Ehrverletzungen im Internet – insbesondere auf Facebook

E

Die traditionellen Konzepte des Strafrechts versagen in der virtuellen Welt mitunter kläglich

Christof Riedo, Prof. Dr. iur., Universität Freiburg
Robin Beglinger, BLaw

Zusammenfassung: Im Zuge der Digitalisierung verlagert sich unsere Kommunikation zunehmend in den virtuellen Raum. Das gilt auch für strafrechtlich relevante Ehrverletzungen. Der Versuch, auf entsprechende Sachverhalte traditionelle Konzepte anzuwenden, bringt oft Schwierigkeiten mit sich. So hatte das Bundesgericht unlängst zu entscheiden, wie ein so genanntes «Like» aus strafrechtlicher Sicht zu bewerten ist. In dieser Frage hat der ergangene Leitentscheid (BGE 146 IV 23) scheinbar Klarheit geschaffen – zahlreiche weitere Probleme sind indessen nach wie vor ungelöst, andere sind sogar erst neu entstanden.

Résumé: La numérisation entraîne un report toujours plus important de notre communication vers l’espace virtuel. Cela vaut également pour les infractions contre l’honneur sanctionnnées par le droit pénal. Tenter d’appliquer les concepts traditionels à ces faits présente souvent de nombreuses difficultés. Le Tribunal fédéral a récemment se prononcer sur la qualification d’un «like» au niveau du droit pénal. Si l’arrêt de principe rendu sur cette question semble avoir apporté certaines réponses, il ne résout pas tous les problèmes et en a même fait apparâitre de nouveaux.

Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung     Rn 1

II. Facebook als typisches Beispiel von Social Media     5

III. Zur Erinnerung: Ehrverletzungen und insbesondere Üble Nachrede     7

IV. Handlungsvarianten und ihre Strafbarkeit in Facebook
     A. Überblick     13
     B. Verfassen eines ehrverletzenden Beitrags bzw. Kommentars     14
     C. «Sharing» und «embedding»     15
     D. «Liken»     17
     E. Verfassen eines nicht ehrverletzenden Kommentars     23
     F. Knüpfen einer Verbindung     25
     G. Vollendung des Delikts: Mitteilung an einen Dritten     28
     H. Zwischenergebnis     37
     I. Einschränkung der Strafbarkeit durch den subjektiven Tatbestand?     39
     J. Ergebnis     42

V. Ausgewählte Sonderfragen    
     A. Zur Frage des anwendbaren Massstabs im Internet     43
     B. Räumlicher Geltungsbereich     50
     C. Ehrverletzungen als Antragsdelikte     52
     D. Ehrverletzungen auf Facebook als Medieninhaltsdelikte?     53
     E. Strafbarkeit von Facebook selbst?     64

VI. Schluss     68

Der Erstabdruck dieses Aufsatzes erfolgte in der Zeitschrift Aktuelle Juristische Praxis AJP 2021, S. 1249 ff., die im DIKE Verlag erscheint.

I. Einleitung

1

Ehrverletzende Aussagen finden sich im Internet wie Sand am Meer. So muss etwa auf der Facebook-Seite eines beliebten Newsportals nicht lange gesucht werden, um unter einem Beitrag zu Impfstoffen gegen COVID-19 einen Kommentar zu finden, in dem einer anderen Nutzerin vorgeworfen wird, ihr Verhalten sei «typisch Nazi».[1] In starkem Kontrast zu dieser Beobachtung steht die Anzahl Urteile, welche wegen Ehrverletzungen[2] ergangen sind:

2

Die Verurteilungen wegen Übler Nachrede (Art. 173 StGB), Verleumdung (Art. 174 StGB) und Beschimpfung (Art. 177 StGB) haben demnach seit 1984 massiv zugenommen, die absoluten Zahlen sind indessen nach wie vor tief.

3

Der Hauptgrund für diese Diskrepanz besteht zweifelsohne darin, dass die Art. 173 ff. StGB als Antragsdelikte konzipiert sind und Betroffene regelmässig auf einen Strafantrag verzichten – meistens wohl, weil entsprechende Verfahren als sinnlos angesehen werden, mitunter wohl auch, um eine zusätzliche Anheizung des sogenannten «buzz»[3] zu vermeiden.[4]

4

Hinzu kommt, dass etliche Fragen zur Strafbarkeit von Handlungen in Social Media noch offen sind. Mit zwei Leitentscheiden hat das Bundesgericht zumindest einige dieser Fragen beantwortet. Wie nachfolgend aufzuzeigen sein wird, hat es dadurch indes nicht nur Klarheit geschaffen, sondern die Strafbehörden auch vor teilweise unüberwindbare Herausforderungen gestellt.

II. Facebook als typisches Beispiel von Social Media

5

Die Urteile[5], welche Anlass zu dieser Publikation gaben, beschäftigen sich mit der Strafbarkeit von auf dem sozialen Netzwerk «Facebook» vorgenommenen Handlungen. Das ist kein Zufall: Facebook erfreut sich in der Schweiz (und weltweit) nach wie vor grosser Beliebtheit.[6] Deshalb wird die Problematik von Ehrverletzungsdelikten auf Social Media nachfolgend anhand dieser Plattform untersucht.

6

Da sich die Funktionen verschiedener sozialer Netzwerke in ihren Grundstrukturen teilweise ähneln (vgl. z.B. das «Teilen» eines Beitrags auf Facebook und das «Retweeten» eines Beitrags auf Twitter), dürften sich viele der geäusserten Gedanken auch auf andere Netzwerke übertragen lassen. Dies darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass jede Plattform ihre eigenen Funktionsweisen und Besonderheiten aufweist und deshalb im Einzelfall stets untersucht werden muss, ob und inwieweit die in den besagten Urteilen statuierten Grundsätze und die hier entwickelten Gedanken analog anwendbar sind.

III. Zur Erinnerung: Ehrverletzungen und insbesondere Üble Nachrede

7

Ehrverletzungen können als Tatsachenbehauptungen, als Werturteile oder als gemischte Werturteile erfolgen, und sie können ferner gegenüber Dritten oder gegenüber der betroffenen Person selbst geäussert werden. Wie eine Aussage zu qualifizieren ist und gegenüber wem sie erfolgt, bestimmt darüber, ob eine Handlung unter Art. 173 (Üble Nachrede) bzw. 174 StGB (Verleumdung) oder Art. 177 StGB (Beschimpfung) zu subsumieren ist.[7]

8

Für Straftaten in Social Media sind in erster Linie jene Konstellationen relevant, in denen eine Ehrverletzung gegenüber einem Dritten geäussert wird.[8] Ist die Aussage als reines Werturteil zu qualifizieren, so kommt Art. 177 StGB zur Anwendung. Geht es um Tatsachenbehauptungen oder gemischte Werturteile, fällt die Handlung unter Art. 173 StGB oder – wenn der Täter «wider besseres Wissen» gehandelt hat – unter Art. 174 StGB.

9

Nachfolgend werden Handlungen einzig unter dem Gesichtspunkt von Art. 173 StGB analysiert. Da sich Art. 173 und Art. 174 StGB nur im subjektiven Tatbestand unterscheiden, gilt das Gesagte indes vorbehaltlos auch für den Tatbestand der Verleumdung. Auf Handlungen, die unter den Tatbestand der Beschimpfung fallen, können unsere Ausführungen hingegen nur teilweise übertragen werden, da insbesondere die Weiterverbreitung von Beschimpfungen nicht unter Strafe steht (siehe dazu auch unten, IV.D.).

10

Art. 173 StGB schützt den Ruf und die Wertschätzung einer Person als ehrbarer Mensch.[9] Das Bundesgericht beschränkt den Ehrbegriff auf die ethische Integrität unter Ausschluss der gesellschaftlichen Geltung, namentlich derjenigen als Geschäfts- oder Berufsperson.[10] Nach Art. 173 Ziff. 1 StGB macht sich sowohl strafbar, wer jemanden bei einem anderen eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt (Abs. 1), aber auch, wer eine solche Beschuldigung oder Verdächtigung weiterverbreitet (Abs. 2).

11

Damit Strafbarkeit wegen übler Nachrede besteht, muss die Äusserung gegenüber einem Dritten erfolgen.[11] Die Beschuldigung oder Verdächtigung (Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) muss mit anderen Worten einer Drittperson mitgeteilt werden bzw. die Weiterverbreitungshandlung (Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) muss den Kreis der Personen, die Kenntnis von der ehrenrührigen Aussage haben, erweitern. Es reicht bereits, dass die Beschuldigung oder Verdächtigung einer einzigen (im Falle der Weiterverbreitung: zusätzlichen) Person mitgeteilt wird.[12] Vollendet ist die Tat, wenn diese Person die Äusserung zur Kenntnis nimmt.[13]

12

Die Ehrverletzungstatbestände sind als abstrakte Gefährdungsdelikte konzipiert.[14] Eine Verletzung des Rufes oder des Ehrgefühls muss also nicht gesondert nachgewiesen werden.

IV. Handlungsvarianten und ihre Strafbarkeit in Facebook

A. Überblick

13

Nachfolgend werden die Handlungsoptionen, über die eine Nutzerin in Facebook verfügt, unter Berücksichtigung der in BGE 146 IV 23 entwickelten Grundsätze auf ihre potentielle Strafbarkeit hin untersucht. Die Behandlung der Handlungsvarianten erfolgt in absteigender «Nähe» zur betreffenden ehrverletzenden Äusserung.

B. Verfassen eines ehrverletzenden Beitrags bzw. Kommentars

14

Die einfachste Konstellation ist jene, in der eine Nutzerin einen eigenen Text verfasst, der den Tatbestand eines Ehrverletzungsdelikts erfüllt. Im Rahmen von Facebook bedeutet dies: Sie schreibt einen eigenen Beitrag oder verfasst einen Kommentar (zu einem fremden oder eigenen Beitrag) mit ehrenrührigem Inhalt. In der Regel fällt die betreffende Handlung unter den Tatbestand des Beschuldigens oder Verdächtigens (Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB), denkbar ist aber auch eine Verbreitungshandlung (Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB), etwa wenn ein mündlich vernommenes Gerücht auf Facebook wiedergegeben wird.[15]

C. «Sharing» und «embedding»

15

Bisweilen wird die ehrenrührige Äusserung eines Dritten wiedergegeben und mit einem zustimmenden Kommentar versehen. Auf Facebook geschieht dies klassischerweise, indem ein fremder Facebook-Beitrag geteilt («share») und gleichzeitig kommentiert wird. Möglich ist aber auch, dass die ursprüngliche Äusserung an einem anderen Ort erfolgte – etwa auf einem privaten Blog – und von der Facebook-Nutzerin (durch sogenanntes «embedding») verlinkt und gleichzeitig kommentiert wird. Macht sich die Teilende durch ihren Kommentar die fremde Äusserung für einen Dritten zweifelsfrei erkennbar zu eigen, so ist nicht (bloss) der Tatbestand der Weiterverbreitung (Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) erfüllt, sondern derjenige der Beschuldigung oder Verdächtigung (Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB).[16]

16

Teilt eine Person auf Facebook einen Beitrag kommentarlos oder aber kommentiert, jedoch ohne sich die fremde Äusserung für einen Dritten zweifelsfrei erkennbar anzueignen, so bleibt die Tatbestandsvariante des Beschuldigens oder Verdächtigens (Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB) aus dem Spiel.[17] Eine solche Handlung kann damit einzig eine Verbreitungshandlung i.S.v. Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB darstellen – und zwar unter den gleichen Voraussetzungen wie beim sog. «liken» (dazu gleich nachfolgend).

D. «Liken»

17

Geradezu wesensbestimmend ist bei Facebook die Möglichkeit, fremde Beiträge zu «liken», also mit einem «Gefällt mir» (einem «Like») zu versehen. In BGE 146 IV 23 hatte das Bundesgericht Gelegenheit darzulegen, wie das «Liken» eines ehrverletzenden Beitrags aus strafrechtlicher Sicht zu bewerten ist. Der Beschuldigte hatte unter anderem[18] Facebook-Beiträge mit «Gefällt mir» versehen, in denen eine Person sowie ein Verein als antisemitisch, rassistisch und menschenfeindlich bezeichnet wurden. Das Bundesgericht führte aus, dass trotz der Bezeichnung («Gefällt mir») und des in Facebook damit verknüpften Symbols (Daumen hoch) die Bedeutung der «Gefällt mir»-Bekundung diffus bleibe.[19] Neben der inhaltlichen Gefallensäusserung könne es sich dabei auch um einen schlichten Beifall zur entsprechenden Formulierung oder zur Beziehung zur Autorenschaft handeln.[20] Weiter erwog das Bundesgericht, dass «einzelne Beiträge nicht selten zu einem (ir)rationalen Herdenverhalten des sozialen Netzkollektivs» führten und nannte, unter Hinweis auf Studer, als Beispiel Eltern, die jeden Beitrag ihrer Söhne oder Töchter kritiklos «likten».[21] Aufgrund dieser Erwägungen kam das Bundesgericht zum fraglos richtigen Schluss, ein blosses Markieren mit «Gefällt mir» sei nicht unter Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu subsumieren.

18

Weiter führte das Bundesgericht aus, in Frage komme aber eine Verbreitungshandlung i.S.v. Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, da das Drücken des «Gefällt mir»-Symbols zur besseren Sichtbarkeit und damit zur Verbreitung des markierten Beitrags im sozialen Netzwerk führen könne.[22]

19

Es scheint fraglich, ob das Bundesgericht diese Erwägung wirklich zu Ende gedacht hat. Wenn ein «Gefällt mir» als Verbreitungshandlung zu betrachten ist, weil dadurch die Sichtbarkeit des Beitrags erhöht wird, muss Gleiches auch auf andere Reaktionsmöglichkeiten zutreffen, mit denen eine Nutzerin neben dem klassischen «Like» einen Beitrag in Facebook markieren kann (Herz, Smiley, erstauntes Gesicht, erzürntes Gesicht etc.). Ob die betreffende Nutzerin mit dem Symbol «Daumen hoch» oder etwa einem wütenden Gesicht auf einen Beitrag reagiert hat, kann konsequenterweise keine Rolle spielen.[23]

20

Innerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 173 StGB bleibt die Tatsache, dass das Bundesgericht die Handlung des «Likens» unter Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 und nicht etwa Abs. 1 subsumiert, angesichts der identischen Strafandrohung ohne praktische Auswirkungen; von Bedeutung ist, dass ein «Like» Strafbarkeit begründen kann. Damit es überhaupt zu einer Verurteilung nach Art. 173 Ziff. 1 StGB kommt, ist indes bei beiden Tatbestandsvarianten vorausgesetzt, dass die ehrverletzende Aussage aufgrund der Handlung des «Likenden» von einem Dritten zur Kenntnis genommen wird – und genau dies dürfte die Praxis vor teilweise unüberwindbare Herausforderungen stellen (siehe dazu unten, IV.G.).

21

Ist eine ehrenrührige Aussage als reines Werturteil und damit als Beschimpfung (Art. 177 StGB) zu qualifizieren, hat die Auffassung des Bundesgerichts durchaus Auswirkungen: Weil die Verbreitung einer Beschimpfung nicht unter Strafe steht, muss derjenige, der eine solche Aussage mit «Gefällt mir» markiert, straffrei bleiben.[24]

22

Eine Strafbarkeit wegen Gehilfenschaft in Form psychischer Unterstützung kommt im Übrigen nicht in Frage, da ein «Gefällt mir» notwendigerweise erst nach dem Veröffentlichen des Beitrags erfolgt und damit den Haupttäter in seinem Tatentschluss nicht bestärken kann.[25] Auch die Schwelle zur Anstiftung zu künftigen Ehrverletzungen dürfte in der Regel nicht überschritten sein.[26]

E. Verfassen eines nicht ehrverletzenden Kommentars

23

Rege genutzt wird in Facebook die Möglichkeit, Kommentare unter (fremde oder eigene) Beiträge zu setzen. Enthält ein solcher Kommentar eine ehrenrührige Äusserung, so ist der Verfasser nach Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zu bestrafen (siehe bereits oben, IV.B.). Doch was gilt, wenn die Nutzerin unter einen Beitrag mit ehrenrührigem Inhalt einen Kommentar setzt, der selber nicht ehrverletzend ist – ja, der den Urheber des ehrverletzenden Beitrags gar massregelt? Bei konsequenter Anwendung der in BGE 146 IV 23 etablierten Grundsätze sind auch dies Weiterverbreitungshandlungen i.S.v. Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB. Denn dass ein Beitrag kommentiert wird, trägt genauso dazu bei, dass dieser (wie ein «Gefällt mir») in den News Feeds anderer Nutzer vermehrt angezeigt wird (siehe dazu unten, IV.G.).[27]

24

Wird eine Strafbarkeit nach Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB trotzdem verneint, bliebe zumindest für zustimmende Kommentare die Frage der Teilnahme zu prüfen. Eine Gehilfenschaft in Form psychischer Unterstützung kommt indes – analog zur Handlungsvariante des Markierens mit «Gefällt mir» (vgl. oben IV.D.) – nicht in Frage, weil Kommentare notwendigerweise nach dem Veröffentlichen eines Beitrags erfolgen und den Täter deshalb in seinem Tatentschluss nicht unterstützen können. Denkbar wäre aber hier, je nach Intensität des zustimmenden Kommentars, eine Anstiftungshandlung zu zukünftigen Ehrverletzungen.

F. Knüpfen einer Verbindung

25

Möglich ist, dass sich eine Person auf Facebook mit einer anderen Nutzerin (durch Freundschaftsanfrage), einer Facebook-Seite (durch Markieren mit «Gefällt mir» oder Abonnieren der Seite) oder einer Facebook-Gruppe (durch Beitreten der Gruppe) verbindet, die Ehrenrühriges veröffentlicht.

26

Geschieht dies, nachdem bereits Beiträge mit ehrenrührigem Inhalt veröffentlicht wurden, so liegt allenfalls ein Verbreiten vor: Das Markieren einer Seite mit «Gefällt mir», das Sich-verbinden mit einer Nutzerin oder das Beitreten zu einer Gruppe trägt dazu bei, dass Facebook die entsprechende Seite, Nutzerin oder Gruppe den Facebook-Freunden der sich-verbindenden Person vorschlägt.[28] Dadurch erhöht sich die Sichtbarkeit der betreffenden Seite, Nutzerin oder Gruppe und damit auch die Sichtbarkeit des ehrenrührigen Beitrags. Würde man an den in BGE 146 IV 23 entwickelten Prinzipien konsequent festhalten, käme auch in diesen Fällen eine Strafbarkeit nach Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB in Frage, obwohl die «Nähe» zum ehrenrührigen Inhalt bedeutend geringer scheint.

27

Aufgrund der gleichen Überlegungen liegt an sich selbst dann ein Verbreiten vor, wenn die fragliche Verbindung geknüpft wird, bevor Beiträge mit ehrenrührigem Inhalt veröffentlicht wurden. In der Regel dürfte es dann freilich am vorausgesetzten Vorsatz fehlen, es sei denn, die Verbindung werde im Wissen um die künftige deliktische Tätigkeit eingegangen (oder eine solche werde mindestens in Kauf genommen).

G. Vollendung des Delikts: Mitteilung an einen Dritten

28

Damit die Üble Nachrede (Art. 173 StGB) vollendet ist, muss die ehrenrührige Äusserung von einem Dritten zur Kenntnis genommen werden (siehe oben, III.). In der «analogen» Welt stellt der Nachweis dieser Kenntnisnahme Dritter in der Regel kein Problem dar: Wird etwa eine ehrenrührige Aussage mündlich vor einer Drittperson geäussert, so kann davon ausgegangen werden, dass dieser Dritte die Aussage auch zur Kenntnis genommen hat, womit das Delikt vollendet ist. Komplizierter ist die Lage, wenn zwischen Urheber der Aussage und Drittperson eine Online-Plattform zwischengeschaltet ist. In diesem Fall muss nachgewiesen werden, dass die entsprechende Plattform so programmiert ist, dass die Handlung des Beschuldigten dazu geführt hat, dass eine (im Falle der Weiterverbreitung: weitere) Person Kenntnis von der ehrenrührigen Äusserung erhalten hat.

29

In Urteilen zu Facebook und anderen Plattformen gab der Umstand, dass eine Ehrverletzung im Internet erfolgte, bisher meist keinen Anlass zu besonderen Erwägungen.[29] Mit dem Leitentscheid BGE 146 IV 23, wonach auch ein «Like» Strafbarkeit begründen kann, dürfte sich dies ändern und das Tatbestandsmerkmal der Mitteilung an einen Dritten und die sich daraus ergebenden Probleme dürften zunehmend ins Zentrum rücken.

30

Zur Erbringung des Nachweises einer Mitteilung an einen Dritten ist eine Aufteilung der besagten Handlungsvarianten in zwei Kategorien sinnvoll: jene, bei denen die Handlung in einem eigenen Facebook-Beitrag oder -Kommentar mündet, der einen ehrverletzenden Inhalt hat (es sind dies die oben in IV.B. und IV.C. beschriebenen Handlungen), und jene, bei welchen dies nicht der Fall ist (die oben in IV.D., IV.E. und IV.F. beschriebenen Handlungen).

31

Mündet die Handlung in einem eigenen ehrverletzenden Facebook-Beitrag oder -Kommentar, so ist die Mitteilung an einen Dritten sicher immer dann nachgewiesen, wenn mindestens eine Person die ehrenrührige Aussage mit «Gefällt mir» markiert, sie geteilt, kommentiert[30] oder anderweitig darauf reagiert hat – diese Handlungen indizieren mindestens eine vorherige Kenntnisnahme. In der Praxis dürfte es nur äusserst selten vorkommen, dass auf einen den Verfolgungsbehörden zur Kenntnis gebrachten Beitrag keine einzige Drittperson reagiert hat. Dem Rechtsanwendenden bleibt damit bei diesen Handlungsvarianten eine Auseinandersetzung mit Algorithmen und Nutzungseinstellungen regelmässig erspart.[31]

32

Gänzlich anders sieht es aus bei den Handlungsvarianten, die nicht in einem eigenen Facebook-Beitrag oder -Kommentar münden: Dass diese Handlungen dazu geführt haben, dass der Kreis der Personen, die Kenntnis vom ehrenrührigen Beitrag haben, erweitert wurde,[32] lässt sich nicht anhand von Reaktionen dieser Personen («Gefällt mir», Kommentar etc.) erstellen – denn es kann auf nichts reagiert werden (Beispiel: ein «Gefällt mir» kann nicht selber auch mit «Gefällt mir» markiert oder kommentiert werden). Die betreffende Handlung fliesst einzig als einer von unzähligen Faktoren in jene Berechnungen mit ein, die gemeinhin als «der Algorithmus»[33] bezeichnet werden. Dies hat das Bundesgericht zur Erwägung veranlasst, dass die Vollendung des Delikts in solchen Fällen «namentlich von der Pflege des Newsfeeds bzw. dem Algorithmus des sozialen Netzwerkdiensts einerseits, und den persönlichen Einstellungen der betreffenden Nutzerinnen und Nutzer andererseits»[34] abhänge. Damit ist indes äusserst heikles Terrain zu beschreiten. Das Bundesgericht selber konnte die Frage, wie diese Erkenntnis in einem konkreten Fall anzuwenden ist, im zitierten Urteil elegant umgehen, da die von der Vorinstanz angenommene Kenntnisnahme durch Dritte unangefochten blieb.[35] Das wird indes nicht immer der Fall sein – die Frage verdient also durchaus Beachtung:

33

Der Algorithmus von Facebook bestimmt darüber, ob und an welcher Stelle der Beitrag einer Nutzerin im sogenannten News Feed anderer Nutzer auftaucht. Als News Feed bezeichnet Facebook die Liste der Beiträge, welche einer Nutzerin beim Aufrufen der persönlichen Startseite in Facebook angezeigt werden. Während Beiträge zuoberst auf dieser Liste sofort sichtbar sind, werden Beiträge weiter unten erst angezeigt, wenn die Nutzerin herunterscrollt. Je höher ein Beitrag platziert ist, desto höher ist demnach die Wahrscheinlichkeit, dass die Nutzerin diesen Beitrag zu sehen bekommt. Der News-Feed-Algorithmus von Facebook ist hochkomplex, unterliegt ständigen Anpassungen und beruht auf einer Vielzahl von nutzerbezogenen Faktoren.[36] Seine genaue Funktionsweise ist nicht nur ein gut gehütetes Unternehmensgeheimnis, selbst «eingeweihten» Personen dürfte er weitgehend unbekannt sein: Zur Anwendung kommt maschinelles Lernen, also ein Teilgebiet der künstlichen Intelligenz, das mittels automatisierter Lernprozesse Zusammenhänge in bestehenden Datensätzen erkennt und darauf basierend Vorhersagen trifft.[37]

34

Der Prozess, der darüber bestimmt, welche Beiträge einer Nutzerin angezeigt werden, lässt sich in drei Schritte zusammenfassen:[38]

(1) Zunächst werden alle möglichen Kandidaten ermittelt. Das sind alle Beiträge von Nutzerinnen, Seiten oder Gruppen, mit denen die betreffende Nutzerin verknüpft ist. Laut «Facebook» sind das im Schnitt über 1‘000 Beiträge pro Nutzerin und Tag.

(2) Jeder Kandidat wird auf bestimmte Eigenschaften geprüft und erhält für jede dieser Eigenschaften einen Wert zugeschrieben. Die Zahl der untersuchten Eigenschaften ist gemäss Facebook «sehr, sehr gross», das Unternehmen gibt indes nur einige wenige preis. Geprüft wird etwa, ob die betreffende Nutzerin in der Vergangenheit gleichartige Beiträge (gleicher Urheber, ähnliche Uhrzeit etc.) mit einem «Gefällt mir» oder einem Kommentar versehen hat oder ob sie zum Urheber des Beitragskandidaten in einer speziellen Beziehung (z.B. Verwandtschaft) steht.

(3) Die einzelnen Werte werden für jeden Beitrag zu einem Endwert kombiniert. Dieser Endwert bestimmt grundsätzlich die Reihenfolge, in der die Beiträge der Nutzerin angezeigt werden (je höher der Wert, desto höher im News Feed und damit sichtbarer ist der betreffende Beitrag). Damit die Nutzerin nicht mehrere gleichartige Posts hintereinander sieht (z.B. bloss Videos), nimmt der Algorithmus indes noch letzte Änderungen vor. Beachtenswert ist, dass von vornherein nicht alle möglichen Kandidaten für Schritt 3 ausgewählt werden und deshalb auch nicht im News Feed der betreffenden Nutzerin auftauchen – egal, wie lange diese scrollt.[39]

35

Die Nutzerin kann den Algorithmus beeinflussen, indem sie Anpassungen in den Nutzungseinstellungen vornimmt. Hier interessiert insbesondere die Möglichkeit, gewisse Freunde oder Seiten als Favoriten zu markieren, wodurch deren Beiträge priorisiert angezeigt werden. Die Beiträge werden allerdings nicht systematisch zuoberst im News Feed gelistet; die Favorisierung scheint vielmehr vom Algorithmus als zusätzlicher Faktor berücksichtigt zu werden.[40] Umgekehrt können Beiträge bestimmter Nutzer oder Seiten auch für eine bestimmte oder unbestimmte Zeit verborgen werden. Schliesslich kann die Nutzerin einstellen, dass sie (auf Facebook, aber auch per E-Mail oder SMS) benachrichtigt wird, wenn ein neuer Beitrag einer bestimmten Nutzerin oder Seite erscheint.

36

Welche Beiträge einer Nutzerin in ihrem News Feed angezeigt werden und in welcher Reihenfolge dies geschieht, hängt nach dem Gesagten in erster Linie von der Person ebendieser Nutzerin ab (von ihrem vergangenen Nutzungsverhalten, von ihrer Beziehung zur beitragenden Person, von ihren Nutzungseinstellungen, aber gemäss Facebook auch etwa von der Stärke ihrer aktuellen Internetverbindung![41]). Dass auch das Verhalten anderer Nutzer – namentlich das Markieren mit «Gefällt mir» und das Kommentieren – als Eigenschaften im zweiten Schritt des Algorithmus überprüft werden und damit einen Einfluss auf den News Feed der Nutzerin haben, wie das Bundesgericht ausführt, wird von Facebook bestätigt.[42] Zwischen dieser Erkenntnis und dem Nachweis der Mitteilung an einen Dritten klafft indessen eine weite Lücke: Dass ein bestimmtes «Like» oder ein konkreter Kommentar kausal dafür war, dass ein Beitrag im News Feed einer Nutzerin auftaucht bzw. dort an prominenter Stelle angezeigt wird, dürfte kaum je nachweisbar sein. Die mit BGE 146 IV 23 entwickelten Grundsätze dürften deshalb toter Buchstabe bleiben, denn selbst wenn man Facebook dazu zwingen würde,[43] den verwendeten Algorithmus offenzulegen, wäre damit nur wenig gewonnen: Zunächst ist unklar, ob Facebook die mit Hilfe künstlicher Intelligenz ständig sich ändernde Gewichtung der Kriterien überhaupt offenlegen könnte – und zweitens bliebe es selbst bei Kenntnis dieser Kriterien schwierig, den Einfluss der Platzierung innerhalb der News Feeds schlüssig zu beurteilen: Nehmen wir an, es könnte nachgewiesen werden, dass der fragliche ehrverletzende Beitrag ohne das von X gesetzte «Like» im News Feed von Y drei Ränge weiter unten platziert worden wäre: Könnten wir daraus wirklich schliessen, dass Y den Beitrag ohne das «Liken» durch X nicht zur Kenntnis genommen hätte? Und wie wäre es bei einer Verschiebung um sieben, neunzehn, dreiundachtzig oder hundertneunundfünfzig Plätze?

H. Zwischenergebnis

37

Das Bundesgericht nimmt an, das «Liken» sowie das Teilen einer ehrverletzenden Äusserung sei als Weiterverbreitung zu qualifizieren, wenn die besagte Äusserung aufgrund dieser Handlung durch einen Dritten wahrgenommen werde.

38

Das klingt zunächst plausibel, bedeutet aber auch, dass selbst das Äussern einer Gegenposition als «Weiterverbreiten» gelten muss. Wertungsmässig wird dies kaum einleuchten,[44] denn es macht doch wohl einen Unterschied, ob eine bestimmte Aussage zustimmend, kritiklos oder mit deutlich geäussertem Widerspruch weiterverbreitet wird. Dazu kommt, dass der Nachweis der Kenntnisnahme durch einen Dritten in vielen Fällen nicht gelingen dürfte.

I. Einschränkung der Strafbarkeit durch den subjektiven Tatbestand?

39

Reagiert eine Nutzerin mittels «Gefällt mir» oder anderen Reaktionsmöglichkeiten wie etwa einem Smiley (dazu bereits oben, IV.D.) oder mit einem Kommentar auf einen Beitrag, so kann nach Auffassung des Bundesgerichts eine Verbreitungshandlung i.S.v. Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB vorliegen. Was die Nutzerin mit ihrer Handlung ausdrückt oder ausdrücken will, spielt dabei grundsätzlich keine Rolle, denn dass sich die Verbreitende die ehrverletzende Aussage zu eigen macht, ist nicht vorausgesetzt. Eine Einschränkung dieser doch sehr weiten Strafbarkeit liesse sich prima vista über den subjektiven Tatbestand erzielen.

40

Ehrverletzende Handlungen sind nur strafbar, wenn sie (eventual-)vorsätzlich begangen werden (Art. 12 Abs. 1 StGB). Vorsätzlich handelt, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt (Art. 12 Abs. 2 StGB). Der (Eventual-)Vorsatz muss sich bei der üblen Nachrede (Art. 173 StGB) auf die ehrverletzende Mitteilung und deren Kenntnisnahme durch einen Dritten erstrecken.[45] Nicht erfassen muss er hingegen eine tatsächliche Schädigung des Rufs.[46]

41

Entscheidend ist somit nicht, ob der Kommentierende mit seiner Handlung eine Rufschädigung beabsichtigt, sondern ob er sich bewusst ist, dass der kommentierte Beitrag ehrverletzend ist und dass seine Handlung zu einer Verbreitung dieses Beitrags führt. Damit spielt es im Anwendungsbereich von Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB keine Rolle, was der Verbreitende mit seiner Handlung ausdrücken wollte, ob er also etwa mit einem ablehnenden Kommentar auf den betreffenden ehrenrührigen Beitrag reagierte. Seine Strafbarkeit steht und fällt aber mit seiner Kenntnis der Funktionsweise des Algorithmus von Facebook; denn nur wer weiss (oder es für möglich hält und in Kauf nimmt), dass seine Handlung zu einer Weiterverbreitung führt, handelt (eventual-)vorsätzlich. Bei dieser Ausgangslage dürfte Eventualvorsatz in der Regel zu bejahen sein: Wer einen Beitrag «liked» wird kaum je davon ausgehen, das bleibe völlig folgenlos – sonst würde er wohl kaum den virtuellen Daumen in die Höhe strecken.

J. Ergebnis

42

Mit Hilfe des subjektiven Tatbestandes lässt sich die Strafbarkeit nicht entscheidend beschränken – und damit bleibt es dabei: Nimmt man das Bundesgericht beim Wort, ist nicht nur das «liken», sondern auch das «disliken» (mittels ablehnendem Kommentar) strafbar, sofern damit die Sichtbarkeit eines ehrenrührigen Beitrags nachweislich erhöht wird. Dass das zu weit führt, dürfte offenkundig sein – griffige (und mit dem Gesetz vereinbare) Kriterien zur Eingrenzung der Strafbarkeit sind indes nicht erkennbar.

V. Ausgewählte Sonderfragen

A. Zur Frage des anwendbaren Massstabs im Internet

43

Ist über die Strafbarkeit einer (potentiell) ehrverletzenden Äusserung im virtuellen Raum zu urteilen, stellt sich die Frage, wie – und ob überhaupt – dem Umstand Rechnung zu tragen ist, dass die Aussage in den Weiten des Internets erfolgte.[47]

44

Eine Berücksichtigung ist zunächst denkbar im Rahmen der Frage, ob überhaupt eine strafrechtlich relevante Verletzung der Ehre vorliegt. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach einem objektiven Massstab und ist unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs sowie der im Kreis der Adressaten herrschenden Auffassung zu analysieren.[48] Die Bedeutung von Ausdrücken ist in dem Kontext zu beurteilen, in dem sie verwendet werden.[49] Es lässt sich nicht bestreiten, dass in Internetforen mitunter ein vergleichsweise rauer Umgangston herrscht und dass sich die Nutzerinnen und Nutzer der entsprechenden Plattformen wohl bewusst auf diesen Umgang einlassen.[50] Allgemein lässt sich beobachten: Je anonymer der Auftritt, desto rücksichtsloser der Ton.[51] Dadurch sinkt einerseits die Hemmschwelle für Beleidigungen, andererseits steigt aber auch die Toleranzschwelle gegenüber solchen Beleidigungen. Das mag man als bedauerlich oder gar beunruhigend beurteilen, jedoch ist es kaum Aufgabe des Strafrechts, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Der im Internet vorherrschenden (und je nach Plattform mehr oder weniger weit gehenden) Anonymität und den sich daraus ergebenden Kommunikationsweisen ist deshalb bei der Beurteilung des ehrverletzenden Charakters einer Aussage Rechnung zu tragen.[52]

45

Das Gesagte ist allerdings insofern zu relativieren, als dass zwischen «virtueller» und «realer» Welt natürlich meist zahlreiche Berührungspunkte bestehen. Gerade auf Facebook entsprechen die «Freunde» der betreffenden Nutzerin in der Regel zumindest teilweise jenen Personen, mit denen sie auch in der realen Welt in Kontakt steht.[53] Erhalten deshalb etwa auch Personen aus dem familiären oder beruflichen Umfeld der Nutzerin Kenntnis von einer rufschädigenden Äusserung gegenüber dieser Nutzerin, so wird sich der Urheber nicht darauf berufen können, dass im Internet ein grosszügiger Massstab anzusetzen sei.

46

Ist eine Äusserung auch unter Berücksichtigung der Eigenheiten von Kommunikationsweisen im Internet als ehrverletzend einzustufen, stellt sich weiter die Frage, ob der Umstand, dass eine ehrenrührige Aussage im Rahmen eines virtuellen Massenkommunikationsmittels erfolgte, einen Einfluss auf die Tatschwere hat. Denkbar sind insbesondere zwei Argumentationslinien, welche aus ebendiesem Umstand gegensätzliche Konsequenzen ziehen:

– Weil die Äusserung bloss eine von unzähligen in einem nicht versiegenden Strom von «content» ist und innert kürzester Zeit von nachfliessenden Beiträgen verdrängt wird, wiegen Ehrverletzungsdelikte im virtuellen Raum grundsätzlich nicht besonders schwer.[54]

– Weil die – zumindest potentielle – Reichweite von Äusserungen in Social Media gegenüber Äusserungen in der «realen Welt» um ein Vielfaches erhöht ist und weil solche Äusserungen innert kürzester Zeit eine unkontrollierbare Eigendynamik entfalten können – Stichwort «Shitstorm»[55] –, ist im virtuellen Raum ein strenger(er) Massstab anzusetzen.

47

Eine eindeutige Position bezog das Obergericht des Kantons Zürich, als es eine Nichtanhandnahmeverfügung (aufgrund «geringfügiger Schuld und Tatfolgen»[56]) der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat im Zusammenhang mit ehrverletzenden Äusserungen auf Facebook aufhob. Vier Personen hatten den Beschwerdeführer in dem sozialen Netzwerk unter anderem beleidigt und der Gewalt an Frauen bezichtigt. «Erschwerend kommt vorliegend hinzu, dass die Äusserungen auf Facebook gemacht wurden. Einträge auf sog. ‹social medias› können bekanntlich sehr schnell eine Vielzahl von Personen erreichen und zu cyber-mobbing führen, was schwerwiegende Folgen für die betroffenen Personen haben kann», hielt das Obergericht fest.[57]

48

Einige Jahre später bestätigte jedoch dasselbe Gericht ein Urteil, in dem sich die Vorinstanz für die gegensätzliche Argumentationslinie entschieden hatte: Dass der betreffende Beitrag auf dem von der Beschuldigten genutzten Facebook-Profil bereits nach vergleichsweise kurzer Zeit kaum mehr auffindbar gewesen sei und dass der Beitrag nur wenige Reaktionen hervorgerufen hatte, wurde dort zugunsten der Beschuldigten berücksichtigt.[58] Während das Obergericht im ersten Fall auf die für die geschützten Rechtsgütern (abstrakt) drohende Gefahr abstellte, berücksichtigte es im zweiten Fall, dass sich diese Gefahr im konkreten Fall gar nicht realisiert hatte.

49

Die zitierten Passagen zeigen deutlich, wie unterschiedlich die Bewertung von ehrverletzenden Aussagen im Internet – sogar durch dasselbe Gericht – ausfallen kann. Dies erstaunt nicht, fehlt doch eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema in Literatur und Rechtsprechung weitgehend.

B. Räumlicher Geltungsbereich

50

Das schweizerische Strafrecht ist nur dann anwendbar, wenn die fragliche Straftat einen genügenden Bezug zur Schweiz aufweist. Ein solcher Anknüpfungspunkt wird insbesondere immer dann angenommen, wenn das Delikt in der Schweiz begangen wurde (Art. 3 Abs. 1 StGB; Territorialitätsprinzip), wobei es dort als «begangen» gilt, wo der Täter es ausgeführt hat und da, wo der Erfolg eingetreten ist (Art. 8 StGB; Ubiquitätsprinzip).

51

Soweit also eine ehrverletzende Äusserung in der Schweiz verfasst und auf Facebook veröffentlicht wurde, bestehen keinerlei Schwierigkeiten. Ist der Täter indes im Ausland tätig geworden und wird damit die Ehre einer in der Schweiz wohnhaften Person verletzt, ist das StGB prima vista nicht anwendbar, weil Ehrverletzungsdelikte als abstrakte Gefährdungsdelikte konzipiert sind (vgl. oben, III.) und deshalb gerade kein schweizerischer Erfolgsort im technischen Sinne vorliegt. Deshalb verlangt die Lehre teilweise (und zu Recht) eine weite Auslegung des Erfolgsbegriffs mit Bezug auf Art. 8 StGB,[59] und auch in der Praxis lässt sich eine Tendenz zur Ausweitung des Erfolgsbegriffs im Sinne von Art. 8 StGB feststellen. Als «Erfolg» im Sinne von Art. 8 StGB wurde insbesondere auch die Kenntnisnahme einer aus dem Ausland in die Schweiz geschickten ehrverletzenden Äusserung betrachtet.[60] Dieser Grundgedanke wird konsequenterweise auch auf Ehrverletzungen auf Social Media Anwendung finden müssen.

C. Ehrverletzungen als Antragsdelikte

52

Ehrverletzungen sind bekanntlich als Antragsdelikte konzipiert, und es gelten mit Bezug auf Ehrverletzungen auf Social Media die allgemeinen Grundsätze der Art. 31-33 StGB. Eine Besonderheit dürfte allenfalls im Zusammenhang mit Art. 32 StGB bestehen: Gemäss dieser Vorschrift ist der Strafantrag in persönlicher Hinsicht unteilbar. Der Verletzte ist also vor die Wahl gestellt, entweder alle Tatbeteiligten verfolgen zu lassen – oder gar keinen. Als an der Tat beteiligt gelten Mittäter, Anstifter und Gehilfen.[61] Eine zuverlässige Eingrenzung dürfte insoweit bei Ehrverletzungen auf Social Media häufig ausgeschlossen sein, weil allfällige Formen der Kooperation verborgen bleiben oder diffus erscheinen. Bei einem sogenannten «Shitstorm» beispielsweise äussern sich zahlreiche Personen negativ auf Social Media über eine andere Person, über eine Unternehmung, eine Behörde usw. Dabei mag es sich bisweilen um im eigentlichen Sinne konzertierte Aktionen handeln, in denen einflussreiche Personen oder Organisationen dazu aufrufen, sich ebenfalls zu äussern. In anderen Fällen stehen am Anfang wenige unscheinbare Kommentare, die in der Folge – tausendfach gelesen und geteilt – aufgrund einer Eigendynamik zu einer eigentlichen Welle der Entrüstung führen. Im ersten Fall wird man allenfalls das Vorliegen einer Anstiftung prüfen müssen – im zweiten Fall könnte Mittäterschaft vorliegen. Soweit im Einzelfall Mittäterschaft oder Anstiftung zu bejahen (oder auch nur zu vermuten) ist, müsste die zuständige Strafverfolgungsbehörde an sich gegen sämtliche Beteiligten ein Strafverfahren einleiten. Es muss kaum betont werden, dass dies mit Blick auf die tatsächlichen (Zahlen-)Verhältnisse schlechterdings ausgeschlossen ist. Das geltende Recht wird in diesen Fällen dazu führen, dass entsprechende Delikte unweigerlich verjähren.

D. Ehrverletzungen auf Facebook als Medieninhaltsdelikte?

53

Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist gemäss Art. 28 Abs. 1 StGB grundsätzlich ausschliesslich der Autor strafbar.

54

In BGE 147 IV 65 hatte sich das Bundesgericht mit der Frage auseinanderzusetzen, ob und unter welchen Voraussetzungen Art. 28 StGB auch auf Äusserungs- bzw. Verbreitungshandlungen auf Facebook Anwendung findet.[62] Zu beurteilen war der folgende Sachverhalt:

55

A. teilte im August 2015 über Facebook einen Link zu einem Eintrag des Facebook-Users «Indyvegan». Unter dem Titel «Swissveg – Toleranz für Antisemitismus und Sekten unter dem V-Label» wurde im Eintrag festgehalten, B. sei «mehrfach wegen antisemitischer Äusserungen vorbestraft», er sei ein «mehrfach verurteilter Antisemit», der Verein C. eine «antisemitische Organisation» sowie ein «neonazistischer Tierschutzverein». Einleitend zur Verlinkung schrieb A. den folgenden Kommentar:

56

«Die Swissveg und D. machen es sich meiner Ansicht nach sehr sehr einfach. Antisemitismus: Mö. Ficht uns nicht an. Nicht das Thema hier! Nichts zu sehen, weitergehen! Die esoterisch-religiöse-irrationale-schädigende Vereinigung (andere sagen ‹Sekte›) ‹Universales Leben›: Mö. Kein Problem. Wer sind wir denn, da irgendwie draufzuschauen, dass die gegen Impfungen uns [sic!] so sind…? GENAU aus solchen Gründen haben es rationale Menschen, welche ums Tierwohl besorgt sind, oftmals derart übel schwer. Besser hierlang: URL [xxx].»

57

Vor Bundesgericht machte A. sinngemäss geltend, da er nicht Autor der ehrverletzenden Aussagen sei, könne er aufgrund der in Art. 28 StGB vorgesehenen Kaskadenhaftung nicht verurteilt werden.

58

Dabei stellte das Bundesgericht zunächst klar, der Begriff des Mediums im Sinne von Art. 28 StGB solle nicht nur sämtliche Kommunikationsträger (Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen usw.), sondern auch sämtliche Kommunikationsmittel (Video, Teletext, Videotext, E-Mail, Internet usw.) erfassen. Die offene Formulierung sei auf das Bestreben des Gesetzgebers zurückzuführen, die Medienlandschaft in ihrer gesamten Vielfalt zu erfassen. Die Weite des Medienbegriffs führe allerdings nicht dazu, Social Media generell als «Medium» zu qualifizieren. Vielmehr ergebe sich die konkrete Anwendbarkeit von Art. 28 StGB im Einzelfall aus dem Erfordernis, dass das Medienerzeugnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werde.

59

Ein Inhalt gelte als veröffentlicht, wenn er auch bloss in einem begrenzten Kreis verbreitet werde, vorausgesetzt, dass er nicht nur an bestimmte Personen, sondern an irgendwen, der sich für den Inhalt interessiere, abgegeben werde. An die Öffentlichkeit würden sich grundsätzlich auch Beiträge auf Social Media-Plattformen richten, soweit sie nicht durch persönliche Einstellungen nur einem beschränkten Personenkreis zugänglich seien.

60

Weiter setze die Anwendung von Art. 28 StGB voraus, dass sich die strafbare Handlung in der Veröffentlichung erschöpfe. Darunter sei die Deliktsvollendung zu verstehen. Art. 28 StGB privilegiere dabei alle innerhalb der für das Medium typischen Herstellungs- und Verbreitungskette notwendigerweise tätigen Personen. Übernehme etwa ein Redaktor die ehrverletzende Meldung einer Nachrichtenagentur und veröffentliche er sie in seiner Zeitung, begehe er ein eigenständiges Delikt. Er sei nicht Teil der ersten Herstellungs- und Verbreitungskette.

61

Im zu beurteilenden Fall habe sich der auf Facebook aufgeschaltete Beitrag des Beschuldigten an ungefähr 2’500 Personen gerichtet. Damit sei einem breiten Personenkreis die Möglichkeit der Kenntnisnahme eröffnet worden. Ob der Beitrag tatsächlich zur Kenntnis genommen worden sei, bleibe bei der Veröffentlichung im Sinne von Art. 28 StGB ohne Belang. Das «Teilen» des Artikels von «Indyvegan» auf Facebook als Medium stehe der Anwendung von Art. 28 StGB daher nicht entgegen. Entscheidend sei jedoch die Frage, ob sich der Beschuldigte noch innerhalb der medientypischen Herstellungs- und Verbreitungskette bewegt habe. Dies sei zu verneinen. Der Ausgangsartikel sei mit dem entsprechenden «Post» von «Indyvegan» in Verkehr gesetzt worden und habe damit nicht mehr unter der Kontrolle des Autors gestanden. Mit dem «Teilen» sei lediglich ein fremder bereits veröffentlichter Beitrag verlinkt worden. Eine privilegierte Teilnahme im Sinne von Art. 28 StGB falle deshalb ausser Betracht.

62

Damit hat das Bundesgericht in verschiedener Hinsicht Klarheit geschaffen:[63]

1. Der in Art. 28 Abs. 1 StGB verankerte Medienbegriff umfasst grundsätzlich sämtliche Kommunikationsmittel, insbesondere auch Social Media-Plattformen wie Facebook.

2. Die Anwendung von Art. 28 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass das Medienerzeugnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Das gilt grundsätzlich für Beiträge auf Social Media-Plattformen, soweit sie nicht durch persönliche Einstellungen nur für einen beschränkten Personenkreis verfügbar sind.

3. Art. 28 Abs. 1 StGB privilegiert nur (aber immerhin) alle innerhalb der für das Medium typischen Herstellungs- und Verbreitungskette tätigen Personen. Es ist also stets im Einzelfall zu prüfen, wer Teil der medientypischen Kette ist.

4. Wer einen fremden und bereits veröffentlichten Beitrag auf Facebook teilt und kommentiert, ist nicht mehr innerhalb der medientypischen Herstellungs- und Verbreitungskette tätig. Art. 28 StGB ist auf ihn nicht anwendbar.

63

Diese Grundsätze dürften auch mit Bezug auf die anderen, weiter oben untersuchten Äusserungs- bzw. Verbreitungsformen Anwendung finden. Auch sog. «Liken» und andere mögliche Formen der Weiterverbreitung gehören nicht zur medientypischen Kette und fallen deshalb nicht unter Art. 28 StGB.

E. Strafbarkeit von Facebook selbst?

64

Noch völlig ungeklärt ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sich allenfalls auch die Betreiber von Social Media-Plattformen selbst strafbar machen, indem sie ehrverletzende Veröffentlichungen ermöglichen.

65

In einem allerdings schon älteren Entscheid hat das Bundesgericht festgehalten, wer für die strafbare Veröffentlichung (konkret: von Pornografie) im Wissen um die entsprechenden Inhalte die notwendigen Einrichtungen zur Verfügung stelle, mache sich der Gehilfenschaft schuldig.[64] Ob und unter welchen Voraussetzungen sich dieser «Telekiosk-Fall» auf moderne Kommunikationsdienstleister übertragen lässt, ist bis heute umstritten.[65]

66

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts:[66] Zu klären war die zivilrechtliche Verantwortlichkeit eines sog. Access-Providers für eine begangene Urheberrechtsverletzung. Das Bundesgericht führte aus, Access-Provider seien Zugangsdienstleister, sie vermittelten Endnutzern den Zugang ins weltweite Internet; sie böten ihren Kunden keine bestimmten Inhalte an, sondern eröffneten diesen einzig den Zugang zum Internet. Das reiche für eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit als Teilnehmerin an Urheberrechtsverletzungen unbekannter Dritter nicht aus. Andernfalls würde Art. 50 Abs. 1 OR eine Verantwortlichkeit sämtlicher der zahlreichen Access Provider in der Schweiz für alle auf dem weltweiten Internet urheberrechtswidrig zur Verfügung gestellten Inhalte begründen. Eine derartige «Systemhaftung» lasse sich nicht auf die zivilrechtliche Teilnehmerhaftung stützen.

67

Analoge Überlegungen sind auch mit Bezug auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit anzustellen: Wollte man Access-Provider – aber auch Social Media-Plattformen wie Facebook – für sämtliche illegale Inhalte ins Recht fassen, wäre ein Internet in der heute bekannten Form nicht mehr denkbar.[67]

VI. Schluss

68

Es gab Zeiten, da wurden Ehrverletzungen in die Welt herausgeschrien oder mit der Feder zu Papier gebracht. Man stritt etwa darüber, ob die Behauptung, jemand vermiete Zimmer stundenweise an Pärchen, tatsächlich ehrenrührig sei.[68] Das waren knifflige, aber lösbare Aufgaben.

69

Mit der Digitalisierung haben sich die tatsächlichen Verhältnisse massgebend geändert, und es zeigt sich mit zunehmender Deutlichkeit, dass die dogmatischen Strukturen des geltenden Strafrechts in der virtuellen Welt mitunter kläglich versagen. Ein kurzer Mausklick auf ein «Daumen hoch»-Symbol – und schon stösst die Strafrechtswissenschaft an ihre Grenzen. Dass es so nicht weitergehen kann, scheint offensichtlich. Der permanente Versuch, auf Einzelfragen konkrete Antworten zu finden, wird kein Ende finden, und wir werden nicht umhinkommen, eine Verbrechenslehre für die virtuelle Welt zu entwickeln.[69]


Fussnoten:

  1. Grössere Unternehmen und Newsportale beschäftigen häufig ein Team von sog. Content-Moderatoren, welche derartige Kommentare auf Social Media löschen. Dies geschieht indes nicht sofort, zudem stösst dieses System im Falle eines sog. «Shitstorms» rasch an seine Grenzen. Wo es an einer professionellen Moderation fehlt, kommt von vornherein bloss die – mit Bezug auf Ehrverletzungen meist sehr laxe – Moderation des betreffenden sozialen Netzwerks zur Anwendung.

  2. Die Strafurteilsstatistik unterscheidet lediglich nach den verschiedenen Tatbeständen, nicht auch nach der Form der Tatbegehung. Über die Anzahl der Verurteilungen wegen Ehrverletzungen auf Social Media gibt es deshalb keine verlässlichen Zahlen.

  3. Das Wort «buzz» wird hier verwendet um zu beschreiben, wie die Verbreitung von Inhalten im Internet immer grössere Kreise ziehen kann und dabei zu einer Art virtuellem «Summen» («buzzing») führt.

  4. Denkbar ist auch, dass auf einen Strafantrag verzichtet wird, weil die Toleranzgrenze für ehrenrührige Aussagen im Internet höher ist, siehe dazu unten, V.A.

  5. BGE 146 IV 23; BGE 147 IV 65.

  6. Gemäss IGEM-Digimonitor nutzt knapp die Hälfte der Schweizer Bevölkerung ab 15 Jahren «Facebook» mindestens gelegentlich, rund ein Viertel gar täglich, vgl. https://www.igem.ch/download/IGEM-Digimonitor_Factsheet-2021.pdf?d=1624701227336 (Abruf 1.8.2021).

  7. Zur Systematik der Ehrverletzungsdelikte mit einer schematischen Übersicht Jürg-Beat Ackermann/Patrick Vogler/Laura Baumann/Samuel Egli, Strafrecht, Individualinteressen, Bern 2019, 271; ferner statt vieler Philipp Thormann/Alfred von Overbeck, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Bd. 2: Besonderer Teil, Zürich 1941, Vor Art. 173 N 4; Martin Schubarth, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, 3. Bd., Delikte gegen die Ehre, den Geheim- oder Privatbereich und gegen die Freiheit, Art. 173–186 StGB, Bern 1984, Art. 173 N 3; Mark Pieth, Strafrecht Besonderer Teil, 2. A., Basel 2018, 105; AK StGB-Omar Abo Youssef, in: Damian K. Graf (Hrsg.), StGB, Annotierter Kommentar, Bern 2020, Vor Art. 173 N 11 (zit. AK StGB-Verfasser); CR CP II-Rieben/Mazou, in: Laurent Moreillon/Alain Macaluso/Nicolas Queloz, Code pénal II, Commentaire romand, Basel 2017, Vor Art. 173 N 28 ff. (zit. CR CP II-Verfasser); Andreas Donatsch, Strafrecht III, Delikte gegen den Einzelnen, 11. A., Zürich 2018, 396 f.; Günther Stratenwerth/Guido Jenny/Felix Bommer, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen, 7. A., Bern 2010, § 11 N 18.

  8. Eine ehrverletzende Äusserung nur gegenüber der betroffenen Person innerhalb von Social Media ist denkbar, etwa wenn über einen in das Medium integrierten Nachrichtendienst (z.B. Facebook Messenger) eine ehrenrührige Aussage gemacht wird, die den Tatbestand der Beschimpfung (Art. 177 StGB) erfüllt. Die hier schwerpunktmässig behandelten Probleme stellen sich dabei jedoch nicht.

  9. Zum Rechtsgut (und zu den damit verbundenen Kontroversen) statt vieler Ernst Hafter, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil, Erste Hälfte, Berlin 1937, 178 ff.; Thormann/von Overbeck (FN 7), Vor Art. 173 N 1 ff.; Oscar Adolf Germann, Das Verbrechen im neuen Strafrecht, Zürich 1942, Art. 173 Ziff. 1; Schubarth (FN 7), Art. 173 N 11 ff.; Michel Dupuis et al., Petit Commentaire Code pénal, 2. A., 2017, Vor Art. 173 N 1 ff.; Pieth (FN 7), 100 ff.; Bernard Corboz, Les infractions en droit suisse, Bd. 1, 3. A., Bern 2010, Art. 173 N 1 ff.; PK StGB-Trechsel/Lieber, in: Stefan Trechsel/Mark Pieth, Praxiskommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, 3. A., Zürich 2017, Vor Art. 173 N 1 ff. (zit. PK StGB-Verfasser); AK StGB-Abo Youssef (FN 7), Vor Art. 173 N 1 und N 6 f.; CR CP II-Rieben/Mazou (FN 7), Vor Art. 173 N 1 ff.; Donatsch (FN 7), 390 ff.; Stratenwerth/Jenny/Bommer (FN 7), § 11 N 2 ff.; BSK StGB II-Riklin, in: Marcel Alexander Niggli/Hans Wiprächtiger (Hrsg.), Strafrecht II, Basler Kommentar, 4. A., Basel 2018, Vor Art. 173 N 7 (zit. BSK StGB II-Verfasser).

  10. BGE 116 IV 205 E. 2; BGE 105 IV 111 E. 1; BGE 103 IV 157 E. 1, und viele weitere.

  11. Hafter (FN 9), 190; Thormann/von Overbeck (FN 7), Vor Art. 173 N 4; Schubarth (FN 7), Art. 173 N 34; Donatsch (FN 7), 401; Dupuis et al. (FN 9), Art. 173 N 9; PK StGB-Trechsel/Lieber (FN 9), Art. 173 N 4; Pieth (FN 7), 107; Corboz (FN 9), Art. 173 N 32; BSK StGB II-Riklin (FN 9), Art. 173 N 6; AK StGB-Abo Youssef (FN 7), Art. 173 N 3; CR CP II-Rieben/Mazou (FN 7), Art. 173 N 11 und N 14 ff.; Stratenwerth/Jenny/Bommer (FN 7), § 11 N 24.

  12. Thormann/von Overbeck (FN 7), Vor Art. 173 N 6; BSK StGB II-Riklin (FN 9), Art. 173 N 6.

  13. BGE 102 IV 35 E. 2b; Thormann/von Overbeck (FN 7), Vor Art. 173 N 6; Donatsch (FN 7), 399 (zur Verleumdung); Stratenwerth/Jenny/Bommer (FN 7), § 11 N 26; Corboz (FN 9), Art. 173 N 100; BSK StGB II-Riklin (FN 9), Art. 173 N 8; PK StGB-Trechsel/Lieber (FN 9), Art. 173 N 12.

  14. BGE 103 IV 22 E. 7; PK StGB-Trechsel/Lieber (FN 9), Vor Art. 173 N 12; Ackermann/Vogler/Baumann/Egli (FN 7), 275; BSK StGB II-Riklin (FN 9), Vor Art. 173 N 39; CR CP II-Rieben/Mazou (FN 7), Art. 173 N 18; AK StGB-Abo Youssef (FN 7), Vor Art. 173 N 14; Franz Riklin, Der straf- und zivilrechtliche Ehrenschutz im Vergleich, ZStrR 1983, 29 ff., 36; Vital Schwander, Das schweizerische Strafgesetzbuch unter besonderer Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Praxis, 2. A., Zürich 1964, N 603; Dupuis et al. (FN 9), Art. 173 N 3 und N 20; Stratenwerth/Jenny/Bommer (FN 7), § 11 N 21.

  15. Um entsprechende Sachverhalte ging es etwa in BGer, 6B_482/2013, 30.7.2013, in BGer, 6B_126/2013, 28.5.2013, in BStGer, BB.2017.215, 3.5.2018, in BStGer, BB.2018.97, 7.8.2018, in BStGer, BB.2018.100, 28.8.2018, in BStGer, SK.2020.15, 13.1.2021, und in BStGer, CA.2021.4, 29.4.2021. Auch der Tatbestand der Beschimpfung (Art. 177 StGB) wird mit grosser Regelmässigkeit erfüllt, vgl. nur etwa BGer, 6B_531/2018, 2.11.2018, sowie BGer, 6B_1270/2017, 24.4.2018. Um eine Verleumdung ging es etwa in BGer, 6B_976/2017, 14.11.2018 (verschiedene Internetseiten, darunter Facebook).

  16. BGE 146 IV 23 E. 2.2.3, angewendet in BGer, 6B_440/2019, 18.11.2020, E. 2.3.2 (nicht publ. in BGE 147 IV 65, vgl. dazu auch Marcel Griesinger/Katharina Lux, Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts zur Strafbarkeit im Zusammenhang mit Postings in sozialen Medien, CB 2021, 179 f.).

  17. BGE 146 IV 23 E. 2.2.3.

  18. Der Beschuldigte hatte auch selber gleichartige Beiträge auf Facebook veröffentlicht. Dass diese unter Art. 173 Ziff. 1 Abs. 1 StGB fielen, war unbestritten; einzig die Frage, ob der Beschuldigte zum Wahrheitsbeweis zuzulassen sei, gab Anlass zu Erwägungen des Bundesgerichts.

  19. So auch Stéphanie Musy, La répression du discours de haine sur les réseaux sociaux, SJ 2019 II, 1 ff., 13, und Rafael Studer, Straflosigkeit des Likens – Exemplifikation anhand ehrverletzender Tatsachenbehauptungen auf Facebook, recht 2018, 176 ff., 180, auf die sich auch das Bundesgericht bezieht; kritisch zu dieser Feststellung Monika Simmler, Entscheidbesprechung Urteil 6B_1114/2018, AJP 2020, 658 ff., 661.

  20. BGE 146 IV 23 E. 2.2.3.

  21. BGE 146 IV 23 E. 2.2.3.

  22. BGE 146 IV 23 2.2.4.

  23. Zur Frage, ob eine Korrektur über den subjektiven Tatbestand erfolgen kann, vgl. unten, IV.I.

  24. Ein Entscheid des Bundesgerichts, in dem die in BGE 146 IV 23 festgelegten Grundsätze auf ein reines Werturteil angewendet werden, steht freilich noch aus.

  25. Studer (FN 19), 183.

  26. Studer (FN 19), 183.

  27. Zur Frage, ob eine Korrektur über den subjektiven Tatbestand erfolgen kann vgl. unten, IV.I.

  28. Bzgl. vorgeschlagenen Nutzerinnen hält Facebook fest, dass der häufigste Grund für einen Vorschlag gemeinsame Freunde (auf Facebook) sind (vgl. https://www.facebook.com/help/www/336320879782850, Abruf 1.8.2021). Auch Vorschläge für Gruppen basieren gemäss Facebook unter anderem auf der Mitgliedschaft von Freunden in diesen Gruppen (https://www.facebook.com/help/382485908586472, Abruf 1.8.2021). Zu vorgeschlagenen Seiten fehlt ein entsprechender expliziter Hinweis von Facebook, da der Algorithmus von Facebook allerdings weitgehend geheim ist, ist zumindest möglich (und sogar wahrscheinlich), dass das Verhalten von Freunden auch die einer Nutzerin vorgeschlagenen Seiten beeinflusst.

  29. Vgl. etwa BGer, 6B_1270/2017, 24.4.2018 (Facebook); BGer, 6B_126/2013, 28.5.2013 (Facebook); BGer, 6B_230/2018, 24.10.2018 (Twitter); Cour de Justice GE, AARP/73/2020, 5.2.2020 (wo das benutzte Medium anonymisiert ist, jedoch von einer «wall» die Rede ist, was den Schluss auf Facebook zulässt). In BGer, 6B_531/2018, 2.11.2018 (Facebook), ist die Rede davon, dass das Facebook-Profil des Beschuldigten «grundsätzlich öffentlich zugänglich» gewesen sei (E. 3.2.2), jedoch ging es dabei nicht um das Tatbestandsmerkmal der Mitteilung an einen Dritten, sondern um den privaten Rahmen, in dem die Äusserung erfolgt sein soll. Siehe auch BStGer, SK.2020.15, 13.1.2020 (Facebook), E. 5.2.1: «Diese […] ehrenrührige Tatsachenbehauptung erfolgte durch die Publikation auf dem öffentlich einsehbaren Facebook-Profil des Beschuldigten gegenüber einer Vielzahl von Drittpersonen».

  30. BGer, 6B_440/2019, 18.11.2020, E. 2.4.2 (nicht publ. in BGE 147 IV 65).

  31. Fehlt eine Reaktion von Drittpersonen und ist eine Kenntnisnahme auch nicht in anderer Weise erstellt, stellen sich dieselben Fragen wie bei den Handlungsvarianten, die nicht in einem eigenen Facebook-Beitrag münden, weshalb auf die in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen verwiesen wird (siehe sogleich).

  32. Die in diesem Abschnitt behandelten Handlungsvarianten fallen in Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ausnahmslos unter den Tatbestand der Weiterverbreitung (Art. 173 Ziff. 1 Abs. 2 StGB).

  33. Facebook selbst weist darauf hin, dass beim Sortieren von Beiträgen nicht ein einziger Algorithmus zur Anwendung kommt, sondern mehrere, auf maschinellem Lernen basierende Modelle und Rankings (Akos Lada/Meihong Wang/Tak Yan, How does News Feed predict what you want to see?, https://tech.fb.com/news-feed-ranking/, Abruf 25.7.2021). Für die hier interessierenden Fragen scheint die Unterscheidung indes unbedeutend, weshalb nachfolgend dem Sprachgebrauch entsprechend von «dem Algorithmus» die Rede sein wird.

  34. BGE 146 IV 23 E. 2.2.4.

  35. BGE 146 IV 23 E. 2.2.5.

  36. Ähnlich Studer (FN 19), 178, und Musy (FN 19), 13.

  37. Andreas Welsch/Verena Eitle/Peter Buxmann, Maschinelles Lernen, Grundlagen und betriebswirtschaftliche Anwendungspotenziale am Beispiel von Kundenbindungsprozessen, HMD 2018, 366 ff., 370.

  38. Das Nachfolgende beruht – in freier Übersetzung – auf der Facebook-eigenen Publikation Akos Lada/Meihong Wang/Tak Yan, How machine learning powers Facebook’s News Feed ranking algorithm, https://engineering.fb.com/2021/01/26/ml-applications/news-feed-ranking/ (Abruf 25.7.2021).

  39. Facebook spricht von ungefähr 500 Beiträgen, die für Schritt 3 ausgewählt werden.

  40. Das Gesagte basiert auf eigenen Versuchen, zudem spricht Facebook im «Hilfebereich» davon, dass Beiträge von Favoriten bloss «weiter oben» im News Feed angezeigt werden (https://www.facebook.com/help/1634545223376778, Abruf 25.7.2021).

  41. https://www.facebook.com/help/520348825116417 (Abruf 25.7.2021).

  42. https://www.facebook.com/help/520348825116417 (Abruf 25.7.2021).

  43. Die (interessante) strafprozessuale Frage nach der Zulässigkeit einer entsprechenden Zwangsmassnahme soll hier nicht behandelt werden.

  44. Kritisch auch AK StGB-Abo Youssef (FN 7), Art. 173 N 9.

  45. Thormann/von Overbeck (FN 7), Art. 173 N 8; Schubarth (FN 7), Art. 173 N 53; Donatsch (FN 7), 402; Stratenwerth/Jenny/Bommer (FN 7), § 11 N 27; Pieth (FN 7), 109; Dupuis et al. (FN 9), Art. 173 N 21 ff.; AK StGB-Abo Youssef (FN 7), Art. 173 N 5; Corboz (FN 9), Art. 173 N 50; PK StGB-Trechsel/Lieber (FN 9), Art. 173 N 11.

  46. Germann (FN 9), Art. 173 Ziff. 1; BSK StGB II-Riklin (FN 9), Art. 173 N 10; Stratenwerth/Jenny/Bommer (FN 7), § 11 N 27; CR CP II-Rieben/Mazou (FN 7), Art. 173 N 20.

  47. Vgl. dazu auch Sine Selman/Monika Simmler, «Shitstorm» – strafrechtliche Dimensionen eines neuen Phänomens, ZStrR 2018, 248 ff., 258 f.

  48. Donatsch (FN 7), 394.

  49. BGE 145 IV 462 E. 4.2.3.

  50. Hingewiesen sei (als Extrembeispiel) etwa auf die Plattform «4chan», wo eine äusserst derbe, häufig auch sexistische und rassistische Sprache Teil der obskuren Kultur dieser Plattform ist.

  51. Diese Beobachtung deckt sich mit sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen: Zimbardo zeigte 1969 in einer Reihe von Experimenten auf, dass sich Menschen unter Anonymität aggressiver verhalten (Philip G. Zimbardo, The Human Choice: Individuation, Reason, and Order versus Deindividuation, Impulse, and Chaos, in: William J. Arnold/David Levine (Hrsg.), Nebraska Symposium on Motivation 1969, Lincoln (NE) 1970, 237 ff.). Das Phänomen wurde auch bereits etliche Male im Zusammenhang mit Internet-Plattformen beschrieben, allerdings werden in der jüngeren Literatur auch positive Effekte der Anonymität hervorgehoben, etwa der offene Austausch über Dinge wie Depression oder sexuelle Orientierung (vgl. die Zusammenstellung bei Joe Dawson, Who Is That? The Study of Anonymity and Behavior, APS Observer 2018/4, 15 ff., https://www.psychologicalscience.org/observer/who-is-that-the-study-of-anonymity-and-behavior, Abruf 25.7.2021).

  52. Ähnlich Eric Hilgendorf/Brian Valerius, Computer- und Internetstrafrecht, Ein Grundriss, 2. A., Berlin/Heidelberg 2012, N 354.

  53. Gegenbeispiele existieren; hingewiesen sei etwa auf all jene Plattformen, bei denen Nutzerinnen und Nutzer unter einem Pseudonym auftreten (z.B. auf der Plattform «reddit», aber teilweise etwa auch bei «youtube»), welches den Kontakten in der realen Welt regelmässig nicht bekannt ist.

  54. Dieses Argument wurde offenbar in BGer, 6B_440_2019, 18.11.2020, vom Beschwerdeführer vorgebracht (E. 2.4; nicht publ. in BGE 147 IV 65), vom BGer allerdings unter dem Gesichtspunkt der Weiterverbreitung behandelt.

  55. Dazu ausführlich Selman/Simmler (FN 47) und Edy Salmina, Der Preis der Ehre, Die strafrechtliche Ahndung von Ehrverletzungen in Zeiten des Shitstorms, forumpoenale 2020, 215 ff.

  56. OGer ZH, UE130109, 19.6.2013, E. II.1.

  57. OGer ZH, UE130109, 19.6.2013, E. III.2.

  58. OGer ZH, SB180281, 12.9.2019, E. IV.2.

  59. Vgl. statt vieler Christian Schwarzenegger, Der räumliche Geltungsbereich des Strafrechts im Internet, Die Verfolgung von grenzüberschreitender Internetkriminalität in der Schweiz im Vergleich mit Deutschland und Österreich, ZStrR 2000, 109 ff., 119 ff.; ferner Ders., Handlungs- und Erfolgsort beim grenzüberschreitenden Betrug, in: Jürg-Beat Ackermann/Andreas Donatsch/Jörg Rehberg (Hrsg.), Wirtschaft und Strafrecht: Festschrift für Niklaus Schmid zum 65. Geburtstag, Zürich 2001, 143 ff., 150; CR CP I-Harari/Liniger Gros, in: Laurent Moreillon/Alain Macaluso/Nicolas Queloz/ Nathalie Dongois, Code pénal I, Commentaire romand, 2. A., Basel 2021, Art. 8 N 38 ff.; BSK StGB I-Popp/Keshelava, Art. 8 N 10a, in: Marcel Alexander Niggli/Hans Wiprächtiger (Hrsg.), Strafrecht I, Basler Kommentar, 4. A., Basel 2018; Andreas Donatsch/Brigitte Tag, Strafrecht I, Verbrechenslehre, 9. A., Zürich 2013, 53; Franz Riklin, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, Verbrechenslehre, 3. A., Zürich 2007, § 8 N 25, FN 19; Stefan Trechsel/Peter Noll/Mark Pieth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, Allgemeine Voraussetzungen der Strafbarkeit, 7. A., Zürich 2017, 59. Lesenswert ist ferner die ausführliche Analyse von Gianandrea Schmidt, Ehrverletzungen in der elektronischen Presse, Diss. Marburg, Berlin 2020, 56 ff. (betreffend Handlungs- und Erfolgsort von Persönlichkeitsverletzungen nach deutschem Recht).

  60. BGE 125 IV 177 E. 3. Eine ausgezeichnete schöne Übersicht liefert diesbezüglich OGer ZH, SB110200, 19.8.2016, E. 8 («Wikileaks»), wo die Anwendbarkeit des schweizerischen (Neben-)Strafrechts auf im Ausland begangene Verletzungen des schweizerischen Bankgeheimnisses unter gewissen Voraussetzungen bejaht wird.

  61. BGE 143 IV 104 E. 5.1; PK StGB-Trechsel/Jean-Richard-dit-Bressel (FN 9), Art. 32 N 2; Christof Riedo, Der Strafantrag, Diss. Freiburg 2004, 510; BSK StGB I-Riedo (FN 59), Art. 32 N 16, je mit weiteren Hinweisen.

  62. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die (vor dem besagten Entscheid publizierten) Analysen von Christian Schwarzenegger, Der Anwendungsbereich des Medienstrafrechts (Art. 28, 322bis StGB), in: Angela Cavallo et al. (Hrsg.), Liber amicorum für Andreas Donatsch, Zürich 2012, 165 ff. (zit. Schwarzenegger, Anwendungsbereich), sowie Ders., Twibel – «Tweets» und «Retweets» mit ehrenrührigem Inhalt aus strafrechtlicher Sicht, in: Daniel Jositsch/Christian Schwarzenegger/Wolfgang Wohlers (Hrsg.), Festschrift für Andreas Donatsch, Zürich 2017, 217 ff.; ferner (zum Urteil des Bezirksgerichts Zürich GG150250 vom 26.1.2016 betreffend die Anwendbarkeit von Art. 28 StGB auf «Twitter») Matthias Schwaibold, Warum «Twitter» kein Medium im Sinne des Strafrechts ist, sui-generis 2017, 113 ff., und Simon Roth, Urteilsbesprechung von Bezirksgericht Zürich, 10. Abteilung – Einzelgericht, Urteil vom 26. Januar 2016 i.S. Hermann Lei gegen B. – GG150250, forumpoenale 2017, 290 ff.

  63. In den folgenden Punkten wird die Regeste des Bundesgerichts im Hinblick auf die hier im Fokus stehenden Fragen zusammengefasst.

  64. BGE 121 IV 109 E. 3.

  65. Ablehnend etwa Marcel Alexander Niggli/Christian Schwarzenegger, Strafbare Handlungen im Internet, SJZ 2002, 61 ff.; Marcel Alexander Niggli/Franz Riklin/Günther Stratenwerth, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Internet-Providern, Medialex 2000, 1 ff.; Christian Schwarzenegger, Die Internationalisierung des Wirtschaftsstrafrechts und die schweizerische Kriminalpolitik: Cyberkriminalität und das neue Urheberrecht, ZSR 2008, 399 ff., 474 ff.; unter gewissen Voraussetzungen bejahend hingegen: Bundesamt für Justiz: Strafrechtliche Verantwortlichkeit der Internet-Access-Provider, Gutachten vom 24. Dezember 1999, VPB 2000, Nr. 75, 820 ff. (betreffend Access-Provider); David Equey, La responsabilité pénale des fournisseurs de services internet – Etude à la lumière des droits suisse, allemand et français, Diss. Lausanne 2016, N 250 ff. (zu den «fournisseurs d’hébergement») und N 313 ff. (zu den «fournisseurs d’access»).

  66. BGE 145 III 72.

  67. Zu prüfen bleibt indes eine Strafbarkeit wegen Begünstigung (Art. 305 StGB), wenn der Betreiber einer Internetplattform die IP-Adressen von Autoren ehrenrührigen Äusserungen nicht bekannt geben kann oder will (vgl. dazu BGer, 6B_766/2009, 8.1.2010).

  68. BGE 69 IV 114.

  69. Ähnlich bereits Christof Riedo/Lara Viviroli, Entwicklungen im Strafrecht , SJZ 2020, 740 ff., 742; vgl. aber mit Bezug auf die Anwendbarkeit von Art. 28 StGB auch das Fazit von Schwarzenegger, Anwendungsbereich (FN 62), 187.

Creative Commons Lizenzvertrag
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz.
image_print

Kommentar schreiben

15 − 5 =

Über uns

Medialex ist die schweizerische Fachzeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht. Sie erscheint als Newsletter im Monatsrhythmus (10x jährlich), open access, und enthält Untersuchungen und Brennpunkte zu medienrechtlichen Themen, aktuelle Urteile mit Anmerkungen, Hinweise auf neue medien- und kommunikationsrechtliche Urteile, UBI-Entscheide und Presseratsstellungnahmen sowie auf neue wissenschaftliche Publikationen und Entwicklungen in der Rechtsetzung.

Vernetzen