Das Öffentlichkeitsprinzip bei Vergabeverfahren

D

Es gilt im Grundsatz, jedoch gibt es Ausnahmen

Résumé: Le principe de publicité est une contribution essentielle au fait que les médias puissent surveiller les activités du secteur public et, ainsi, remplir leur rôle de quatrième pouvoir. Or, dans de nombreux domaines incombant aux pouvoirs publics, l’Etat confie ces tâches à des tiers lors de procédures d’adjudication. Le principe de publicité vaut, en principe, également pour ces procédures, mais avec des exceptions, notamment lorsque la procédure n’est pas terminée. La consultation de certains documents peut être totalement ou partiellement refusée, ou retardée. Ainsi, des secrets commerciaux de soumissionnaires ou des intérêts publics en lien avec une situation d’acquisition encore en cours peuvent justifier une opposition à la consultation. Le Tribunal fédéral a détaillé ce qui relevait du secret commercial. 

Zusammenfassung: Das Öffentlichkeitsprinzip trägt wesentlich dazu bei, dass die Medien die Tätigkeit der öffentlichen Hand überwachen und damit ihr «Wächteramt» wahrnehmen können. Der Staat zieht für die Erfüllung vieler öffentlicher Aufgaben Dritte bei, indem er ihnen Aufträge vergibt. Das Öffentlichkeitsprinzip gilt grundsätzlich auch für die diesbezüglichen Vergabeverfahren, jedoch gibt es Ausnahmen, bei denen die Geltung eingeschränkt ist – insbesondere bei noch nicht abgeschlossen Verfahren. Auch da, wo das Öffentlichkeitsprinzip gilt, kann die Einsicht unter Umständen ganz oder teilweise verweigert oder verzögert werden. So können Geschäftsgeheimnisse von Anbieterinnen oder öffentliche Interessen im Zusammenhang mit einer noch nicht abgeschlossenen Beschaffungssituation einer Einsicht entgegenstehen.

Anna Katharina Burri, Rechtsanwältin, Zürich

Inhaltsübersicht

I. Einleitung     Rz. 1

II. Das Öffentlichkeitsprinzip soll die Transparenz der Tätigkeit der öffentlichen Hand fördern     5

III. Das Vergaberecht regelt öffentliche Beschaffungen
     1. Die Pflicht zur Beschaffung gemäss Vergaberecht     10
     2. Übersicht über die gesetzlich vorgesehenen Vergabeverfahren     13
     3. Ablauf und Dokumentation der Vergabeverfahren     18

IV. Grundsätzlich gilt das Öffentlichkeitsgesetz bei Vergabeverfahren
      1. Vergaben sind hoheitliche Tätigkeiten und fallen damit grundsätzlich unter das Öffentlichkeitsgesetz     27
    2. Keine Geltung des Öffentlichkeitsgesetzes bei noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahren und bei Spezialsituationen  
          a) Übersicht     30
          b) Keine Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes, solange das Vergabeverfahren nicht abgeschlossen ist     34
          c) Keine Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes, wenn die Beschaffung aus Sicherheitsgründen nicht nach Vergaberecht erfolgt?     37
          d) Keine Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes, weil sich das Beschaffungsdossier (auch) in den Akten eines Strafverfahrens befindet?     43

V. Selbst wenn das BGÖ gilt, kann die Einsicht in Beschaffungsdossiers ausnahmsweise verweigert oder verzögert werden
     1. Übersicht über die möglichen Gründe für die Einschränkung der Einsicht     48
     2. Dokumente mit Personendaten in der Regel zu anonymisieren     55
     3. Keine oder keine umfassende Einsicht in Dokumente, die Geschäftsgeheimnisse enthalten     58
     4. Keine oder keine umfassende Einsicht aufgrund von öffentlichen Interessen, die das öffentliche Interesse an der Einsicht überwiegen     64
     5. Keine Einsicht, wenn ein Dokument bereits auf der Internetplattform SIMAP veröffentlicht wurde?     65

VI. Fazit     68


 

I. Einleitung

1

Den Medien kommt im Staat ein «Wächteramt» zu – sie sollen namentlich Missstände in Staat und Gesellschaft ungehindert aufdecken können[1]. Dazu ist es notwendig, dass die Medien Zugang zu den erforderlichen Informationen erhalten. Das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung ermöglicht Einsicht in amtliche Dokumente und Informationen und trägt damit wesentlich dazu bei, dass die Medien ihr Wächteramt wahrnehmen können[2].

2

Für die Erfüllung eines grossen Teils der öffentlichen Aufgaben zieht der Staat Dritte bei. Im Jahr 2022 betrug der Wert der an Dritte vergebenen Aufträge aller Vergabestellen in der Schweiz insgesamt mehr als 19 Mia. Schweizer Franken[3].

3

Damit das Staatshandeln umfassend kontrolliert werden kann, müssen Medien und die Bevölkerung also auch das Beschaffungswesen im Blick haben und Einsicht in diesbezügliche Dokumente und Informationen erhalten können. Es stellt sich damit die Frage: Inwieweit gilt das Öffentlichkeitsprinzip bei Vergaben?

4

Nachfolgend lege ich den Zweck und die gesetzlichen Grundlagen des Öffentlichkeitsprinzips dar (Ziff. II) und zeige auf, wie öffentliche Beschaffungen bzw. Vergaben geregelt sind und dokumentiert werden (Ziff. III). Danach führe ich aus, dass das Öffentlichkeitsprinzip bei Vergabeverfahren grundsätzlich gilt, solange keine Spezialsituationen vorliegen (Ziff. IV). Schliesslich nenne ich die wichtigsten Ausnahmen, bei denen die Behörden die Einsicht in Beschaffungsinformationen selbst dann, wenn das Öffentlichkeitsprinzip gilt, verweigern, einschränken oder aufschieben können (Ziff. V).

II. Das Öffentlichkeitsprinzip soll die Transparenz der Tätigkeit der öffentlichen Hand fördern

5

Das Öffentlichkeitsprinzip bezweckt, die Transparenz über den Auftrag, die Organisation und die Tätigkeit der öffentlichen Hand zu fördern[4]. Es sieht vor, dass alle Personen – Journalistinnen und Journalisten, aber auch jegliche Dritte – grundsätzlich das Recht haben, amtliche Dokumente einzusehen und von den Behörden Auskünfte über den Inhalt amtlicher Dokumente zu erhalten[5]. Gilt das Öffentlichkeitsprinzip, ist eine Verweigerung der Einsicht nur in Ausnahmefällen möglich.

6

Für Bundesbehörden[6] ist dieses Prinzip im Öffentlichkeitsgesetz[7] sowie der dazugehörigen Verordnung[8] geregelt[9]. Eine explizite Verankerung des Öffentlichkeitsprinzips in der Bundesverfassung[10] existiert dagegen nicht[11].

7

Für kantonale und kommunale Behörden regeln kantonale Bestimmungen das Öffentlichkeitsprinzip. Bis heute (Stand Anfang Februar 2024) haben alle Kantone ausser die Kantone Nidwalden und Luzern[12] das Öffentlichkeitsprinzip eingeführt. Die Kantone haben ihre Regelungen unterschiedlich ausgestaltet und die anwendbaren Regelungen weichen teilweise von den Bestimmungen des Öffentlichkeitsgesetzes des Bundes ab[13].

8

Nach dem Öffentlichkeitsprinzip sind nicht nur Behörden, sondern in der Regel auch Dritte zur Transparenz verpflichtet, wenn sie öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Das Öffentlichkeitsgesetz des Bundes ist auf Dritte anwendbar, soweit diese «Erlasse oder erstinstanzliche Verfügungen erlassen»[14]. Kantonale Regelungen sehen beispielsweise vor, dass auch Private dem Öffentlichkeitsprinzip verpflichtet sind, soweit sie in der Erfüllung der ihnen übertragenen öffentlichen Aufgaben tätig sind[15].

9

Bei den nachfolgenden Ausführungen nehme ich auf die Bestimmungen des Öffentlichkeitsgesetzes des Bundes Bezug.

III. Das Vergaberecht regelt öffentliche Beschaffungen

1. Die Pflicht zur Beschaffung gemäss Vergaberecht

10

Die öffentliche Hand nimmt zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben oft Unterstützung durch Dritte in Anspruch, sei es durch die Beschaffung von Waren, Dienstleistungen oder Bauleistungen. Die Vergabe dieser Aufträge muss grundsätzlich nach den Bestimmungen des Vergaberechts erfolgen[16]/[17].

11

Die Pflicht zur Vergabe nach den Bestimmungen des Vergaberechts gilt grundsätzlich für Aufträge des Bundes, der Kantone und der Gemeinden bzw. deren Verwaltungseinheiten. Zudem sind auch weitere Vergabestellen, etwa Einrichtungen des öffentlichen Rechts, öffentliche oder private Unternehmen, die Dienstleistungen in gewissen Sektoren erbringen, sowie andere Träger hoheitlicher Aufgaben verpflichtet, Vergaben nach den Bestimmungen des Vergaberechts vorzunehmen[18]. Das heisst, dieses gilt beispielsweise auch für Vergaben von Gemeinde- und Zweckverbänden, Bahnunternehmen, Listenspitäler und anderen privaten Institutionen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen.

12

Für Vergaben von Vergabestellen auf Bundesebene sowie auf kantonaler oder kommunaler Ebene sind je unterschiedliche Rechtsgrundlagen massgebend. Für Vergaben auf Bundesebene gilt das Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen[19] sowie die Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen[20]. Für Vergaben kantonaler und kommunaler Vergabestellen sind die jeweiligen kantonalen Bestimmungen anzuwenden. Die Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen sorgt dabei dafür, dass die kantonalen Regelungen weitgehend vereinheitlicht sind[21]. Zudem führte die Totalrevision des Beschaffungsrechts im Jahr 2019 dazu, dass die Bestimmungen auf Bundesebene und diejenigen der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen aufeinander abgestimmt sind.

2. Übersicht über die gesetzlich vorgesehenen Vergabeverfahren

13

Das Vergaberecht sieht für die Auswahl einer Anbieterin verschiedene Verfahren vor. Welches anzuwenden ist, hängt davon ab, welche Leistung beschafft werden soll und wie gross der geschätzte Auftragswert ist[22].

14

Bei sehr tiefen Auftragswerten[23] kann die Vergabestelle freihändig vergeben. Das heisst, sie kann den Auftrag direkt und ohne vorgängige Ausschreibung jemandem zusprechen. Sie ist dabei berechtigt, vorab Vergleichsofferten einzuholen und Verhandlungen durchzuführen[24]. Die Vergabe erfolgt mit einer Verfügung an die von der Vergabestelle gewählte Anbieterin. Die Vergabestelle muss jedoch auch bei freihändigen Vergaben die beschaffungsrechtlichen Grundsätze (nachhaltiger Einsatz öffentlicher Mittel, Transparenz des Vergabeverfahrens[25], Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung von Anbieterinnen sowie Förderung des wirksamen, fairen Wettbewerbs unter den Anbieterinnen[26]) berücksichtigen sowie die allgemeinen Grundsätze des rechtsstaatlichen Handelns einhalten.

15

Bei höheren Auftragswerten[27] kommt das sogenannte Einladungsverfahren zur Bestimmung der Vertragspartnerin zur Anwendung. Hier hat die Vergabestelle mindestens drei Anbieterinnen zur Offertstellung einzuladen[28].

16

Ab einem bestimmten Grenzwert[29] ist ein offenes Verfahren durchzuführen[30]. Das heisst, die Vergabestelle hat auf einer von Bund und Kantonen betriebenen Internetplattform für öffentliche Beschaffungen (SIMAP[31]) eine Ausschreibung zu publizieren, und es steht allen Anbieterinnen offen, ein Angebot einzureichen – oder sich zumindest für eine Angebotseinreichung zu bewerben, sofern sich die Vergabestelle für das sogenannte selektive Verfahren entschieden hat[32].

17

In gewissen Ausnahmesituationen sind unabhängig vom Auftragswert freihändige Vergaben möglich[33]. Dies kann etwa der Fall sein, wenn aufgrund technischer Besonderheiten nur eine Anbieterin in Frage kommt und es keine angemessene Alternative gibt oder wenn eine Beschaffung so dringlich ist, dass kein anderes Verfahren durchgeführt werden kann. Die Situationen, in denen ausnahmsweise eine freihändige Vergabe möglich ist, sind abschliessend im Gesetz definiert und dürfen von den Vergabestellen nicht leichthin angenommen werden[34].

3. Ablauf und Dokumentation der Vergabeverfahren

18

Vergabeverfahren laufen in vorgegebenen Schritten ab. Zudem sind Dokumentationen zu erstellen.

19

Vor einer Beschaffung klärt die Beschaffungsstelle, was Gegenstand der Beschaffung sein soll. Dabei muss sie den konkreten Bedarf definieren und den voraussichtlichen Auftragswert schätzen. Danach bestimmt sie das zeitliche und organisatorische Vorgehen und legt das durchzuführende Verfahren fest[35].

20

In einem nächsten Schritt erstellt die Vergabestelle die Ausschreibung und die dazugehörigen Ausschreibungsunterlagen. Diese umfassen in der Regel unter anderem Bestimmungen zum konkreten Vergabeverfahren, einen Beschrieb der zu erbringenden Leistungen sowie Ausführungen zu den von den Anbieterinnen notwendigen Angaben und Unterlagen. Bei offenen oder selektiven Verfahren publiziert die Vergabestelle die Ausschreibung und die Ausschreibungsunterlagen auf der Internetplattform SIMAP[36], bei Einladungsverfahren stellt sie diese den von ihr ausgewählten Anbieterinnen direkt zu. Bei freihändigen Vergaben macht die Vergabestelle keine Ausschreibung, jedoch ist auch hier grundsätzlich ein Leistungsbeschrieb notwendig, den die Vergabestelle der Anbieterin zustellt und gestützt auf den diese ihre Offerte verfasst.

21

Nach dem Eingang der Angebote prüft die Vergabestelle diese. Falls notwendig bereinigt sie die Angebote mit den Anbieterinnen und es finden, sofern vorgesehen, Angebotspräsentationen statt[37]. Danach bewertet die Vergabestelle die eingegangenen Angebote[38]. Sie hält ihre Erkenntnisse und Bewertungen in der Regel in einer Bewertungsmatrix und allfälligen weiteren Dokumenten fest. Bei ausnahmsweisen freihändigen Vergaben erstellt die Vergabestelle eine Dokumentation, in welcher sie die Gründe festhält, die eine freihändige Vergabe rechtfertigen[39].

22

Dem vorteilhaftesten Angebot erteilt die Vergabestelle den Zuschlag in Form einer Verfügung[40]. Diese wird den Anbieterinnen eröffnet sowie, sofern vorgeschrieben[41], auf der Internetplattform SIMAP publiziert. Gegen die Verfügung kann Beschwerde geführt werden[42]. Die Möglichkeit, Beschwerde zu erheben, steht jedoch nur einem kleinen Kreis von Betroffenen zu: Beschwerde kann führen, wer am Verfahren teilgenommen hat oder geltend macht, es sei das falsche Verfahren gewählt worden und ihr oder ihm daher zu Unrecht nicht möglich gewesen, am Verfahren teilzunehmen[43]. Bei freihändigen Verfügungen kann nur Beschwerde führen, wer nachweist, dass sie oder er die nachgefragten Leistungen oder damit substituierbare Leistungen erbringen kann und will[44]. Bei Verfügungen von kantonalen und kommunalen Vergabestellen steht darüber hinaus der Wettbewerbskommission (WEKO) ein Beschwerderecht zu[45]. Nachdem die Frist für eine mögliche Beschwerde abgelaufen oder ein allfälliges Beschwerdeverfahren abgeschlossen ist, erwächst die Zuschlagsverfügung in Rechtskraft.

23

Nach Rechtskraft der Zuschlagsverfügung kann die Vergabestellte mit der Zuschlagsempfängerin den Vertrag über die zu erbringende Leistung abschliessen.[46]

24

Die Unterlagen zum Beschaffungsverfahren muss die Vergabestelle während mindestens drei Jahren ab Rechtskraft der Zuschlagsverfügung aufbewahren[47].

25

Weiter erstellt das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) eine jährliche Statistik über die Beschaffungen[48]. Die Gesamtstatistik des SECO ist unter Vorbehalt des Datenschutzes und der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen öffentlich zugänglich[49].

26

Inwiefern das Öffentlichkeitsprinzip bei Beschaffungsdossiers gilt und welche Gründe im Einzelfall selbst bei einer Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes gegen eine Einsichtnahme sprechen können, lege ich nachfolgend dar.

IV. Grundsätzlich gilt das Öffentlichkeitsgesetz bei Vergabeverfahren

1.  Vergaben sind hoheitliche Tätigkeiten und fallen damit grundsätzlich unter das Öffentlichkeitsgesetz

27

Das Öffentlichkeitsgesetz gilt grundsätzlich für die gesamte Tätigkeit der Verwaltung, es sei denn, das Gesetz besagt das Gegenteil[50].

28

Vergabeverfahren durchzuführen gehört zur Tätigkeit der öffentlichen Hand. Das Gesetz nimmt Vergaben nicht vom Geltungsbereich des Öffentlichkeitsprinzips aus. Eine generelle Pflicht zur Geheimhaltung der aufzubewahrenden Unterlagen während der Aufbewahrungsfrist hatte der Bundesrat zwar noch im Entwurf zur Revision des Beschaffungsrechts vorgeschlagen. Das Parlament strich diese dann aber[51].

29

Damit sind das Öffentlichkeitsgesetz und das Öffentlichkeitsprinzip bei Vergaben grundsätzlich anwendbar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Öffentlichkeitsprinzip immer und absolut gilt. Vielmehr kann es sein, dass  Beschaffungsinformationen in bestimmten Konstellationen nicht oder zumindest während eines gewissen Zeitraums noch nicht eingesehen werden können. Darauf gehe ich nachfolgend ein.

2. Keine Geltung des Öffentlichkeitsgesetzes bei noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahren und bei Spezialsituationen

a) Übersicht

30

Das Öffentlichkeitsgesetz hält fest, dass es bei gewissen Verfahren und Spezialsituationen nicht gilt.

31

Im Öffentlichkeitsgesetz ist unter anderem geregelt, dass das Öffentlichkeitsgesetz nicht gilt für Zivil- und Strafverfahren sowie für einer Reihe anderer (Gerichts-)Verfahren[52].

32

Zudem steht im Öffentlichkeitsgesetz, dass spezielle Bestimmungen anderer Bundesgesetze Vorrang haben, wenn diese bestimmte Informationen als geheim bezeichnen oder abweichende Voraussetzungen für den Zugang zu bestimmten Informationen vorsehen[53]. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine konkrete Bestimmung als Einschränkung des Öffentlichkeitsprinzips zu beurteilen ist, ist eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen[54].

33

Bei Vergabeverfahren ist das Öffentlichkeitsgesetz nicht anwendbar, wenn dieses noch nicht abgeschlossen ist oder wenn andere Spezialsituationen vorliegen. Darauf gehe ich nachfolgend ein, wobei die Darstellung nicht als abschliessende Liste zu verstehen ist und insbesondere weitere gesetzliche Vorbehalte zu einer Einschränkung des Öffentlichkeitsprinzips führen können.

b) Keine Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes, solange das Vergabeverfahren nicht abgeschlossen ist

34

Das Vergaberecht enthält Regelungen, aus denen auf eine Geheimhaltung während des laufenden Vergabeverfahrens und auf eine Ausnahme vom Öffentlichkeitsprinzip zu schliessen ist. Insbesondere gilt im Vergaberecht, dass während des Vergabeverfahrens kein Anspruch auf Akteneinsicht besteht[55]. Zudem sind die Vergabestellen verpflichtet, während des Beschaffungsverfahrens den vertraulichen Charakter der Angaben der Anbieterinnen zu wahren[56]/[57]. Für mögliche Beschwerdeverfahren schliesst das Öffentlichkeitsgesetz das Öffentlichkeitsprinzip explizit aus[58].

35

Damit kann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Vergabeprozesses von Dritten (noch) keine Einsicht in das Beschaffungsdossier verlangt werden[59].

36

Wenn das Vergabeverfahren abgeschlossen ist und die Vergabeverfügung nicht mehr mit Beschwerde angefochten werden kann, ist Einsicht in das Beschaffungsdossier grundsätzlich möglich. Es sei denn, eine weitere Ausnahme, beispielsweise eine der nachfolgend dargestellten, stehe der Einsicht entgegen.

c) Keine Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes, wenn die Beschaffung aus Sicherheitsgründen nicht nach Vergaberecht erfolgt?

37

Das Vergaberecht sieht vor, dass gewisse Aufträge aus sicherheitspolitischen Gründen ausnahmsweise nicht nach den vergaberechtlichen Bestimmungen vergeben werden müssen. Das ist etwa dann der Fall, wenn dies für den Schutz und die Aufrechterhaltung der äusseren oder inneren Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung als erforderlich erachtet wird[60].

38

Es stellt sich die Frage, ob diese Regelung eine Geheimhaltungspflicht umfasst, die gegenüber dem Öffentlichkeitsprinzip vorrangig ist, und dieses damit ausschliessen[61].

39

Das Bundesverwaltungsgericht befasste sich erst kürzlich mit dieser Frage[62]. Es hielt fest, dass zwar die Bestimmungen, welche die Vergaben in konkreten Fällen vom Vergaberecht ausnehmen, keine Aussage zu einem Geheimnisvorbehalt machen. Jedoch kam es zum Schluss, dass die in casu zur Diskussion stehende Regelung (gemäss der die Beschaffung von Waffen, Munition oder Kriegsmaterial und die Erstellung von Bauten der Kampf- und Führungsinfrastruktur von Gesamtverteidigung vom Vergaberecht ausgenommen sind) als Vorbehalt zum Öffentlichkeitsgesetz zu interpretieren ist. Dies hat zur Folge hat, dass Vergaben, die gestützt auf diese Bestimmung nicht dem Beschaffungsrecht unterstehen, auch gänzlich vom Öffentlichkeitsprinzip ausgenommen sind[63].

40

Diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wurde beim Bundesgericht angefochten, wo das Verfahren zurzeit (Stand Anfang Februar 2024) noch hängig ist.

41

Die Wichtigkeit des Öffentlichkeitsprinzips für die Überprüfung des staatlichen Handelns spricht dafür, dass bei solchen Vergaben nicht per se von einem gesetzlichen Vorbehalt und damit von einer Nichtanwendung des Öffentlichkeitsprinzips ausgegangen werden sollte. Vielmehr könnte im Sinne eines Mittelweges bei den Informationen und Dokumenten in einem solchen Beschaffungsdossier im Einzelfall geprüft werden, ob tatsächlich ein öffentliches Interesse einer Einsicht entgegensteht und ob dieses das öffentlichen Interessen an der Einsicht überwiegt (vgl. dazu unten, Ziff. V)[64]. Dadurch könnte den Geheimhaltungsinteressen genüge getan werden, ohne unnötigerweise Informationen und Dokumente, für welche die Geheimhaltungsinteressen nicht überwiegen, von der Kontrolle durch die Medien und die Öffentlichkeit auszunehmen.

42

Es wird sich zeigen, ob das Bundesgericht dem Bundesverwaltungsgericht folgt oder zu einem anderen Schluss kommt.

d) Keine Anwendung des Öffentlichkeitsgesetzes, weil sich das Beschaffungsdossier (auch) in den Akten eines Strafverfahrens befindet?

43

Ein Beschaffungsdossier oder einzelne Dokumente daraus können (auch) im Rahmen eines Strafverfahrens relevant sein und so in die Akten eines Strafverfahrens gelangen. Da das Öffentlichkeitsgesetz für Akten eines Strafverfahrens nicht gilt [65], stellt sich die Frage, ob die Vergabestelle in einem solchen Fall die Einsicht in ein Beschaffungsdossier gänzlich verweigern dürfen oder müssen.

44

Das Bundesverwaltungsgericht verneint diese Frage. Es ist der Meinung, dass es nicht zutrifft, dass sämtliche amtlichen Dokumente und Akten, die sich unter anderem in einer Strafakte befinden, dem Öffentlichkeitsgesetz entzogen sind. Nur ausdrücklich im Rahmen eines Strafverfahrens angeordnete oder explizit im Hinblick auf ein solches Verfahren erstellte Dokumente sind vom Öffentlichkeitsprinzip ausgenommen. Anderweitige Dokumente in einer Strafakte, etwa blosse Beweismittel, stellen Strafakten im weiteren Sinne dar. Als solche sind sie nicht per se vom Öffentlichkeitsprinzip ausgenommen. Das gilt zumindest, soweit sie nicht im direkten Zusammenhang mit einem Entscheid stehen und eng mit dessen Streitgegenstand verbunden sind.[66] Auch die Tatsache, dass Dokumente Gegenstand eines Entsiegelungsverfahrens nach der Strafprozessordnung bilden, führt nach dem Bundesverwaltungsgericht nicht zu einem anderen Schluss, wenn dem amtlichen Dokument eindeutig und ohne jeglichen Zweifel kein Siegelungsgrund entgegengehalten werden kann[67].

45

Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wurde Beschwerde beim Bundesgericht erhoben. Das Bundesgericht hat seinen Entscheid dazu noch nicht gefällt (Stand Anfang Februar 2024).

46

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts trägt mit der differenzierten Betrachtung von Strafakten im engeren Sinne und Strafakten im weiteren Sinne der Wichtigkeit des Öffentlichkeitsprinzips Rechnung.

47

Es bleibt abzuwarten, wie sich das Bundesgericht zur Frage äussert.

V. Selbst wenn das BGÖ gilt, kann die Einsicht in Beschaffungsdossiers ausnahmsweise verweigert oder verzögert werden

1. Übersicht über die möglichen Gründe für die Einschränkung der Einsicht

48

Auch da, wo das Öffentlichkeitsgesetz gilt, kann der Zugang zu amtlichen Dokumenten eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert werden, wenn ein öffentliches oder ein privates Interesse das öffentliche Interesse am Zugang überwiegt[68].

49

Ein überwiegendes Interesse, welches das Interesse am Zugang überwiegt, kann gemäss dem Öffentlichkeitsgesetz vorliegen, «wenn

  • durch die Gewährung der Einsicht die freie Meinungs- und Willensbildung einer diesem Gesetz unterstellten Behörde, eines anderen legislativen oder administrativen Organes oder einer gerichtlichen Instanz wesentlich beeinträchtigt werden kann,
  • die zielkonforme Durchführung konkreter behördlicher Massnahmen beeinträchtigt würde,
  • die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz gefährdet werden kann,
  • die aussenpolitischen Interessen oder die internationalen Beziehungen der Schweiz beeinträchtigt werden können,
  • die Beziehungen zwischen dem Bund und den Kantonen oder zwischen Kantonen beeinträchtigt werden können,
  • die wirtschafts-, geld- und währungspolitischen Interessen der Schweiz gefährdet werden können,
  • Berufs-, Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse offenbart werden können oder
  • Informationen vermittelt werden können, die der Behörde von Dritten freiwillig mitgeteilt worden sind und deren Geheimhaltung die Behörde zugesichert hat.“[69]
50

Zudem kann der Zugang zu amtlichen Dokumenten eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert werden, wenn durch seine Gewährung die Privatsphäre Dritter beeinträchtigt werden kann. Aber auch in solchen Fällen kann ausnahmsweise das öffentliche Interesse am Zugang überwiegen[70].

51

Daneben können weitere Gründe zu einer Verweigerung des Einsichtsrechts führen[71]. So dürfen amtliche Akten etwa erst zugänglich gemacht werden, wenn der politische oder administrative Entscheid, für den sie die Grundlage darstellen, getroffen ist. Zudem sind amtliche Dokumente über Positionen in laufenden und künftigen Verhandlungen in keinem Fall zugänglich.

52

Weiter ist dem Schutz von Personendaten Rechnung zu tragen [72].

53

Gemäss konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts kann das Verhältnis des mit dem Öffentlichkeitsprinzip verbundenen Transparenzgebots zu den gesetzlich vorgesehenen Vertraulichkeitsvorbehalten nicht generell festgelegt werden. Vielmehr ist eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen[73].

54

Dabei kann die Einsicht nur verweigert werden, wenn durch sie eine gewichtige Verletzung eines privaten oder öffentlichen Interessens droht. Die Verletzung muss zwar nicht mit Sicherheit eintreten, jedoch darf eine Beeinträchtigung oder Gefährdung auch nicht lediglich denkbar oder (entfernt) möglich erscheinen. Ansonsten würde der mit der Einführung des Öffentlichkeitsprinzips gewollte Paradigmenwechsel ausgehöhlt[74]. Wird das Zugangsgesuch von Medienschaffenden gestellt, ist die Auslegung einer Ausnahmebestimmung, gemäss welcher der Zugang eingeschränkt oder ausgeschlossen wird, zudem insbesondere im Lichte der Medienfreiheit auszulegen[75].

55

Zahlreiche öffentliche und private Interessen sind denkbar, die einer Zugangsgewährung entgegenstehen können. Eine abschliessende Auflistung ist hier nicht möglich. Stattdessen werde ich im Folgenden auf die Ausnahmen und Erkenntnisse aus der Rechtsprechung zum Öffentlichkeitsprinzip bei Beschaffungsdossiers eingehen, die in der Praxis besonders bedeutsam sind. In konkreten Fällen können zusätzliche oder andere öffentliche oder private Interessen bestehen, die dem Interesse an einer Zugangsgewährung gegenüberzustellen sind.

2. Dokumente mit Personendaten in der Regel zu anonymisieren

56

Amtliche Dokumente, die Personendaten oder Daten juristischer Personen enthalten, sind nach Möglichkeit vor der Einsichtnahme zu anonymisieren[76]. Ist eine Anonymisierung nicht möglich, hat die zuständige Behörde nach den einschlägigen Bestimmungen im Datenschutzgesetz[77] und im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz[78] zu prüfen, ob ausnahmsweise von einer Anonymisierung abgesehen werden kann[79]. Eine Bekanntgabe dieser Daten ist unter anderem möglich, wenn die betroffene Person einwilligt[80] oder wenn die Daten im Zusammenhang mit der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe stehen und an der Bekanntgabe ein überwiegendes Interesse besteht[81].

57

In der Regel muss die betroffene Person vor einer Bekanntgabe der Personendaten angehört werden[82]. Eine Ausnahme davon ist möglich, darf jedoch nicht leichthin angenommen[83].

58

Das Bundesgericht ist bei der Einsicht in eine Vergabestatistik von einer Konstellation ausgegangen, bei der ausnahmsweise keine vorgängige Anhörung notwendig ist. Es hielt fest, dass bei der verlangten Einsicht nicht ersichtlich ist, welche überwiegenden privaten Interessen zu einem anderen Ergebnis (als der Bejahung der Bekanntgabe der Firmen der betroffenen Unternehmen) führen könnten[84].

3. Keine oder keine umfassende Einsicht in Dokumente, die Geschäftsgeheimnisse enthalten

59

Die Angebote der Anbieterinnen und darauf Bezug nehmende Dokumente wie etwa die Bewertungsmatrix und der abgeschlossene Vertrag enthalten in der Regel Details zu den zu erbringenden Leistungen und zum zu vergütenden Preis. Diese Informationen können Geschäfts- oder Fabrikationsgeheimnisse darstellen, und die Einsicht kann von der Vergabestelle eingeschränkt oder verweigert werden[85].

60

Dass keine Einsicht in Geschäftsgeheimnisse zu gewähren ist, ist explizit im Gesetz geregelt. Was Geschäftsgeheimnisse sind, ist jedoch nicht definiert. Gemäss Rechtsprechung kommen als Geschäftsgeheimnis etwa Angaben in Frage, aus denen abgeleitet werden kann, wie die Anbieterin ihre Leistung entwickelt bzw. produziert und den Preis kalkuliert. Denn daraus könnte sich die Konkurrenz allenfalls einen Wettbewerbsvorteil verschaffen[86].

61

Das Bundesgericht geht bei detaillierten Leistungsbeschreibungen von Anbieterinnen davon aus, dass diese nur dann als Geschäftsgeheimnisse gelten, wenn die Kenntnis Rückschlüsse auf das Geschäftsmodell der Anbieterin oder Geschäftsinterna gezogen werden können[87]. Dies ist dann gerade nicht der Fall, wenn durch die Einsicht in einen Vertrag die Einsicht in detaillierte Leistungsumschreibungen, nicht aber gleichzeitig auch in die diesbezüglichen Preislisten gewährt wird[88].

62

Ebenso als unproblematisch erachtet das Bundesgericht eine Einsicht in eine Statistik, wenn sich daraus der Geschäftsumsatz einer Anbieterin im Verhältnis zu einer konkreten Beschaffungsstelle pro Jahr ableiten lässt[89]. Das Bundesgericht geht auch nicht davon aus, dass sich aus den in der Statistik weitere, allenfalls problematische Angaben ableiten lassen würden[90]. Es ist insgesamt der Meinung, dass Einsicht in die Statistik keine Rückschlüsse auf irgendwie geartete Geschäftsgeheimnisse einer Unternehmung zulassen könnte[91]. Vielmehr besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an Einsicht in die Statistik und Kenntnis der Vertragspartner einer Vergabestelle und der Grössenordnung ihrer Vertragsbeziehungen[92]/[93].

4. Keine oder keine umfassende Einsicht aufgrund von öffentlichen Interessen, die das öffentliche Interesse an der Einsicht überwiegen

63

Bei Beschaffungen können öffentliche Interesse einer Einsichtnahme entgegenstehen[94]. Ein Beispiel dafür sind wirtschaftliche Interessen in Situationen, in denen die Vergabeverfügung bereits rechtskräftig ist, aber die Beschaffungssituation noch nicht abgeschlossen – etwa weil der Vertrag noch nicht unterzeichnet wurde oder weil in besonderen Konstellationen weitere Beschaffungen in der gleichen Angelegenheit bevor stehen[95].

64

Im Zusammenhang mit Gesuchen um Einsicht in Verträge für Impfstoffbeschaffungen (für SARS-CoV-2 Virus) beim Bundesamt für Gesundheit BAG erachtete das Bundesverwaltungsgericht eine Verweigerung der Einsicht in die Verträge zumindest bis 30. Juni 2022 nicht als rechtswidrig. Es hielt jedoch fest, dass die Begründung des BAG, dass die Impfstoffbeschaffung noch nicht abgeschlossen sei und die Veröffentlichung der Verträge die internationalen Beziehungen der Schweiz und ihre wirtschaftlichen Interessen gefährdet werden könnten, nicht auf Dauer Bestand haben werde[96]. Im August 2022 publizierte das BAG in Absprache mit den Vertragspartnern teilgeschwärzte Verträge zu den Covid-19-Impfstoffen auf seiner Webseite[97]. In der Folge stellten mehrere Personen Schlichtungsanträge beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB), bei dem ein Schlichtungsverfahren beantragt werden kann, wenn die beantragte Einsicht eingeschränkt, aufgehoben oder verweigert wird[98]. Der EDÖB empfahl, dass Einsicht in die Verträge zu gewähren sei. Die vom BAG und dessen Vertragspartnern vorgebrachten Gründe würden nicht mehr der von der Rechtsprechung verlangten Begründungsdichte entsprechen[99]. Der aktuelle Stand dieser Gesuche ist, soweit ersichtlich, nicht öffentlich bekannt (Stand Anfang Ferbuar 2024).

65

In einer anderen Angelegenheit musste sich das Bundesgericht mit der Frage auseinandersetzen, ob ein öffentliches Interesse an der Geheimhaltung von Verträgen bzw. darin enthaltender Details zum Vertragsverhältnis und zum konkreten Auftrag im Hinblick auf die Position der Vergabestelle in künftigen Vergabeverfahren und Verhandlungen besteht. Das Bundesgericht hat die Frage nicht abschliessend beantwortet. Es hat aber festgehalten, dass äusserst fraglich sei, ob ein solches öffentliches Interesse dasjenige an der Transparenz je überwiegen dürfte[100]. Das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe ist besonders hoch, da diese die Kontrolle des staatlichen Handelns und der öffentlichen Ausgaben ermöglicht. Zudem kannn mehr Transparenz gerade auch zu tieferen Offerten in künftigen Verfahren führen, den Wettbewerb fördern und zu einem wirtschaftlichen Umgang mit Staatsgeldern beitragen[101].

5. Keine Einsicht, wenn ein Dokument bereits auf der Internetplattform SIMAP veröffentlicht wurde?

66

Der Anspruch auf Einsicht gilt als erfüllt, wenn ein amtliches Dokument bereits in einem Publikationsorgan oder auf einer Internetseite der Behörde veröffentlicht wurde[102].

67

Im Rahmen von offenen und selektiven Vergabeverfahren sind diverse Unterlagen und die Zuschlagsverfügung auf der bereits erwähnten Internetplattform SIMAP zu publizieren, bei gewissen freihändigen Vergaben zudem die Zuschlagsverfügung[103]. Ob damit diese Ausschreibungen, Ausschreibungsunterlagen und Zuschlagsverfügungen nicht mehr nach dem Öffentlichkeitsgesetz herausverlangt werden können, ist unklar[104].

68

Solange Informationen auf der Internetplattform SIMAP frei zugänglich sind[105], dürfte der Anspruch auf Einsicht als erfüllt gelten. Sind die Informationen jedoch nicht mehr frei zugänglich, sollte der Anspruch auf Einsicht wieder aufleben können. Es kann vorkommen, dass das öffentliche Interesse an Einsicht erst Jahre nach einer Publikation auf SIMAP aufkommt, so dass der Zugang – gerade für Medienschaffende – damit (erneut) gewährleistet sein sollte. Ein grundsätzlich bestehender Herausgabeanspruch zu verweigern, weil die Informationen anderweitig verfügbar sind, leuchtet ein. Ihn zu verweigern, bloss weil die Informationen einmal öffentlich verfügbar waren, obwohl sie es jetzt nicht mehr sind, steht im Widerspruch zum Zweck des Öffentichkeitsprinzips.

VI. Fazit

68

Das Öffentlichkeitsprinzip gilt bei Vergaben der öffentlichen Hand grundsätzlich, jedoch sind Ausnahmen möglich. Auch da, wo das Öffentlichkeitsprinzip gilt, kann die Einsicht unter Umständen ganz oder teilweise verweigert oder verzögert werden. Die möglichen Gründe dafür sind vielfältig.

69

Wie das Bundesgericht festhält, ist das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe von Informationen aus Vergabeverfahren besonders hoch, da so die Kontrolle des staatlichen Handelns und der öffentlichen Ausgaben ermöglicht wird[106]. Zudem kann mehr Transparenz gerade auch zu tieferen Offerten in künftigen Verfahren führen, den Wettbewerb fördern und zu einem wirtschaftlichen Umgang mit Staatsgeldern beitragen[107].

70

Vor diesem Hintergrund sollte nur mit Zurückhaltung davon ausgegangen werden, dass ein Beschaffungsdossier gänzlich vom Anwendungsbereich des Öffentlichkeitsprinzips ausgenommen ist. Gleiches gilt bei der Prüfung, ob trotz Anwendung des Öffentlichkeitsprinzips öffentliche oder private Interessen einer (vollumfänglichen) Einsicht entgegenstehen.


Fussnoten:

  1. Vgl. u.a. BGE 140 IV 108, E. 6.7, S. 114 f. Vgl. auch EGMR, Goodwin gegen Vereinigtes Königreich, 17488/90, vom 27. März 1996, Ziff. 39, wo von der unverzichtbaren Rolle der Medien als «Wachhund» die Rede ist.

  2. Die gesetzlichen Grundlagen zum Öffentlichkeitsprinzip sehen entsprechend in der Regel vor, dass bei der Informationstätigkeit auf die Bedürfnisse der Medien Rücksicht zu nehmen ist; vgl. Art. 10 Abs. 4 lit. a Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung (BGÖ, SR 152.3) und Art. 9 Verordnung über das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung (VBGÖ, SR 152.31), Art. 15 Gesetz über die Information und die Medienförderung des Kantons Bern (IMG, BSG 107.1) [nachfolgend IMG BE], § 15 Gesetz über die Information und den Datenschutz des Kantons Zürich (IDG, LS 170.4) [nachfolgend IDG ZH].

  3. Vgl. Statistik des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) <www.simap.ch/shabforms/DE/PDF/SIMAP/WTO_Statistik_BUND_2022.pdf> sowie <www.simap.ch/shabforms/DE/PDF/SIMAP/WTO_Statistik_KANTONE_2022.pdf> (je letztmals besucht am 4. Februar 2024).

  4. Vgl. dazu Art. 1 BGÖ.

  5. Vgl. dazu Art. 6 Abs. 1 BGÖ.

  6. Ausgenommen sind jedoch insbesondere die Schweizerische Nationalbank und die Schweizerische Finanzmarktaufsicht (vgl. Art. 2 BGÖ).

  7. Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung, BGÖ, SR 152.3.

  8. Verordnung über das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung, VBGÖ, SR 152.31.

  9. Das BGÖ sowie die VBGÖ sind per 1. Juli 2006 in Kraft getreten.

  10. Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, BV, SR 101.

  11. Es lässt sich auch kein direkter Anspruch auf Zugang zu Dokumenten und Informationen aus den in der Bundesverfassung verankerten Informations- und Medienfreiheit (Art. 16 und Art. 17 BV) ableiten. Jedoch tragen das Öffentlichkeitsprinzip und das damit verbundene Transparenzgebot zur Verwirklichung der Informationsfreiheit und indirekt zur Verwirklichung der Medienfreiheit bei: Vgl. etwa BGE 142 II 313, E. 3.1, S. 315 f.; Urteil des Bundesgerichts 1C_462/2018 vom 17. April 2019, E. 3.2, E. 4.2; Urteil des Bundesgerichts 1C_129/2016 vom 14. Februar 2017, E. 2.1 f., je m.w.H.

  12. Der Kanton Luzern hat die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips eingeleitet (Stand Anfang Februar 2024). Bereits heute gilt auch für die Kantone Nidwalden und Luzern das Öffentlichkeitsprinzip bezüglich Umweltinformationen, vgl. Art. 10g des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG, SR 814.01) bzw. das Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligungen an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention, SR 0.814.07).

  13. Vgl. etwa Kanton Bern: Art. 17 Abs. 3 Verfassung des Kantons Bern (BSG 101.1), IMG BE sowie Verordnung über die Information und die Medienförderung (IMV, BSG 107.111) [nachfolgend IMV BE]; Kanton St. Gallen: Art. 60 Verfassung des Kantons St. Gallen (sGS 111.1), Öffentlichkeitsgesetz (OeffG, sGS 140.2) [nachfolgend OeffG SG]; Kanton Zürich: Art. 49 Kantonsverfassung des Kantons Zürich (LS 101), Gesetz über die Information und den Datenschutz des Kantons Zürich (IDG, LS 170.4) [nachfolgend IDG ZH] und Verordnung über die Information und den Datenschutz (IDV, LS 170.41) [nachfolgend IDV ZH] (wobei im Kanton Zürich aktuell eine Revision dieser Rechtsgrundlagen im Gange ist).

  14. Vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. b BGÖ.

  15. Vgl. etwa Art. 2 Abs. 2 lit. c IMG BE, Art. 1 Abs. 3 OeffG SG, § 20 ff. i.V.m. § 3 Abs. 1 lit. c IDG ZH.

  16. Die Schweiz hat sich in internationalen Verträgen dazu verpflichtet, bei öffentlichen Beschaffungen verschiedene Grundsätze und Regeln einzuhalten. Massgeblich sind im Wesentlichen das Government Procurement Agreement vom 30. März 2012 (GPA 2012, SR 0632.231.422) und das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens vom 21. Juni 1999 (BAöB, SR 0.172.052.68). Die schweizerischen Bestimmungen sehen jedoch auch beschaffungsrechtliche Vorschriften vor für den Bereich, in dem die staatsvertraglichen Bestimmungen nicht zur Anwendung kommen. Entsprechend wird im schweizerischen Vergaberecht zwischen «Staatsvertragsbereich» und «Nicht-Staatsvertragsbereich» unterschieden.

  17. Auf gewisse Vergaben finden die Bestimmungen des Vergaberechts ausnahmsweise keine Anwendung: vgl. Art. 10 BöB/IVöB 2019 (vgl. dazu auch Claudia Schneider Heusi, Vergaberecht in a nutshell, 4. Aufl., Zürich/St. Gallen 2023, S. 41 f.).

  18. Vgl. insb. Art. 3, 4 und 7 BöB/IVöB 2019. Zudem sind auf kantonaler bzw. kommunaler Ebene Beschaffungen Dritter im Zusammenhang mit Objekten und Leistungen, die mit mehr als 50 Prozent der Gesamtkosten mit öffentlichen Geldern subventioniert werden, dem Vergaberecht unterstellt, vgl. Art. 4 Abs. 4 lit. b IVöB 2019.

  19. BöB, SR 172.056.1.

  20. VöB, SR 172.056.11.

  21. Die erste Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB) vom 25. November 1994 wurde am 15. März 2001 revidiert. Am 15. November 2019 verabschiedete das Interkantonale Organ für das öffentliche Beschaffungswesen (InöB) die aktuelle Fassung der IVöB (nachfolgend IVöB 2019). Damit die IVöB 2019 in den einzelnen Kantonen in Kraft tritt, ist ein Beitritt des jeweiligen Kantons notwendig. Bis heute (Stand Anfang Februar 2024) sind die meisten, jedoch noch nicht alle Kantone der IVöB 2019 beigetreten. Für einen Überblick über den aktuellen Stand der Beitritte der einzelnen Kantone wird auf die Webseite <https://www.bpuk.ch/bpuk/konkordate/ivoeb/ivoeb-2019> (letztmals besucht am 4. Februar 2024) verwiesen.

  22. Vgl. Art. 16 ff. BöB/IVöB 2019.

  23. Für die konkreten Schwellenwerte vgl. Anhang 4 zum BöB/Anhang 2 zur IVöB 2019.

  24. Vgl. Art. 21 BöB/IVöB 2019.

  25. Transparenz im Beschaffungsverfahren bedeutet, dass die Verfahren für die Anbieterinnen nachvollziehbar und verständlich ausgestaltet sein müssen, vgl. dazu etwa Claudia Schneider Heusi, Vergaberecht in a nutshell, 4. Aufl., Zürich/St. Gallen 2023, S. 6 f.

  26. Vgl. Art. 2 BöB/IVöB 2019.

  27. Für die konkreten Schwellenwerte vgl. Anhang 4 zum BöB/Anhang 2 zur IVöB 2019.

  28. Art. 20 BöB/IVöB 2019.

  29. Für die konkreten Schwellenwerte vgl. Anhang 4 zum BöB/Anhang 2 zur IVöB 2019.

  30. Art. 18 BöB/IVöB 2019.

  31. Système d’information sur les marchés publics en Suisse SIMAP, vgl. <www.simap.ch> (letztmals besucht am 4. Februar 2024).

  32. Vgl. Art. 19 BöB/IVöB 2019.

  33. Vgl. Art. 21 Abs. 2 BöB/IVöB 2019.

  34. Für eine diesbezügliche Übersicht vgl. Claudia Schneider Heusi, Vergaberecht in a nutshell, 4. Aufl., Zürich/St. Gallen 2023, S. 77 ff.

  35. Dabei muss unter anderem die Frage geklärt werden, ob allenfalls die Durchführung eines Wettbewerbs oder Studienauftrags, einer elektronischen Auktion, eines Dialogverfahrens bzw. das Hinwirken auf den Abschluss von Rahmenverträgen sinnvoll ist. Für eine Übersicht über die im Rahmen eines Vergabeverfahrens notwendigen Schritte vgl. auch TRIAS, der Leitfaden für öffentliche Beschaffungen, <www.trias.swiss> (letztmals besucht am 4. Februar 2024).

  36. Auf SIMAP wird die Ausschreibung mit den gemäss Art. 35 BöB/IVöB notwendigen Informationen publiziert. Die Ausschreibungsunterlagen mit weitergehenden Informationen können von Interessierten in der Regel via SIMAP oder direkt bei der Vergabestelle bezogen werden. Auf der von der Berner Fachhochschule betriebenen Plattform IntelliProcure.ch (vgl. <www.intelliprocure.ch>, letztmals besucht am 4. Februar 2024) werden die auf bzw. via SIMAP zugänglichen Informationen gesammelt und können von Nutzer:innen eingesehen und durchsucht werden.

  37. Vgl. Art. 38 und 39 BöB/IVöB 2019.

  38. Vgl. Art. 40 BöB/IVöB 2019.

  39. Vgl. Art. 21 Abs. 3 BöB/IVöB 2019.

  40. Vgl. Art. 41 BöB/IVöB 2019. In der Praxis kommt es vor, dass Vergabeentscheide dazu interne Beschlüsse fassen, die danach mittels Verfügungen eröffnet werden.

  41. Vgl. Art. 48 Abs. 1 BöB/IVöB 2019.

  42. Art. 52 BöB/IVöB 2019.

  43. Zur Beschwerdelegitimation auf Bundesebene vgl. Art. 37 Bundesgesetz über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht, VGG, SR 137.32) i.V.m. Art. 48 Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahren, VwVG, SR 172.021) bzw. Art. 89 Bundesgesetz über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG, SR 173.110); die Beschwerdelegitimation auf kantonaler Ebene ergibt sich aus den jeweiligen kantonalen Bestimmungen.

  44. Vgl. zu dieser Thematik Urteil des Bundesgerichts 2C_50/2022 vom 6. November 2023 (Entscheid zur Publikation vorgesehen).

  45. Vgl. Art. 9 Abs. 2bis Bundesgesetz über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM, SR 943.02).

  46. Vgl. Art. 42 BöB/IVöB 2019.

  47. Vgl. Art. 49 BöB/IVöB 2019.

  48. Wobei es um dabei um die Beschaffungen im Staatsvertragsbereich geht, vgl. Art. 50 Abs. 1-3 BöB/IVöB 2019.

  49. Art. 50 Abs. 4 BöB/IVöB 2019.

  50. Art. 3 und 4 BGÖ e contrario.

  51. Im Rahmen der Totalrevision des BöB stand zur Diskussion, eine Geheimhaltung für die Unterlagen von öffentlichen Beschaffungen für die gesamte Dauer der Aufbewahrungspflicht vorzusehen, soweit das BöB keine Offenlegung vorsieht (vgl. Entwurf Art. 49 Abs. 3 sowie Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. Februar 2017, BBl 2017, S. 1851 ff., S.1971 f.). Diese Geheimhaltungspflicht wurde jedoch im Rahmen der parlamentarischen Beratung gestrichen. Vgl. dazu Martin Beyeler, Rechtsschutz, Beschaffungsvertrag und Öffentlichkeitsprinzip, in: BR/DC 1/2020, S. 40 ff., S. 42 f.

  52. Art. 3 BGÖ (vgl. auch Art. 27 Abs. 3 IMG BE, Art. 2 OeffG SG, § 2b Abs. 1 sowie § 20 Abs. 3 IDG ZH).

  53. Art. 4 BGÖ (vgl. auch Art. 3 OeffG SG) Zur Frage, ob Informationen über ein Vertragsverhältnis zu Überwachungssoftware gestützt auf Art. 67 Bundesgesetz über den Nachrichtendienst (Nachrichtendienstgesetz, NDG, SR 121) vom Öffentlichkeitsgesetz ausgenommen sind, vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1310/2022 vom 9. Januar 2024, insb. E. 11.3 (Rechtsmittelfrist für Beschwerde ans Bundesgericht per 4. Februar 2024 noch nicht abgelaufen).

  54. Vgl. etwa BGE 146 II 265, E. 3.1, S. 267 f. m.w.H.; Urteil des Bundesgerichts 1C_93/2021 vom 6. Mai 2022, E. 3.4 m.w.H.

  55. Art. 57 Abs. 1 BöB/IVöB 2019.

  56. Art. 11 lit. e BöB/IVöB 2019; dabei ausgenommen sind die gesetzlich vorgesehenen Publikations- und Auskunftspflichten, vgl. dazu ausführlich Pandora Kunz-Notter, in: Hans Rudolf Trüb (Hrsg.), Handkommentar zum Schweizerischen Beschaffungsrecht, Zürich/Basel/Genf 2020, N. 22 zu Art. 11 BöB/IVöB.

  57. Der Grundsatz der Vertraulichkeit der Angaben der Anbieterinnen gilt bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens (Art. 11 lit. e BöB/IVöB 2019), wenn das Vergabeverfahren beendet ist, kommt er nicht mehr zur Anwendung, vgl. Urteil 1C_267/2020 des Bundesgerichts vom 22. Februar 2021, E. 7.2. sowie der diesem Entscheid zugrunde liegende Entscheid VB.2019.00732 des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 6. Februar 2020, E. 2.2, wo noch auf die vor der Revision des Beschaffungsrecht massgebliche Bestimmung des Art. 11 der damals in Kraft stehenden IVöB Bezug genommen wurde; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015, E. 3.2 m.w.H.

  58. Vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. a Ziff. 5 BGÖ.

  59. Zudem sieht das BGÖ vor, dass eine Einsichtnahme in ein Verwaltungsverfahren zu verweigern ist, solange der das Verfahren abschliessende Entscheid noch nicht ergangen ist (Art. 8 Abs. 2 BGÖ), vgl. dazu Christa Stamm-Pfister, in: Urs Maurer-Lambrou/Gabor-Paul Blechta (Hrsg.), BSK DSG BGÖ, 3. Aufl., Basel 2014, N. 22 und 26 zu Art. 3 BGÖ. Auch auf kantonaler Ebene ist in der Regel vorgesehen, dass das Öffentlichkeitsgesetz im Zusammenhang mit noch nicht abgeschlossenen Verwaltungs- und Verwaltungsjustizverfahren nicht gilt (vgl. Art. 27 Abs. 3 IMG BE, Art. 2 Abs. 1 OeffG SG, § 20 Abs. 3 IDG ZH).

  60. Vgl. Art. 10, insb. Abs. 4 lit. a BöB/IVöB 2019, gemäss welchem BöB/IVöB 2019 keine Anwendung finden, wenn dies für den Schutz und die Aufrechterhaltung der äusseren oder inneren Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung als erforderlich erachtet wird.

  61. Dies gemäss Art. 4 BGÖ.

  62. Wobei es in casu um die altrechtlichen Bestimmungen von Art. 3 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 lit. a aBöB (AS 1996 508) ging. Gemäss diesen war eine Ausnahme von der Anwendung des Beschaffungsrechts vorgesehen, wenn durch eine Beschaffung die Sittlichkeit, die öffentliche Ordnung und die Sicherheit gefährdet würde bzw. wenn es um die Beschaffung von Waffen, Munition oder Kriegsmaterial und die Erstellung von Bauten der Kampf- und Führungsinfrastruktur von Gesamtverteidigung ging.

  63. Das Bundesverwaltungsgericht hält dabei Folgendes fest: Aus den Materialien lasse sich nichts zum Verhältnis dieser Bestimmungen zum Öffentlichkeitsprinzips ableiten. Jedoch führe eine teleologische Betrachtung dazu, dass der Zweck der Vertraulichkeit seines Sinnes entleert würde, wenn trotz des Fehlens einer aktiven Informationspflicht im Rahmen des Beschaffungsverfahrens eine passive Informationspflicht (das heisst auf Gesuch hin) nach den Bestimmungen des Öffentlichkeitsgesetzes angenommen würde. Auch aus einer Interessenabwägung zwischen dem militärischen Interesse an der öffentlichen Sicherheit und dem Informationsbedürfnis des Gesuchstellers bzw. der Öffentlichkeit ergebe sich nichts anderes. Die Bestimmung des Beschaffungsrechts, welche die Anwendung des Beschaffungsrechts für die Beschaffung von Waffen, Munition oder Kriegsmaterial und die Erstellung von Bauten der Kampf- und Führungsinfrastruktur von Gesamtverteidigung ausnimmt, sei daher als spezialgesetzliche Grundlage anzusehen, die dem Öffentlichkeitsgesetz vorgehe, vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-839/2022 vom 5. April 2023, E. 7, insb. 7.5 f. Vgl. auch das inhaltlich gleichlautende und ebenfalls beim Bundesgericht angefochtene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1526/2022 vom 12. April 2023, E. 7, insb. E. 7.5.

  64. Siehe Art. 7-9 BGÖ.

  65. Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 BGÖ.

  66. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3297/2021 vom 20. Januar 2021, E. 4.4.3.4 (mit Verweis auf BGE 147 I 47), in dem es um Zugang zu diversen Dokumenten im Zusammenhang mit der Beschaffung von Atemschutz- und OP-Masken geht.

  67. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3297/2021 vom 20. Januar 2021, E. 4.5.2 (mit Verweis auf BGE 147 I 47). Auch können nach dem Bundesverwaltungsgericht in einem solchen Fall (einschränkende) strafprozessuale Akteneinsichts- und Informationsrechte nicht einem Zugang entgegengehalten werden, wenn grundsätzlich von der Anwendbarkeit des BGÖ auszugehen ist, vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3297/2021 vom 20. Januar 2021, E. 5.3.3.

  68. Vgl. Art. 7-9 BGÖ (vgl. auch Art. 29 IMG BE, Art. 6 OeffG SG; § 23 IDG ZH).

  69. Art. 7 Abs. 1 BGÖ.

  70. Art. 7 Abs. 2 BGÖ sowie Art. 6 VBGÖ.

  71. Art. 8 BGÖ (vgl. auch Art. 7 OeffG SG).

  72. Vgl, Art. 9 BGÖ
  73. Vgl. etwa BGE 142 II 324, E. 3.3, S. 335, m.w.H.; Urteil des Bundesgerichts 1C_462/2018 vom 17. April 2019, E. 5.1. m.w.H.; Urteil des Bundesgerichts 1C_129 vom 14. Februar 2017, E. 2.5. m.w.H.

  74. Vgl. etwa BGE 144 II 77, E. 3; BGE 142 II 324, E. 3.4, S. 335 f., m.w.H.; Urteil des Bundesgerichts 1C_129/2016 vom 14. Februar 2017, E. 2.6, m.w.H. Wenn eine Behörde den Zugang verweigern will, obliegt es ihr, nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für eine Einschränkung des Zugangs gegeben sind, vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3858/2021 vom 21. April 2022, E. 5.1.1.

  75. Vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_462/2018 vom 17. April 2019, E. 4.2.

  76. Art. 9 Abs. 1 BGÖ (vgl. auch Art. 20 f. IMV BE, Art. 14 OeffG SG).

  77. Art. 36 Bundesgesetz über den Datenschutz (Datenschutzgesetz, DSG, SR 235.1).

  78. Art. 57s Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG, SR 172.010).

  79. Art. 9 BöB.

  80. Vgl. Art. 36 Abs. 2 lit. b DSG sowie Art. 57s Abs. 3 lit. b RVOG.

  81. Vgl. Art. 36 Abs. 3 DSG sowie Art. 57s Abs. 4 RVOG.

  82. Vgl. Art. 11 BGÖ. Vgl. dazu auch BGE 142 II 340, E. 4.

  83. Vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015, E. 6, insb. 6.2, m.w.H.

  84. Zudem hat das Bundesgericht unter anderem die Tatsache berücksichtigt, dass ein Verfahren zur Konsultation aller betroffenen Unternehmen ausgesprochen aufwändig und unpraktikabel sowie mit kaum überschaubaren Kostenrisiken verbunden wäre, vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015, E. 6, insb. 6.5.

  85. Vgl. Art. 7 Abs. 1 lit. d BGÖ (vgl. auch Art. 29 Abs. 2 lit. c IMG BE, Art. 6 Abs. 3 lit. c OeffG SG, § 23 Abs. 1 IDG ZH). Da im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der Zuschlag bereits erfolgt und damit das eigentliche Vergabeverfahren abgeschlossen ist, kommt in diesem Zeitpunkt der oben erwähnte beschaffungsrechtliche Grundsatz, dass die Vergabestelle den vertraulichen Charakter der von den Anbieterinnen gemachten Angaben wahren muss, (Art. 11 lit. e BöB/IVöB 2019) nicht mehr zur Anwendung, vgl. oben, insb. Fussnote 57.

  86. Vgl. BGE 142 II 340, E. 3.2; Urteil des Bundesgerichts 1C_665/2017 vom 16. Januar 2019, E. 5.5.

  87. Vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_665/2017 vom 16. Januar 2019, E. 5.5.

  88. Vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_665/2017 vom 16. Januar 2019, E. 5.5.

  89. Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015, E. 3.5.2.

  90. Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015, E. 3.5.2.

  91. Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015, E. 3.5.2.

  92. Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015, E. 3.6.

  93. Als amtliche Dokumente, in die Einsicht verlangt werden kann, gelten gemäss den bundesrechtlichen Bestimmungen auch solche, die durch einen einfachen elektronischen Vorgang aus aufgezeichneten Informationen erstellt werden können, die sich im Besitz einer Behörde befinden, von der sie stammen oder von der sie mitgeteilt worden ist, und die die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betreffen (Art. 5 Abs. 2 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. b und c BGÖ). Das Bundesgericht musste sich mit der Frage beschäftigten, ob die Verweigerung in Einsicht in eine Statistik, die vor der Einsichtnahme noch aus aufgezeichneten Informationen hätte erstellt werden müssen, was mit einem grossen Aufwand verbunden wäre, rechtens sei. Konkret ging es um die Verweigerung der Einsicht in eine noch zu erstellende Statistik über eine sehr grosse Anzahl Vergaben (eine vollständige Liste aller Lieferanten des Finanzdepartements im Jahr 2011). Dabei kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Verweigerung des Zugangs durch die Vorinstanz nicht rechtswidrig war, weil eine solche Liste selbst durch Fachleute nicht durch einen einfachen elektronischen Vorgang erstellt werden könnte, vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015, E. 7. Ob diese Argumentation in einem vergleichbaren Fall auch unter den heute geltenden gesetzlichen Bestimmungen betreffend Statistiken und Controlling sowie den fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten noch Bestand hätte, ist fraglich (vgl. Martin Beyeler, Vergaberechtliche Entscheide 2016/2017, Zürich/Basel/Genf 2018, Kommentar zum Entscheid des Bundesgericht 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015, Rz. 488, S. 263.).

  94. Vgl. Art. 7 Abs. 1 BGÖ (vgl. auch Art. 29 IMG BE, Art. 6 Abs. 2 OeffG SG, § 23 Abs. 2 IDG ZH). Zum öffentlichen Interessen, welches der Auskunft über Vertragsverhältnisse zu Überwachungssoftware entgegensteht, vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-1310/2022 vom 9. Januar 2024, insb. E. 7-9 (Rechtsmittelfrist für Beschwerde ans Bundesgericht per 4. Februar 2024 noch nicht abgelaufen).

  95. In solchen Situationen dürften auch Art. 8 Abs. 2 und 4 BGÖ zumindest zu einer vorläufigen Verweigerung der Einsicht führen.

  96. Vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-3858/2021 vom 21. April 2023, E. 5, insb. 5.3.8.

  97. Vgl. <https://www.edoeb.admin.ch/edoeb/de/home/kurzmeldungen/2023/20231124-bgoe_empfehlung_impfvertrag.html> (letztmals besucht am 4. Februar 2024).

  98. Gemäss Art. 13 i.V.m. 18 lit. a BGÖ.

  99. Vgl. <https://www.edoeb.admin.ch/edoeb/de/home/kurzmeldungen/2023/20231124-bgoe_empfehlung_impfvertrag.html> (letztmals besucht am 4. Februar 2024).

  100. Vgl. Urteil 1C_267/2020 des Bundesgerichts vom 22. Februar 2021, E. 8.4.1, m.w.H.

  101. Vgl. Urteil 1C_267/2020 des Bundesgerichts vom 22. Februar 2021, E. 8.4.2, m.w.H.

  102. Art. 6 Abs. 3 BGÖ (vgl. auch Art. 27 Abs. 1a IMG BE, Art. 11 Abs. 2 OeffG SG, § 25 Abs. 1 IDG ZH).

  103. Vgl. Art. 48 BöB/IVöB 2019.

  104. Vgl. dazu insbesondere Urteil des Bundesgerichts 1C_50/2015 vom 2. Dezember 2015, E. 3.3.

  105. Auf der Internetplattform SIMAP (Stand Anfang Februar 2024) sind Informationen und insbesondere Ausschreibungsunterlagen nur für einen begrenzten Zeitraum abrufbar.

  106. Vgl. Urteil 1C_267/2020 des Bundesgerichts vom 22. Februar 2021, E. 8.4.1, m.w.H.

  107. Vgl. Urteil 1C_267/2020 des Bundesgerichts vom 22. Februar 2021, E. 8.4.2, m.w.H.

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