Die Anforderungen an den Ausschluss der Öffentlichkeit sind streng

D

Der Grundsatz der Justizöffentlichkeit verpflichtet zu differenzierter Interessenabwägung mit Blick auf die Verhältnismässigkeit

Prof. Dr. Urs Saxer LL.M., Zürich

Résumé: L’arrêt de la Cour des plaintes du Tribunal pénal fédéral (BK 2019.12) rappelle à juste titre que les débats publics sont la règle et que le huis clos est une exception qui peut être proposée pour la protection de certains intérêts. Si le public peut, dans ces cas-là, être exclu, ce n’est toutefois pas le cas des représentants des médias accrédités au tribunal. La cour des plaintes du Tribunal pénal fédéral a estimé que même le principe de célérité ne représentait pas, dans ce cas, une restriction de la liberté de presse, notamment aussi en raison du fait que l’accusé ne se trouvait pas en détention préventive.

Zusammenfassung: Der Beschluss der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (BK 2019.12) macht zu Recht deutlich, dass die Öffentlichkeit der Verhandlung die Regel, der Ausschluss der Öffentlichkeit dagegen die Ausnahme darstellt und es im Licht der involvierten Interessen geboten sein kann, zum Schutz bestimmter Interessen wohl die Öffentlichkeit auszuschliessen, nicht aber die am Gericht akkreditierten Medienschaffenden. Die Beschwerdekammer befand, dass auch das Beschleunigungsgebot im vorliegenden Fall keine Beschränkung der Medienfreiheit rechtfertigen konnte, u.a. da der Beschuldigte nicht in Untersuchungshaft sass.

1  

Sachverhalt: 

A. Am 20. Juli 2016 erhob die Bundesanwaltschaft bei der Strafkammer des Bundesstrafgerichts Anklage gegen B. wegen Verdachts der Widerhandlung gegen Art. 273 StGB (qualifizierter wirtschaftlicher Nachrichtendienst), der Verletzung des Geschäftsgeheimnisses (Art 162 StGB), der Verletzung des Berufsgeheimnisses (Art. 47 BankG), der Geldwäscherei (Art. 305bis StGB) sowie des unerlaubten Munitionsbesitzes (Art. 33 Abs. 1 lit. a Waffengesetz) (act. 3.1).

B. Mit Eingabe an die Strafkammer vom 17. August 2017 beantragte B., er sei sachverständig zu begutachten, da gemäss eines psychiatrischen IV-Gutachtens von Dr. med. C. vom 9. März 2015 bei ihm eine schizoaffektive Störung diagnostiziert worden sei, welche zur Gewährung einer IV-Rente geführt habe. B. reichte der Strafkammer in diesem Zusammenhang einen Auszug aus dem betreffenden IV-Gutachten ein (act. 3.2). Die Strafkammer verfügte daraufhin am 22. August 2017 die sachverständige Untersuchung/Begutachtung von B. zur Abklärung seiner Verhandlungs- und der Schuldfähigkeit und beauftragte Dr. med. D., Oberärztin Forensisch Psychiatrische Klinik in Z., mit dessen Begutachtung. Gleichzeitig wurde B. eingeladen, die ihn seit 2010 behandelnden Ärzte von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden (vgl. act. 3 S. 2 unten).

C. B. erklärte mit Schreiben vom 29. August 2017, nicht bereit zu sein, die ihn behandelnden Ärzte generell von der Schweigepflicht zu befreien. Konkrete Entbindungsfragen der psychiatrischen Gutachterin würden jedoch geprüft und entsprechende Entbindungen allenfalls erteilt (act. 3.3).

D. Mit Schreiben vom 9. Januar 2018 erbat die Strafkammer B. um Entbindung vom Berufsgeheimnis von Dr. med. C. und allenfalls weiteren im IV-Verfahren involvierten Ärzten und Psychologen, nachdem tags zuvor Dr. med. D. bei der Strafkammer telefonisch um Einsicht in das vollständige, von Dr. med. C. erstellte IV-Gutachten vom 9. März 2015 ersucht habe (act. 3.4).

E. B. teilte der Strafkammer mit Schreiben vom 11. Januar 2018 mit, dass er Dr. med. C. nur dann von der ärztlichen Schweigepflicht entbinde, wenn das IV-Gutachten von Dr. med. C. anlässlich einer öffentlichen Verhandlung nicht zitiert werde und Dr. med. D. verpflichtet werde, das Gutachten nicht an Dritte weiterzugeben (act 3.5).

F. Mit prozessleitendem Beschluss und prozessleitender Verfügung vom 25. Januar 2018 beschloss die Strafkammer, anlässlich der Gerichtsverhandlung bei allfälligen Zitaten aus dem eingereichten/beigezogenen vollständigen IV-Gutachten vom 9. März 2015 über B. sowie bei einer allfälligen Befragung der psychiatrischen Gutachterin anlässlich der Gerichtsverhandlung die Öffentlichkeit auszuschliessen. Zur Begründung führte die Strafkammer aus, dass der bisher nicht aktenkundige Teil des IV-Gutachtens mutmasslich zusätzliche Angaben enthalte (z.B. betreffend Untersuchung/Exploration/Anamnese/Auskünfte Dritter usw.) und somit weitergehende (im bereits aktenkundigen Auszug des IV-Gutachtens nicht aufgeführte) persönliche Interessen von B. betreffe. Zum Schutz der persönlichen Interessen von B. sei anlässlich der Hauptverhandlung bei allfälligen Zitaten aus dem eingereichten bzw. beigezogenen vollständigen IV-Gutachten die Öffentlichkeit auszuschliessen. Ebenso habe eine allfällige Befragung der psychiatrischen Gutachterin an der Hauptverhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu erfolgen, da bei der Fragestellung an sie oder bei deren Aussage Zitate aus dem vollständigen IV-Gutachten möglich seien. Zudem fragte die Strafkammer B.
erneut an, ob er Dr. med. C., allfällig beigezogene Mitarbeiter und weitere im Zusammenhang mit dem IV-Verfahren involvierte Ärzte und Psychologen im vorliegenden Strafverfahren von der Schweigepflicht entbinde. Der Beschluss und die Verfügung wurden B., der Bundesanwaltschaft, der forensischen Psychiaterin und der Privatklägerin zugestellt (act. 3.6).

G. Mit Schreiben vom 1. Februar 2018 liess B. der Strafkammer eine von ihm am 31. Januar 2018 unterzeichnete Erklärung betreffend Entbindung von Dr. med. C., von ihm allenfalls beigezogene Mitarbeiter und sämtlichen im Zusammenhang mit dem IV-Verfahren involvierten Ärzte und Psychologen vom Berufsgeheimnis zukommen (act. 3.7).

H. Die Hauptverhandlung fand am 8. Januar 2019 statt. Anlässlich dieser informierte die Vorsitzende, dass gestützt auf den Beschluss bzw. die Verfügung vom 25. Januar 2018 die Öffentlichkeit von der Teilnahme an der Einvernahme von Dr. med. D. ausgeschlossen werde. Bei der fraglichen Einvernahme wurde das Publikum dementsprechend ausgeschlossen, und es erfolge keine Übertragung der Verhandlung in den Presseraum (vgl. Hauptverhandlungsprotokoll; act. 3.10 S. 3).

I. Gegen den Ausschluss der Öffentlichkeit von der Teilnahme an der Einvernahme von Dr. med. D. gelangt A., Medienschaffender [...], mit Beschwerde vom 15. Januar 2019 an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts und stellt folgende Anträge (act. 1):

«1. Auf die Beschwerde sei materiell einzutreten.

2. Es sei die Anordnung des teilweisen Ausschlusses der Medien aufzuheben.

3. Es sei festzustellen, dass die angefochtene Anordnung Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 17 BV, Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 30 Abs. 3 BV und Art. 36 Abs. 3 BV verletzt.

4. Das Bundesstrafgericht sei im Sinne einer Wiedergutmachung anzuweisen, dem Beschwerdeführer das Protokoll der Befragung der Psychiaterin herauszugeben.»

J. Die Strafkammer beantragt in ihrer Beschwerdeantwort vom 28. Januar 2019 die Abweisung der Beschwerde, eventualiter sei über Beschwerdeantrag 4, nach Gewährung des rechtlichen Gehörs von B., nach richterlichem Ermessen zu befinden (act. 3). B. beantragt mit Beschwerdeantwort vom 11. Februar 2019, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei die Beschwerde abzuweisen (act. 5).

K. In seiner Replik vom 4. März 2019 hält A. an den in seiner Beschwerde vom 15. Januar 2019 gestellten Anträgen, mit Ausnahme von Antrag 4, fest. Letzterer zieht er in Anbetracht der von der Strafkammer angekündigten Veröffentlichung des Urteils in Sachen B. zurück (act. 11).

L. Während die Strafkammer auf das Einreichen einer Duplik verzichtet (act. 13), hält A. in seiner Eingabe vom 18. März 2019 an den in seiner Beschwerdeantwort vom 11. Februar 2019 gestellten Anträgen fest (act. 14), was den Parteien am 20. März 2019 wechselseitig zur Kenntnis gebracht wird (act 15).

Auf die Ausführungen der Parteien und die eingereichten Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen Bezug genommen.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gegen Verfügungen und Beschlüsse sowie gegen Verfahrenshandlungen der Strafkammer des Bundesstrafgerichts kann bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts Beschwerde erhoben werden, wobei verfahrensleitende Entscheide ausgenommen sind (Art. 393 Abs. 1 lit. b i.V.m. Art. 20 Abs. 1 lit. a StPO und Art. 37 Abs. 1 StBOG). Verfahrensleitende Anordnungen der Gerichte können demgegenüber nur mit dem Endentscheid angefochten werden (Art. 65 Abs. 1 StPO). Zur Beschwerde berechtigt ist jede Partei oder jeder andere Verfahrensbeteiligte, welche oder welcher ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat (Art. 382 Abs. 1 StPO). Andere Verfahrensbeteiligte sind: a. die geschädigte Person; b. die Person, die Anzeige erstattet; c. die Zeugen oder der Zeuge; d. die Auskunftsperson; e. die oder der Sachverständige; f. die oder der durch Verfahrenshandlung beschwerte Dritte (Art. 105 Abs. 1 StPO). Werden Verfahrensbeteiligte in ihren Rechten unmittelbar betroffen, so stehen ihnen die zur Wahrung ihrer Interessen erforderlichen Verfahrensrechte einer Partei zu (Art. 105 Abs. 2 StPO). Ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids und damit eine für
das Vorliegen der Beschwerdelegitimation erforderliche Beschwer ist nur dann zu bejahen, wenn der Beschwerdeführer selbst in seinen eigenen Rechten unmittelbar und direkt betroffen ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_238/2011 vom 13. September 2011 E. 2.2.1, m.w.H; Guidon, Die Beschwerde gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, 2011, N. 232 ff.). Unmittelbare Betroffenheit liegt etwa dann vor, wenn in die Grundrechte oder Grundfreiheiten eingegriffen wird, eine Schweigepflicht auferlegt oder Zwangsmassnahmen angeordnet werden (Urteil des Bundesgerichts 6B_654/2016 vom 16. Dezember 2016 E. 3.6, m.w.H.). Das Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids gemäss Art. 382 Abs. 1 StPO hat nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zudem ein aktuelles und praktisches zu sein (statt vieler: BGE 144 IV 81 E. 2.3.1; vgl. zum Ganzen zuletzt u.a. Beschluss des Bundesstrafgerichts BB.2018.89 vom 14. Juni 2018 E. 1.2.1). Die Beschwerde gegen schriftlich oder mündlich eröffnete Entscheide ist innert zehn Tagen schriftlich und begründet einzureichen (Art. 396 Abs. 1 StPO). Bei einer nicht schriftlich eröffneten Verfahrenshandlung beginnt die Rechtsmittelfrist mit deren Kenntnisnahme zu laufen (Art. 384 lit. c StPO). Mit der
Beschwerde gerügt werden können gemäss Art. 393 Abs. 2 StPO Rechtsverletzungen, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung (lit. a), die unvollständige oder unrichtige Feststellung des Sachverhalts (lit. b) sowie die Unangemessenheit (lit. c).

1.2 Die Beschwerde richtet sich gegen den prozessleitenden Beschluss der Strafkammer vom 25. Januar 2018, welcher anlässlich der Hauptverhandlung vom 8. Januar 2019 dem Publikum und den Medienvertretern mündlich eröffnet wurde. Die Beschwerde vom 15. Januar 2019 erfolgte fristgerecht. Der Ausschluss der Öffentlichkeit an der Einvernahme von Dr. med. C. anlässlich der Hauptverhandlung erging als prozessleitender Beschluss im Rahmen des Strafverfahrens SK.2016.34 gegen B. Der Beschwerdeführer ist nicht Partei dieses Strafverfahrens. Für ihn schliesst der vorinstanzliche Entscheid jedoch das Verfahren ab, weshalb dieser als anfechtbarer Endentscheid im Sinne von Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO anzusehen ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1B_169/2015 vom 6. November 2015 E. 2.4). Der Beschwerdeführer beruft sich auf die Medienfreiheit (Art. 17 BV) und den Grundsatz der Justizöffentlichkeit (Art 30 Abs. 3 BV). Ihm wurde von der Generalsekretärin des Bundesstrafgerichts vor der Hauptverhandlung am 21. Dezember 2018 die Anklageschrift im Verfahren SK.2016.34 zugestellt (act. 1.1 «Beilage 15»), sodass davon ausgegangen werden kann, er sei akkreditierter Gerichtsberichterstatter beim Bundesstrafgericht (vgl. Art. 15 Abs. 1 lit. a des
Reglements des Bundesstrafgerichts über die Grundsätze der Information vom 24. Januar 2012; SR 173.711.33). Als solcher ist der Beschwerdeführer Träger der Medienfreiheit und des Prinzips der Justizöffentlichkeit (Reich, Basler Kommentar, Bundesverfassung, 2015, N. 49 zu Art. 30). Der angefochtene Entscheid betrifft ferner seine journalistische Tätigkeit. Der Beschwerdeführer ist - wie nachfolgend zu zeigen sein wird - durch den angefochtenen Entscheid in seinen Rechten unmittelbar betroffen. Er ist ein durch Verfahrenshandlung beschwerter Dritter und damit ein am Strafverfahren Beteiligter im Sinne von Art. 105 Abs. 1 lit. f StPO. Als solcher hat er ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des Entscheids. Wie bereits ausgeführt, hat die Hauptverhandlung, anlässlich derer die Öffentlichkeit von der Teilnahme an der Einvernahme von Dr. med. D. ausgeschlossen wurde, jedoch bereits stattgefunden. Der Beschwerdeführer hat damit kein aktuelles praktisches Interesse an der Behandlung der Beschwerde. Auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses kann allerdings verzichtet werden, wenn sich die aufgeworfene Frage jederzeit unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnte, an ihrer
Beantwortung wegen der grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse bestehe und eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre (BGE 140 IV 74 E. 1.3.3; Urteil des Bundesgerichts 1B_169/2015 vom 6. November 2015 E. 2.3). Die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage könnte sich jederzeit und unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen. Zudem besteht an ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse, und eine rechtzeitige Prüfung durch die Beschwerdekammer wäre jedenfalls dann kaum je möglich, da der Entscheid über den Ausschluss der Öffentlichkeit und der Medienvertreter diesen mangels Parteistellung im Strafverfahren in der Regel erst anlässlich der Hauptverhandlung eröffnet wird.

1.3 Auf die Beschwerde ist nach dem Gesagten einzutreten.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt, der Teilausschluss an der Hauptverhandlung vom 8. Januar 2019 verletze das Prinzip der Justizöffentlichkeit (Art. 30 Abs. 3 BV) und der Medienfreiheit (Art. 17 BV).

2.2
2.2.1 Das Prinzip der Justizöffentlichkeit ist in Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 14 UNO-Pakt II verankert. Dieses umfasst nicht nur die Parteiöffentlichkeit, sondern auch die Publikumsöffentlichkeit, einschliesslich der Medienöffentlichkeit. Damit dient es einerseits dem Schutz der direkt an gerichtlichen Verfahren beteiligten Parteien im Hinblick auf deren korrekte Behandlung und gesetzmässige Beurteilung. Andererseits ermöglicht das Öffentlichkeitsprinzip auch nicht verfahrensbeteiligten Dritten, nachzuvollziehen, wie gerichtliche Verfahren geführt werden, das Recht verwaltet und die Rechtspflege ausgeübt wird. Die Justizöffentlichkeit bedeutet eine Absage an jegliche Form der Kabinettjustiz. Die Öffentlichkeit steht im Dienste eines korrekten, gesetzmässigen und gerechten Gerichtsverfahrens, der Veranschaulichung und Transparenz der Rechtspflege und der möglichen Kontrolle von Justiztätigkeit und Rechtsfindung. Sie bildet Grundlage des gerichtlichen Verfahrens in einem demokratischen Rechtsstaat, stärkt das Vertrauen in die Justiz und fördert das Rechtsbewusstsein (Steinmann, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, N. 43 zu Art. 30 BV mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung).

Der Grundsatz der Justizöffentlichkeit wird für gerichtliche Strafverfahren in Art. 69 Abs. 1 StPO präzisiert. Nach dieser Bestimmung sind die Verhandlungen vor dem erstinstanzlichen Gericht und dem Berufungsgericht sowie die mündliche Eröffnung von Urteilen und Beschlüssen dieser Gerichte mit Ausnahme der Beratung öffentlich. Der allgemeinen Zugänglichkeit und der Möglichkeit der Kenntnisnahme staatlicher Tätigkeit kommen im Strafprozess besondere Bedeutung zu, werden in solchen Verfahren doch Entscheide mit potenziell weitreichenden und schweren Konsequenzen für die Betroffenen gefällt (Saxer/Thurnheer, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, N. 13 zu Art. 69 StPO). Den Gerichtsberichterstattern kommt dabei eine wichtige Wächterrolle zu, da die Kontrolle durch die Öffentlichkeit für gewöhnlich erst durch die vermittelnde Tätigkeit der Medien gewährleistet werden kann (BGE 143 I 194 E. 3.1; 137 I 16 E. 2.2; Urteile des Bundesgerichts 1B_87/2018 vom 9. Mai 2018 E. 3.2.3; 1B_349/2016 vom 22. Februar 2017 E. 3.1). Insofern gebietet die rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung des in Art. 69 Abs. 1 StPO verankerten Grundsatzes der Öffentlichkeit, einen Ausschluss des Publikums und der Medienschaffenden im gerichtlichen Strafprozess nur
sehr restriktiv, mithin bei überwiegenden entgegenstehenden Interessen zuzulassen (BGE 143 I 194 E. 3.1 m.w.H.).

2.2.2 Art. 17 BV schützt die Medienfreiheit. Danach ist die Freiheit von Presse, Radio und Fernsehen sowie anderer Formen der öffentlichen fernmeldetechnischen Verbreitung von Darbietungen und Informationen gewährleistet (Abs. 1). Zensur ist verboten (Abs. 2). Normativer Kern der Medienfreiheit ist die Sicherung des ungehinderten Nachrichtenflusses und des freien Meinungsaustauschs. Geschützt ist die Recherchetätigkeit der Journalisten zu Herstellung von Medienerzeugnissen und zu deren Verbreitung in der Öffentlichkeit. Dabei hat der ungehinderte Fluss von Informationen und Meinungen in einem demokratischen Rechtsstaat eine wichtige gesellschaftliche und politische Bedeutung. Den Medien kommt als Informationsträger die Funktion eines Bindeglieds zwischen Staat und Öffentlichkeit zu. Zugleich leisten die Medien einen wesentlichen Beitrag zur Kontrolle behördlicher Tätigkeit (BGE 143 I 194 E. 3.1 m.w.H.; Brunner/Burkert, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, N. 13 zu Art. 17 BV).

2.2.3 Vorab ist festzuhalten, dass Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens einzig die Frage ist, ob der teilweise Ausschluss der Medien bzw. der Gerichtsberichterstatter von der Hauptverhandlung mit dem Prinzip der Justizöffentlichkeit und der Medienfreiheit vereinbar ist. Ob der Ausschluss des übrigen Publikums gerechtfertigt war, wird nicht geprüft.

2.2.4 Vorliegend wurden die Gerichtsberichterstatter nicht von der ganzen Hauptverhandlung, sondern nur von der Einvernahme der psychiatrischen Gutachterin ausgeschlossen. Dennoch ist durch diesen Ausschluss der Grundsatz der Justizöffentlichkeit offensichtlich tangiert, denn die Einvernahme der psychiatrischen Gutachterin war Teil der grundsätzlich öffentlichen Hauptverhandlung und diente zur Klärung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten. Ebenso wurde in die Medienfreiheit eingegriffen, da den Journalisten die sich aus der Befragung der Gutachterin ergebenden Informationen zur Schuldfähigkeit des Angeklagten vorenthalten wurden, sodass den Pressevertretern verunmöglicht wurde, diese Informationen der Öffentlichkeit bekannt zu machen.

2.3
2.3.1 Der Grundsatz der Justizöffentlichkeit und die Medienfreiheit können wie alle Grundrechte eingeschränkt werden. Gemäss Art. 36 BV bedürfen Einschränkungen von Grundrechten einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Eingriffe müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein (Abs. 1). Einschränkungen von Grundrechten müssen ferner durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt und verhältnismässig sein (Abs. 2 und 3).

2.3.2 Art. 70 Abs. 1 lit. a StPO sieht vor, dass das Gericht die Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen ganz oder teilweise ausschliessen kann, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder schutzwürdige Interessen einer beteiligten Person, insbesondere des Opfers, dies erfordern. Hierbei handelt es sich grundsätzlich um eine genügende gesetzliche Grundlage, um die Medienvertreter von der Befragung der psychiatrischen Gutachterin auszuschliessen.

2.3.3 Der Ausschluss der Gerichtsberichterstatter von der Befragung der psychiatrischen Gutachterin durch die Strafkammer ist - wie bereits ausgeführt (siehe supra lit. F) - «zum Schutz der persönlichen Interessen» des Beschuldigten erfolgt. Die Strafkammer ging davon aus, dass anlässlich einer allfälligen Befragung der Psychiaterin an der Hauptverhandlung möglicherweise aus dem IV-Gutachten zitiert werden würde, dessen Inhalt mutmasslich persönliche Interessen des Beschuldigten betreffe (act. 3.7).

Ein Abweichen vom Grundsatz der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung ist nur bei schutzwürdigen gegenläufigen Interessen zulässig. Schutzwürdig sind zum Beispiel die persönliche Freiheit gemäss Art. 8 EMRK und Art. 10 BV und die Privatsphäre gemäss Art. 13 BV. Es hat stets eine Interessenabwägung stattzufinden zwischen dem völker- und verfassungsmässigen Gebot auf Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung mit den verschiedenen Bedürfnissen des Beschuldigten, des Opfers sowie des Publikums und der Medien. Wer den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt, muss darlegen, inwiefern seine schutzwürdigen Interessen durch die Gerichtsöffentlichkeit verletzt würden. Das Gericht hat alsdann konkret zu prüfen und abzuwägen, ob solche Interessen bei einer am Verfahren beteiligten Person in einer Weise vorliegen, dass sich ein teilweiser oder gänzlicher Ausschluss der Öffentlichkeit rechtfertigt (Saxer/Thurnheer, a.a.O., N. 8 zu Art. 70 StPO mit Hinweisen auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung). Grundsätzlich geniesst auch die beschuldigte Person den Schutz ihrer Persönlichkeit. Da die Verfahrensöffentlichkeit jedoch im öffentlichen Interesse besteht, muss die beschuldigten Person die mit einer öffentlichen Verhandlung möglicherweise
verbundene psychische Belastung erdulden. Unannehmlichkeiten wie eine öffentliche Blossstellung genügen angesichts der hohen rechtsstaatlichen Bedeutung des Öffentlichkeitsprinzips grundsätzlich nicht, um einen Ausschluss der Öffentlichkeit zu rechtfertigen (BGE 143 I 194 E. 3.6.3; Urteil des Bundesgerichts 1B_87/2018 vom 9. Mai 2018 E. 3.2.5). Es müssen zusätzlich besondere Gründe vorliegen, welche den Ausschluss der Öffentlichkeit unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit vordringlich gebieten (BGE 119 Ia 99 4b; Michlig, Öffentlichkeitskommunikation der Strafbehörden unter dem Aspekt der Amtsgeheimnisverletzung [Art. 320 StGB], 2013, S. 170; Saxer/Thurnheer, a.a.O., N. 3 zu Art. 70 StPO). Etwas anderes ergibt sich auch nicht gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Nach dieser Bestimmung können Presse und Öffentlichkeit während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine
öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde. Art. 6 Ziff. 1 EMRK räumt der beschuldigten Partei jedoch keinen Anspruch auf Ausschluss der Öffentlichkeit ein (Heimgartner/Wiprächtiger, Basler Kommentar, 3. Aufl. 2018, N. 40 und 54 zu Art. 59 BGG). Gründe für einen Öffentlichkeitsausschluss zum Schutz der beschuldigten Person sind denkbar, wenn beispielsweise die psychische Gesundheit oder Geschäftsgeheimnisse betroffen sind (Saxer/Thurnheer, a.a.O., N. 9 zu Art. 70 StPO). Dabei kann es der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gebieten, zwar die unmittelbare, nicht aber die mittelbare, d.h. die medienvermittelte Öffentlichkeit auszuschliessen, damit sich die wesentlichen Funktionen des Öffentlichkeitsprinzips, namentlich auch die Transparenz- und Kontrollfunktion, trotzdem verwirklichen lassen. Art. 70 Abs. 3 StPO sieht daher die Möglichkeit vor, Gerichtsberichterstatter und weitere Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, unter Auflagen zu Verhandlungen zuzulassen, von denen die Öffentlichkeit im Sinne von Art. 70 Abs. 1 StPO ausgeschlossen wird. Vor dem Hintergrund, dass die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung die Regel, der Öffentlichkeitsausschluss demgegenüber die Ausnahme darstellt, sind,
wenn immer möglich, Medienvertreter zur Verhandlung zuzulassen (Saxer/Thurnheer, a.a.O., N. 17 zu Art. 70 StPO).

Die Strafkammer erwog in ihrem Entscheid vom 25. Januar 2018, die Öffentlichkeit anlässlich einer allfälligen Befragung der psychiatrischen Gutachterin an der Hauptverhandlung zum Schutz der persönlichen Interessen des Beschuldigten auszuschliessen, ohne Ausführungen zur Abwägung der verschiedenen Interessen des Beschuldigten und der Öffentlichkeit sowie allfälliger weiterer Verfahrensbeteiligter zu machen. Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Befragung der psychiatrischen Gutachterin die Privatsphäre des Beschuldigten und dessen schutzwürdige Interessen tangieren. Dieser Umstand alleine rechtfertigt jedoch nicht, die Öffentlichkeit bzw. die Medien von der Einvernahme der psychiatrischen Gutachterin auszuschliessen. Vielmehr hat bei der Frage, ob in einem bestimmten Fall vom Prinzip der Öffentlichkeit der Verhandlung (teilweise) abgewichen werden darf, eine Abwägung sämtlicher im Spiel liegenden Interessen zu geschehen (BGE 117 Ia 387 E. 2). Der Öffentlichkeitsausschluss betraf vorliegend die Einvernahme der psychiatrischen Gutachterin zu Fragen der Schuldfähigkeit des Beschuldigten gemäss Art. 19 f. StGB, mithin zu einem für das Verfahren wesentlichen und zentralen Punkt, an welchem ein legitimes Interesse an Information der
Allgemeinheit besteht. Die Vorinstanz hat bei ihrem Entscheid jedoch unbestrittenermassen einzig den privaten Interessen des Beschuldigten Rechnung getragen, während sie das öffentliche Interesse auf Information gänzlich ausser Acht gelassen hat. Insbesondere hat sie auch die in Art. 70 Abs. 3 StPO vorgesehene Möglichkeit, lediglich die akkreditierte Presse zur Einvernahme von Dr. med. D. zuzulassen, nicht geprüft.

Den Ausführungen der Strafkammer in ihrer Beschwerdeantwort vom 28. Januar 2019 ist jedoch zu entnehmen, dass insbesondere das Interesse an einer beförderlichen Erledigung des Strafverfahrens die Strafkammer dazu bewogen hat, die Öffentlichkeit von der Einvernahme von Dr. med. D. auszuschliessen. Die Strafkammer führt aus, dass der Beschuldigte die Entbindung der ärztlichen Schweigepflicht von Dr. med. C. von der Wahrung des Schutzes seiner Persönlichkeitsrechte in der öffentlichen Verhandlung abhängig gemacht habe. Dabei habe das Recht auf Gewährung dieses Schutzes und die Ermöglichung des Beizugs relevanter Akten durch das Gericht ein hohes Gewicht gehabt, denn ohne die Informationen aus dem IV-Gutachten hätten für das Aktengutachtem im Strafverfahren kaum sachdienliche Informationen zur Krankengeschichte und zum Krankheitsbild des Beschuldigten vorgelegen. Die Entbindung der ärztlichen Schweigepflicht habe den Beizug des IV-Gutachtens gewährleistet. Andernfalls hätte die Verwaltungsbehörde zunächst eine Interessensabwägung vornehmen und (bei Feststellung überwiegender privater Geheimhaltungsinteressen) die Strafkammer schliesslich ein Beschwerdeverfahren führen müssen, dessen Ausgang angesichts vorliegender Umstände höchst
ungewiss gewesen wäre (act. 3 S. 4 f.). Der Grundsatz des Beschleunigungsgebots im Sinne von Art. 5 StPO ist ein wichtiger Teil des Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK). Das Ziel des Beschleunigungsgebots ist primär zu verhindern, dass eine beschuldigte Person unnötig lange Zeit über die gegen sie erhobenen Vorwürfe im Ungewissen belassen und den Belastungen eines Strafverfahrens ausgesetzt wird (BGE 124 I 139 E. 2a). Die Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer basiert dabei nicht auf starren Regeln. Es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob sich die Dauer unter den konkreten Umständen als angemessen erweist. Der Streitgegenstand und die damit verbundene Interessenlage können raschere Entscheide erfordern oder längere Behandlungsperioden erlauben (Urteil des Bundesgerichts 1B_699/2011 vom 20. Februar 2012 E. 2.6). Das Beschleunigungsgebot ist von besonderer Bedeutung in denjenigen Fällen, in welchen die beschuldigte Person in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft ist. Es kann allerdings nicht dazu dienen, andere Garantien einzuschränken oder gar auszuhöhlen (Summers, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 5 StPO). Wie oben ausgeführt, wurde durch den Ausschluss der
Gerichtsberichterstatter von der Einvernahme der psychiatrischen Gutachterin in die Medienfreiheit eingegriffen, und der Grundsatz der Justizöffentlichkeit ohne Weiteres tangiert (vgl. supra E. 2.2.4). Um dies zu verhindern, hätte die Strafkammer - wie sie selbst ausführt - die Entbindung der ärztlichen Schweigepflicht auf dem behördlichen Weg einholen müssen. Eine Verfahrensverzögerung wäre dabei unvermeidbar gewesen. Wie bereits dargelegt, zieht nicht jede Verfahrensverzögerung auch eine Verletzung des Beschleunigungsgebots mit sich. Ob vorliegend überhaupt das Strafverfahren unangemessen lange verzögert worden wäre, kann ohnehin nicht beurteilt werden. Der Beschuldigte, der sich nicht in Sicherheitshaft befand, hätte eine Verzögerung des Verfahrens bis zu einem gewissen Mass hinnehmen müssen. Daraus folgt, dass das Interesse an einer beförderlichen Verfahrenserledigung vorliegend die oben festgestellten Eingriffe in die verfassungsmässig geschützten Grundrechte der Medienfreiheit und der Justizöffentlichkeit nicht zu rechtfertigen vermag.

Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass die Strafkammer durch den Ausschluss der Gerichtsberichterstatter von der Einvernahme der psychiatrischen Gutachterin den Grundsatz der Justizöffentlichkeit und die Medienfreiheit verletzt hat.

3. Nachdem der Beschwerdeführer in seiner Replik vom 4. März 2019 seinen Antrag auf Herausgabe des Protokolls der Befragung der psychiatrischen Gutachterin zurückgezogen hat (vgl. supra lit. K), ist darüber nicht mehr zu befinden.

4. Die Beschwerde ist gutzuheissen. Es ist im Dispositiv festzustellen, dass durch den angeordneten Ausschluss der Öffentlichkeit von der Einvernahme der psychiatrischen Gutachterin an der Hauptverhandlung vom 8. Januar 2019 der Grundsatz der Justizöffentlichkeit und die Medienfreiheit verletzt worden sind, soweit damit die akkreditierten Gerichtsberichterstatter von der Einvernahme ausgeschlossen worden sind.

5.
5.1 Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist keine Gerichtsgebühr zu erheben (Art. 423 Abs. 1 StPO).

5.2 Der Beschwerdeführer trat im vorliegenden Beschwerdeverfahren ohne anwaltliche Vertretung auf. Mangels nachgewiesener noch anderweitig ersichtlicher Kosten ist daher auf die Zusprechung einer Parteientschädigung zu verzichten (Art. 436 Abs. 1 i.V.m. Art. 434 Abs. 1 StPO).


Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerde wird gutgeheissen. Es wird festgestellt, dass durch den Ausschluss der Öffentlichkeit von der Einvernahme der psychiatrischen Gutachterin an der Hauptverhandlung vom 8. Januar 2019 der Grundsatz der Justizöffentlichkeit und die Medienfreiheit verletzt worden sind, soweit damit die akkreditierten Gerichtsberichterstatter von der Einvernahme ausgeschlossen worden sind.

2. Es wird keine Gerichtsgebühr erhoben.

Anmerkungen:

Einleitung

1

Beim vorliegend zu besprechenden Beschluss der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 25. Juli 2019 interessieren aus medienrechtlicher Sicht vor allem zwei Punkte: Die Beschwerdebefugnis eines Journalisten gegen einen an einer Hauptverhandlung mündlich eröffneten prozessleitenden Beschluss und gegen eine gleichzeitige prozessleitende Verfügung einer Strafkammer des Bundesstrafgerichts, mit welchen die Öffentlichkeit sowie die Medien von der Hauptverhandlung, anlässlich welcher psychiatrische Gutachten über den Beschuldigten zu erörtern waren, ausgeschlossen wurden; und die Güterabwägung, aufgrund derer die Beschwerdekammer den Beschluss aufhob und eine Verletzung des Grundsatzes der Justizöffentlichkeit sowie der Medienfreiheit feststellte.

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Der Beschluss, gegen welches es kein ordentliches Rechtsmittel gibt, macht zu Recht deutlich, dass die Öffentlichkeit der Verhandlung die Regel, der Ausschluss der Öffentlichkeit demgegenüber die Ausnahme darstellt und es im Licht der involvierten Interessen und vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Justizöffentlichkeit geboten sein kann, wohl zum Schutz bestimmter Interessen die Öffentlichkeit auszuschliessen, nicht aber die am Gericht akkreditierten Medienschaffenden.

Sachverhalt

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Ausgelöst wurden die von der Beschwerdekammer zu beurteilenden Rechtsfragen von einem Beschuldigten, der mit Hinweis auf ein früheres psychiatrisches IV-Gutachten seine psychiatrische Begutachtung zur Beurteilung seiner Schuldfähigkeit verlangte. Die zuständige Strafkammer entsprach diesem Begehren und lud den Beschuldigten zugleich ein, die ihn früher behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, damit die gerichtlich ernannte Sachverständige mit diesen Ärzten Kontakt aufnehmen konnte, um deren Begutachtung zu erörtern. Dazu war der Beschuldigte nur beschränkt bereit. Er verlangte insbesondere, dass das IV-Gutachten anlässlich der öffentlichen Verhandlung nicht zitiert werde und die gerichtlich ernannte Sachverständige dieses nicht Dritten weitergebe. Das Gericht gab diesem Verlangen statt und schloss die Öffentlichkeit und die Medien von der Hauptverhandlung bei der Befragung der gerichtlich ernannten Sachverständigen sowie bei allfälligen Zitaten aus dem IV-Gutachten aus. Begründet wurde dies mit den persönlichen Interessen des Beschuldigten und der Gefahr, dass durch die Zitate über den zu beurteilenden Fall hinausgehende Informationen über den Beschuldigten bekannt würden. Gestützt darauf war dann der Beschuldigte bereit, sämtliche Ärzte und Psychologen vom Berufsgeheimnis zu entbinden.

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Dies wurde so anlässlich der Hauptverhandlung eröffnet und die Öffentlichkeit sowie die Medienschaffenden entsprechend ausgeschlossen. Ein Medienschaffender erhob dagegen Beschwerde und machte eine Verletzung der Medien- und Informationsfreiheit, der verfassungsrechtlich in Art. 30 Abs. 3 BV garantierten Gerichtsöffentlichkeit sowie des rechtlichen Gehörs geltend und verlangte nebst der Feststellung einer Verletzung dieser Verfassungsrechte auch die Herausgabe des Befragungsprotokolls der gerichtlichen Sachverständigen; diesen Antrag zog er allerdings im Verlauf des Verfahrens zurück.

Erwägungen

Zum Eintreten
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Normalerweise können Verfahrensbeteiligte prozessleitende Beschlüsse nur mit dem Endentscheid anfechten. Beim Medienschaffenden war dies anders, weil für ihn der Ausschluss von der Hauptverhandlung zugleich ein Endentscheid darstellte, weswegen er Beschwerde erheben konnte bzw. innerhalb von 10 Tagen musste. Beschwerdeobjekt war hierbei die mündliche Eröffnung des prozessleitenden Beschlusses, mit welcher die Beschwerdefrist zu laufen begann. Auf das Erfordernis eines aktuellen praktischen Interesses – die Hauptverhandlung hatte bereits stattgefunden – wurde hierbei verzichtet, weil sich eine solche Situation jederzeit wiederholen kann, eine rechtzeitige Überprüfung kaum je möglich ist und ein öffentliches Interesse an einer Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen, welche vorliegend durchwegs Verfassungsfragen waren, besteht.

Gerichtsöffentlichkeit und Medienfreiheit
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Die Beschwerdekammer weist einleitend auf die grosse Bedeutung des Grundsatzes der Gerichtsöffentlichkeit für die Allgemeinheit, aber auch für die Betroffenen hin. Der Grundsatz dient der Justizkontrolle; eine zentrale Rolle kommt hierbei den Medien zu. Sie stellen als Informationsträger das Bindeglied zwischen Staat und Öffentlichkeit dar, und die Medienfreiheit schützt auch den Zugang zu Informationen. Daher ist ein Ausschluss der Öffentlichkeit und der Medien nur in engen Grenzen möglich. Auch wenn der Ausschluss nur von einem Teil der Hauptverhandlung erfolgte, sind Justizöffentlichkeit und Medienfreiheit als Grundrechte tangiert.

Die Abwägung und deren Strukturierung
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Im Zentrum des Entscheides steht eine Abwägung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlung mit gegenläufigen Interessen. Dabei sind zwei Fragen zu beantworten: Die eher allgemeine Frage, welche Interessen es überhaupt erlauben, die Justizöffentlichkeit einzuschränken, und wie spezifisch diese Interessen zu sein haben. Und die zweite Frage, ob im konkreten Fall diese Interessen zu Recht eine Einschränkung im Sinne eines Ausschlusses von einem Teil der Hauptverhandlung erlauben.

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Im konkreten Fall begründete die zuständige Strafkammer den Ausschluss sehr unspezifisch mit dem Schutz der persönlichen Interessen des Beschuldigten. Die Beschwerdekammer stellt dazu fest, dass der Schutz der Privatsphäre und der persönlichen Freiheit Interessen sind, welche den Ausschluss der Öffentlichkeit rechtfertigen können. Die Kammer verlangt indessen, dass konkret dargelegt wird, wie diese Interessen durch die Gerichtsöffentlichkeit tangiert werden. An die Abwägung setzt die Beschwerdekammer in der Folge hohe Anforderungen:

  • Weil die Gerichtsöffentlichkeit auch im öffentlichen Interesse besteht, genügt die mögliche Blossstellung eines Beschuldigten in der Öffentlichkeit und die damit verbundene psychische Belastung nicht für einen Öffentlichkeitsausschluss.
  • Es müssen besondere, dringende Gründe vorliegen, damit der Öffentlichkeitsausschluss zulässig ist, z.B. echte Gefahren für die psychische Gesundheit oder zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Auch Art. 6 EMRK räumt einem Beschuldigten keinen Anspruch auf Ausschluss der Öffentlichkeit ein, obschon dort der Schutz des Privatlebens der Verfahrensbeteiligten ausdrücklich erwähnt ist.
  • Aus Gründen der Verhältnismässigkeit ist zu prüfen, ob nur die unmittelbare Öffentlichkeit, nicht aber die mittelbare, durch die Medien bzw. Gerichtsberichterstattung vermittelte Öffentlichkeit auszuschliessen ist, damit sich die Transparenz- und Kontrollfunktion verwirklichen kann. Weil die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung die Regel, der Ausschluss demgegenüber die Ausnahme bildet, sind wenn immer möglich Medienvertreter zuzulassen.
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Die zuständige Strafkammer hat demgegenüber keine echte Abwägung aller relevanten Interessen vorgenommen, sondern pauschal auf den Schutz der Interessen des Beschuldigten in Zusammenhang mit der allfälligen Befragung der psychiatrischen Gutachterin an der Hauptverhandlung verwiesen. Dies genügte bei weitem nicht, zumal mit der Schuldfähigkeit eine für das Verfahren zentrale Frage zu beantworten war, welche auch die Öffentlichkeit interessierte.

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Erst recht kein legitimes Interesse, um die Öffentlichkeit sowie die Medienvertreter auszuschliessen, waren Anliegen eines beförderlichen Verfahrens. Die Strafkammer erachtete die Informationen aus dem IV-Gutachten als sehr wichtig und befürchtete ein länger andauerndes Beschwerdeverfahren über die Frage, weil der Beschuldigte nur für de Fall des Öffentlichkeitsausschlusses seine ihn früher behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden hatte. Die Beschwerdekammer stellte hier richtig, dass das Beschleunigungsverbot im vorliegenden Fall keine Beschränkung der Gerichtsöffentlichkeit sowie der Medienfreiheit rechtfertigen könne, da der Beschuldigte nicht in Untersuchungshaft war. In Übrigen hätte es die Strafkammer in der Hand gehabt, ein Verfahren zur Befreiung der Ärzte von ihrer Schweigepflicht einzuleiten.

Beurteilung
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Der Entscheid ist zu begrüssen. Er stellt die Relationen zwischen den Persönlichkeitsrechten von Beschuldigten um dem Grundsatz der Justizöffentlichkeit im Sinne eines Regel-/Ausnahmeverhältnisses wieder her und verpflichtet insbesondere dazu, eine differenzierte Interessenabwägung auch mit Blick auf die Verhältnismässigkeit vorzunehmen. Eingehendere Überlegungen zum Einfluss der Medien- und Informationsfreiheit wären allerdings denk- und wünschbar gewesen.

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