Newsletter 02/22

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SLAPP-Klagen als Gefahr für die Medienfreiheit
und eine Auseinandersetzung mit dem neuen Art. 2 Abs. 3bis
URG

Liebe Leserin, lieber Leser

Mit Spannung wurde der Bundesgerichtsentscheid zum eingeklagten vorsorglichen Publikationsverbot gegen das von Tamedia-Journalistin Michèle Binswanger geplante Buch zur Zuger Landammannfeier 2014 erwartet (BGer 5A_824/2021). Das im Januar gefällte Urteil hat aber in Bezug auf die Voraussetzungen für vorsorgliche Massnahmen keine neuen Erkenntnisse gebracht, da Lausanne aus formellen Gründen auf die gegen das oberinstanzliche Zuger Urteil geführte Beschwerde gar nicht eingetreten ist. Eine Besprechung des Bundesgerichtsentscheids wäre somit medienrechtlich unergiebig, weshalb zum Thema auf die Besprechung des kantonalen Urteils durch Christiana Fountoulakis in Medialex 08/21 verwiesen werden kann.

Neu aufgeschaltet sind ab heute auf unserer Website zwei spannende Untersuchungen:

– Rechtsanwältin Regula Bähler befasst sich in ihrem Beitrag «‹SLAPP’ und ‘SLAPP-back’: Goliath und David» mit den in jüngerer Zeit in Mode gekommenen Einschüchterungsklagen. Solche richten sich gegen Medienschaffende, aber auch gegen nichtstaatliche Organisationen (NGOs), und erheben mutwillige Forderungen mit dem Zweck, die Publikation unbequemer Fakten zu verhindern. Die Autorin erläutert Beispiele von solchen Klagen und zeigt auf, was dagegen unternommen werden kann. Da SLAPP-Prozesse die Medienfreiheit unterhöhlen, sind inzwischen auf europäischer Ebene Bestrebungen für eine Anti-SLAPP-Gesetzgebung im Gange.

– Der neue Art. 2 Abs. 3bis URG, welcher den Weg zum Schutz der nicht-individuellen Fotografie öffnet, wurde bisher in der Lehre fast einhellig kritisiert, unter anderem auch von Christoph Schütz in medialex 03/20. Viele Kritiker haben die neue Bestimmung als «Systembruch» und als «Fremdkörper» im Urheberrechtsgesetz beschrieben. In ihrem Aufsatz «Der neue Art. 2 Abs. 3bis URG zum Schutz nicht-individueller Fotografien» kommt MLaw Giulia Walter zum Ergebnis, dass die Kritik an der neuen Bestimmung übertrieben sei. Den neuen Abs. 3bis hält sie vielmehr für die Fortsetzung eines bereits in Gang gesetzten Trends.

Wie immer finden Sie unter «Aktuelle Entscheide» die Liste der neu publizierten Urteile, UBI-Entscheide und der jüngsten Stellungnahmen des Presserats. Und «Neue Literatur» bietet Ihnen einen Überblick über neu erschienene wissenschaftliche Publikationen zum Medienrecht.

Der nächste Newsletter (03/22) erscheint in der ersten Aprilwoche.

Gute Lektüre wünscht Ihnen

Simon Canonica
Redaktor «Medialex»

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Über uns

Medialex ist die schweizerische Fachzeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht. Sie erscheint als Newsletter im Monatsrhythmus (10x jährlich), open access, und enthält Untersuchungen und Brennpunkte zu medienrechtlichen Themen, aktuelle Urteile mit Anmerkungen, Hinweise auf neue medien- und kommunikationsrechtliche Urteile, UBI-Entscheide und Presseratsstellungnahmen sowie auf neue wissenschaftliche Publikationen und Entwicklungen in der Rechtsetzung.

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