newsletter 03/25

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Jahresübersicht zum Öffentlichkeitsprinzip, vorsorgliche Massnahmen gegen Medien und die umstrittene Konzession für Radio Alpin

Liebe Leserin, lieber Leser

Alle drei mit dem heutigen Newsletter neu aufgeschalteten Beiträge befassen sich mit medienrechtlich relevanten Gerichtsentscheiden: 

  • Das Jahr 2024 förderte im Bereich des Öffentlichkeitsgesetzes (BGÖ) eine rege Rechtsprechung der eidgenössischen Gerichte zutage, hält Daniel Ladanie-Kämpfer in seiner Jahresübersicht zum BGÖ mit dem Titel «Allheilmittel ‘Spezialbestimmungen’ verliert deutlich an Schlagkraft» fest. Als deutlich weniger erfolgreich als in den Vorjahren erwies sich, so sein Fazit, die Anrufung vermeintlicher Spezialbestimmungen anderer Bundesgesetze, um die Anwendung des Öffentlichkeitsprinzips zu verhindern. Hier habe das Bundesverwaltungsgericht zu Recht regelmässig korrigierend eingegriffen und damit dem Sinn und Zweck des BGÖ zum Durchbruch verholfen.
  • Um vorsorgliche Massnahmen gegen periodisch erscheinende Medien geht es im Urteil des Bundesgerichts 5A_274/2024 vom 11. November 2024. Der Entscheid setzt sich detailliert mit der Anwendung von Art. 28 ZGB und insbesondere von Art. 266 ZPO auseinander. Gemäss dieser Bestimmung – sowohl in ihrer bis zum 31. 12. 2024 gültigen wie auch in der seit Anfang Jahr geltenden Fassung – müssen für die Anordnung vorsorglicher Massnahmen gegen periodisch erscheinende Medien besonders strenge Voraussetzungen eingehalten werden. Prof. Marie-Laure Papaux van Delden analysiert das Urteil im Beitrag «Mesures provisionnelles à l’encontre d’un média à caractère périodique: du rôle de ‘chien de garde’ de la presse». Bei der Anwendung von Art. 266 ZPO müsse ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Informationsaufgabe der Medien und dem Schutz der Privatsphäre von betroffenen Personen gefunden werden, und zwar mittels einer grundrechtskonformen Auslegung von Art. 28 ZGB. Dabei sei auf die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Kriterien abzustellen.
  • Das Bundesverwaltungsgericht entzog im Januar Roger Schawinski die ihm vom Bakom 2024 erteilte Konzession für Radio Alpin. Rechtsanwältin Mirjam Teitler kritisiert dieses Urteil im Debattenbeitrag «Radio Alpin Grischa: Ein fragwürdiger Entscheid». Es stütze sich auf die Tatsache, dass es im Dossier zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs bei Radio Alpin angeblich einen Praktikanten bzw. eine Praktikantin zu viel gegeben habe und das geforderte Verhältnis von drei erfahrenen Redaktoren zu einem Praktikanten somit nicht eingehalten worden sei. Die 3:1-Regel stehe aber nicht im Gesetz und betreffe nicht den Kern des Leistungsauftrags, nämlich die bestmögliche Erfüllung der medialen Grundversorgung im Konzessionsgebiet. Zudem sei der Mangel vor der Urteilsverkündung behoben worden. Die Fokussierung auf das Verhältnis von Praktikanten und erfahrenen Medienschaffenden erscheint der Autorin übertrieben formalistisch und unverhältnismässig. Besonders stossend sei der Entscheid auch deshalb, weil er nicht an das Bundesgericht weitergezogen werden könne, da das Konzessionsverfahren gemäss RTVG nur eine Instanz vorsehe.

Wie üblich finden Sie unter «Aktuelle Entscheide» die Liste mit neu publizierten medienrechtlich relevanten Urteilen der Bundesgerichte, mit UBI-Entscheiden und den jüngsten Stellungnahmen des Presserats. Und «Neue Literatur» bietet Ihnen einen Überblick über neu erschienene wissenschaftliche Publikationen zum Medienrecht.

Und eine weitere Perle finden Sie unter «Ressourcen» neu auf unserer Website: das Skript Öffentlichrechtliches und internationales Medienrecht von Professor Franz Zeller, das nun bereits in der (22.) Auflage von 2025 vorliegt.

Der nächste Newsletter erscheint Anfang Mai. 

Anregende Lektüre wünscht Ihnen

Simon Canonica
Redaktor «Medialex»

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Medialex ist die schweizerische Fachzeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht. Sie erscheint als Newsletter im Monatsrhythmus (10x jährlich), open access, und enthält Untersuchungen und Brennpunkte zu medienrechtlichen Themen, aktuelle Urteile mit Anmerkungen, Hinweise auf neue medien- und kommunikationsrechtliche Urteile, UBI-Entscheide und Presseratsstellungnahmen sowie auf neue wissenschaftliche Publikationen und Entwicklungen in der Rechtsetzung.

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