Fokussierung auf eine einzelne Schlagzeile mit den Vorgaben aus Strassburg vereinbar ist. Offen bleibt zunächst auch, ob alle Onlinemedien wirklich gleich zu behandeln sind oder ob allenfalls einem Leser oder einer Leserin eines als seriös geltenden Mediums eher zuzutrauen ist, dass er oder sie einen Artikel bis zum Ende liest als der Leserschaft eines Boulevard-Onlineportals. Einen nach hier vertretener Ansicht gangbaren Mittelweg geht hier der Presserat, der eine frühe Relativierung der Schlagzeilen fordert.

VII. Erkenntnisse

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Aus der Spruchpraxis der Medienethik lassen sich grobe Leitlinien für die Anforderungen an die journalistische Sorgfalt ableiten. Dazu gehören etwa die Pflicht zur Verifizierung von Vorwürfen, die Anhörungspflicht von betroffenen Personen sowie die Anforderungen die Sorgfalt in der Darstellung eines Beitrags. Dabei sind die einzelnen Sorgfaltspflichten nicht isoliert zu betrachten, sondern stehen in einem engen Zusammenhang. Es handelt sich oftmals um eine Kombination aus verschiedenen Sorgfaltspflichten, die den rechtlichen oder medienethischen Entscheid über die hinreichende Sorgfalt beeinflusst.

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Das Beispiel der Titelsetzung zeigt jedoch exemplarisch die unterschiedlichen Anforderungen, die sich trotz der vorhandenen Leitlinien bei der Sorgfalt im Einzelnen ergeben können. Solche unterschiedlichen Anforderungen sind auch in anderen Bereichen erkennbar. So beispielsweise bei der Unschuldsvermutung[62] oder im Rahmen der Anhörung von betroffenen Personen[63]. Im Grossen und Ganzen bewegen sich die verschiedenen Rechtsgebiete und die Medienethik stark innerhalb ihrer eigenen Vorgaben. Zwar bildet die vielfältige Rechtsprechung des EGMR teilweise eine Orientierungshilfe für die Schweizer Gerichte[64] und auch der EGMR orientiert sich teilweise an den Vorgaben der Ethik[65]. Was in einem Gebiet gilt, muss aber nicht zwingend auch für das andere gelten[66]. Dies macht es für Medienschaffende schwieriger, die Konsequenzen ihres Handelns abzuschätzen.

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Und letztlich schützt ein in Massen gefordertes verantwortungsvolles Handeln unter Einhaltung der gebotenen Sorgfaltspflichten nicht nur die Gegenseite respektive die von einer Berichterstattung betroffenen Personen, sondern stärkt auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Beruf der Journalistin bzw. des Journalisten, in ihre Informationen und ihre Tätigkeit. Und es sorgt auch dafür, dass Medien glaubhaft erscheinen.

Die nachfolgende Checkliste fasst die wichtigsten Leitlinien von Medienrecht und Medienethik zusammen und soll Medienschaffenden als Orientierungshilfe für sorgfältiges Handeln dienen.

VIII. Checkliste für sorgfältiges Arbeiten

1. Im Stadium der Recherche

A. Verifizierung von Informationen

37

Grundsatz: Informationen sind vor der Veröffentlichung zu verifizieren.

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a) Von wem stammt die Information?

Von einer Behörde

  • Wurde die Information von einer Behörde selbst veröffentlicht oder stammt die Information aus einer öffentlichen Verhandlung einer Behörde?

→ Grundsätzlich keine Verifizierung notwendig.

  • Ansonsten ist eine Verifizierung geboten.

Von einem anderen Medium

  • Grundsatz: Je vertrauenswürdiger das Medium, desto weniger muss veri­fiziert werden.
  • Grundsätzlich keine Verifizierung ist geboten bei Informationen von anerkannten Agenturen.
  • Eine Quellenangabe ist in jedem Fall ratsam.

Von einer Drittperson

  • Grundsatz: Je glaubwürdiger die Drittperson, desto weniger muss veri­fiziert werden.
  • Hinweise auf mangelnde Glaubwürdigkeit:
    • Eigeninteresse an der Berichterstattung
    • Psychische Krankheiten
    • Informant oder Informantin verstrickt sich in Widersprüche, hat keine Beweise für die Vorwürfe
    • Bisheriges Verhalten (z.B. frühere Falschaussagen)
  • Hinweise auf erhöhte Glaubwürdigkeit:
    • Fachperson/Expertin oder Experte
    • Informant oder Informantin wirkt sachkundig und argumentiert schlüssig, hat Beweise für die Vorwürfe.
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b) Mit welchen Methoden ist zu verifizieren?
  • Grundsatz: Das Zusammenspiel der verschiedenen Verifizierungsmetho­den ist entscheidend. Je vertrauenswürdiger eine Quelle, desto weniger braucht die Quelle durch die Heranziehung weiterer Methoden verifiziert zu werden.
  • Mögliche Verifizierungsmethoden sind z.B. die Konsultation von Urteilen, Strafanzeigen, Prozessakten, Gerichtsprotokollen, Parlamentsdebatten, Archiven, Dissertationen oder Registern.
  • In Betracht zu ziehen sind mit der Digitalisierung auch die Möglichkeiten des Internets wie z.B. die Foto-Rückwärtssuche, die Geolokalisation oder die Verwendung von Internet-Archiven.
40
c) Anhörung der betroffenen Person

Grundsatz: Von Vorwürfen betroffene Personen sind anzuhören und deren Stellungnahme zu veröffentlichen.

Erreichbarkeit der anzuhörenden Person

  • Ist eine Person nicht sofort erreichbar, müssen grundsätzlich weitere Versuche unternommen werden.
  • Der Aufwand hängt von der zu erreichenden Person ab.
    • Unternehmen mit Medienstelle muss weniger Zeit für eine Stellung­nahme eingeräumt werden als beispielsweise Privatpersonen.
  • Je schwerer der Vorwurf ist und je weniger zeitliche Dringlichkeit für eine Publikation besteht, desto unverzichtbarer ist die Anhörung.
  • Ist eine Person oder ein Unternehmen nicht zu erreichen oder möchte keine Stellung nehmen, ist dies in der Publikation kenntlich zu machen. Der Grund für die fehlende Mitwirkung ist zu nennen.
  • Eine Anhörung ist grundsätzlich auch geboten, wenn die Antwort be­reits offensichtlich ist.

Information der betroffenen Person über die Berichterstattung

  • Die erhobenen Vorwürfe sind gegenüber den Betroffenen präzis zu nen­nen. Nur wer weiss, welche Anschuldigungen im Raum stehen, kann sich dagegen verteidigen.

Wiedergabe der eingeholten Stellungnahme

  • Es besteht kein Recht auf umfassende Selbstdarstellung der betroffenen Person.
  • Die Stellungnahme der betroffenen Person im Bericht muss zumindest ihr bestes Argument enthalten.

B. Im Stadium der Veröffentlichung

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Geht es um die Veröffentlichung der eingeholten Informationen, ist es für Journalistinnen und Journalisten ratsam, sich folgende Fragen zu stellen:

  • Bestehen genügend gesicherte Informationen, um die Behauptungen zu veröffentlichen?
  • Wurden allfällige Unsicherheiten in der Publikation transparent gemacht?
  • Befinden sich allfällige Übertreibungen und Provokationen innerhalb des zulässigen Rahmens?
    • Jegliche unnötig verletzenden Aussagen sind zu vermeiden.
    • Der Inhalt hat den tatsächlichen Begebenheiten zu entsprechen.
    • Der Inhalt darf nicht irreführend sein.
    • Zu beachten ist, dass nicht nur eine Publikation als Ganzes, sondern auch ein Titel, ein Untertitel oder ein Lead alleine das zulässige Mass überschreiten kann.
  • Müssen sich Medienschaffende von den Aussagen Dritter distanzieren?
    • Eine eigentliche Distanzierung ist nicht notwendig. Es muss aber erkennbar sein, dass es sich um Aussagen Dritter handelt. Der Autor oder die Autorin darf sich Vorwürfe nicht zu eigen machen.
    • Je brisanter die Vorwürfe, desto eher scheint eine Distanzierung ratsam oder es sollte zumindest erkennbar sein, dass die Vorwürfe umstritten sind.
  • Wurde die Unschuldsvermutung gewahrt?
    • Es ist in der gesamten Publikation eine Formulierung zu wählen, die hinreichend deutlich macht, dass noch keine Verurteilung erfolgt ist.
    • Die Unschuldsvermutung ist auch bei der Titelsetzung und der For­mulierung des Leads zu beachten. Mit einem blossen Fragezeichen im Titel wird der Unschuldsvermutung nicht Rechnung getragen.
    • Eine korrekte Verwendung der juristischen Begriffe trägt zur Wah­rung der Unschuldsvermutung bei.
  • Wurde hinreichend anonymisiert?
    • Es ist sicherzustellen, dass die betroffene Person nicht über ihr engstes Umfeld hinaus erkennbar ist.
    • Eine Identifizierung ist nicht nur durch den Namen möglich, sondern auch durch eine Kombination.

Fussnoten:

  1. Boventer Herrmann, Pressefreiheit ist nicht grenzenlos, Einführung in die Medienethik, Bonn 1989, S. 39.

  2. Vgl. die Definition der Sorgfaltspflicht von Köbler Gerhard, Juristisches Wörterbuch, 17. Auflage, München 2018, S. 403.

  3. Vgl. anstelle vieler Anstelle vieler EGMR-Urteil No 49017/99 «Pedersen & Baadsgaard c. Dänemark» vom 17.12.2004, Ziff. 78; EGMR-Urteil N36207/03 «Rumyana Ivanova c. Bulgarien» vom 14.2.2008, Ziff. 64; BGer 6B_247/2009 vom 14.8.2009 E. 2.4.2 sowie BGer 6B_461/2008 vom 4.9.2008 E. 3.3.4: «Je schwerer ein Ehreingriff ist, desto höhere Sorgfaltspflichten bestehen hinsichtlich der Abklärung des wahren Sachverhalts.»; BGE 137 I 340 E. 3.2 S. 345 (FDP und die Pharmalobby): «Je heikler ein Thema ist, umso höhere Anforderungen sind an seine publizistische Umsetzung zu stellen.»; vgl. auch Bacher Bettina, Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz, Basel 2015, S. 306 Rn. 749.

  4. Vgl. Richtlinie 3.8 des Presserats.

  5. So gilt der Vorwurf des strafbaren Verhaltens als schwerer Vorwurf, vgl. etwa BGE 122 III 449 E. 2c S. 454; EGMR-Urteil No 45130/06 «Ruokanen u.a. c. Finnland» vom 6.4.2010, Ziff. 51; Presserat, Stellungnahme 71/2020, E. 3 (Unia c. Basler Zeitung online).

  6. Vgl. etwa zu den höheren Anforderungen an die elektronischen Medien EGMR-Urteil No 15890/89 «Jersild c. Dänemark» vom 23.9.1994, Ziff. 31; EGMR-Urteil No 29856/13 «SIC — Sociedade Independente de Comunicação c. Portugal» vom 27.7.2021, Ziff. 57.

  7. Vgl. anstelle vieler EGMR-Urteil No 49017/99 «Pedersen & Baadsgaard c. Dänemark» vom 17.12.2004, Ziff. 79; EGMR-Urteil No 46712/06 «Ziembinski c. Polen» vom 24.7.2012, Ziff. 51; EGMR-Urteil No 48311/10 «Axel Springer AG c. Deutschland (No 2)» vom 10.7.2014, Ziff. 75; BGE 105 IV 114 E. 2a S. 118 f. (Schach).

  8. Vgl. anstelle vieler EGMR-Urteil No 39954/08 «Axel Springer AG c. Deutschland» vom 7.2.2012, Ziff. 91; EGMR-Urteil No 58493/13 «Ólafsson c. Island» vom 16.3.2017, Ziff. 51; EGMR-Urteil No 59545/10 «Błaja News Sp. z o.o. c. Polen» vom 26.11.2013, Ziff. 60; EGMR-Urteil No 51279/99 «Colombani u.a. c. Frankreich» vom 25.6.2002, Ziff. 56.

  9. Vgl. BGE 137 IV 313 E. 2.1.4 S. 316 f. (Wahlkampfmethoden); BGer 6B_365/2019 vom 8.10.2019 E. 4.2 mit Hinweisen (Für wenige statt für alle); BGE 105 II 161 E. 2 S. 164 (Frischknecht).

  10. Vgl. anstelle vieler Presserat, Stellungnahme 36/2001, E. 3a (Meier-Schatz/Blick/SonntagsBlick); Presserat, Stellungnahme 42/2000, E. 2 mit Hinweisen (Schneider c. SonntagsBlick); vgl. etwa auch Presserat, Stellungnahme 20/1999, E. 2 (Kissling c. Beobachter); Presserat, Stellungnahme 1/2010, E. 2b (Suter c. Blick).

  11. Vgl. etwa EGMR-Urteil No 9815/82 «Lingens c. Österreich» vom 8.7.1986, Ziff. 44 ff.; EGMR-Urteil No 20834/92 «Oberschlick c. Österreich (No 2)» vom 1.7.1997, Ziff. 33 f.

  12. Vgl. etwa EGMR-Urteil No 48311/10 «Axel Springer AG c. Deutschland (N° 2)» vom 10.7.2014; Presserat, Stellungnahme 5/2019 (Bardill c. Südostschweiz, Bündner Tagblatt, Radio Südostschweiz und Somedia).

  13. Vgl. etwa EGMR-Urteil N44647/98 «Peck c. Vereinigtes Königreich» vom 28.01.2003.

  14. Vgl. auch Zeller Franz, Identifizierende Inzestberichterstattung im finnischen Fernsehen war unzulässig – Zulässigkeitsentscheid des EGMR (4. Kammer) vom 8. Februar 2011 (N30881/09 «Yleisradio Oy u.a. c. Finnland»), Medialex 2/2011, S. 100 f.

  15. Vgl. Presserat Richtlinien 7.3 und 7.7.

  16. Vgl. Fankhauser Roland, Wider die Boulevardisierung der Verbrechen – ein Denkanstoss zugunsten von Betroffenen, recht 2/2018, S. 82.

  17. Vgl. etwa Presserat, Stellungnahme 3/1998, E. 2 (Stünzi c. NZZ).

  18. Mayr von Baldegg Rudolf / Strebel Dominique, Medienrecht für die Praxis, 5. Auflage, Zürich 2018, S. 28.

  19. Mayr von Baldegg / Strebel, Medienrecht für die Praxis, S. 44.

  20. Siehe etwa Weber Konrad, 8 Schritte zur Verifizierung von Deep Fake-Videos, Blogbeitrag vom 8.11.2018 ‹8 Schritte zur Verifikation von Deep Fake-Videos – Konrad Weber›.

  21. So können sich beispielsweise SRF-Redaktorinnen und -Redaktoren an das hausinterne Netzwerk Faktencheck wenden, siehe Publizistische Leitlinien SRF, Kapitel 7.2; Keystone-SDA suchte im Sommer 2020 per Stelleninserat nach einem Journalisten oder einer Journalistin in der Funktion des «Verification Officer»; siehe auch die Übersicht von Weber Konrad, Wie ARD, BBC und CNN Inhalte aus dem Social Web verifizieren, Blogbeitrag vom 25.7.2012 ‹Wie ARD, BBC und CNN Inhalte aus dem Social Web verifizieren – Konrad Weber›.

  22. Vgl. etwa Publizistische Leitlinien SRF; Ringier Code of Conduct; Supino Pietro/Strehle Res, Qualität in den Medien, Handbuch, Leitlinien für einen hochwertigen Journalismus, Zürich/Lausanne 2017.

  23. Etwa bezüglich der Vertrauenswürdigkeit der Quelle, vgl. etwa Richtlinie 3.8 des Presserats.

  24. So etwa die explizite Pflicht zur Nachrecherche wichtiger Agenturmeldungen bei Fehlen einer zweiten Quelle, die zuvor in den Publizistischen Leitlinien SRF enthalten war, jedoch 2021 angepasst wurde.

  25. Vgl. Presserat, Richtlinie 1.1; anstelle vieler EGMR-Urteil No 73087/17 «Balaskas c. Griechenland» vom 5.11.2020, Ziff. 52; EGMR-Urteil No 11257/16 «Magyar Jeti ZRT c. Ungarn» vom 4.12.2018, Ziff. 64; BGE 116 IV 205 E. 3b S. 208; BGE 124 IV 149 E. 3b S. 151 f.; UBIE vom 5.10.1990, VPB 1992 (56), Nr. 13, E. 3.1 (Villiger).

  26. Eingehend und mit weiteren Hinweisen Camenisch Nora, Journalistische Sorgfalt: rechtliche und medienethische Anforderungen, Zürich 2022, S. 155 Rn. 401 f.

  27. Anstelle vieler EGMR-Urteil No 71233/13 «Fuchsmann c. Deutschland» vom 19.10.2017, Ziff. 44; EGMR-Urteil No 21980/93 «Bladet Tromsø & Stensaas c. Norwegen» vom 20.5.1999, Ziff. 68; UBIE b.589 vom 20.2.2009 E. 3.10 (Handystudie gefälscht); BGer 5C.169/1996 vom 31.10.1996 E. 3b, in: Medialex 1/1997, S. 34; bestätigt in BGE 126 III 209 E. 3a S. 213 (Kraska c. Ringier); Presserat, Stellungnahme 29/2017, E. 1 (X. c. Aargauer Zeitung).

  28. Vgl. anstelle vieler Presserat, Stellungnahme 28/2010, E. 4 (Kessler c. SDA/20 Minuten/Tages-Anzeiger Online); Presserat, Stellungnahme 18/2019, E. 2 (X. c. Berner Zeitung); Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 12.5.1989, SJZ 1989, S. 362. (Transkei); UBIE b.710 vom 26.10.2015 E. 6.7.3 (Syrien). Vgl. auch Canonica Simon, Redaktionen dürfen sich auf Inhalte anerkannter Agenturen in der Regel verlassen, Medialex 2018, S. 43 ff.

  29. Vgl. etwa EGMR-Urteil No 59545/10 «Błaja News Sp. z o.o. c. Polen» vom 26.11.2013; EGMR-Urteil N37464/02 «Standard Verlagsgesellschaft mbH (N0 2) c. Österreich» vom 22.2.2007; siehe auch die Checkliste von Mayr von Baldegg / Strebel, Medienrecht für die Praxis, S. 66.

  30. Vgl. BGer 4C.224/2005 vom 12.12.2005 E. 5.12 (Agefi).

  31. Vgl. etwa BGE 131 II 253 E. 3.3.5 S. 263 (Rentenmissbrauch); vgl. etwa auch Presserat, Stellungnahme 31/2016, revidierte Fassung vom 28.2.2020 (X. c. Tages-Anzeiger); Presserat, Stellungnahme 8/2020 (X. c. RhoneZeitung).

  32. Mayr von Baldegg / Strebel, Medienrecht für die Praxis, S. 100.

  33. Anstelle vieler EGMR-Urteil No 45130/06 «Ruokanen u.a. c. Finnland» vom 6.4.2010, Ziff. 47; Urteil LB030001/U des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6.9.2004 E. 1.2.3 ff.; UBIE b.724 vom 11.12.2015 E. 6.3 (Veganmania). Der Presserat sieht die Anhörungspflicht in Richtlinie 3.8 explizit vor.

  34. Vgl. anstelle vieler EGMR-Urteil No 59545/10 «Błaja News Sp. z o.o. c. Polen» vom 26.11.2013; EGMR-Urteil No 48311/10 «Axel Springer AG c. Deutschland (No 2)» vom 10.7.2014; Presserat, Stellungnahme 3/2005, E. 2c (Helsana Versicherungen AG c. Saldo); Presserat, Stellungnahme 5/2020, E. 2 (Bombardier Transportation [Switzerland] c. Schweizer Fernsehen SRF).

  35. Vgl. etwa Presserat, Stellungnahme 3/2005, E. 2c (Helsana Versicherungen AG c. Saldo); Presserat, Stellungnahme 5/2020, E. 2 (Bombardier Transportation [Switzerland] c. Schweizer Fernsehen SRF).

  36. Canonica Simon, Augenmass statt starrer Stundentafeln, Medialex 2/2014, S. 50; vgl. etwa auch Presserat, Stellungnahme 51/2015, E. 2 (Solothurner Spitäler AG c. Tele M1 und Solothurner Zeitung); Presserat, Stellungnahme 80/2020, E. 2 (X. c. Bote der Urschweiz); EGMR-Urteil No 41158/09 «Koprivica c. Montenegro» vom 22.11.2011, Ziff. 68 f.; Urteil LB030001/U des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6.9.2004 E. 1.2.3 ff.; Studer Peter, Ehemaliger Expo-Finanzchef in seiner Persönlichkeit verletzt, Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. September 2004 (LB 030001/U) (ZH), Medialex 1/2005, S. 53 f.

  37. Eingehend Camenisch, Journalistische Sorgfalt, S. 253 Rn. 644 ff. sowie S. 3284 Rn. 714 jeweils mit Hinweisen.

  38. Dumermuth Martin, Rundfunkrecht, in: Koller Heinrich/Müller Georg/Rhinow René/Zimmerli Ulrich (Hrsg.), Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Basel 1996, S. 33 Rn. 80; UBIE vom 20.5.1994, VPB 1995 (59), Nr. 42, E. 3.3 (Dioxin).

  39. BGE 137 I 340 E. 3.2 S. 346 (FDP und die Pharmalobby).

  40. Anstelle vieler BGE 102 IV 176 E. 1b S. 180 (Hubatka); BGer 6B_333/2008 vom 9.3.2009 E. 1.3 (Rote Anneliese); BGE 126 III 305 E. 4b/aa S. 307 (Büsi-Skandal).

  41. Vgl. etwa Presserat, Stellungnahme 36/2019, E. 1 (X. c. Schaffhauser Nachrichten); EGMR-Urteil No 49132/11 «Dorota Kania c. Polen» vom 19.7.2016, Ziff. 39; BGer 6B_333/2008 vom 9.3.2009 E. 2.8.3 (Rote Anneliese); BGer 6B_1242/2014 vom 15.10.2015 E. 2.6.1 (Uni-Professor).

  42. Vgl. etwa BGer 4C.342/2005 vom 11.1.2006 E. 2.2.2 (Saldo); EGMR-Urteil No 5126/05 «Yordanova & Toshev c. Bulgarien» vom 2.10.2012, Ziff. 52 f.

  43. Eingehend Camenisch, Journalistische Sorgfalt, S. 323 Rn. 787 ff.

  44. Vgl. etwa EGMR-Urteil No 42435/02 «White c. Schweden» vom 19.9.2006, Ziff. 25 ff.; EGMR-Urteil N56925/08 «Bédat c. Schweiz» vom 29.3.2016, Ziff. 52 f.; vgl. auch Zeller Franz, Medien-Vorverurteilung ohne strafrechtliche Folgen — Urteil der 2. Kammer N42435/02 «White c. Schweden» vom 19.9.2006, Medialex 4/2006, S. 219 f.

  45. Vgl. Meili Andreas, Art. 28 ZGB, in: Honsell Heinrich/Vogt Nedim Peter/Geiser Thomas (Hrsg.), Basler Kommentar Zivilgesetzbuch I, Art. 1-456, 7. Auflage, Basel 2018, Art. 28 Rn. 39 mit Hinweisen; siehe auch Barrelet/Werly, Droit de la communication, 2. Auflage, Bern 2011, Rn. 1505.

  46. Siehe etwa BGE 117 IV 27 E. 2c S. 29; BGer 6S.368/2000 vom 4.12.2000 E. 2a (Jérémie); EGMR-ZE No 30881/09 «Yleisradio Oy u.a. c. Finnland» vom 8.2.2011.

  47. Strebel Dominique, Der Presserat fordert mehr Sorgfalt bei der Titelsetzung, Medialex 2019, Rn. 20; vgl. auch Presserat, Stellungnahme 66/2021, E. 1 (X. c. Basler Zeitung) mit weiteren Hinweisen.

  48. Anstelle vieler Presserat, Stellungnahme 24/2021 (X. c. blick.ch); Presserat, Stellungnahme 21/2021, E. 1 (X. c. Luzerner Zeitung); Presserat, Stellungnahme 54/2018, E. 1 (FMH c. SonntagsBlick); Presserat, Stellungnahme 46/2019, E. 3 (Amstutz c. Blick); vgl. etwa auch Presserat, Stellungnahme 39/2018, E. 1 (X c. Blick) in Bezug auf die unzulässige Überspitzung im Titel «Nazi-Schiff will Flüchtlingsboote im Mittelmeer stoppen».

  49. UBIE b.819 vom 8.11.2019 E. 7.5 (Schikanöser Chef).

  50. Vgl. etwa UBIE b.817 vom 13.9.2019 E. 10.2 ff. (Anwältin).

  51. EGMR-Urteil N16023/07 «Gutiérrez Suárez c. Spanien» vom 1.6.2010, Ziff. 36; vgl. etwa auch EGMR-Urteil No 13466/12 «MAC TV S.R.O. c. Slowakei» vom 28.11.2017, Ziff. 47 ff.; EGMR-Urteil No 1799/07 «Ziembinski c. Polen (No 2)», vom 5.7.2016, Ziff. 45. Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung war ein Artikel mit dem Titel «Elegantly wrapped dung».

  52. Vgl. EGMR-Urteil No 35105/04 «Kania und Kittel c. Polen» vom 21.6.2011, Ziff. 47; EGMR-Urteil No 619/12 «Koniuszewski c. Polen» vom 14.6.2016, Ziff. 60.

  53. Vgl. etwa BGer 4A_474/2021 vom 24. März 2022 E. 6.3.2; Urteil HG110011 des Handelsgerichts Zürich vom 22.4.2013, E. 4.7.3.

  54. BGer 4A_474/2021 vom 24. März 2022 E. 6.3.2.

  55. In diese Kategorie fallen beispielsweise Überschriften wie «Lohnklau» oder «Böse, neue Lohn-Dumping-Masche» vor dem Hintergrund von teilweise unsicherem Quellenmaterial, siehe Urteil HG150071 des Handelsgerichts Zürich vom 22.9.2015, E. 5.3.4.3 b/bb.

  56. BGE 116 IV 31 E. 5b S. 42 (Lucona).

  57. BGE 147 III 185 E. 4.2.3 S. 197 (Kinderquäl-Sekte).

  58. BGE 147 III 185 E. 4.2.3 S. 197 (Kinderquäl-Sekte).

  59. BGE 147 III 185 E. 4.2.4 S. 198 f. (Kinderquäl-Sekte).

  60. BGer 5C.249/1992 vom 17.05.1994 E. 3e (Kopp).

  61. BGer 5C_4/2000 vom 7.7.2000 E. 5c/dd, teilweise veröffentlicht in BGE 126 III 305 (Büsi-Skandal).

  62. Siehe vorn V.

  63. Siehe vorn IV.

  64. Zeller Franz, Rechtsprechung orientiert sich immer stärker an Strassburg, Medialex 2019.

  65. Vgl. etwa EGMR-Urteil N69698/01 «Stoll c. Schweiz» vom 10.12.2007, Ziff. 22 ff.; EGMR-Urteil N11257/16 «Magyar Jeti ZRT c. Ungarn» vom 4.12.2018, Ziff. 64; BGer 5A_496/2014 vom 13.11.2014 E. 4.2; BGE 143 I 194 E. 3.6.3 S. 208; Urteil VU200061-O/U des Obergerichts des Kantons Zürich vom 2.2.2021, E. 3.5.

  66. Vgl. etwa auch die «Melkmeister»-Urteile: Zivilrechtliches Urteil LB030001/U des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6.9.2004; strafrechtliches Urteil SB020224/U des Obergerichts des Kantons Zürich vom 29.8.2002.

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