ABC der Bildrechte

A

Ein Leitfaden von Autorschaft bis Zusammenarbeit

Philip Kübler, Dr. iur, Direktor ProLitteris, Zürich

Résumé: Les progrès techniques en cours sont l’occasion de rappeler les droits éprouvés qui s’appliquent à la création et à la diffusion d’œuvres. Philip Kübler, directeur de Pro Litteris, a résumé les règles en vigueur et les recommandations relatives aux droits à l’image dans un guide «ABC». L’accent est mis sur le droit d’auteur. Comme son nom le laisse deviner, l’ouvrage (en allemand) suit une structure organisée par sous-titres suivant un ordre alphabétique: le guide commence par les bases des droits à l’image, puis suivent les revenus générés par les droits à l’image, trois exceptions importantes, des cas particuliers et, finalement, l’activité des sociétés de gestion collective.

Zusammenfassung: Die raschen technischen Entwicklungen sind ein Anlass, die bewährten Rechte in Erinnerung zu rufen, die im Werkschaffen und Werkvermitteln gelten. Mit seinem ABC präsentiert Philip Kübler eine Zusammenfassung der Regeln und Empfehlungen im Zusammenhang mit Bildrechten. Den Schwerpunkt bildet das Urheberrecht. Der Leitfaden folgt einer Gliederung, die mit alphabetisch abfolgenden Zwischentiteln gestaltet ist: A bis F erläutern die Grundlagen der Bildrechte, G und H die Einnahmen mit Bildrechten, I bis K drei wichtige Ausnahmen, L bis U besondere Konstellationen, und V bis Z die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften.

Inhaltsverzeichnis

I. Grundlagen der Bildrechte (A bis F)
Autorschaft Rn. 1
Bildrechte 5
Copyright-Hinweis 10
Distribution 14
Einwilligung 18
Freiheiten 25

II. Einnahmen mit Bildrechten (G und H)
Gesetzliche Vergütungen 30
Honorar 33

III. Wichtige Ausnahmen (I bis K)
Interne Nutzung 36
Journalismus 40
Kulturvermittlung 44

IV. Konstellationen und Kontext (L bis U)
Leistungsschutz 49
Miturheberschaft 52
Nachlass 54
Orphan Works 57
Persönlichkeitsschutz 58
Quellenangaben 63
Rechtsdurchsetzung 66
Schutzdauer 68
Technologie 70
Urheberrechtspolitik 73

V. Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften (V bis Z)
Verwertungsgesellschaften 76
Werkmeldungen 78
Xenophilie (Internatonalität) 81
Yield (Ertragsprinzip) 83
Zusammenarbeit 87


I. Grundlagen der Bildrechte (A bis F)

Autorschaft

1

Urheber und Urheberinnen sind entscheidend.
Eine individuelle Kreation von Menschen ist als ihr geistiges Eigentum geschützt, sobald sie entsteht. Nicht erforderlich ist eine körperliche Fixierung (z.B. Jazzimprovisation), für Bilder ist allerdings kein Werk denkbar, das nicht materialisiert ist, sei es als Original (z.B. Gemälde, Skulptur) oder als sonstiges Werkexemplar (Reproduktion, Edition, Fine Art Print). Nicht notwendig ist eine Registrierung, so wie sie für Patente, Marken und Designs erforderlich ist. Werke können Bilder, Texte, Musik, Audios oder Videos, Pläne und Skizzen oder dreidimensionale Kunstobjekte und Bauwerke sein. Auch Games und Computerprogramme sind Werke.

2

Ein Werk wird von einem Menschen originär geschaffen, ist sinnlich wahrnehmbar und hat einen individuellen Charakter: Es ist eine individuelle geistige Kreation. Unter derselben Voraussetzung sind auch Teile und Titel von Werken geschützt, ebenso Sammelwerke als originelle Auswahl und Anordnung von Werken (Anthologie, Sammelband, Ausstellungskonzept). Das Gesetz lässt alle Ausdrucksformen zu und schützt den den kreativen Ausdruck (mit Besonderheiten im Leistungsschutz für Audios, Videos und Sendungen).

3

Nicht geschützt sind die Idee (z.B. Gebäude verpacken), der Stil (z.B. Pop Art) und die Arbeitstechnik (z.B. Schablonen), der Rohstoff (z.B. Farbmischungen) und das Vorgefundene (z.B. Knochenformen). Nicht geschützt ist, was Tiere oder Maschinen ohne menschliche Kreativität hervorbringen. Lichtbilder, definiert als nicht individuell gestaltete Fotografien, sind laut jüngerem Urheberrechtsgesetz ebenfalls Werke, allerdings mit abweichender Schutzdauer.

4

Keine Werke hingegen sind fotografische Aufnahmen zweidimensionaler Objekte, also Schnappschüsse oder Digitalisate von Gemälden, Fotografien oder Handschriften, die mit lichtgebenden Verfahren erstellt werden; unabhängig davon kann natürlich die Vorlage rechtlich geschützt sein. Zum individuellen Werk mit Urheberschutz wird jedes Bild dann, wenn es vom Urheber in kreativer Weise bearbeitet wird und einen individuellen Charakter erhält. Die Autorschaft der Urheberin oder des Urhebers überdauert auch eine Übertragung der Bildrechte an eine andere Person, was sich im urheberrechtlichen Persönlichkeitsschutz (Namensnennung und Entstellungsschutz) und in der Berechnung der Schutzdauer für Werke (ab Tod des Urhebers) äussert. Die Autorschaft ist der Ausgangspunkt für die Einwilligung und die Verteilung von Gesetzlichen Vergütungen durch Verwertungsgesellschaften, und sie ist ein Angelpunkt der Urheberrechtspolitik.


Bildrechte

5

Regeln Sie die Nutzung von Rechten an und in stehenden Bildern.
Stehende Bilder können visuelle Werke sein (Fotografie, Zeichnungen, Illustrationen, Grafiken) oder visuelle Werke enthalten (Abbildung von bildender Kunst oder Baukunst, unter Umständen auch eines Sprachwerks oder einer grafischen Darstellung). Wenn Bilder in Bildern erscheinen, liegen möglicherweise überlagerte Rechte vor, so wie wenn ein Sprachwerk übersetzt, als Drehbuch bearbeitet und inszeniert oder verfilmt wird.

6

Das Urheberrechtsgesetz braucht den Begriff Bildrechte nicht, aber er passt für ein Bündel von Rechten, die an und in einem stehenden visuellen Werk versammelt sind. Urheberrechtliche Bildrechte im engeren Sinn können nur an Werken bestehen, also an individuellen geistigen Kreationen (Autorschaft). Im weiteren Sinn gehört auch der nicht urheberrechtliche Persönlichkeitsschutz erkennbarer Personen dazu: ihre Ehre, Privatsphäre und Identitätsmerkmale sind zivilrechtlich geschützt. Einen Leistungsschutz haben stehende Bilder nicht, denn das Gesetz gewährt diesen nur für Darbietungen und Produktionen in Audios, Videos und Sendungen.

7

Keine Nutzung und daher von Vornherein lizenzfrei sind das Ausstellen und das (kostenlose) Verleihen von Werkexemplaren (anders als in unseren Nachbarländern), das blosse Betrachten und Lesen von Werken (Genuss, Konsum) und die technischen Verweise auf Werke im Internet (Hyperlinks), solange eine Website oder Applikation keine Dateien übernimmt und so darstellt, als wären es Inhalte im eigenen Angebot (Embedding oder Framing).

8

Fünf Nutzungsrechte sind besonders wichtig:

  1. die Vervielfältigung, welche Werkexemplare entstehen lässt, sei es in Form einer technischen Kopie oder menschlichen Nachbildung, in analoger oder digitaler Form, meistens verbunden mit dem Recht zur Verbreitung der Werkexemplare.
  2. die Onlinenutzung, das Zugänglichmachen im Internet auf Abruf.
  3. die Aufführung oder Präsentation in der realen Welt, genannt Wahrnehmbarmachen, für Bilder meistens in Form einer Bildschirmanzeige oder Lichtprojektion, für audiovisuelle Werke in Form des Vorführens.
  4. die Sendung, sie ist das lineare, also zeitlich an die Allgemeinheit verbreitete Radio oder Fernsehen – für Bilder kommt nur TV infrage, wo stehende Bilder im Journalismus und in der Kulturberichterstattung sowie in Dokumentarfilmen vorkommen.
  5. das komplexeste Nutzungsrecht, die Bearbeitung, unter welcher alle möglichen Änderungen einer Vorlage und ihre Transformation in eine andere kreative Form (Werk zweiter Hand) verstanden werden. .
9

Über alle diese Verwertungsrechte kann man durch Einwilligung verfügen, daneben auch über die Namensnennung und das Entstellungsverbot im urheberrechtlichen Persönlichkeitsschutz. Die Persönlichkeitsrechte bleiben laut Gesetz auch dann beim Urheber, wenn er die Verwertungsrechte übertragen hat


Copyright-Hinweis

10

Bringen Sie die Autorschaft und die Rechte zur Geltung.
Urheberrechtshinweise kennzeichnen die Autorschaft und die Bildrechte. Es kommt zum Ausdruck, wer Urheberin oder Urheber ist, und wohin sich nutzungsinteressierte Personen mit Lizenzanfragen wenden können. Originale und andere Werkexemplare tragen eine Signatur, ein Datum und einen Titel. Ist der Titel originell («Ceci n’est pas une pipe», nicht «Le miroir»), so bestehen daran Urheberrechte.

11

Die Urheberin sollte ab der ersten Stunde, jedenfalls ab Veräusserung oder Veröffentlichung eines Werkexemplars in der Distribution dafür sorgen, dass eine Textzeile wie «© Vorname Nachname, [Stadt/Land], Jahr» auf oder mit Werkexemplaren erscheint. Die Bildrechte hängen nicht davon ab, und das Zeichen © ist juristisch nicht notwendig, aber es erleichtert den Beweis, weil das Gesetz die Urheberschaft der genannten Person vermutet (Umkehr der Beweislast). Pseudonyme (z.B. Banksy) sind zulässig, sie sollten sich später entschlüsseln lassen. Wo Platz ist, schreibt man «Alle Rechte vorbehalten». Dieser Hinweis vermeidet den Eindruck eines Verzichtes, macht unautorisierte Nutzungen vorsätzlich und erleichtert die Kontaktaufnahme für Einwilligungen.

12

Wichtig: Hat man Bildrechte übertragen, z.B. an eine Verwertungsgesellschaft, ist der Copyright-Hinweis zu ergänzen: «Bildrechte/Rechte bei Institution/Person». Eine Werknutzung, die dank einer gesetzlichen Freiheit ohne vertragliche Einwilligung auskommt oder von einer Gesetzlichen Vergütung abgedeckt ist, nennt ebenfalls die Künstlerin, denn Copyright-Hinweise gehören zu den Persönlichkeitsrechten der Urheber. Zudem sollte das beanspruchte Privileg transparent sein: «Werknutzung gestützt auf den folgenden Rechtsgrund: … (wahlweise erwähnen z.B.: Parodie/Abwandlung; verwaistes Werk; Archiv- und Sicherungsexemplar; wissenschaftliche Forschung mit technischem Verfahren; Verzeichnis; Zitat; Katalog; Panoramafreiheit, Berichterstattung)».

13

Aus Anlass der heutigen Technologie empfiehlt sich eine zusätzliche Erklärung im Interesse der Urheberrechte: «Training von AI-Systemen nur mit besonderer Einwilligung.» Wer international aktiv ist und Werke im Internet publiziert, kann auf der eigenen Website präzisieren: «Opt-out artificial intelligence: Untersagt ist die automatisierte Analyse von Werken für Text- und Data-Mining, insbesondere gemäss Art. 4 EU-Richtlinie 2019/790». Der Nutzen gegenüber KI-Systemen ist zwar begrenzt, aber man ist gewappnet, falls ein gesetzliches Opt-out-System wie zurzeit in der Europäischen Union zur Anwendung kommen wird.


Distribution

14

Verbreiten und veröffentlichen Sie Werkexemplare.
Die Distribution ist die Veröffentlichung oder Veräusserung eines Werkexemplars, also der Vorgang, in dem die physische Form eines geistigen Werks aus der persönlichen Sphäre der Autorschaft entlassen wird. Das Werkexemplar ist ein Gemälde oder eine Skulptur, ein Buch oder eine Zeitschrift, ein Band mit Musiknoten. Das Werk hingegen ist und bleibt die visuelle Gestaltung, der Text oder die Illustration, die Komposition und der Songtext.

15

Die konsequente Unterscheidung von Werk und Werkexemplar ist fundamental. Das Werk ist eine individuelle geistige Kreation einer Autorschaft, wofür das Urheberrecht zuständig ist. Das Werkexemplar ist ein Objekt aus Material oder auf einem Datenträger, dafür ist das Sachenrecht (Eigentum und Besitz) zuständig. Die digitale Datei wiederum, eine Abfolge von Bits und Bytes, fällt ohne Träger rechtlich ins Leere, denn es gibt kein generelles Dateneigentum, sondern nur Rechte an oder mit Bezug zu Daten (z.B. Datenschutz, Geschäftsgeheimnisse, strafrechtliche Verbote, oder eben: Urheberrecht).

16

Der Erwerb eines Werkexemplars, sei es ein Original oder eine Kopie, in analoger oder digitaler Form, verschafft kein Nutzungsrecht am Werk. Ein Nutzungsrecht kann ausschliesslich durch Einwilligung aller notwendigen Rechteinhaber oder durch Anwendung einer gesetzlichen Freiheit bestehen, das heisst: Eigentümer des Werkexemplars dürfen ihr Objekt besitzen, veräussern und zum Gebrauch überlassen, womit auch die Ausübung der gesetzlichen Freiheiten ermöglicht werden kann, namentlich in den jeweiligen Grenzen für Interne Nutzungen, für Journalismus und für die Kulturvermittlung.

17

Die Weitergabe eines Werkexemplars ist praktisch immer ein vertragliches, also ein zweiseitiges Geschäft, nämlich ein Kaufvertrag, Werkvertrag, Mietvertrag oder eine Leihe. Die minimale Praxisempfehlung dafür ist, eine Quittung zu erstellen, besser aber schreiben die Parteien einen Vertrag (Verpflichtungsgeschäft) und dokumentieren den korrekten verbindlichen Vollzug (Verfügungsgeschäft). Antizipiert man bestimmte Nutzungen bereits anlässlich der Veräusserung oder Publikation eines Werks, so kann man den Vertrag mit einer ausdrücklichen Einwilligung in bestimmte Nutzungen versehen. Man erlaubt beispielsweise Abbildungen auf Websites, in Social Media, in Verzeichnissen, Büchern und Zeitschriften oder auf Werbematerial. Denn nochmals: In der blossen Weitergabe und im blossen Besitz oder Eigentums eines Werkexemplars, selbst eines Originals, sind keine Nutzungsbefugnisse enthalten. Solche entstehen durch Einwilligung oder durch eine gesetzliche Freiheit.


Einwilligung

18

Regeln Sie die Werknutzung mit Lizenzen und ausnahmsweise durch Rechteübertragung.
Ob und wie das eigene Werk genutzt werden darf, wie also die Bildrechte ausgeübt werden, entscheidet die Urheberin oder ihr Rechtsnachfolger durch ein Rechtsgeschäft, durch eine Einwilligung. Rechtsgeschäfte über Werke und Leistungen sind zu unterscheiden von solchen zur Distribution von Werkexemplaren. Die Einwilligung kann in einseitigen Nutzungsbestimmungen oder in zweiseitigen Verträgen enthalten sein, oder sie ergibt sich aus den Umständen.

19

Die Einwilligung hat eine persönliche Dimension (berechtigte Person), eine sachliche Dimension (Art, Zweck, Umfang), eine räumliche Dimension (Territorium) und eine zeitliche Dimension (Nutzungsdauer). In der Schweiz ist zwischen Lizenz und Rechteübertragung zu unterscheiden, in anderen Rechtsordnungen (Deutschland, Frankreich) gibt es die Übertragung nicht, sondern die Urheberin bleibt immer Rechteinhaberin – exklusive Lizenzen führen dort allerdings zu einem ähnlichen Ergebnis. Eine Lizenz erlaubt eine bestimmte Nutzung, ohne dass das geistige Eigentum übertragen wird. Der Lizenzgeber verfügt weiterhin über die Rechte, lässt aber zusätzlich eine andere Person agieren. Lizenzen erlauben massgeschneiderte, detaillierte Anordnungen über die Nutzung. Man kann bestimmen, dass mehrere Personen nutzen dürfen, oder ausschliesslich eine bestimmte Person (exklusive Lizenz), oder dass die Allgemeinheit nutzen darf (Creative-Commons-Lizenzen, mit standardisierten Wahlmöglichkeiten).

20

Als «Freistellung» wird im Kulturleben eine Lizenz bezeichnet, mit der auf eine Vergütung verzichtet wird. Vorsicht mit impliziten Lizenzen, die man einem Künstler unterstellt, wenn er oder seine Galerie dem Publikum das Teilen von Fotos erlaubt, ohne Copyright-Hinweis publiziert oder Internetplattformen nutzt, mit welchen neben erschwerter Rechtsdurchsetzung allgemeine Geschäftsbedingungen und fremde Rechtsordnungen zum Tragen kommen, z.B. die US-amerikanische mit weitgehenden Freiheiten für vordergründig nicht-kommerzielle Nutzungen («fair use»). Eine besondere Umsicht ist geboten, wenn anstelle der Lizenzierung die Rechteübertragung gewählt wird. Sie ist im schweizerischen und US-amerikanischen Recht ein Abschied als Rechteinhaberin, für das ganze Werk oder für bestimmte Rechte. Die Übertragung ist üblich in Arbeitsverträgen (in den USA entstehen diesfalls die Rechte gleich in der Person des Arbeitgebers, ohne dass eine Übertragung nötig wäre), in Exklusivaufträgen, Verlagsverträgen und kommerziellen Vereinbarungen zwischen Unternehmen, entweder für ein Werk (z.B. Manuskript, Illustration) oder für eine Gesamtheit von Werken (z.B. alle in einer Sammlung oder alle, die in Ausübung einer Arbeitsstelle oder eines Auftrags entstehen). Werke oder Werkgesamtheiten müssen bestimmt oder – mittels einer vertragsexternen Dokumentation oder Anwendung eines definieren Verfahrens – bestimmbar sein.

21

Es gibt drei typische Motive für den Auskauf der Rechte:

  1. die arbeitsteilige Produktion von Organisationskommunikation und Unterhaltungsprodukten,
  2. das zentralisierte Rechtemanagement gegen ausreichende Bezahlung oder Erfolgsbeteiligung in der Distribution,
  3. die persönliche Bestimmung über einen Nachlass.
22

Die Rechteübertragung ist folgenschwer, denn die übertragende Person kann nun nicht weiter lizenzieren oder übertragen, sie darf nicht mehr persönlich nutzen und ist auf das Tun des neuen Rechteinhabers angewiesen (oft ein Nachteil). Die empfangende Partei darf nun als Rechteinhaberin auftreten und die Verwertung einschliesslich Rechtsdurchsetzung betreuen (oft ein Vorteil). Wer das eigene Werk weiterhin auf seiner Website oder in den sozialen Medien zeigen will, sichert sich anlässlich der Übertragung eine zeitlich unbegrenzte Rücklizenz für diese Nutzungen. Oder man wählt nach internationalem Standard, zumindest zu Lebzeiten, eine exklusive Lizenz, in der man die Rechtsdurchsetzung delegiert («Der Lizenznehmer ist in eigenem Namen und auf eigene Rechnung exklusiv zu allen rechtlichen Schritten berechtigt.»). Für den Fall einer wesentlichen Vertragsverletzung oder unerwünschten Untätigkeit, z.B. im Verlagsgeschäft, lässt sich die Übertragung widerrufbar ausgestalten: Die Bedingungen dieser Option sollten klar und beweisbar sein.

23

All die hier genannten Vorgänge lassen Gesetzliche Vergütungen unberührt, also die obligatorische Kollektivverwertung von Texten und Bildern, denn das Verteilungsreglement einer Verwertungsgesellschaft hat im Bereich der obligatorischen Kollektivverwertung Vorrang vor vertraglichen Lizenzen und Übertragungen. Deshalb benachteiligt die Mitgliedschaft eines Urhebers bei ProLitteris keine Geschäftspartnerinnen oder andere Rechteinhabende. Nur in der freiwilligen Kollektivverwertung, dem Lizenzgeschäft mit vertraglichen Vergütungen (Bereich Art, Bildrechte), kommt es auf die Priorität der Rechteübertragung an. Hier muss die Künstlerin oder die Nachlassverwaltung aktiv werden, wenn keine Vergütungen erwünscht sind. Im ProLitteris-Portal kann man individuelle Ausnahmen deklarieren (z.B. zugunsten einer bestimmten Galerie, einer bestimmten Ausstellung, eines bestimmten Werks, oder für eine persönliche Verwertungshandlung), so dass ProLitteris in diesen Fällen keine Vergütungen verlangt. Ansonsten folgen die Verwertungsgesellschaften für Bilder dem Tarif Kunst von ProLitteris, national und international, für schweizerische Mitglieder von ProLitteris beschränkt auf Werke der bildenden Kunst und der Kunstfotografie, welche Gegenstand des Kunstmarkts oder der Kunstvermittlung sind.

24

Einfache Nutzungen von Bildrechten lizenziert ProLitteris für das Inland und für das Ausland selbständig, während qualifizierte Nutzungen eine gesonderte Einwilligung der Rechteinhaber benötigen. Qualifizierte Nutzungen betreffen Monografien, Merchandising, Massennutzungen, Grossformate, Werbematerial (für Produkte oder Dienstleistungen, die nicht das Kunstwerk oder seine Ausstellung betreffen) und Bearbeitungen, von harmlosen Änderungen abgesehen (geringe Formatanpassung, Schwarz-Weiss-Abbildung sowie geringe Farbveränderung).


Freiheiten

25

Kennen und nutzen Sie die gesetzlichen Schranken der Urheberrechte und Leistungsschutzrechte.
Einiges müssen sich Literatur und Kunst gefallen lassen, ohne dass die Inhaber der Rechte gefragt oder entschädigt werden. Die Liste der für Bildrechte wesentlichen Freiheiten lautet, im Fall einer Gesetzlichen Vergütung mit Angabe der zuständigen Verwertungsgesellschaft (Liste ohne Sonderregeln für Radio/TV, Musik und Telekommunikation), wie folgt:

  • Parodie/Abwandlung: lizenzfrei und vergütungsfrei.
  • Privatnutzung: lizenzfrei mit gesetzlicher Vergütung nach den Gemeinsamen Tarifen 4 (Leerträgervergütung, SUISA) sowie 7 und 8 (Schulen bzw. Organisationen, ProLitteris).
  • Verwaistes Werk (Inhaber der Rechte unbekannt oder unauffindbar): Lizenzanspruch mit gesetzlicher Vergütung nach dem Gemeinsamen Tarif 13 (ProLitteris), erweiterbar durch pauschale EKL (erweiterte Kollektivlizenz, ProLitteris).
  • Archiv- und Sicherungsexemplare: lizenzfrei und vergütungsfrei, namentlich für die Kulturvermittlung.
  • Nutzung durch Menschen mit Behinderung: lizenzfrei mit gesetzlicher Vergütung nach dem Gemeinsamen Tarif 10 (ProLitteris).
  • Wissenschaftliche Forschung mit technischem Verfahren: lizenzfrei und vergütungsfrei, z.B. für KI-Forschung, sofern die Forschung auf Erkenntnisgewinn beschränkt ist und der Zugang zu den Werken frei ist oder erlaubt wird.
  • Bestandesverzeichnisse: lizenzfrei und vergütungsfrei, erweiterbar durch pauschale EKL (erweiterte Kollektivlizenz, ProLitteris, z.B. für Archivöffnungen), namentlich für die Kulturvermittlung.
  • Zitatfreiheit: lizenzfrei und vergütungsfrei, erweiterbar durch pauschale EKL (erweiterte Kollektivlizenz, ProLitteris, z.B. für bebilderte Wissenschaftspublikationen).
  • Katalogfreiheit: lizenzfrei und vergütungsfrei, erweiterbar durch pauschale EKL (erweiterte Kollektivlizenz, ProLitteris, z.B. für zeitlich unbegrenzte Publikationen oder eine Sammlung, die nur teilweise ausgestellt wurde), namentlich für die Kulturvermittlung.
  • Panoramafreiheit: lizenzfrei und vergütungsfrei.
  • Berichterstattung: lizenzfrei und vergütungsfrei, erweiterbar durch pauschale EKL (erweiterte Kollektivlizenz, ProLitteris, z.B. für zeitlich unbegrenzte Publikationen oder Werkexemplare, die nur teilweise am aktuellen Ereignis wahrnehmbar waren), namentlich im Journalismus.
26

Den Hintergrund dieser Freiheiten bilden Kommunikationsgrundrechte der Bundesverfassung, welche im Urheberrechtsgesetz mit über einem Dutzend «Schrankenbestimmungen» konkretisiert sind.

27

Wer Parodien oder ähnliche Abwandlungen erschafft, darf dies lizenzfrei und kostenlos tun. Die Bedingungen sind ein eigener kreativer Anteil, eine künstlerische oder kritische Auseinandersetzung mit dem fremden Werk oder Werkschaffen, und ein Verzicht auf eine Substitution des genutzten Werks und auf jegliche Entstellung. Die Herstellerinnen von Memes, Remixes, Edits und die Repräsentanten der Appropriation Art bewegen sich auf einem schmalen Grat und sollten das Übernommene sicherheitshalber mittels Einwilligung lizenzieren, auf lizenzfreie Werke nach Ablauf der Schutzdauer beschränken oder nur stilistisch verwenden ohne Tangieren der Autorschaft. Die Anforderung, dass sich der Zweck des lizenzfreien Zweitwerks (Humor, Kritik) gezielt auf das Erstwerk bezieht, gilt im EU-Raum in der Regel nicht und wird auch in der Schweiz manchmal infrage gestellt; User im Internet dehnen die Freiheiten entsprechend aus.

28

Doch nicht nur Parodien, sondern auch wissenschaftliche oder journalistische Zitate sollten nur dann gemacht und geduldet werden, wenn die Auseinandersetzung mit genau diesem Werk notwendig ist (Kunst-, Rechts-, Naturwissenschaft). Zitierte Bilder sind unverändert wiederzugeben und mit Quellenangaben zu versehen.

29

Das Gesetz gewährt weitere Freiheiten in der technischen Übermittlung (Arbeitsspeicher und Telekommunikation), in der Forschung (Text- und Data-Mining), für Archivexemplare, und es begünstigt gezielt den Journalismus und die Kulturvermittlung. In all diesen Fällen wird wegen kommunikativen, kulturellen oder öffentlichen Interessen in Urheberrechte eingegriffen, aber eine vollwertige Abbildung als Feature einer Publikation ist damit nicht gemeint. Nur die Panoramafreiheit geht in der Schweiz weiter: Ein Werk, das sich dauerhaft an öffentlich zugänglichen Orten befindet, namentlich Kunst am Bau, darf hierzulande sogar für die Herstellung kommerzieller Publikationen abgebildet werden.

II. Einnahmen mit Bildrechten (G und H)


Gesetzliche Vergütungen

30

Respektieren Sie die gesetzlichen Aufträge der Verwertungsgesellschaften.
Das Gesetz verbindet bestimmte Freiheiten mit einem Vergütungsanspruch, der von Verwertungsgesellschaften geltend gemacht wird. In diesen Fällen wird die Erlaubnis der Rechteinhaber durch das Gesetz ersetzt. Statt einer Kontrolle gibt es eine Kompensation. Es wäre in diesen Fällen zu aufwändig oder zu indiskret, wenn man konkrete Nutzungen deklarieren und durch vertragliche Lizenzen autorisieren lassen müsste.

31

Alle gesetzlichen Vergütungen sind durch Tarife geregelt, meistens durch «Gemeinsame Tarife» mehrerer Verwertungsgesellschaften. Es begann mit dem Weitersenden in Telekomnetzen, es folgte die Musikberieselung in Verkaufsläden und Restaurants, dann das Vermieten in Bibliotheken und Videotheken und die Kopiervergütungen, und schliesslich traten kleinere Bereiche wie Sendearchive, behindertengerechte Nutzungen und verwaiste Werke (Orphan Works) hinzu. Unter anderem sind auch Kulturinstitutionen und Berufs- und Branchenverbände als zahlende Organisationen von Kopiervergütungen für die Interne Nutzung betroffen, und für die Abklärung dieser Zahlungspflicht müssen auch Selbständige und Kleinstunternehmen jährlich ihre Stellenzahlen deklarieren. Diese Auskunft ist gesetzlich vorgeschrieben.

32

Für ihre eigene Verteilung bildet die Text- und Bild-Verwertungsgesellschaft ProLitteris einen Topf für sendenahe Vergütungen mit Bezug zu Radio und Fernsehen und einen Topf für kopiernahe Vergütungen mit Bezug zu Medien, Wissenschaft, Belletristik und anderen Sparten des Publizierens von Texten und Bildern. Die Teilnahme an den Verteilungen setzt einen Verwertungsvertrag mit der für die Werkkategorie zuständigen Verwertungsgesellschaft voraus und danach jährliche Werkmeldungen an ProLitteris (Texte, Bilder) voraus, je separat in den Verteilungen Print, Online und Broadcast.


Honorar

33

Trennen und kombinieren Sie urheberrechtliche Vergütungen und andere Zahlungen.
Die Gegenleistung für Bildrechte heisst Vergütung und stützt sich auf das geistige Eigentum. Die Gegenleistung in der Distribution von Werkexemplaren heisst Kaufpreis (für gekaufte Werke) oder Werklohn (für bestellte Werke) oder Miete (für die Gebrauchsüberlassung) und stützt sich auf das Sacheigentum. Beides lässt sich als Honorar zusammenfassen, mit Ergänzung aller weiteren Zahlungen für Arbeiten von Kulturschaffenden, wie sie beispielsweise in der «Leitlinie Honorare für Künstler:innen» des Berufsverbandes Visarte genannt sind.

34

Wer bereit ist, für die Nutzung von Werken gegen Vergütung eine Einwilligung zu erteilen, äussert es ausdrücklich, am besten schriftlich. Die Vergütung richtet sich nach einer Preisempfehlung oder eigenen Preisliste und wird in einem Vertrag referenziert. Eine Preisdifferenzierung kann die betroffenen Bildrechte, den konkreten Umfang der Lizenz, die wirtschaftlichen Verhältnisse und ein öffentliches Interesse berücksichtigen. Z.B. ist es denkbar, dass der Journalismus und die Kulturvermittlung rabattiert werden, möglicherweise auch Verlage als Partner in der Distribution.

35

Wenn man sich für Honorare und Vergütungen nach einheitlichen Ansätzen richtet, sollte man es konsequent tun und darüber Buch führen. Auch für unautorisierte Nutzungen empfiehlt es sich, in der Preisliste einen besonders hohen hypothetischen Lizenzpreis zu definieren, begründet mit der angemassten Flexibilität, z.B. so: «Unautorisierte Nutzungen mit eigenmächtig bestimmter Nutzung, unter Vorbehalt aller rechtlichen Ansprüche: Doppelte Lizenzkosten, mindestens CHF …». Aufgrund geiziger Gerichtsentscheide zum Schadenersatz im Fall unautorisierter Nutzungen ist zu hoffen, dass man im Ernstfall den rechtlich verlangten Marktwert der Nutzung nachweisen kann.

III. Wichtige Ausnahmen (I bis K)


Interne Nutzung

36

Beachten Sie die Privatkopie.
Für Texte und Bilder stellt das Urheberrechtsgesetz eine entscheidende Weiche dort, wo sich die Distribution von Werken nicht kontrollieren lässt, nämlich im Bereich der anonymen, unsichtbaren Werknutzung. Kopien von geschützten Werken, die im geschlossenen Kreis genutzt werden und zu keiner Publikation führen, sind gesetzlich generell erlaubt, beschränkt auf Auszüge aus jenen Werken, die im Handel erhältlich sind (denn diese könnte man erwerben).

37

Das Gesetz unterscheidet die persönliche Nutzung (Gemeinsame Tarife 4), die schulische Nutzung (Gemeinsamer Tarif 7) und die berufliche Nutzung in Organisationen aller Art (Gemeinsamer Tarif 8). Die Privatkopie kennt man von den Radioaufnahmen auf Musikkassette, vom Fotokopieren aus Lehrmitteln und von der Know-how-Sammlung im Beruf.

38

Für persönliche und pädagogische Zwecke darf man nicht nur vervielfältigen, sondern auch bearbeiten. Als Entschädigung fliessen Kopiervergütungen, ein Beispiel für Gesetzliche Vergütungen aufgrund von gesetzlichen Freiheiten. Die Vergütung beträgt pauschal einige Franken pro Speicherplatz, pro Schülerin und Student beziehungsweise pro Vollzeitstelle in einem Unternehmen oder in einer Verwaltungsbehörde. SUISA, die Verwertungsgesellschaft für Musik, verwaltet die Leerträger- und Speichermedienvergütung, ProLitteris führt das Inkasso gegenüber Schulen und Organisationen.

39

Die Inhaber der Bildrechte können an den Verteilungen von ProLitteris teilnehmen, sofern sie ProLitteris angeschlossen sind und Werkmeldungen machen. Massgebend ist das Verteilungsreglement von ProLitteris, das sich nach den statistischen Nutzungswahrscheinlichkeiten von Werkkategorien wie Journalismus, Wissenschaft, Lehrmittel und Belletristik richtet. Urheberinnen, Erben von Urhebern und Verlage erhalten je eigene Vergütungen.


Journalismus

40

Medienleistungen ohne Verletzung von Urheberrechten.
Das Urheberrechtsgesetz erlaubt den Medien die bebilderte Berichterstattung über eine Ausstellung oder ein ähnliches Ereignis, sofern die gezeigten Werke an diesem Ereignis sichtbar sind. Darüber hinaus zählen Kunstwerke und Bildrechte zu den Ressourcen, die zur Herstellung der Medienprodukte eingekauft werden müssen. Die Berichterstattung gehört zu den Freiheiten ohne Gesetzliche Vergütung. Sie geht weiter als die Zitatfreiheit, welche eine Befassung mit dem zitierten Werk voraussetzt, das nur im notwendigen Umfang abgebildet werden darf. Der Zweck der Berichterstattungsfreiheit ist die Information über ein aktuelles Ereignis, also über ein Geschehen ausserhalb der journalistischen Kontrolle. Nicht gedeckt ist eine Berichterstattung aufgrund eines Jubiläums oder zur Erinnerung an ein Werk, an eine Urheberin, an deren Geschichte oder Stil.

41

Für Bilder muss das Ereignis praktisch gesehen eine Ausstellung oder ähnliche Kunstpräsentation sein oder ein Aufsehen erregender Kunstkauf, Kunstraub oder Kunstskandal. Daneben kommt eine beiläufige Präsenz von Werken an einem Ereignis von öffentlichem Interesse vor, z.B. an einer Feier oder Politveranstaltung im künstlerischen Rahmen.

42

Die Nutzungsdauer ist auf die Dauer des Ereignisses begrenzt, das spätere Medienarchiv ist bereits lizenzpflichtig. Der Bericht muss im redaktionellen Teil erscheinen, deutlich auf das Ereignis Bezug nehmen und umfangreicher sein als die dazu beanspruchte freie Bildnutzung. Von Vornherein nicht zugelassen sind Werbung, Publireportagen und sogenanntes Native Advertising. Korrekte Hinweise auf das Copyright sowie Quellenangaben sind in der Berichterstattungsfreiheit – im Unterschied zur Zitatfreiheit – gesetzlich nicht vorgeschrieben, sie sind aber medienethisch empfohlen, solange die Nutzung nicht ganz beiläufig stattfindet (z.B. Kameraschwenk eines TV-Unternehmens).

43

Nach dem Gesetzeswortlaut müssten die Medien selbst für die Aufnahmen oder Abbildungen sorgen, aber die Verwertungsgesellschaft ProLitteris akzeptiert in ihrem Bereich Art (Bildrechte), dass die Veranstalterin des Ereignisses die am Ereignis wahrnehmbaren Werkeexemplare als Bilddateien zur Verfügung stellt, vorausgesetzt, dies geschieht durch Versand (E-Mail oder Datentransfer) oder in einem geschlossenen Bereich der Veranstalterwebsite für redaktionelle Medien.


Kulturvermittlung

44

Arrangieren Sie urheberrechtliche Lösungen für Museen und Sammlungen. Auch kommerzielle oder kunstvermittelnde Akteure wie Galerien, Auktionshäuser, Bibliotheken, Archive, Museen und Sammlungen erwerben mit den beschafften oder eingebrachten Objekten keine Urheberrechte, auch nicht an einem Nachlass. Sondern sie organisieren sich mit Nutzungsverträgen, vorwiegend mit Lizenzen, die – auch international – gebräuchliche Form der Einwilligung. Zudem geniessen Museen und ähnliche Sammlungen das Verzeichnisprivileg und das Katalogprivileg, agieren also in diesem Rahmen lizenzfrei. Es handelt sich um Freiheiten ohne Gesetzliche Vergütung.

45

Kataloge sind auch den Messen und Auktionen erlaubt, aber der Zweck und die Nutzungsdauer sind beschränkt auf die Durchführung der Veranstaltung, und die Form ist beschränkt auf ein informatives Dokument, gedruckt oder als digitale Datei (PDF), ohne Beteiligung eines Verlags. Die Vorschrift des kleinen Formates einer Abbildung gibt es beim Katalogprivileg nicht, und Objekte können sowohl im Eigentum eines Museums stehen als auch Leihgaben sein.

46

Das Verzeichnisprivileg dient einer Sammlung über ihre Ausstellungen hinaus, man darf lizenzfrei kurze Werkauszüge oder eine kleinformatige Abbildung publizieren, sofern die Sammlung öffentlich zugänglich ist oder eine öffentliche Trägerschaft hat. Der Zweck ist beschränkt auf die Erschliessung und Vermittlung der inventarisierten Werke. Das Gesetz schreibt die Rücksichtnahme auf die normale Verwertung der Urheberrechte vor. Eine wertige, ästhetische Präsentation zum Werkgenuss ist vom Verzeichnisprivileg nicht erfasst. Im Internet sind für visuelle Werke nur kleinformatige Bilder mit geringer Auflösung erlaubt, eine informative Vorschau mit Thumbnails. ProLitteris publiziert eine Empfehlung zur Dateigrösse. Will man eine kleine und je nach Bildschirm unscharfe Darstellung vermeiden, kommt eine erweiterte Kollektivlizenz einer Verwertungsgesellschaft infrage. Eigentliche Bildbände und Bildstrecken bleiben ohnehin lizenzpflichtig.

47

Mit Bezug zum Journalismus können Organisationen des Kulturerbes Abbildungen ausgestellter Werke zur Verfügung stellen, sofern sie daran sämtliche Rechte oder eine Einwilligung der Rechteinhabenden besitzen; ProLitteris lässt für ihr Kunstrepertoire auch zu, dass eine Datei gezielt an Medien versendet oder in einem geschützten Bereich zugänglich gemacht wird. Den Medien ist die lizenzfreie Berichterstattung allerdings nur in den engen Grenzen der gesetzlichen Freiheit erlaubt, worauf das Museum oder die Sammlung Rücksicht nehmen sollte. Über die Rechte und das Werk informiert man mit Copyright-Hinweis und Quellenangaben.

48

Stets ist die Publikation von Dateien lizenzpflichtig, sofern diese Werke oder Leistungen enthalten, und sofern man mit den gesetzlichen Freiheiten nicht bedient ist. Hier kann ProLitteris als Verwertungsgesellschaft mit einer erweiterten Kollektivlizenz Orphan Works lizenzieren und, für verwaiste Werke und andere, ganze Archivöffnungen gegen eine moderate pauschale Vergütung rechtssicher machen, unter Vorbehalt von Widersprüchen, welche die Rechteinhaber erklären können, und ohne Wirkung der Lizenz in fremden Rechtsordnungen. Darüber hinaus verfügt ProLitteris dank dem internationalen Netz der Verwertungsgesellschaften über die Bildrechte von mehr als 100’000 internationalen Künstlerinnen und Künstlern, was den Gedächtnisinstitutionen die Werkvermittlung erleichtert.

IV. Konstellationen und Kontext (L bis U)


Leistungsschutz

49

Denken Sie über den urheberrechtlichen Werkbegriff hinaus, falls Sie Audios oder Videos produzieren oder distribuieren.
Dem Urheberrecht benachbarte Rechte (Leistungsschutzrechte, verwandte Schutzrechte, Nachbarrechte) kommen hinzu und werden selbständig verwertet, ohne dass eine individuelle geistige Kreation vorausgesetzt wird. Träger der Leistungsschutzrechte sind die Produzenten von Ton- und Filmaufnahmen und von Sendungen sowie die ausübenden Kunstschaffenden (Musikerinnen, Schauspieler, Sprecherinnen).

50

An die Leistungsschutzrechte sollte denken, wer visuelle Kunst als Video herstellt oder vermittelt. In der softwaregestützten Audio- und Videoproduktion entstehen Werke (Urheberrechte im engeren Sinn), und zugleich Produzentenrechte und oftmals Interpretationsrechte (Leistungsschutzrechte). Man erwähnt die Rechte beim Lizenzieren, damit sie nicht vergessen gehen und später überraschend auftauchen.

51

Als zuständige Verwertungsgesellschaft kümmert sich SWISSPERFORM um die Leistungsschutzrechte und verteilt gesetzliche Vergütungen, was aber aus statistischen Gründen nicht Kunstinstallationen und -inszenierungen berücksichtigt, sondern die Musik- und Filmproduktion und die ausübenden Berufe. Am Rande zu erwähnen sind rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, die für Bildrechte relevant, aber nicht im Urheberrechtsgesetz enthalten sind: die Hausordnung eines Veranstalters oder Lokalinhabers von Event- und Ausstellungsräumen und die Nutzungsbedingungen von Internetplattformen. Entsprechende Regelwerke können z.B. das Fotografieren von Kunstwerken untersagen (Besuchsordnung eines Museums) oder Prozeduren zur Klärung von Urheberrechten anbieten (ContentID von YouTube).


Miturheberschaft

52

Klären Sie die Auswirkungen eines gemeinsamen Werkschaffens.
Man kann Werke zu zweit oder als Gruppe herstellen. Dann gehören die Urheberrechte mehreren Personen gemeinsam. Wenn sich die Beiträge nicht gesondert verwerten lassen, brauchen Rechtsgeschäfte über die Distribution die Zustimmung aller. Man kann die Rechtsdurchsetzung individuell betreuen, aber der Erfolg geht an alle gemeinsam.

53

Die Regelung des Nachlasses kann problematisch sein, was sich durch die gemeinsame Übertragung der Rechte an eine Person oder Organisation bewältigen lässt, oder man regelt die Verwaltung, Vertretung und Verwertung in einem Miturhebervertrag. ProLitteris und andere Verwertungsgesellschaften verlangen von mehreren Rechteinhabenden am gleichen Werk eine gemeinsame Vertretung, die gegenüber der Verwertungsgesellschaft in eigenem Namen auftritt und Vergütungen annimmt. So wird die Aufteilung oder gar Zersplitterung auf mehrere Rechtsbeziehungen vermieden. Das ist in der Praxis von Bedeutung für die Teilnahme an den Verteilungen der Gesetzlichen Vergütungen aufgrund von Werkmeldungen und für die Mitwirkung im Verwertungsbereich Art (Bildrechte, Abbilden von Kunstwerken), namentlich wenn dort eine besondere Einwilligung nötig ist, weil qualifizierte Nutzungen nachgefragt werden.


Nachlass

54

Organisieren Sie die Zukunft rechtzeitig und rechtssicher.
Ein Werk und seine Urheberrechte leben über den Tod der schaffenden Person hinaus. Die Werkexemplare und die Bildrechte sind, je separat, Vermögenswerte, die sich als Erbschaft oder Vermächtnis definieren lassen, sofern sie nicht bereits zu Lebzeiten übertragen werden.

55

Die Pflege und posthume Veröffentlichung von Werkexemplaren ist das eine, die Rechte sind das andere. Es droht eine unnötige Zersplitterung der Rechte, wenn man nichts regelt oder unkoordiniert mehrere Empfänger berücksichtigt, oder – immer folgenschwer – wenn neue Erbberechtigte auftauchen. Erschwerend wirkt es sich aus, dass Werkkategorien wie Texte, Bilder, Musik und Film ab Entstehung der Werke unterschiedlichen Wertschöpfungsketten folgen, und dass in Werken verbundene Rechte bei verschiedenen Trägern entstanden sind (z.B. Leistungsschutz oder Miturheberschaft).

56

Die betraglich überschaubaren à Gesetzlichen Vergütungen einer Verwertungsgesellschaft müssen einer einzigen Erbin, einem einzigen Erben oder, im Fall einer Mehrheit von Erben oder einer unverteilten Erbschaft, einer gemeinsamen Vertretung zugewiesen werden. Die Mitgliedschaft und der Verwertungsvertrag mit ProLitteris als Verwertungsgesellschaft gehen automatisch an die Erben über, aber ProLitteris verteilt Vergütungen nicht auf mehrere Rechteinhabende mit Verwertungsvertrag. Zu Lebzeiten hält sich die Verwertungsgesellschaft der Einfachheit halber immer an die lebende Autorschaft. Eine gemeinsame Vertretung durch eine Vertrauensperson bietet die Gelegenheit, die Distribution und die Einwilligung in Werknutzungen an einer Stelle zu bestimmen.


Orphan Works

57

Bedienen Sie sich an verwaisten Werken in öffentlichen Sammlungen.
In der letzten Urheberrechtsrevision wurde das Problem gelöst, dass Rechteinhabende unbekannt oder unauffindbar sein können. Heute kann ein verwaistes Werk mit einer gesetzlichen Lizenz und einer Gesetzlichen Vergütung (5 Franken bis 240 Franken) genutzt werden, sofern es sich in einer Sammlung befindet, die eine staatliche Trägerschaft hat oder öffentlich zugänglich ist. Die Lizenz ist in einem offiziellen Tarif geregelt, dem Gemeinsamen Tarif 13. Lizenzgeberin ist die Verwertungsgesellschaft ProLitteris. Der GT 13 definiert die notwendige Recherche und die Schwelle, ab wann für zahlreiche Werke eine erweiterte Kollektivlizenz eingeholt werden kann. Diesfalls entfällt die Recherche, und die Bedingungen sind im Ermessen der Verwertungsgesellschaft verhandelbar. ProLitteris hat erste erweiterte Kollektivlizenzen für Archivöffnungen von Gedächtnisinstitutionen abgeschlossen.


Persönlichkeitsschutz

58

Respektieren Sie die Rechte identifizierbarer Personen.
In Texten und Bildern können Personen und Personendaten vorkommen, die sich auf bestimmte Menschen beziehen. In Fotografien können neben Urheberrechten von Personen, deren Werke sichtbar sind, auch Persönlichkeitsrechte von abgebildeten Personen enthalten sein. In Ermangelung einer Einwilligung hängt die Zulässigkeit von der öffentlichen Bedeutung der erkennbaren Person ab, vom Sachverhalt und Kontext der Abbildung und von der Frage, ob die Darstellung irreführend oder herabsetzend ist, und ob verletzende Tatsachen oder Meinungen im öffentlichen Interesse geäussert werden. Die beiläufige Abbildung einer Person im öffentlichen Raum ist eher zulässig als ein gezieltes Porträt.

59

Persönlichkeitsrechte beziehen sich auf drei separate Schutzobjekte:

  • Das erste Schutzobjekt ist die Ehre, der gute Ruf, das Ansehen als anständiger Mensch mit einer intakten beruflichen und gesellschaftlichen Würde.
  • Das zweite Schutzobjekt ist die Privatheit, als Zustand des In-Ruhe-Gelassen-Werdens, mit drei Praxisregeln: Absoluter Schutz im Bereich der Intimsphäre (z.B. Sexualität und Gesundheit), weitgehender Schutz im Bereich der Privatsphäre (menschliche Beziehungen, persönliche Verhältnisse), geringer Schutz im Bereich der Öffentlichkeitssphäre (das allgemein wahrnehmbare Leben und Verhalten einer Person, soweit die Öffentlichkeit selbst gesucht wurde oder politisch relevant ist).
  • Das dritte Schutzobjekt ist das eigene Wort, das eigene Bild, die eigene Biografie und Identität, hier wird der Persönlichkeitsschutz zum Datenschutz.
60

Die betroffene Person kann, wie in der Rechtsordnung üblich, auf ihre Persönlichkeitsrechte im Einzelfall verzichten, allerdings darf sie eine solche Zustimmung in eine gravierende Verletzung der eigenen Ehre, Privatsphäre oder Identität widerrufen – was bei Bedarf hohe Anforderungen an die Gestaltung und Verbindlichkeit dieser besonderen Form der Einwilligung stellt.

61

Eine andere, indirekte Ausprägung des Persönlichkeitsschutzes sind diejenigen höchstpersönlichen Rechte, die im Urheberrechtsgesetz (URG) geregelt sind. Zur Autorschaft gehört das unveräusserliche Recht, beim Werk mit Copyright-Hinweis genannt zu werden, sofern dies praktisch nicht ausgeschlossen ist (kleiner Raum der Abbildung, Presse- und Gebrauchsfotografie, Ghostwriting).

62

Zu den urheberrechtlichen Persönlichkeitsrechten gehört auch, dass man gegen entstellende Verwendungen auch nach der Distribution des Werks vorgehen darf. Eine unzulässige, das heisst einwilligungspflichtige Entstellung kann durch Eingriffe ins Werk entstehen oder durch den Zusammenhang, in dem es präsentiert wird. Eine urheberrechtliche Sonderbestimmung betrifft Originale der bildenden Kunst: Die Eigentümer dürfen sie nicht zerstören, ohne der Urheberin vorher die Rücknahme anzubieten oder die Nachbildung des Originalexemplars zu ermöglichen; bei Bauwerken können vor der Zerstörung Pläne herausverlangt und Fotos gemacht werden.


Quellenangaben

63

Informieren Sie über die Herkunft und Beschaffenheit des Werkexemplars. Neben dem Copyright-Hinweis sind weitere Informationen wichtig, welche über die Autorschaft und die Bildrechte hinausgehen. Auch sie gehören ans Werkexemplar, hinters oder aufs Werk oder zum Werk, was immer besonders dauerhaft und kundenfreundlich erscheint, und gleichlautend in die Buchführung. Informationen schützen nicht nur Rechte, sondern auch Marktwert und Vertrauen. Für Akteure der Kulturvermittlung dokumentieren solche Informationen ihre Rechtsbefolgung und Professionalität.

64

Ein Dokument, welches das Werkexemplar begleitet und die vorbehaltenen Rechte erwähnt, ist das Zertifikat. Für Unikate und Serienwerke enthält es qualitative Informationen über ihre Beschaffenheit, Auflagen, Druckserien und gegebenenfalls Überarbeitung der Drucke. Digitalisaten gibt man eine aussagekräftige Dateibezeichnung, verbindet dokumentiert die technischen Angaben und gestaltet sie, bei Bedarf, als qualifizierte Datei in Form eines «non-fungible token» (NFT).

65

Zertifikate können später helfen, Rechte im Ausland geltend zu machen, z.B. das Ausstellungsrecht und das Folgerecht (droit de suite) in denjenigen Ländern, welche die Einwilligung zur öffentlichen Ausstellung bzw. die gesetzliche Ertragsbeteiligung beim Weiterkauf kennen. Nutzungsbestimmungen und Metadaten helfen auch bei der Rechtsdurchsetzung. Wenn sich in einem Werkexemplar mehrere Werkkategorien und Werke übereinanderschichten (z.B. fotografiertes Kunstwerk, übersetzter Text, audiovisuelles Werk) sowie im Fall der Miturheberschaft braucht es aufwändigere Quellenangaben. In der Wissenschaft, im Verlagswesen und in der Kulturvermittlung sind zusätzlich Informationen zum Ort üblich, an dem ein Werkexemplar vorhanden ist und konsultiert werden kann.


Rechtsdurchsetzung

66

Sprechen Sie unautorisierte Nutzungen mit Hinweis auf das Urheberrecht an und prüfen Sie ein zivilrechtliches, ausnahmsweise auch ein strafrechtliches Vorgehen.
Eine Verletzung von Urheberrechten ist eine Nutzung eines geschützten Werks oder einer geschützten Leistung ohne Einwilligung und ohne Freiheit. Dagegen vorgehen kann, wer die Rechte hat, auf eine unautorisierte Nutzung stösst oder jemanden einer solchen verdächtigt.

67

Ein praktisches Vorgehen umfasst drei Schritte:

  1. Man orientiert schriftlich und präzis über die eigene Inhaberschaft der Rechte und darüber, was man beobachtet hat oder vermutet, mit der Bitte um Aufklärung, woraus die nutzende Person die Berechtigung ableitet, die Bilder zu nutzen. Man kann sich dabei alle Rechte vorbehalten, muss aber noch keine Androhungen aussprechen (aber darf natürlich).
  2. Man entscheidet nach Erhalt oder Ausbleiben der Antwort, welche Rechte man geltend macht, namentlich die Beseitigung, künftige Unterlassung und Ersatzleistung. Man entscheidet in diesem Zeitpunkt auch, ob man rechtlich vorgehen will, und droht rechtliche Schritte ausdrücklich an. Es empfiehlt sich, die Chancen und Risiken, den Aufwand und Ertrag realistisch einzuschätzen. Neben der rechtlichen Betrachtung sollte man sich vorstellen, wie eine Richterin oder ein Richter die Sache beurteilen dürfte. Wie jüngere Urheberrechtsfälle zeigen, kann man eine Klage aus verschiedenen Gründen verlieren, stets mit dem Nachteil erheblicher Kosten, und dazu hat man dem Rechtsgebiet womöglich einen Bärendienst erwiesen.
  3. Falls die Forderungen nicht anerkannt werden oder ein Kompromiss gelingt (sogenannter Vergleich), bleibt nichts mehr anderes, als die Sache auf sich beruhen zu lassen oder eine zivilrechtliche Forderung klageweise geltend zu machen, beginnend möglicherweise mit einer Betreibung. Ausnahmsweise, bei sicherem Vorsatz des Nutzers, kommt eine Strafanzeige infrage. Eine Strafuntersuchung wird allerdings nur für offensichtliche Fälle mit einer gewissen Schwere eröffnet. Vorsicht ist geboten, wenn die angegriffene Person eine Einwilligung geltend machen könnte, eine Lizenz. Die lizenzgebende Person haftet grundsätzlich für die Rechtseinräumung, die sie vermeintlich versprochen hat. Spätestens an diesem Punkt ist eine fachkundige Beratung unumgänglich.

 


Schutzdauer

68

Beachten Sie die zeitliche Begrenzung der Urheberrechte.
Anders als das Eigentum an Werkexemplaren ist das Eigentum am Werk als individuelle geistige Kreation zeitlich begrenzt. Mit Ablauf der Schutzdauer erlöschen die Bildrechte, das Werk oder die Leistung ist lizenzfrei und somit nutzbar ohne Einwilligung. Die Schutzdauer für die Schutzobjekte des Urheberrechtsgesetzes beträgt 70 oder 50 Jahre mit unterschiedlichem Anfang je nach Art des Schutzrechtes (Urheberrecht oder Leistungsschutzrecht). Die Schutzdauer endet immer am 31. Dezember des letzten Jahres. Hier sind die Regeln: Für Werke ist die gesetzliche Schutzdauer 70 Jahre bzw. 50 Jahre für Computerprogramme ab Tod des Urhebers, ausser für nicht-individuelle Fotografien (Lichtbild ohne kreative Gestaltung), welche 50 Jahre ab Herstellung geschützt sind.

69

Eine Veröffentlichung ist für die Schutzdauer nicht massgebend, wird aber für die Nutzung von Fotos als verwaiste Werke vorausgesetzt. Die gesetzliche Schutzdauer ist für Leistungsschutz 70 Jahre (Interpreten) bzw. 50 Jahre (Produktionen und Sendungen) ab Veröffentlichung, ausnahmsweise ab Herstellung dann, wenn keine Veröffentlichung stattgefunden hat. Nach Ablauf der Schutzdauer sind Werke und Leistungen gemeinfrei (Public Domain). Bei Miturheberschaft ist der Tod des zuletzt sterbenden Urhebers massgebend, ausser wenn sich die Beiträge trennen lassen. Für Filmwerke ist immer der Regisseur entscheidend. Für unbekannte Urheber erlischt der Schutz 70 Jahre nach der Veröffentlichung.


Technologie

70

Verfolgen Sie das Internet und die technische Entwicklung.
Lange Zeit waren Innovationen für das Urheberrecht eine Chance. Der Buchdruck führte zum ersten Copyright-Gesetz in England. Die europäischen Bühnen beflügelten das Droit d’Auteur nach französischer Prägung. Die weltweite Musiknutzung legte den Grundstein für Verwertungsgesellschaften. Radio und Fernsehen sorgten für Nutzungen über Funk und Kabel. Vervielfältigungsgeräte dokumentierten Wissen und Unterhaltung und riefen die Geräteabgaben und Kopiervergütungen ins Leben. Computer traten erst als Rechner in Erscheinung, dann als Speicher und schliesslich als vernetzte Kommunikations- und Unterhaltungsmaschinen. Seit der Jahrtausendwende stellen Server im Internet alle möglichen Inhalte bereit, um auf einem Standardgerät mit Standardbildschirm interaktiv genutzt zu werden.

71

In jüngerer Zeit zeichneten sich Fortschritte oft dadurch aus, dass sie Urheberrechte ignorierten oder umgingen. Das dezentrale und staatenlose Internet ermöglicht eine anonyme Distribution ohne Autorschaft, ohne Bildrechte, ohne Copyright-Hinweis, ohne Einwilligung und ohne Honorar. Spezifisch im Urheberrecht warf die Kombination von Software und Internet zahllose Werkzeuge ins Spiel, um Inhalte massenhaft zu kopieren, zu bearbeiten und zu publizieren, mit gezielter Vermeidung von Geschäftskontakten und Zahlungsverbindungen zu denjenigen, die Werke und Leistungen geschaffen, finanziert und ursprünglich publiziert haben. Die heutigen Chatbots und Bildgeneratoren potenzieren diese Risiken, weil ihr Output den Markt für professionelle menschliche Kreationen überschwemmt und Missbräuche begünstigt, während bestehende Werke ungefragt und unbezahlt als Rohstoff genutzt werden.

72

Noch fehlt es für Verhandlungen und Vergütungen an der notwendigen Rechtssicherheit und den Rechtsgrundlagen. Als Sowieso-Problem ist die Rechtsdurchsetzung zusätzlich erschwert dadurch, dass die Verletzenden entweder weltweit kaum erreichbare Täter oder eine breite Masse gesichts- und verantwortungsloser Konsumnutzerinnen sind. Generative KI-Systeme stellen frühere Internettrends in den Schatten: Portale, Indexierung, Suchmaschinen, Content-Aggregation und -Kuration, Framing und Embedding, Snippets, Social Media, Streamingplattformen, Blockchain und NFT, Metaverse – all dies ist viel weniger gravierend als die künstliche Intelligenz, wie sie heute heranwächst. Sie entkoppelt die Substanz von der Nutzung. Der Wert von Texten, Bildern, Audios und Videos wird grundsätzlich infrage gestellt, in einer Zeit, in der gelebte Verantwortung, professionelle Vielfalt und gesellschaftlicher Zusammenhalt für die Kommunikations- und Kulturlandschaft besonders wichtig sind.

Urheberrechtspolitik

73

Stehen Sie ein für Rechte und ihre Durchsetzung, aber auch für Nutzungsmöglichkeiten inklusive künstliche Intelligenz.
Eine kohärente Urheberrechtspolitik für Bildwerke beginnt bei der Autorschaft und den Bildrechten, beharrt situativ auf dem Copyright-Hinweis und der Trennung der Distribution eines Werkexemplars und der Einwilligung in die Werknutzung. Gewährt das Gesetz stattdessen Freiheiten, muss es enge Grenzen setzen, in der Regel eine Gesetzliche Vergütung vorsehen, damit unter anderen eine Verwertungsgesellschaft wie ProLitteris Rechte effizient und effektiv zentral verwalten kann. Eine Errungenschaft ist dabei das partizipative Tarifverfahren (Zusammenarbeit), welches einen zumindest moderaten Ertrag sichert (Yield) und die internationale Dimension wenigstens berücksichtigen kann (Xenophilie).

74

Angesichts der Technologie darf von den Rechteinhabenden und den Rechtenutzenden Realitätssinn und Kompromissbereitschaft erwartet werden, auch mit künstlicher Intelligenz. Ein Musterbeispiel sind die bewährten Kopiervergütungen für Interne Nutzungen in Schulen und Organisationen: Sie kombinieren das Analogzeitalter mit der Digitalisierung, stützen sich auf sozialwissenschaftlich bewiesene Kopiermengen und sind in kompakten Preislisten geregelt.

75

Über das Urheberrecht hinaus hat der europäische Rechtsrahmen in den letzten Jahren eine Serie von Digitalgesetzen hervorgebracht, an welchen sich die Schweiz für eine KI-Regulierung, Plattformregulierung und Stärkung der Urheberrechte und Rechtsdurchsetzung orientieren kann. Der spielerische, attraktive und manchmal schamlose Weg generativer KI-Systeme muss einer demokratischen, liberalen und sozialen Rechtsordnung unterliegen, die neue Technologie berücksichtigt und Zusammenarbeit begünstigt. Trainieren und Abrufen durch künstliche Intelligenz sind als urheberrechtliche Nutzungen zu qualifizieren und zu vergüten, durch individuelles oder kollektives Lizenzieren, mit der Möglichkeit des aktiven Einwilligens oder des Ausscheidens von Rechteinhabenden mindestens durch Widerspruch, sogenanntes Opting-out. Im geltenden Urheberrechtsgesetz sind taugliche Beispiele solcher Lizenzmodelle vorhanden; zusätzliche Massnahmen und Präzisierungen sind machbar.

V. Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften (V bis Z)


Verwertungsgesellschaft

76

Schliessen Sie sich an und schliessen Sie Lizenzverträge ab.
Bildende Künstler, Fotografinnen, Zeichner und Illustratorinnen können sich wie alle Bild- und Textschaffenden bei ProLitteris registrieren. Es ist kostenlos, und die Mitgliedschaft bietet, über die Vergütungen hinaus, eine Teilnahme an der Willensbildung der Genossenschaft und an den Sozialleistungen. Die Bedingungen für Verwertungsvertrag und Mitgliedschaft stehen einheitlich in den Statuten und in den Verwertungsbedingungen. Soweit Nutzungen der eigenen Werke statistisch wahrscheinlich sind, erhält man nach den Voraussetzungen im Verteilungsreglement Gesetzliche Vergütungen in der Hauptverteilung jeden September, bestehend aus den Verteilungen Print, Online und Broadcast. Von Künstlerinnen, Autoren und Verlagen werden korrekte und vollständige Werkmeldungen verlangt. Zudem kann man für konkrete Nutzungen von Kunstwerken (Bereich Art) und von Texten in Sendungen (Bereich Audio) vertragliche Vergütungen erhalten, da ProLitteris nicht nur in der obligatorischen, sondern auch in der freiwilligen Kollektivverwertung tätig ist. Für Bildrechte lizenziert ProLitteris selbständig, solange es sich nicht um qualifizierte Nutzungen handelt (Monografien, Merchandising, Massennutzungen, Grossformate, Werbematerial, Bearbeitungen), welche stets eine Konsultation der Rechteinhabenden auslösen.

77

Die Verwertungsgesellschaften verfügen über keine Bilddatenbanken, sie verwerten nur die Rechte, beruhen also auf der Trennung zwischen Distribution der Werkexemplare und Einwilligung für Urheberrechte. Die Sozialleistungen der Fürsorge-Stiftung von ProLitteris umfassen eine Altersrente für langjährige Mitglieder mit minimaler Vergütungssumme und geringem Einkommen und eine Nothilfe in akuter finanzieller Bedrängnis. Hinzu kommen Beiträge für kulturelle Projekte der Stiftung Kulturfonds und die jährliche Verleihung des ProLitteris-Preises.

Werkmeldungen

78

Interessieren Sie sich für die Verteilungssummen der Verwertungsgesellschaften.
Um Kopiervergütungen und andere Gesetzliche Vergütungen für veröffentlichte Texte und Bilder zu erhalten, deklarieren Urheber und Urheberinnen, Erben und Verlage ihre Werke im ProLitteris-Portal.

79

Für Sprachwerke und Bildwerke verteilt die Verwertungsgesellschaft Gesetzliche Vergütungen zunächst in Quoten (für andere Verwertungsgesellschaften, für Sendeunternehmen und Nachrichtenagenturen) und dann giesskannenartig in drei Verteilungen mit Auszahlung jeden September.

  1. Die Verteilung Print berücksichtigt Texte und Bilder in gedruckten Büchern mit ISBN und in Zeitschriften mit ISSN.
  2. Die Verteilung Online berücksichtigt Texte im Internet mit oder ohne Bilder, sofern der Verlag eine Zählmarke von ProLitteris beim Webseitentext einbaut und mehr als 1000 jährliche Zugriffe zählt und die Urheber vollständig deklariert.
  3. Die Verteilung Broadcast berücksichtigt Werknutzungen an Radio und Fernsehen, die der Rechteinhabende selbst mit Programminformationen, Dauer und Titel im ProLitteris-Portal deklarieren kann.
80

Für Urheberinnen, Verlage und Erben von Urhebern gilt eine verbindliche jährliche Frist bis Januar (gedruckte Bücher und Zeitschriften sowie Radio-/TV-Ausstrahlungen) beziehungsweise bis Mai (Werke im Internet, sofern der Betreiber der Website die technischen Bedingungen von ProLitteris erfüllt hat). Im Vordergrund der Hauptverteilung stehen wissenschaftliche und journalistische Publikationen und Werke eines Verlags, die im Vorjahr publiziert waren, genügend verbreitet und statistisch gesehen genutzt wurden. Aber auch Belletristik, Kunstbücher und Special-Interest-Publikationen kommen zum Zug. Die Erläuterungen sind auf der Website von ProLitteris zu finden.


Xenophilie (Internationalität)

81

Denken Sie an weltweite Nutzungen.
Das Urheberrecht und das geistige Eigentum sind international. Das Rechtsgebiet wird getragen von Staatsverträgen wie der Berner Konvention und den WIPO-Staatsverträgen. Das Urheberrecht ist im Vergleich mit anderen Rechtsgebieten standardisiert. Die international vernetzte Tätigkeit von Verwertungsgesellschaften in fast allen Ländern bewältigt den Umstand, dass die Nutzung von Urheberrechten nicht an Landesgrenzen Halt macht. ProLitteris deckt mit ihren Tarifen Nutzungen in der Schweiz und im Ausland ab, lizenziert Kunstwerke aus dem Weltrepertoire und bewirtschaftet Verträge mit Dutzenden ausländischer Copyright Management Organisations (CMO).

82

Weniger gut gelöst ist die internationale Rechtsdurchsetzung. Je entfernter ein Nationalstaat und seine Rechtskultur, desto schwieriger haben es Urheberrechte vor Ort, und die Technologie erlaubt es Rechtsverletzenden, dieses Gefälle für sich zu nutzen. Die Verwertungsgesellschaften sorgen für eine ständige Zusammenarbeit im Dachverband CISAC (Confédération internationale des sociétés d’auteurs et compositeurs) und in weiteren Organisationen, die sich um die materiellen und moralischen Interessen der Kreativschaffenden kümmern.


Yield (Ertragsprinzip)

83

Sorgen Sie für Erträge aus Urheberrechten und für das vergütete Publizierens von Sprach- und Bildwerken.
Ohne Yield (Ertrag) wären Bildrechte ökonomisch leer. Ein nutzungs- und vergütungsfreundliches Urheberrecht finanziert das Literatur-, Kunst- und Kulturschaffen, neben der Distribution von Werkexemplaren und den begleitenden Transfer der Werte, die in einem Werk verkörpert sind und mit einem Honorar anerkannt werden.

84

Das Urheberrecht ist gerade keine Kulturförderung, sondern unterstützt die privatwirtschaftliche Selbstfinanzierung. Auch wenn das Copyright in der Gesellschaft und Politik manchmal als Problem thematisiert wird – Rücksichtnahme und Informationen, Kosten und Abläufe sind unvermeidlich –, so wird es für Verwerfungen im Internet heute zunehmend zur Lösung. Dies besonders in der Form einer kollektiven Verwertung mit zentralen Verwertungsgesellschaften, weil so die Transaktionskosten und die Bürokratie abnehmen, und zwar mit unschlagbarer Transparenz, Gleichbehandlung, Rechtssicherheit und Verteilungsgerechtigkeit.

85

Ein Ideal des Urheberrechts besteht darin, dass Autorinnen und Künstler an der späteren Wertschöpfung beteiligt sind, welche Geschäftsmodelle dies auch immer sind, und ob die Rechteinhabenden daran persönlich mitwirken oder nicht. Dem Dilemma der Technologie lässt sich so begegnen, und alle anderen Lösungsansätze würden das Urheberrecht durch mehr staatliche Förderung von Medien, Wissenschaft, Bildung und Kunst substituieren.

86

Urheberrechtliche Vergütungen sind ökonomisch berechtigt, obwohl das Werk bereits da ist, und obwohl es durch eine Nutzung unangetastet bleibt und vielleicht wertvoller wird. Die Ertragsbeteiligung ist eine Konsequenz des geistigen Eigentums und letztlich des Erfolgs, man denke modellhaft an Patente, Handelsmarken und Designs, oder an die Vermarktung der Persönlichkeitsrechte von Starts und Sportlern. Der Wert eines Werks zeigt sich daran, dass eine Nutzung stattfindet, die eine Einwilligung benötigt, weil das Gesetz zum Schutz der Verwertung keine Freiheit dafür bereitstellt. Auch der Journalismus und die Kulturvermittlung sowie die Technologie und Wissenschaft sollten das Prinzip der Vergütung und Ertragsbeteiligung hochhalten, denn für praktisch alle anderen Ressourcen ihrer Tätigkeit bezahlen diese Akteure auch, und sie selbst stützen ihre Tätigkeit auf Beteiligung und Wertschätzung – und auf geistiges Eigentum.


Zusammenarbeit

87

Vernetzen Sie sich mit den Organisationen und Interessierten rund um die Themen Autorschaft und Urheberrecht.
Es gibt andere Rechtsgebiete wie die Kulturförderung, die soziale Sicherheit oder der Datenschutz, in welchen fragile Probleme und Positionen zum Alltag gehören. Nicht jeder Anspruch lässt sich immer durchsetzen, isolierte Aktionen können zum Bumerang werden, und erst ein gemeinsames Verständnis aller Akteure erzeugt belastbare Qualitäten und Lösungen.

88

Das Urheberrecht ist eine im Kern einfache, im Detail aber komplizierte Materie. Eine Schlüsselfunktion übt in der Schweiz eine Bundesbehörde aus, das Institut für Geistiges Eigentum (IGE). Es ist die eidgenössische Fachbehörde für Immaterialgüterrecht, beherbergt herausragende Experten für Urheberrecht und agiert als Aufsichtsbehörde über Verwertungsgesellschaften. Diese sind unter sich und überdies mit Berufsverbänden und Branchenorganisationen in der Literatur und Kunst verbunden, z.B. mit Visarte, dem Berufsverband für visuelle Kunst.

89

Suisseculture ist das Dach aller Verbände der Kulturschaffenden und Swisscopyright das Dach der fünf schweizerischen Verwertungsgesellschaften. Hinzu kommen bewährte Beziehungen zu Organisationen der Wirtschaft, Bildung, Kulturvermittlung, Technologie und Wissenschaft. Einen Steigbügel dafür bietet das Urheberrechtsgesetz selbst, denn es schreibt vor, dass Tarife über Gesetzliche Vergütungen verhandelt und behördlich geprüft werden. Die Verhandlungspflicht legt den Grundstein für eine Partnerschaft zwischen Verwertungsgesellschaften wie ProLitteris und Nutzerverbänden wie dem Schweizerischen Gewerbeverband oder dem DUN, Dachverband der Urheber- und Nachbarrechtsnutzer. So treffen im Gebiet des Copyrights regelmässig Expertinnen und Interessenvertreter der Nutzerseite mit Vertretern der Rechteinhaberseite aufeinander. Man kann, aber muss sich nicht einigen, denn letztlich entscheiden eine paritätische Schiedskommission und notfalls die Gerichte.

90

Die Schweiz verfügt mit den Gemeinsamen Tarifen (GT) über ein im internationalen Vergleich besonders effizientes System. Kompakte und klare Tarife wie die GT 7 und GT 8 für Kopiervergütungen (Interne Nutzungen) oder der GT 13 für verwaiste Werke (Orphan Works) wären ohne Kooperation und Koordination nicht möglich. Ist ein Tarif in Kraft, ist er für alle verbindlich und wird rundherum respektiert, bis zur nächsten Tarifrevision, die alle paar Jahre stattfindet. Das Tarifverfahren ist ein Trumpf im schweizerischen Urheberrecht, das Bildwerke heute und morgen von A bis Z unterstützen kann.

image_print

Kommentar schreiben

Über uns

Medialex ist die schweizerische Fachzeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht. Sie erscheint als Newsletter im Monatsrhythmus (10x jährlich), open access, und enthält Untersuchungen und Brennpunkte zu medienrechtlichen Themen, aktuelle Urteile mit Anmerkungen, Hinweise auf neue medien- und kommunikationsrechtliche Urteile, UBI-Entscheide und Presseratsstellungnahmen sowie auf neue wissenschaftliche Publikationen und Entwicklungen in der Rechtsetzung.

Vernetzen