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Über die Arbeit des Presserates und über richterliche Auflagen an Medienschaffende

Liebe Leserin, lieber Leser Neu finden Sie auf unserer Website die Jahresübersicht 2023 zur Praxis des Schweizer Presserates. Im Beitrag «Künstliches Radio, Medienschaffende mit Hut, exponierte Klima-Kleber und das Ringen um Wahrheit» analysiert Rechtsanwalt Michael Schweizer die wichtigsten Stellungnahmen des Presserates, bei dem letztes Jahr über 100 Beschwerden eingingen – eine erneute Bestätigung der Bedeutung des medienethischen Wächtergremiums. Der Presserat ist aber nicht nur nachgelagerte Beschwerdeinstanz: In das Berichtsjahr fiel neben der Praxisänderung zur Publikation von Meinungsumfragen auch die Überarbeitung der Richtlinie zur Anhörung bei schweren Vorwürfen. Zudem prüfte der Presserat in einem strukturierten Prozess die Relevanz des heutigen Berufskodex im Lichte der Herausforderungen, welche der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Journalismus mit sich bringt. Der Prozess mündete 2024 in den Erlass eines KI-Leitfadens. Will der Presserat die medienethische Reflexion prägen, muss er medienrelevante Entwicklungen rasch, fundiert und öffentlichkeitswirksam begleiten können.

Mit dem April-Newsletter publizierte «medialex» die Besprechung eines Urteils des Zürcher Obergerichts (UH230287) zur Justizöffentlichkeit. Es ging dabei um eine von der Erstinstanz verfügte Auflage an die Gerichtsberichterstattenden, die Zugehörigkeit des im Prozess Beschuldigten zur (ultra-)orthodoxen jüdischen Gemeinde Zürichs nicht zu nennen. Das Obergericht hob dieses Verbot zwar auf, doch stellt Rechtsanwalt Simon Jakob in seinem Aufsatz «Schutz oder Zensur?» fest, dass die Arbeit der Medienschaffenden immer häufiger durch richterliche Auflagen erschwert wird. Dies störe die Balance zwischen dem Schutz der Privatsphäre und dem Informationsrecht der Öffentlichkeit. Besonders problematisch sei dies, schreibt der Autor, wenn Beschuldigte solche Auflagen verlangen würden, hätten diese doch selten schutzwürdige Interessen vorzuweisen. Er hält richterliche Auflagen in Bezug auf die Berichterstattung für verfassungswidrig, da sie gegen das explizite Zensurverbot der Bundesverfassung verstossen würden, und sieht eine dringende Notwendigkeit, die Anwendung von Art. 70 StPO kritisch zu überprüfen.

Im letzten Monat konnte Medialex unter der Rubrik «Ressourcen» die neu erschienene 21. Auflage des Skripts von Professor Franz Zeller zu seinen Lehrveranstaltungen an den Universitäten Bern und Basel zum öffentlichrechtlichen und internationalen Medienrecht ins Netz stellen. Das 375 Seiten starke Skript mit seinem riesigen Fundus an Beispielen und Urteilen ist nicht nur für Studierende äusserst erhellend, sondern auch für Praktikerinnen und Praktiker von grossem Nutzen.

Wie üblich finden Sie unter «Aktuelle Entscheide» die Liste mit neu publizierten medienrechtlich relevanten Urteilen der Bundesgerichte, mit UBI-Entscheiden und den jüngsten Stellungnahmen des Presserats. Und «Neue Literatur» bietet Ihnen einen Überblick über neu erschienene wissenschaftliche Publikationen zum Medienrecht.

Der nächste Newsletter erscheint Anfang Juni 2024.
 Gute Lektüre wünscht Ihnen  Simon CanonicaRedaktor «Medialex» 

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Und zur Erinnerung: Der traditionelle «medialex»-Apéro findet dieses Jahr am Donnerstag, 31. Oktober, statt, und zwar wie immer ab 17.00 Uhr an der Universtitätstrasse 100 (ProLitteris) in Zürich. 

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Medialex ist die schweizerische Fachzeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht. Sie erscheint als Newsletter im Monatsrhythmus (10x jährlich), open access, und enthält Untersuchungen und Brennpunkte zu medienrechtlichen Themen, aktuelle Urteile mit Anmerkungen, Hinweise auf neue medien- und kommunikationsrechtliche Urteile, UBI-Entscheide und Presseratsstellungnahmen sowie auf neue wissenschaftliche Publikationen und Entwicklungen in der Rechtsetzung.

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