newsletter 06/25

n

Hausdurchsuchung bei Inside Paradeplatz, Abmahnungen aus Deutschland und Jahresübersicht zur UBI-Rechtsprechung

Liebe Leserin, lieber Leser

Die medienrechtliche Aufmerksamkeit galt in den letzten Wochen der Hausdurchsuchung durch die Zürcher Staatsanwaltschaft beim Finanzportal Inside Paradeplatz von Anfang Juni. Hintergrund waren Publikationen des Journalisten Lukas Hässig von 2016, die massgeblich zur Aufdeckung des Raiffeisen-Skandals und zur erstinstanzlichen Verurteilung von Ex-Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz und seines Vertrauten Beat Stocker geführt hatte. Seit rund sechs Jahren läuft eine Strafuntersuchung gegen Hässig wegen angeblichen Verstosses gegen das Bankgeheimnis. Mit Urteil vom 2. Juli 2025 hat nun das Zwangsmassnahmengericht des Zürcher Bezirksgerichts das von der Staatsanwaltschaft eingereichte Gesuch um Entsiegelung der bei Inside Paradeplatz beschlagnahmten Gegenstände und Dokumente abgewiesen. Das Urteil finden Sie unter dem Titel «Entscheid zugunsten der Medienfreiheit: Keine Entsiegelung im Fall Inside Paradeplatz» mit ein paar Anmerkungen auf unserer Website unter «Aktuell».

Mit der Problematik von strafprozessualen Zwangsmassnahmen gegen Medienschaffende, insbesondere gestützt auf den 2015 verschärften Art. 47 des Bankengesetzes, befasst sich Rechtsanwalt Simon Jakob im Beitrag «Journalismus als Risiko», der schon vor dem oben besprochenen Urteil des Zwangsmassnahmengerichts bei «medialex» erschienen ist. Der Autor findet, derartige Eingriffe gegen Medienschaffende seien mit der verfassungsmässig garantierten Medienfreiheit nicht vereinbar und wirkten sich abschreckend auf diese aus. Die Hausdurchsuchung bei Inside Paradeplatz erscheint ihm in diesem Licht als unverhältnismässig.

Verlagshäuser kennen sie nur zu gut, die Abmahnungen deutscher Anwälte, die für ihre Klientschaft wegen der Verwendung von Bildern oder wegen unliebsamer Berichte die hohle Hand machen. Ausgehend von einem Fall, der die NZZ betraf, erörtern die Rechtsanwälte Markus Prazeller und Simon Walker im Beitrag «Der ‘fliegende’ Gerichtsstand» die Frage, welche Erlasse wann anzuwenden und welche Gerichte in den verschiedenen Konstellationen zuständig sind, wenn eine persönlichkeitsverletzende Publikation über das Internet verbreitet wird. Der Beitrag stellt eine wertvolle Hilfe dar, um sich im Dschungel von Gesetzen und Staatsverträgen in Auseinandersetzungen mit internationalem Einschlag zurechtzufinden.

In der inzwischen dritten Folge der Jahresübersichten bespricht Rechtsanwalt Oliver Sidler im Beitrag «Meinungsfreiheit im Lichte der Programmgrundsätze» die Spruchpraxis der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) des Jahres 2024. Kritische Kommentare in Online-Foren der SRG zur redaktionellen Themenwahl nicht zu veröffentlichen, erhitzte nicht nur bei den Beschwerdeführenden die Gemüter, sondern auch bei der UBI. Solange kein erkennbarer Bezug zum Thema ersichtlich ist, können kritische Kommentare nach Ansicht der Mehrheit der UBI gelöscht werden. Eine Minderheit der Behörde verlangt zur Sicherung einer freien demokratischen Debatte allerdings eine weite Auslegung der Meinungsfreiheit. Uneinigkeit besteht auch in der Frage, wie weit das Vielfaltsgebot bei der Beurteilung einzelner Sendungen im Rahmen einer Zeitraumbeschwerde Anwendung findet. Die UBI befasste sich im Berichtsjahr zudem mit Sendungen vor Wahlen und Abstimmungen und solchen mit schweren Vorwürfen gegen Personen, ohne dass diese Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hatten.

Unter «Aktuelle Entscheide» finden Sie die Liste mit neu publizierten medienrechtlich relevanten Urteilen der Bundesgerichte, mit UBI-Entscheiden und den jüngsten Stellungnahmen des Presserats. Und «Neue Literatur» bietet Ihnen einen Überblick über neu erschienene wissenschaftliche Publikationen zum Medienrecht.

 Und: Reservieren Sie bereits heute den Termin für den traditionellen «medialex»-Apéro. Dieser findet dieses Jahr am Donnerstag, 30. Oktober, statt, ab 17.00 Uhr wie üblich an der Universitätstrasse 100 (ProLitteris).

Die «medialex»-Redaktion wünscht Ihnen einen entspannten, sonnigen Sommer. Der nächste Newsletter erscheint nach der Sommerpause Anfang September.

Simon Canonica
Redaktor «Medialex»

Werden Sie Mitglied!
Um langfristig zu leben, ist Medialex auf Unterstützung von interessierten Bürgerinnen und Bürgern angewiesen. Wir haben keine zahlenden Abonnentinnen und Abonnenten, keine Werbung und keinen Verlag im Hintergrund, die uns finanzieren. Unterstützen Sie uns, indem sie Mitglied der Community werden und jährlich 100 CHF überweisen (Organisationen 150 CHF, Studierende 50 CHF).

 

image_print

Kommentar schreiben

Über uns

Medialex ist die schweizerische Fachzeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht. Sie erscheint als Newsletter im Monatsrhythmus (10x jährlich), open access, und enthält Untersuchungen und Brennpunkte zu medienrechtlichen Themen, aktuelle Urteile mit Anmerkungen, Hinweise auf neue medien- und kommunikationsrechtliche Urteile, UBI-Entscheide und Presseratsstellungnahmen sowie auf neue wissenschaftliche Publikationen und Entwicklungen in der Rechtsetzung.

Vernetzen