Das Bundesgericht schützt Tagesschaubeitrag über die Einstellung der Strafverfahren gegen Ex-Bundesanwalt Lauber und FIFA-Präsident Infantino
Oliver Sidler Dr. iur., Rechtsanwalt, Küssnacht am Rigi
Urteil-BGer-2C_484/2024 vom 6. August 2025
a) Sachverhalt
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In der Hauptausgabe der «Tagesschau» vom 26. Oktober 2023 strahlte das Schweizer Fernsehen SRF einen Beitrag über die Einstellung des Strafverfahrens gegen den ehemaligen Bundesanwalt Michael Lauber und FIFA-Präsident Gianni Infantino aus. In der rund zweiminütigen Reportage wurde berichtet, dass das Verfahren mit Verfügung zweier ausserordentlicher Bundesstaatsanwälte gegen Lauber und Infantino eingestellt wurde. Im Beitrag äusserten sich kritisch der frühere Staatsanwalt Markus Mohler und der Sportjournalist Thomas Kistner der Süddeutschen Zeitung.
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Die beiden ausserordentlichen Bundesanwälte erhoben gegen den Beitrag Beschwerde bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) wegen Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots. Die UBI hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 16. Mai 2024 (b.978) mit vier zu drei Stimmen gut. Insbesondere die Aussage des Journalisten über einen «fürsorglichen Funktionärsschutz» sei als schwerwiegender Vorwurf zu qualifizieren, der die persönliche und berufliche Reputation der ausserordentlichen Bundesanwälte beeinträchtigen könnte. Die UBI hielt ausdrücklich fest, dass es nicht darauf ankomme, ob der Vorwurf objektiv zutreffe, sondern entscheidend sei, dass die Betroffenen Gelegenheit erhalten müssten, dazu Stellung zu nehmen. Dies sei im konkreten Fall unterlassen worden, was eine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflichten darstelle. Insgesamt wirke der Beitrag zudem einseitig, weil die Hintergründe der Einstellungsverfügung nur unzureichend dargestellt wurden. «Der beanstandete Beitrag vermittelte dem Publikum aufgrund der Gestaltung ein einseitig negatives Bild zu den Ermittlungen. Über die Einstellung der Verfahren informierte die Redaktion nur ganz summarisch («Kein Strafverfahren», «Keine Hinweise auf Amtsmissbrauch oder Begünstigung»), ohne auf die eigentlichen Gründe oder die Ermittlungen einzugehen, die ihr aufgrund der zum Zeitpunkt der Ausstrahlung des Beitrags vorliegenden Dokumente (die über 200 Seiten umfassende Einstellungsverfügung, Medienmitteilung) zudem bekannt sein mussten. Die beigezogenen Experten aus dem In- und Ausland mit unterschiedlichen Spezialgebieten erachteten beide die Ermittlungen als nicht ausreichend bzw. gar fragwürdig.» Die im Entscheid publizierte Minderheitsmeinung geht davon aus, dass die kritischen Kommentare der Experten im Rahmen legitimer Justizkritik lagen und für das Publikum erkennbar subjektiv waren. Eine zwingende Anhörung der ausserordentlichen Bundesanwälte sei in diesem Rahmen nicht erforderlich gewesen.
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Gegen diesen Entscheid reichte die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht ein mit den Anträgen um Aufhebung des UBI-Entscheids sowie der Feststellung, dass der Beitrag “FIFA-Affäre: Verfahren gegen Lauber und Infantino eingestellt” in der “Tagesschau”-Hauptausgabe vom 26. Oktober 2023 das Sachgerechtigkeitsverbot nicht verletzt habe.
b) Erwägungen des Bundesgerichts
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Vor Bundesgericht war zweierlei umstritten:
- Beschwerdebefugnis der ausserordentlichen Bundesanwälte: Die SRG bestritt, dass die ausserordentlichen Bundesanwälte im Verfahren vor der UBI überhaupt beschwerdeberechtigt waren, da deren Namen im Beitrag nur drei Sekunden eingeblendet wurden und für das Durchschnittspublikum nicht wahrnehmbar gewesen seien.
- Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots: Die UBI kam in ihrem Entscheid zum Schluss, dass der Beitrag das Sachgerechtigkeitsgebot nach Art. 4 Abs. 2 RTVG verletze, insbesondere wegen der kritischen Äusserung des Journalisten Thomas Kistner über den “fürsorglichen Funktionärsschutz” durch die Schweizer Justiz.
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Das Bundesgericht bestätigte die Beschwerdebefugnis der beiden ausserordentlichen Bundesanwälte im Verfahren vor der UBI und konnte keine Verletzung von Art. 94 Abs. 1 Bst. b RTVG, wonach zur Legitimation einer Beanstandung eine enge Beziehung zum Gegenstand der beanstandeten redaktionellen Publikationen nachgewiesen werden muss, feststellen. Diese ist gemäss Bundesgericht zurückhaltend anzuwenden, und es genügt nicht irgendein Zusammenhang zwischen dem Tätigkeitsgebiet des Beschwerdeführers (im Verfahren vor der UBI) und dem Sendegegenstand. Obwohl die Einstellungsverfügung mit den Namen der Beschwerdegegner im Beitrag nur kurz und für das Durchschnittspublikum schwer lesbar mit dem Einblenden der ersten Seite der Einstellungsverfügung gezeigt wurde, sei zu berücksichtigen, dass heutige Wiedergabeformen (TV/Internet) ein Pausieren und Vergrössern erlauben. Entscheidend sei zudem der Off-Kommentar unmittelbar bei der Einblendung, der die „Sonderermittler“ (die Beschwerdegegner) inhaltlich mit der Verfügung verknüpft («die Sonderermittler sprechen aber gleichzeitig von klaren Ergebnissen, die gegen eine Anklage sprechen»). Dadurch würden die Beschwerdegegner zwar nicht selbst zum eigentlichen Gegenstand der Sendung, jedoch in ein besonderes Näheverhältnis zum Beitrag gerückt und von gewöhnlichen Zuschauern klar unterschieden. Diese Konstellation entsprehe Fällen, in denen eine Person mit sachlichem Bezug kurz im Beitrag erscheint.
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Zur Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots gemäss Art. 4 Abs. 2 RTVG führt das Bundesgericht in seinem Urteil zunächst den medien- bzw. rundfunkrechtlichen Rahmen sowie die diesbezügliche bundesgerichtliche Praxis (mit vielen Hinweisen) auf. Das Sachgerechtigkeitsgebot verlangt, dass sich der Zuschauer durch die vermittelten Tatsachen und Auffassungen ein möglichst zuverlässiges Bild machen kann. Bei umstrittenen Sachaussagen sind die Veranstalter in besonderem Mass dazu verpflichtet, Fakten objektiv bzw. im Sinne der Wahrhaftigkeit wiederzugeben. Dabei müssen nicht alle Standpunkte qualitativ und quantitativ genau gleichwertig dargestellt werden. Massgebend ist vielmehr, dass der Zuschauer erkennen kann, dass und inwiefern eine Aussage umstritten ist, und er in seiner Meinungsbildung nicht manipuliert wird. Als Manipulation gilt eine Information, welche dem Zuschauer in Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflichten durch unvollständige oder gleichsam “inszenierte” Fakten die Ansicht des Journalisten als (absolute) Wahrheit suggeriert. Ein Beitrag ist jedoch nicht schon deshalb manipulativ, weil gewisse Elemente, die zum besseren Verständnis wünschbar wären, nicht dargelegt werden. Es liegt in der Freiheit des Veranstalters, auf bestimmte Aspekte zu fokussieren, auch wenn ein Teil des Publikums noch weitere Informationen gewünscht hätte. Die gesetzlichen Programmbestimmungen schliessen weder kritische Stellungnahmen noch den “anwaltschaftlichen” bzw. einen besonders engagierten Journalismus (“journalisme engagé”) aus, bei dem sich der Medienschaffende zum Vertreter einer bestimmten These macht, wenn diesbezüglich die Transparenz gewahrt bleibt. Der Grad der erforderlichen Sorgfalt hängt von den Umständen, dem Charakter und den Eigenheiten des Sendegefässes sowie dem Vorwissen des Publikums ab. Je heikler ein Thema bzw. je schwerer die erhobenen Vorwürfe wiegen, desto höhere Anforderungen sind an die publizistische Aufbereitung des Beitrags zu stellen. Bei schweren Vorwürfen soll die Gegenstand des Berichts bildende Person grundsätzlich mit ihrem besten Argument gezeigt werden. Der Medienfreiheit und Programmautonomie kommt im Spannungsverhältnis zur Programmaufsicht besondere Bedeutung zu. Die Programmaufsicht dient in erster Linie dem Schutz der unverfälschten Meinungsbildung der Öffentlichkeit und nicht der Durchsetzung privater Anliegen.
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Das Bundesgericht betont, dass die “Tagesschau” als Sendegefäss darauf abzielt, das Fernsehpublikum in gedrängter Form über die wichtigsten Ereignisse des aktuellen Weltgeschehens zu informieren und diese Ereignisse, sofern aufgrund des hohen Zeitdrucks überhaupt möglich, allenfalls einer ersten groben Einordnung zu unterziehen. Dies unterscheidet sich wesentlich von einer Reportage, bei der höhere Anforderungen angebracht gewesen wären.
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Über die “FIFA-Affäre” bzw. über angebliche heimliche Treffen zwischen hochrangigen FIFA-Funktionären und Vertretern der Bundesanwaltschaft wurde im In- und Ausland während mehrerer Jahre ausgiebig berichtet. Der Fall war zweifellos von allgemeinem Interesse. Dass besonders hohe Anforderungen an die journalistische Sorgfalt bestanden hätten, liess sich somit jedenfalls nicht mit mangelndem Vorwissen des Publikums begründen. Im Zentrum des Beitrags standen nicht die straf- und prozessrechtlichen Aspekte des verfügten Anklageverzichts, sondern die Tatsache der Verfahrenseinstellung an sich.
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Nach Ansicht des Bundesgerichts wurde die Einschätzung der Beschwerdegegner den Zuschauern direkt im Anschluss an die Anmoderation bzw. am Anfang des Filmberichts präsentiert, und zwar mit der Erläuterung, dass es “keine Hinweise auf Amtsmissbrauch oder Begünstigung” gebe sowie dass die Sonderermittler in der Einstellungsverfügung von “klaren Ergebnissen” ausgingen, “die gegen eine Anklage sprechen”.
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Dem Fernsehpublikum wurde damit zutreffend vermittelt, dass die Rechtslage nach Ansicht der «Sonderermittler», die sich einlässlich mit dem Fall beschäftigt, eindeutig sei. Zusätzlich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass in der Verfügung auch von “Intransparenz” und “Heimlichkeit” die Rede sei, wodurch sich dem Zuschauer erschliesst, dass die Beschwerdegegner die besonders heiklen Aspekte der von ihnen auf ihre strafrechtliche Relevanz hin zu prüfenden Sachverhalte im Rahmen ihres Entscheids nicht etwa ausgeblendet, sondern durchaus berücksichtigt haben.
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Der Hauptkritikpunkt der Beschwerdegegner bezieht sich auf die Äusserungen des Schweizer Juristen Markus Mohler und des deutschen Journalisten Thomas Kistner zur Einstellung des Strafverfahrens gegen Michael Lauber und Gianni Infantino. Das Bundesgericht fasst diesen Teil des Beitrags wie folgt zusammen:
«Markus Mohlers Einschätzung wird durch den Sprecher vorab dahingehend zusammengefasst, dass Strafrechtsexperte Markus Mohler vor allem daran zweifle, dass “zu einem bestimmten ominösen Treffen” nicht mehr hätte herausgefunden werden können. Markus Mohler erläutert hierauf: “Die Ermittlungen waren zu wenig ausführlich. Man hätte herausfinden können, wer an diesem besagten Treffen teilgenommen hat, an den [recte: das] sich ja niemand erinnern können wollte.”
Der Sprecher ergänzt, dass aus Markus Mohlers Sicht zwingend ein Gericht den Fall hätte klären müssen, wobei Experten im Ausland, welche den Fall schon länger verfolgten, sich “noch deutlicher” (als Mohler) äussern und der “Schweizer Justiz” ein “schlechtes Zeugnis” ausstellen würden. Nun folgt das Votum von Thomas Kistner:
“Die Schweizer Justiz wirkt äusserst fragwürdig. Immer wieder wird eine Art ‘fürsorglicher Funktionärsschutz’ praktiziert. Der Ausgang ist in aller Regel voraussehbar, endet dann so wie wir’s auch jetzt in diesem Falle sehen, mit einer Einstellung.”»
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Das Bundesgericht qualifizierte Thomas Kistners Äusserung über den “fürsorglichen Funktionärsschutz” als klar erkennbare persönliche Meinung eines Medienvertreters. Im Kontext des gesamten Beitrags, insbesondere dem Hinweis des Sprechers auf die “klaren Ergebnisse” der Sonderermittler, der vergleichsweise moderaten Kritik eines Rechtsexperten sowie der prononcierten Stellungnahme Gianni Infantinos (Einblendung der Stellungnahme von Infantino, die vom Sprecher vorgelesen wurde: «Es ist jetzt allen klar, dass die Anschuldigungen gegen mich nur verzweifelte Versuche von armen, neidischen und korrupten Leuten waren, meinen Ruf anzugreifen.») wurden mit den Aussagen Kistners nicht die absolute Wahrheit suggeriert, die Beschwerdegegner hätten gegenüber Michael Lauber und Gianni Infantino “fürsorglichen Funktionärsschutz” betrieben. Die Äusserung Thomas Kistners hinterliess beim Publikum vielmehr lediglich, aber immerhin den Eindruck, dass ein erfahrener deutscher Sportjournalist den Ausgang des Verfahrens dahingehend deutet, es sei auch in diesem Fall zu wenig genau hingeschaut worden, was nach seinem Dafürhalten für den Umgang der Schweiz mit der FIFA typisch sei.
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Das Bundesgericht befand, dass der durchaus heftige Vorwurf Thomas Kistners entgegen der Vorinstanz nicht derart schwer wog, dass es unter dem Blickwinkel von Art. 4 Abs. 2 RTVG unerlässlich gewesen wäre, die für die Einstellungsverfügung verantwortlichen Bundesanwälte in der Sendung darauf reagieren zu lassen. In Anbetracht des gesamten Beitrags und ihres pauschalen Charakters handelte es sich bei Kistners Bemerkung folglich um hinzunehmende Staats- bzw. Justizkritik.
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Schliesslich erinnerte das Bundesgericht daran, dass die Programmaufsicht primär dem Schutz des Publikums vor Medienmanipulation und nicht der Durchsetzung privater Interessen dient. Entscheidend sei folglich nicht, ob der von Thomas Kistner formulierte Vorwurf objektiv gerechtfertigt war, sondern ob ihm im Gefüge des gesamten Beitrags ein so grosses Gewicht zukam, dass die Meinungsbildung der Zuschauer verfälscht wurde. Die Meinung Kistners wurde gemäss den Ausführungen im Bundesgerichtsurteil dem Publikum weder aufgezwungen noch wurde verschleiert, dass es über die Legitimität der Einstellung des Verfahrens gegen Michael Lauber und Gianni Infantino unterschiedliche Auffassungen gibt.
c) Anmerkungen
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Die Beschwerdebefugnis im Verfahren vor der UBI ist für die Betroffenheitsbeschwerde beschränkt auf Personen, die eine enge Beziehung zum Gegenstand der beanstandeten redaktionellen Publikation nachweisen (Art. 94 Abs. 1 Bst. b RTVG). Dies ist dann der Fall, wenn diese Person selbst Gegenstand der beanstandeten Sendung war oder sonst wie durch ihre Tätigkeit in einem besonderen Verhältnis zu dessen Inhalt steht und sie sich dadurch von den übrigen Programmkonsumenten unterscheidet (Erwägungen Ziff. 4.1). Für das Bundesgericht konnten die Beschwerdegegner mit der kurzen Einblendung der Einstellungsverfügung und der Erklärung des Sprechers («In der schriftlichen Einstellungsverfügung fallen zwar Worte wie ‘Intransparenz’ und ‘Heimlichkeit’; die Sonderermittler sprechen aber gleichzeitig von klaren Ergebnissen, die gegen eine Anklage sprechen.») zwar nicht selbst zum Gegenstand des Beitrags werden, sie seien aber zu diesem in ein besonderes Näheverhältnis gerückt worden und konnten sich dadurch deutlich von den übrigen Zuschauern unterscheiden. Dies sei nicht anders als bei einer Person, die sachlich einen Bezug zum Thema der Sendung aufweise und kurz im Beitrag zu sehen sei (Ziff. 4.2).
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Im Ergebnis ist dem Bundesgericht in Bezug auf die Bejahung der Beschwerdelegitimation im Verfahren vor der UBI zuzustimmen. Allerdings dürfte es nicht von Belang sein, ob die Namen der beiden «Sonderermittler» kurz sichtbar waren oder nicht. Das besondere Verhältnis zum Inhalt des gesendeten Beitrags ist bereits dadurch gegeben, dass die von ihnen ausgearbeitete Einstellungsverfügung und die im Beitrag geäusserte Kritik dazu einziger Gegenstand des Beitrags waren.
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Das umstrittene Thema des hier zu besprechenden Urteils bezieht sich auf die Frage, ob die Äusserungen der beiden Experten und insbesondere jene von Thomas Kistners über den “fürsorglichen Funktionärsschutz” die Meinungsbildung des Publikums zur Einstellungsverfügung massgeblich beeinflusst haben. Das Publikum konnte die Expertenmeinungen als solche wahrnehmen. Das Bundesgericht geht davon aus, dass sich die Kritik von Markus Mohler direkt auf die Einstellungsverfügung bezog und die Äusserung Thomas Kistners beim Publikum den Eindruck hinterliess, dass ein erfahrener deutscher Sportjournalist den Ausgang des Verfahrens dahingehend deutet, es sei auch in diesem Fall zu wenig genau hingeschaut worden, was nach seinem Dafürhalten für den Umgang der Schweiz mit der FIFA typisch sei. Die Kritik von Thomas Kistler geht aber weiter: Sie bezieht sich auf die Voraussehbarkeit («in aller Regel») der Einstellung von Verfahren mit Sportfunktionären durch die Schweizer Justiz und den damit verbundenen Vorwurf des «fürsorglichen Funktionärsschutzes» im Allgemeinen. Für das Publikum wird mit diesen Aussagen klar, dass es sich nach Ansicht des Experten bei der im Beitrag thematisierten Einstellungsverfügung um eine von Mehreren handeln muss. Scharfe Kritik darf in einem Beitrag geäussert werden, solange dieser in seiner Gesamtheit nicht manipulativ erscheint.
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Zu Recht erinnert das Bundesgericht daran, dass die Prüfung der Programmrechtskonformität nicht auf einer isolierten Betrachtung dieses Beitragsabschnitts basieren darf, sondern den gesamten Beitrag berücksichtigen muss. Aber genügen dazu die kurzen Ausführungen des Sprechers zu Beginn des Beitrags, wonach es “keine Hinweise auf Amtsmissbrauch oder Begünstigung” gebe sowie dass die Sonderermittler in der Einstellungsverfügung von “klaren Ergebnissen” ausgingen, “die gegen eine Anklage sprechen”? Müssten dem Publikum hierzu nicht noch ein paar weitere Erklärungen zu den «klaren Ergebnissen» abgegeben werden? Der Sprecher erwähnt zwar auch, dass in der Verfügung auch von “Intransparenz” und “Heimlichkeit” die Rede sei; doch versteht das Publikum auch, in welchem Zusammenhang und aus welchen Gründen diese Begriffe in der Einstellungsverfügung verwendet wurden?
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Die Begründung des Bundesgerichts, «dass die Beschwerdegegner die besonders heiklen Aspekte der von ihnen auf ihre strafrechtliche Relevanz hin zu prüfenden Sachverhalte im Rahmen ihres Entscheids nicht etwa ausgeblendet, sondern durchaus berücksichtigt haben» (Erwägung 5.5.2.1), ist nach der blossen Erwähnung der beiden Begriffe «Intransparenz» und «Heimlichkeit» nur schwer nachvollziehbar. Das Bundesgericht scheint an seiner eigenen Erwägung zu zweifeln und fügt immerhin an, dass näher auf die Gründe für den Anklageverzicht hätte eingegangen oder zumindest auf die sehr ausführliche Begründung in der Einstellungsverfügung hätte hingewiesen werden sollen. Dies sei aber mit Blick auf das Sachgerechtigkeitsgebot nicht zu beanstanden, da es sich um einen tagesaktuellen Beitrag in einer Nachrichtensendung und nicht etwa um eine Reportage handelte (Erwägung 5.5.2.1).
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In Anbetracht der doch recht heftigen Vorwürfe der beiden Experten war es für das Publikum ohne ein paar wenige Zusatzinformationen zu den Gründen der Verfahrenseinstellung meiner Meinung nach kaum möglich, sich ein möglichst zuverlässiges Bild zu den im Beitrag vermittelten Tatsachen und Auffassungen zu machen. Veranstalter sind frei, auf bestimmte Aspekte in einem Beitrag zu fokussieren, auch wenn ein Teil des Publikums noch weitere Informationen gewünscht hätte (Urteil 2C_321/2013 vom 11. Oktober 2013 E. 2.2 [nicht publ. in: BGE 139 II 519] mit Hinweisen). Im vorliegend strittigen Beitrag fehlten aber nicht wünschbare Zusatzinformationen, sondern wesentliche Informationen zur Begründung der Einstellungsverfügung. Diese Informationen, anstelle der blossen Erwähnung von zwei Begriffen, haben Platz in einem kurzen Beitrag in einer Nachrichtensendung und es hätte sich damit auch die Frage erübrigt, ob die beiden Bundesstaatsanwälte zu den Vorwürfen hätten angehört werden sollen.