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Verdachtsberichterstattung, Quellenschutz und WhatsApp-Posts als amtliche Dokumente

Liebe Leserin, lieber Leser

In den vergangenen Wochen sind mehrere medienrechtlich relevante Urteile ergangen und publiziert worden. Besprechungen von drei dieser Entscheide finden Sie neu auf unserer Plattform.

  • Die II. Zivilrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hatte sich mit der kritischen Berichterstattung der NZZ über eine Kita-Kette zu befassen. In den vorinstanzlichen Urteilen wurde die geltende Praxis zur Verdachtsberichterstattung im Zusammenhang mit Straftaten undifferenziert auf einen Artikel über Missstände in einer Kita-Kette ausgedehnt. Im Beitrag «Verdachtsberichterstattung: Eine risikoreiche Erleichterung für die Medien» bedauert Rechtsanwalt Christoph Born, dass das Bundesgericht die Gelegenheit verpasst hat, sich mit der Verdachtsberichterstattung im Zusammenhang mit Missständen in einem Unternehmen auseinanderzusetzen. Es hat die Beschwerde auf Grund seiner strengen Anforderungen an die Begründungspflicht abgewiesen.
  • Zu reden gab im Februar das Urteil des Bundesgerichts zur Entsiegelung der beschlagnahmten Geräte bzw. Daten, die vertrauliche Informationen im Zusammenhang mit Covid-Geschäften des Bundesrates enthielten und zum Ringier-Verlag gelangt waren. Das Bundesgericht schützte den vorinstanzlichen Entscheid, mit dem die Entsiegelung abgewiesen worden war. Das Urteil wird im Beitrag «Hoher Stellenwert für den Quellenschutz» besprochen. Lausanne stützte sich weitgehend auf seine bisherige Rechtsprechung und hielt fest, dass der Quellenschutz für jede Person gelte, die an der Verbreitung von Medienerzeugnissen mitwirke, auch für Verleger oder Direktionsmitglieder eines Medienunternehmens, falls diese «vom Redaktionsgeheimnis geschützte Einzelheiten zur Kenntnis nehmen konnten».
  • Das Verwaltungsgericht Zürich hatte sich Ende 2024 mit der Frage zu befassen, ob WhatsApp-Nachrichten in den Anwendungsbereich des Informationszugangsrechts nach dem Zürcher Informations- und Datenschutzgesetz IDG fallen können oder nicht. Im Beitrag «WhatsApp bei Behörden: Geheime Chats oder öffentliche Akten?» analysieren die Rechtsanwältinnen Anna Katharina Burri und Anamarija Primorac das Urteil, welches die Spitaldirektion des Universitätsspitals Zürich anweist, das Einsichtsgesuch eines Journalisten zum Konflikt innerhalb der Herzchirurgie neu zu behandeln, weil WhatsApp-Nachrichten nicht per se vom Öffentlichkeitsprinzip ausgeschlossen seien. Die Autorinnen begrüssen den Entscheid, der im Einklang mit dem Grundsatz stehe, dass das Öffentlichkeitsprinzip technologieneutral ausgestaltet ist.

Wie üblich finden Sie unter «Aktuelle Entscheide» die Liste mit neu publizierten medienrechtlich relevanten Urteilen der Bundesgerichte, mit UBI-Entscheiden und den jüngsten Stellungnahmen des Presserats. Und «Neue Literatur» bietet Ihnen einen Überblick über neu erschienene wissenschaftliche Publikationen zum Medienrecht.

Der nächste Newsletter erscheint Anfang April. 

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Simon Canonica
Redaktor «Medialex»

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