Newsletter 08/22

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Onlinekommentare und Quellenschutz sowie die Jahresübersicht zum Zivil- und Zivilprozessrecht 

Liebe Leserin, lieber Leser

Der traditionelle Medienbegriff hat in den letzten Jahren stark an Kontur verloren. Das hat Auswirkungen auf medienrechtliche Fragen, z.B., ob der Quellenschutz anonyme Kommentare Dritter erfasst, die im Nachgang zu einem Artikel auf Medienwebseiten gepostet werden und dabei ehrverletzende, rassistische oder andere strafbare Inhalte verbreiten. Rechtsanwalt Daniel Glasl beleuchtet in seinem Beitrag «Anonyme Kommentare auf News-Portalen und Quellenschutz» das Phänomen der Online-Kommentare und unterzieht die bisherige Gerichtspraxis einer kritischen Würdigung. Er vertritt den Standpunkt, dass solche Kommentare keine Quellen sind und dass ihre Verfasser nicht unter den Autorenschutz fallen. Ebenso stellt er eine Abkoppelung von Online-Kommentarseiten vom Medienbeitrag fest und kritisiert, dass die Praxis heute allem, was nicht reine Unterhaltung ist, Informationsgehalt zubilligt.

Die inzwischen fünfte Jahresübersicht zur medienrechtlichen Spruchpraxis von 2021 widmet sich dem Medienzivil- und -zivilprozessrecht. In ihrem Beitrag «Quand l’acharnement médiatique entraine la remise du gain» behandeln Rechtsanwalt Julien Francey und MLaw Louis Wéry zahlreiche Entscheide des Bundesgerichts. Sie nehmen auch Bezug auf viel diskutierte kantonale Urteile, z.B. auf einen Zürcher Fall, bei dem es um das Recht auf Gegendarstellung eines Mediums gegen ein anderes Medium ging. Und natürlich auf das Urteil des Zuger Kantonsgerichts im Fall Spiess-Hegglin, von dem vor allem die Ausführungen zur Gewinnherausgabe interessieren, insbesondere wie der abzuschöpfende Gewinn zu berechnen ist.

In Teil 5 der Serie «Meine Diss» blickt diesmal Rechtsanwältin Mirjam Teitler auf ihre Doktorarbeit zurück. Ihr Beitrag mit dem Titel «Am Ende meines Studiums wurde ich im wahrsten Sinne des Wortes vom ‹Schlag getroffen›» zeigt nicht nur, was die Autorin heute über das von ihr damals behandelte Thema denkt, sondern eindrücklich, welch aussergewöhnliche Umstände ihr den Weg zur Promotion geebnet hatten.

Leider müssen wir den Newsletter erneut mit einer traurigen Nachricht abschliessen. Vor wenigen Tagen ist Professor Daniel Hürlimann, noch nicht einmal 40jährig, verstorben. Er war seit der Neulancierung von «Medialex» Mitglied des wissenschaftlichen Beirats und hat die Redaktion auch ausserhalb dieser Tätigkeit immer wieder unterstützt. Wir hatten ihn nicht nur als kompetenten Immaterialgüterrechtler, sondern auch als hilfsbereite und engagierte Persönlichkeit kennengelernt und werde ihn schmerzlich vermissen.

Wie üblich finden Sie unter «Aktuelle Entscheide» die Liste mit neu publizierten medienrechtlich relevanten Urteilen der Bundesgerichte, UBI-Entscheiden und den jüngsten Stellungnahmen des Presserats. Und «Neue Literatur» bietet Ihnen einen Überblick über neu erschienene wissenschaftliche Publikationen zum Medienrecht.

Der nächste Newsletter (09/22) erscheint in der ersten Novemberwoche.
Gute Lektüre wünscht Ihnen

Simon Canonica
Redaktor «Medialex»

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Medialex ist die schweizerische Fachzeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht. Sie erscheint als Newsletter im Monatsrhythmus (10x jährlich), open access, und enthält Untersuchungen und Brennpunkte zu medienrechtlichen Themen, aktuelle Urteile mit Anmerkungen, Hinweise auf neue medien- und kommunikationsrechtliche Urteile, UBI-Entscheide und Presseratsstellungnahmen sowie auf neue wissenschaftliche Publikationen und Entwicklungen in der Rechtsetzung.

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