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Drei Beiträge zum Öffentlichkeitsprinzip

Liebe Leserin, lieber Leser Im Zentrum des aktuellen Newsletters steht das Öffentlichkeitsprinzip. Wir eröffnen die Serie der Übersichten über die medienrechtlich relevanten Entscheide des vergangenen Jahres mit der Praxis zum Öffentlichkeitsgesetz des Bundes (BGÖ). Im Beitrag «Erneut Spezialbestimmungen und der Schutz aussenpolitischer Interessen im Fokus» analysiert MLaw Daniel Ladanie-Kämpfer die wesentlichen Urteile des Bundes- und des Bundesverwaltungsgerichts des Jahres 2023. Die Prüfung vermeintlicher Spezialbestimmungen, die dem Zugangsrecht nach BGÖ vorgehen, scheint den Gerichten gelegentlich noch Schwierigkeiten zu bereiten. Teilweise kommt es hier zu latenten Widersprüchen in der Rechtsprechung. Hingegen festigten die Gerichte ihre Praxis zum Schutz der aussenpolitischen Interessen und der internationalen Beziehungen der Schweiz. Dabei üben sie im Einklang mit ihrer ständigen Praxis eine gewisse Zurückhaltung bei der Überprüfung von Entscheiden vorwiegend aussenpolitischen Gehalts, zeigen zugleich aber auch deutlich auf, dass diese Zurückhaltung nicht als Freipass der Behörden für eine willkürliche Anwendung der entsprechenden Ausnahmebestimmung verstanden werden darf.

Bereits ein aktuelles Urteil zum Öffentlichkeitsgesetz aus diesem Jahr besprechen die Rechtsanwältinnen Anna Katharina Burri und Rahel Breitschmid im Beitrag «Fedpol muss nicht offenlegen, ob ein Vertrag mit einem GovWare-Entwickler besteht». Das Urteil A-1310/2022 des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Januar 2024 geht auf die Medienberichterstattung über den möglichen Einsatz einer israelischen Überwachungssoftware (sog. GovWare) durch Schweizer Behörden zurück. Ein Anwalt beantragte beim Bundesamt für Polizei (fedpol) Zugang zum Vertrag mit der israelischen NSO Group über die Nutzung jeglicher von dieser entwickelten Software. Das fedpol verweigerte dies, und sein Entscheid wurde vom Bundesverwaltungsgericht geschützt. Dieses hielt fest, dass Rückschlüsse auf die verwendete GovWare behördliche Massnahmen beeinträchtigen und die Sicherheit der Schweiz gefährden könnte.

Im dritten Beitrag zum Öffentlichkeitsprinzip geht es um die Justizöffentlichkeit. In einem Anfang Jahr ergangenen Beschluss hob das Zürcher Obergericht einen Entscheid des Bezirksgerichts Zürich auf, mit dem die Öffentlichkeit von einer Strafverhandlung ausgeschlossen und die Gerichtberichterstattenden nur unter strengen Auflagen zugelassen wurden. Im Prozess ging es um sexuelle Handlungen mit Kindern. Den Medienschaffenden war auf Begehren des Beschuldigten hin verboten worden, dessen Zugehörigkeit zur (ultra-)orthodoxen jüdischen Gemeinde Zürichs zu nennen. Das Obergericht hob dieses Verbot auf. Dieses sei nicht erforderlich gewesen, um die Identifizierung der Verfahrensbeteiligten zu verhindern. In der Urteilsbesprechung unter dem Titel «Tatumfeld und Hintergründe sind für die Gerichtsberichterstattung essentiell» wird der Entscheid begrüsst, denn soweit Umfeld und Hintergründe einer Tat von mitentscheidender Bedeutung sind, müssen sie in einer gehaltvollen Gerichtsberichterstattung beleuchtet werden können.

Und hier noch ein Datum zum Vormerken: Der traditionelle «medialex»-Apéro findet dieses Jahr am Donnerstag, 31. Oktober, statt, und zwar wie immer ab 17.00 Uhr an der Universtitätstrasse 100 (ProLitteris) in Zürich. 

Wie üblich finden Sie unter «Aktuelle Entscheide» die Liste mit neu publizierten medienrechtlich relevanten Urteilen der Bundesgerichte, mit UBI-Entscheiden und den jüngsten Stellungnahmen des Presserats. Und «Neue Literatur» bietet Ihnen einen Überblick über neu erschienene wissenschaftliche Publikationen zum Medienrecht.

Der nächste Newsletter erscheint Anfang Mai 2024.
 Gute Lektüre wünscht Ihnen  Simon CanonicaRedaktor «Medialex» 

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Medialex ist die schweizerische Fachzeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht. Sie erscheint als Newsletter im Monatsrhythmus (10x jährlich), open access, und enthält Untersuchungen und Brennpunkte zu medienrechtlichen Themen, aktuelle Urteile mit Anmerkungen, Hinweise auf neue medien- und kommunikationsrechtliche Urteile, UBI-Entscheide und Presseratsstellungnahmen sowie auf neue wissenschaftliche Publikationen und Entwicklungen in der Rechtsetzung.

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