Newsletter 01/22

N

Recht auf digitale Integrität, Lausanner Urteil zur Baukartell-Kontroverse und zwei Blicke nach Deutschland

Liebe Leserin, lieber Leser

«Medialex» startet 2022 mit einer breiten Themenpalette. Vier Beiträge aus unterschiedlichen Bereichen des Medienrechts finden Sie neu auf unserer Website.

  • Professor Bertil Cottier befasst sich in seiner Untersuchung mit dem Titel «L’intégrité numérique: un obstacle au journalisme d’investigation?» mit dem Recht auf digitale Integrität, das einen besonderen Schutz der Person in der virtuellen Welt gewährleisten soll. Die Kantone Genf und Wallis planen, dieses Recht in die Verfassung aufzunehmen. Nach Auffassung des Autors bieten die Persönlichkeitsrechte aber ausreichenden Schutz; das Recht auf digitale Integrität stelle eine Bedrohung für den Datenjournalismus dar, dessen Recherchen sich oft stark auf Personendateien stützen.
     
  • Im Dezember hat das Bundesgericht eine Beschwerde der SRG gegen den UBI-Entscheid über den 2019 vom Fernsehen SRF ausgestrahlten Dokumentarfilm zur Kontroverse um das sog. Bündner Baukartell gutgeheissen (Urteil 2C_112/2021). Neben Fragen der Beschwerdebefugnis hatte das Bundesgericht zu prüfen, ob der Beitrag das Sachgerechtigkeitsgebot verletze. Es verneinte dies und fand, die beanstandeten Punkte hätten bloss Nebenaspekte der Haupterzählung betroffen. Rechtsanwalt Andreas Meili setzt sich im Beitrag «Dokumentarfilm zum Fall Quadroni war programmrechtlich in Ordnung» mit dem höchstrichterlichen Entscheid auseinander.
     
  • Einen Blick nach Deutschland wirft der Beitrag «Wäre der Fall «luca» in der Schweiz möglich?». Dort wird derzeit über das Handy-Programm «luca» debattiert, eine App, mit der im Rahmen der Bekämpfung von COVID-19 Kontaktdaten erfasst werden. Aus medienrechtlicher Sicht stellen sich Fragen rund um den Quellenschutz. Dürfen die Strafverfolgungsbehörden so erhobene Daten einfordern, wenn sich z.B. Medienschaffende mit Informanten in einem Restaurant getroffen haben? Rechtsanwalt Jascha Schneider-Marfels und Rechtsanwältin Sandra Schmitt zweifeln, ob Art. 246 StPO in der Schweiz als gesetzliche Grundlage genügen würde, um eine Beschaffung derart sensibler Daten zu legitimieren.
     
  • Nach Norden schaut auch Rechtsanwalt Matthias Schwaibold. Unter dem Titel «Renaissance eines Klassikers» bespricht er die Überarbeitung des deutschen Klassikers «Widerruf, Unterlassung und Schadensersatz in den Medien», der neu kurz «Presserecht» heisst. Die sechs Autoren analysieren die reiche deutsche Rechtsprechung, deren Ergebnisse häufig, wenn auch gelegentlich nach langen Wegen und Umwegen, dieselben sind wie hierzulande. Das Werk bietet einen verlässlichen Blick auf den derzeitigen Kenntnisstand und wahrt das Gleichgewicht zwischen dem Abtauchen in Einzelheiten und der relativen Unverbindlichkeit einer Darstellung «in a nutshell». Gerade deshalb kann das Buch auch für den interessierten ausländischen Leser wertvoll sein.

Wie immer finden Sie unter «Aktuelle Entscheide» die Liste der neu publizierten Urteile, UBI-Entscheide und der jüngsten Stellungnahmen des Presserats. Und «Neue Literatur» bietet Ihnen einen Überblick über neu erschienene wissenschaftliche Publikationen zum Medienrecht.

Der nächste Newsletter (02/22) erscheint in der ersten Märzwoche.

Gute Lektüre wünscht Ihnen

Simon Canonica
Redaktor «Medialex»

image_print

Über uns

Medialex ist die schweizerische Fachzeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht. Sie erscheint als Newsletter im Monatsrhythmus (10x jährlich), open access, und enthält Untersuchungen und Brennpunkte zu medienrechtlichen Themen, aktuelle Urteile mit Anmerkungen, Hinweise auf neue medien- und kommunikationsrechtliche Urteile, UBI-Entscheide und Presseratsstellungnahmen sowie auf neue wissenschaftliche Publikationen und Entwicklungen in der Rechtsetzung.

Vernetzen