Das Bundesgericht auf Abwegen

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Das Urteil BGE 147 IV 145 und seine (gewollten?) Folgen

Thomas Hasler, Dr. phil.,[1], Gerichtsreporter des «Tages-Anzeigers»

Résumé: Le Tribunal fédéral s’est, en 2021, penché sur la publicité des débats judiciaires, avec un verdict (BGE 147 IV 145) très peu commenté mais dont l’importance a été, jusqu’ici, complètement sous-estimée. Il a en effet dû décider de la procédure à adopter dans le cadre des questions préjudicielles, au sens de l’art. 339 al. 2 lit. 2 CPP, et des conditions à remplir par les journalistes qui veulent assister aux audiences. Tranchant avec la jurisprudence en cours, la Haute Cour a massivement restreint les droits des médias rendant compte d’affaires judiciaires, les rendant tributaires de l’arbitraire des tribunaux, ce qui rend ce verdict très critiquable du point de vue de l’Etat de droit.

Zusammenfassung: In einem in seiner praktischen Konsequenz wenig besprochenen[2] und völlig unterschätzten Urteil hat sich das Bundesgericht in BGE 147 IV 145 soweit ersichtlich erstmals mit der Frage beschäftigt, wie vorzugehen ist, wenn im Rahmen der Vorfragen im Sinne von Art. 339 Abs. 2 lit. e StPO über den Ausschluss der Öffentlichkeit und die Auferlegung von Auflagen an die anwesenden Medienschaffenden entschieden werden muss. Von der bisherigen Rechtsprechung abweichend[3], fällte das Bundesgericht einen rechtsstaatlich fragwürdigen Entscheid, der nicht nur die Rechte der Gerichtsberichterstattenden massiv beschneidet, sondern sie letztlich auch der Willkür der Sachgerichte ausliefert.

Inhaltzsverzeichnis

I. Sachverhalt Rn. 1
II. Ein verfahrensleitender Entscheid 7
III. Erst mit dem Endentscheid anfechtbar 13
IV. Das rechtliche Gehör 17
V. Die Anfechtbarkeit der Verfügung 21
VI. Die Anwendung von Art. 292 StGB 25
VII. Informationsgehalt von Informationen 26
VIII. Fazit und Konsequenzen 28

 

I. Sachverhalt

1

Zu Beginn einer Hauptverhandlung am Kriminalgericht des Kantons Neuenburg, einem Mordprozess, wurde den anwesenden Journalisten mitgeteilt, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde, die Medienvertreter aber anwesend bleiben dürfen. Die Präsidentin sagte:

«Toutefois, le Tribunal criminel, dans le but de protéger, de préserver au maximum les enfants communs du prévenu et de l'une des victimes, souhaiterait que les représentants des médias ici présents ne divulguent pas d'informations en lien avec les enfants. Le Tribunal criminel souhaiterait plus précisément que les enfants ne soient pas localisables et identifiables. Mais aussi, que le public ne puisse pas prendre connaissance de ce que les enfants ont vu ou pas vu, subi ou pas subi, en lien avec les faits que nous aurons à juger ces prochains jours. Le Tribunal criminel enjoint les médias à respecter cela»[4].
2

Nachdem ein anwesender Journalist während der laufenden Verhandlung online einen Bericht publizierte, in dem er unter anderem berichtete, dass ein Kind des Beschuldigten beobachtet hatte, wie sein Vater das Tötungsdelikt beging, verkündete das Gericht auf Antrag der Beiständin der Kinder des Beschuldigten mündlich und mit Vermerk im Protokoll die folgende Entscheidung:

«Il est interdit aux représentants des médias de faire état d'information rendant les enfants du prévenu et de la victime localisables et identifiables ou faisant état de ce qu'ils ont vu ou pas vu, subi ou pas subi, en lien avec les faits de la cause. Sous la menace de l'article 292 CP qui stipule: 'Celui qui ne se sera pas conformé à une décision à lui signifiée sous la menace de la peine prévue au présent article, par une autorité ou un fonctionnaire compétents sera puni d'une amende'. Au surplus et en application de l'art. 63 CPP[5] si une nouvelle violation de ce type-là devait se reproduire, le Tribunal expulsera la personne responsable»[6].
3

Wie dieser Entscheid begründet wurde, geht aus dem Protokoll des Kriminalgerichts nicht hervor. Den anwesenden Journalisten sei aber mündlich erläutert worden, aus welchen Gründen das Gericht der Ansicht war, dass gewisse Informationen über die Kinder des Beschuldigten nicht veröffentlicht werden sollten[7].

4

Die Tatsache, dass das Kind Zeuge des Tötungsdelikts wurde, fand auch Eingang in Berichte und einen Wortbeitrag des Journalisten, die nach der Gerichtsverhandlung erschienen. Kein anderes Medium erwähnte die Anwesenheit des Kindes. Androhungsgemäss wurde der Journalist wegen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen (Art. 292 StGB) zu einer Busse von 2500 Franken verurteilt. Auf seine Beschwerde hin hob schliesslich das Bundesgericht die Verurteilung mit dem hier vorliegenden Urteil auf. Die Gründe dafür sind in unserem Zusammenhang nicht relevant.

5

Obwohl sich die Beschwerde des Journalisten materiell gegen die Verurteilung wegen Verstosses gegen Art. 292 StGB richtete, prüfte das Bundesgericht darüber hinaus, ob die Beschränkung der Berichterstattung, mithin der Eingriff in die Medienfreiheit gemäss Art. 17 BV, geeignet, erforderlich und zumutbar war. Konkret ging es um die Anwendung von Art. 70 Abs. 1 und Abs. 3 StPO, Art. 80 Abs. 3 StPO und Art. 292 StGB. Dass Art. 70 eine hinreichende gesetzliche Grundlage darstellt, um die Öffentlichkeit von einer Gerichtsverhandlung und mündlichen Urteilseröffnung auszuschliessen, beziehungsweise Medienschaffenden Auflagen zu erteilen und sie bei deren Nichtbefolgung von der Verhandlung auszuschliessen, hat die I. öffentlich-rechtliche Abteilung längst entschieden (BGE 143 I 204, Erw. 3.4.3; 137 I 211, Erw. 4 und 5). Offen schien dem Gericht die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Entscheid nach Art. 70 Abs. 3 StPO gültig ist[8].

6

Im Folgenden werden diverse Erwägungen des Bundesgerichts zitiert und einer kritischen Würdigung unterzogen.

II. Ein verfahrensleitender Entscheid

7
Regeste a: «La décision préjudicielle interdisant aux représentants des médias, admis à assister à des débats tenus à huis clos partiel, de faire état de certaines informations est une décision d'instruction (art. 80 al. 3 CPP), qui ne doit pas nécessairement être rédigée séparément ni motivée mais peut être consignée au procès-verbal et notifiée aux parties de manière appropriée, notamment par oral»[9].
8

Würdigung: Es ist vom Bundesgericht in der Vergangenheit wiederholt bestätigt worden, dass sowohl der Ausschluss der Medien aus einer Strafverhandlung wie bereits auch die Erteilung von (die Berichterstattung einschränkenden) Auflagen einen (je nach Umständen: schweren) Eingriff in die Medienfreiheit gemäss Art. 17 BV darstellen[10]. Unabhängig von der Schwere des Eingriffs, bedeuten sie einen Eingriff in ein verfassungsmässiges Grundrecht, das überhaupt nur auf der Basis von Art. 36 BV eingeschränkt werden darf.

9

In der Konsequenz stellt sich das Bundesgericht in seinem Urteil auf den Standpunkt, dass die Einschränkung eines von der Verfassung garantierten Grundrechts lediglich einen einfachen, verfahrensleitenden Entscheid darstellt, wie es beispielsweise die Verfügung einer Staatsanwaltschaft über die Eröffnung einer Untersuchung ist. Entspricht es tatsächlich dem Willen des höchsten Schweizer Gerichts, wenn es glaubt, es sei nicht nötig, den Eingriff in ein verfassungsmässiges Grundrecht weder gesondert ausfertigen noch begründen zu müssen?

10

Die Auffassung des Bundesgerichts kann nicht geteilt werden. Es trifft zwar zu, dass sich der Gesetzgeber nicht näher zur Frage äusserte, was unter einem verfahrensleitenden Entscheid zu verstehen ist. Es überzeugt aber die Meinung, dass «insbesondere Entscheide, welche für die Verfahrensbeteiligten unmittelbar nachteilig sein können, mithin in deren Rechtsstellung eingreifen»[11], nicht mehr als einfach im Sinne des Gesetzes qualifiziert werden können. Dass ein Verbot, bestimmte Informationen zu publizieren, für Medienschaffende unmittelbar nachteilig ist und in deren Rechtsstellung eingreift, braucht wohl nicht näher ausgeführt zu werden.

11

Gemäss Niklaus Schmid muss sich die Begründung eines Entscheids «bezüglich ihres Umfangs und der Tiefe nach der Eingriffsintensität des Entscheids sowie seiner Bedeutung für Parteien und Verfahren» richten[12]. Mit anderen Worten: Von einem einfachen Entscheid kann grundsätzlich nicht gesprochen werden, wenn damit über den Ausschluss der Öffentlichkeit sowie die Beschränkung der Gerichtsberichterstattung, mithin Einschränkungen von Art. 16 bzw. Art. 17 BV, entschieden wird. Schliesslich ist auch an Art. 29 Abs. 2 BV zu erinnern. Mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör[13] ist auch die Pflicht der Behörden verbunden, ihren Entscheid zu begründen. Dabei muss die Begründung in einer Weise erfolgen, die es möglich macht, den Entscheid gegebenenfalls sachgerecht anzufechten[14].

12

Möglicherweise hat sich das Bundesgericht bei diesem rechtsstaatlich fragwürdigen, bei dieser, nach der hier vertretenen Meinung unhaltbaren Position von den Ausführungen im Basler Kommentar leiten lassen, die das Gericht praktisch wörtlich wiedergibt[15]. Danach entscheidet das Gericht gemäss Art. 339 Abs. 3 StPO unverzüglich über die Vorfragen, nachdem es den anwesenden Parteien das rechtliche Gehör gewährt hat. Schwendener stellt fest, dass das Gericht über aufgeworfene Vorfragen in aller Regel in Form eines einfachen, verfahrensleitenden Entscheids befindet. Die erforderliche Begründung erfolge im Endentscheid. Deshalb seien verfahrensleitende Entscheide nicht selbstständig, sondern erst mit dem Endentscheid anfechtbar (Art. 65 Abs. 1 und Art. 393 Abs. 1 lit. b)[16],[17].

III. Erst mit dem Endentscheid anfechtbar

13

Nur knapp fünf Monate nach dem hier thematisierten Urteil hielt die strafrechtliche Abteilung in gleicher Besetzung in einem (ebenfalls französischsprachigen und in der Amtlichen Sammlung publizierten) Urteil fest[18]:

«La décision ordonnant le huis clos partiel est une décision d'instruction au sens de l'art. 80 al. 3 CPP. Elle ne peut pas faire l'objet d'un recours immédiat au Tribunal fédéral mais doit être attaquée avec la décision finale (confirmation de la jurisprudence; consid. 1.1)»[19].
14

Damit hielt das Bundesgericht erneut fest, dass ein Entscheid über den teilweisen Ausschluss der Öffentlichkeit von einer Verhandlung erst mit dem Endentscheid anfechtbar ist. Warum das Bundesgericht in diesem Zusammenhang von einer «Bestätigung der Rechtsprechung» ausgeht, ist nicht nachvollziehbar. Denn tatsächlich ändert es mit BGE 147 IV 145 und BGE 147 IV 297 seine seit Jahren gefestigte Rechtsprechung[20]. Es teilte nämlich bisher die Lehrmeinung Schmids, wonach zwischen formell-prozessleitenden und materiell-prozessleitenden Entscheiden zu unterscheiden ist[21]. Während erstere, den Verfahrensablauf betreffend, nur mit dem Endentscheid anfechtbar sind (Art. 65 Abs. 1 StPO sowie Art. 393 Abs. 1 lit. b StPO), ist es bei letzteren Entscheiden, welche die verfahrensrechtliche Stellung der Parteien unmittelbar tangieren[22], möglich, sich unmittelbar dagegen zu wehren – sofern ein nicht wiedergutzumachender Nachteil droht. So ist das Bundesgericht beispielsweise auf die Beschwerde eines Sohnes eines Bundesrats eingetreten, mit der er sich gegen die (vorgesehene) Anwesenheit von Medienschaffenden zu seiner Verhandlung (und damit für den Ausschluss der Öffentlichkeit) wehrte. Das Bundesgericht sprach explizit von einem «Zwischenentscheid, der geeignet ist, einen nicht wieder gutzumachen Nachteil zu bewirken»[23].

15

In Bezug auf die Öffentlichkeit und akkreditierte Medienschaffende hielt das Bundesgericht schon vor 15 Jahren fest, beim einschlägigen verfahrensleitenden Entscheid handle es sich für die Besucher einer Gerichtsverhandlung «um einen isolierten Entscheid, der als Endentscheid zu qualifizieren ist»[24]. Auch im bekannten Zürcher Fall, bei dem ein Medienvertreter sich in einem unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindenden Prozess den Auflagen des Gerichts nicht unterziehen konnte oder wollte, bestätigte das Bundesgericht, dass es sich (beim prozessleitenden Entscheid über die Wegweisung des Journalisten) um einen Endentscheid handelt[25]. Auch auf die vom Schreibenden verfasste Beschwerde, die zum grundlegenden Urteil BGE 143 I 194 führte, trat das Bundesgericht ein, bevor ein Endentscheid in der Sache vorlag. Es ist Medienvertretern im Übrigen nicht zumutbar, und in der Praxis auch nicht ohne Weiteres möglich, einen Fall weiter verfolgen zu können, bis in der Sache ein Endentscheid vorliegt. Denn nach der Logik des hier kritisierten Bundesgerichts-Entscheids sind Medienschaffende ja auch keine Verfahrenspartei, die über den Fortgang eines Verfahrens quasi automatisch auf dem Laufenden gehalten werden dürfte.

16

Schliesslich widerspricht sich das Bundesgericht in Bezug auf die Beschwerdemöglichkeit selbst. In den Erwägungen 1.2, 1.4.5.2 und 1.4.5.3 weist es darauf hin, dass der Journalist eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Kriminalgerichts und aufschiebende Wirkung hätte beantragen können, wenn er nicht einverstanden gewesen wäre. In Erwägung 1.4.2 hält das Bundesgericht fest, dass die Entscheidung des Kriminalgerichts «ne pouvait faire l’objet d’un recours immédiat mais devait être attaquée avec la décision finale»[26] .

IV. Das rechtliche Gehör

17
Aus der Erwägung 1.2: «A lire le procès-verbal de l'audience, le tribunal criminel n'avait pas donné aux journalistes présents la possibilité de s'exprimer avant de formuler l'injonction assortie de la menace de l'art. 292 CP. Le recourant s'était alors trouvé dans la salle et aurait pu réagir s'il avait tenu la décision pour injustifiée. L'intéressé avait immédiatement contacté l'avocat de la société l'employant afin de lui demander conseil, avant de choisir d'ignorer l'interdiction. Le recourant avait ensuite assisté aux débats sans soulever une question sur ce point devant le tribunal criminel, alors qu'il aurait pu en demander la reconsidération, voire déposer un recours à l'encontre de la décision, en demandant l'effet suspensif, sur la base de l'art. 387 CPP»[27].
18

Würdigung:
Die Vorstellung des Bundesgerichts, der Journalist hätte von sich aus reagieren, eine Wiedererwägung verlangen, sogar eine Beschwerde einlegen und auf der Basis von Art. 387 StPO aufschiebende Wirkung beantragen können, ist nicht nur lebensfremd, sondern verkennt auch die rechtlichen Gegebenheiten. Es ist daran zu erinnern, dass Medienschaffenden, die Auflagen unterworfen sind, als «durch Verfahrenshandlungen beschwerte Dritte» im Sinne von Art. 105 Abs. 1 lit f StPO das rechtliche Gehör zu gewähren ist[28]. Indem das Kriminalgericht den Medienschaffenden die Möglichkeit nicht aktiv eingeräumt hat, sich zur Anordnung zu äussern, verletzte es Art. 339 Abs. 3 StPO[29].

19

Das Bundesgericht ist zwar der Auffassung, dass es «aus Gründen der Effizienz nicht denkbar» sei, dass das Gericht systematisch gezwungen ist, vor einer solchen Entscheidung jeden Gerichtsreporter anzuhören. Das rechtliche Gehör könne vor der Beschwerdeinstanz geltend gemacht werden[30]. Der Einwand geht fehl. Es geht im vorliegenden Fall um die Phase der Vorfragen gemäss Art. 339 StPO. Im Normalfall sind nicht so viele Medienschaffende anwesend, dass das Verfahren ungebührlich verzögert würde. Das rechtliche Gehör ist deshalb den im Gerichtssaal persönlich anwesenden Medienschaffenden zu gewähren. Es ist erneut daran zu erinnern, dass die Einschränkung eines Grundrechts zur Diskussion steht. Das Bundesgericht irrt, wenn es die Meinung vertritt, dass es «nicht ersichtlich» sei, dass die Reporter «hätten aufgefordert werden müssen, sich zu äussern», da sie ja keine Verfahrensparteien gewesen seien[31].

20

Die Erwartung, dass Medienschaffende auf der Grundlage von Art. 387 StPO aufschiebende Wirkung beantragen, zeigt, dass das Bundesgericht den Bezug zu normalen Gerichtsverfahren «draussen auf dem Land» verloren hat. Zum einen stellt Art. 387 StPO im Grundsatz gerade fest, dass Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung haben. Zum andern ist es schlicht undenkbar, dass ein Gericht die Hauptverhandlung aussetzt und zuwartet, bis die dafür zuständige Verfahrensleitung der Rechtsmittelinstanz entschieden hat, ob sie den Suspensiveffekt anordnet. Die Ankündigung einer Beschwerde hätte das Kriminalgericht sicher nicht daran gehindert, mit der Verhandlung fortzufahren, wobei die Auflagen weiterhin gültig gewesen wären. Angenommen, die Beschwerde wäre Monate oder Jahre später wegen Verletzung von Art. 17 BV in Verbindung mit Art. 36 Abs. 3 BV gutgeheissen worden: Was wären die Konsequenzen? Keine. Eine Wiederholung der Verhandlung wäre illusorisch.

V. Die Anfechtbarkeit der Verfügung

21
Aus der Erwägung 1.4.5.2: «Concernant la motivation de la décision litigieuse, il apparaît que si celle-ci ne ressort pas directement de l'inscription mentionnée au procès-verbal, le tribunal criminel a par ailleurs expliqué aux journalistes présents aux débats pour quelles raisons il estimait que certaines informations concernant les enfants du prévenu ne devaient pas être rendues publiques. Le recourant a bien compris ces motifs, qu'il a critiqués tant devant la cour cantonale que devant le Tribunal fédéral, cela en connaissance de cause (cf. à cet égard ATF 143 IV 40 consid. 3.4.3 p. 46).»[32]
22

Würdigung:
Die Darstellungen und Erwägungen des Bundesgerichts zeigen in aller Deutlichkeit entgegen seiner Ansicht, dass es dem Journalisten eben nicht möglich war, den Entscheid des kantonalen Gerichts sachgerecht anzufechten. Der Beschwerdeführer stellte in formaler Hinsicht die Gültigkeit der Verfügung in Abrede (Erw. 1). Er stellte infrage, was höchstrichterlich längst geklärt ist, nämlich die Frage, ob Art. 70 Abs. 3 StPO eine ausreichende gesetzliche Grundlage bietet, um Medienschaffenden Auflagen zu erteilen (Erw. 1.4.3). Er kritisierte, dass die Verfügung nicht begründet wurde und keine Rechtsmittelbelehrung enthielt. Er beanstandete, was an kantonalen Gerichten gang und gäbe ist, nämlich dass die Erteilung von Auflagen mit Art. 292 StGB verbunden wird. Und er warf die Frage nach der Beschwerdefrist auf.

23

Eine inhaltliche, materielle Auseinandersetzung des Beschwerdeführers mit der mündlichen Verfügung ist nicht erkennbar – und war ihm auch gar nicht möglich. Wie wäre er vor der nächsten Instanz in der Lage gewesen, die Angemessenheit und die Verhältnismässigkeit (Art. 36 Abs. 3 BV) der erteilten Auflagen zu bestreiten, wenn keine schriftliche Begründung existiert, die fundiert angefochten werden kann? Das ist insofern von Bedeutung, als das Bundesgericht für die behauptete Verletzung von Grundrechten ein qualifiziertes Rügen verlangt (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten ja nicht von Amtes wegen, sondern nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist. «Dies bedeutet, dass klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids (Hervorhebung durch den Verfasser) darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen» (BGE 135 III 232 E. 1.2; 134 I 83 E. 3.2; je mit weiteren Hinweisen). Diese Erwägungen gibt es aber nicht. Und schliesslich: Wie würde das Bundesgericht die Stichhaltigkeit einer Beschwerde beurteilen können, wenn aus dem Protokoll des Kriminalgerichts nur der Entscheid, nicht aber dessen Begründung ersichtlich ist?

24

Der hier kritisierte BGE hinterlässt den Eindruck, als habe das Kriminalgericht eine fundierte Interessenabwägung gar nicht vorgenommen – eine Interessenabwägung, von der das Bundesgericht selbst verlangt, dass nicht nur das Interesse der Parteien, sondern auch diejenigen der Öffentlichkeit im Allgemeinen miteinbezogen werden[33]. Mit den Interessen der Öffentlichkeit ist natürlich auch das Interesse der Medienschaffenden gemeint, in der Berichterstattung nicht weiter eingeschränkt zu werden als es das berechtigte schutzwürdige Interesse der Parteien nötig macht. Der bloss allgemeine Hinweis des Kriminalgerichts, es habe das Kind und ein Opfer schützen wollen, reicht nicht, um in einer Beschwerde gegen die ausgesprochenen Verbote sachgerecht und konkret auf den Einzelfall bezogen argumentieren zu können. Würde dieser allgemeine Hinweis zur Richtschnur, müssten den Medienschaffenden bei jeder Verhandlung Auflagen erteilt werden, bei der ein Kind oder ein (aus welchen Gründen auch immer) scheinbar schützenswertes Opfer involviert sind[34]. Ein solcher Automatismus würde sich wohl schlecht mit dem Grundsatz der Justizöffentlichkeit bzw. mit Art. 17 BV vertragen. Wie das Bundesgericht auf diesem Hintergrund zum Schluss kommen kann, dass «on ne voit pas, pour le reste, que la décision du (…) pût être qualifiée d’arbitraire, ni qu’elle eût consacré une violation manifeste de la loi ou un abus manifeste du pouvoir d’appréciation, ce que le recourant ne soutient pas lui-même»[35], ist nicht nachvollziehbar. Natürlich konnte der Journalist genau das nicht behaupten, weil ihm dazu die argumentative Grundlage von Seiten des Kriminalgerichts fehlte. Das Bundesgericht erlaubt sich in seinem Urteil ja selber den Hinweis, dass der Journalist die Gültigkeit des strittigen Entscheids unter verschiedenen formellen Gesichtspunkten erfolglos bestritten habe[36].

VI. Die Anwendung von Art. 292 StGB

25

Die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgericht widmet sich ausgiebig der Frage, ob auf der Grundlage von Art. 70 Abs. 3 StPO erteilte Auflagen mit der Androhung von Art. 292 StGB verbunden werden dürfen. Man dürfe. Es sei «nicht ersichtlich» («on ne voit pas»), was die Behörden daran hindern sollte. Damit soll die Befolgung von behördlichen Anordnungen sichergestellt werden (Erw. 1.4.4, mit Hinweisen). Möglicherweise wäre die bundesgerichtliche Rechtsprechung ein Hinderungsgrund: Art. 292 StGB ist eine Blankettstrafdrohung[37]. Als solche ist sie nur subsidiär anwendbar, nämlich dann, wenn es keine besonderen Strafbestimmungen gibt, mit denen die Nichtbefolgung der Verfügung geahndet werden kann[38], wenn also die Befolgung der Verfügung bloss «vom guten Willen des Betroffenen»[39] abhängt. Viele Kantonen aber haben auf der Basis von Art. 72 StPO von der Legiferierungskompetenz Gebrauch gemacht, in ihre entsprechenden Gesetze/Verordnungen Strafbestimmungen aufgenommen[40] und diese dann auch in ihre Verfügungen und Beschlüsse über Ausschluss/Auflagen aufgenommen. Es gibt also auf Kantonsebene besondere Strafbestimmungen, die eine Befolgung einer Verfügung nicht bloss vom guten Willen des Betroffenen abhängig machen. Wird explizit auf die kantonalen Strafbestimmungen verwiesen, besteht nach der hier vertretenen Meinung kein Raum mehr für die Androhung von Art. 292 StGB.

VII. Informationsgehalt von Informationen

26
Aus der Erwägung 2.4.4.2: «L'appréciation de la cour cantonale peut être partagée concernant la mise en balance des intérêts en jeu et l'existence d'un intérêt prépondérant du côté de l'enfant. On peut en particulier relever la faible valeur informative de l'élément dont la communication était proscrite, puisqu'il s'agissait tout au plus de faire part au public d'une circonstance scabreuse nullement décisive pour la condamnation du prévenu[41]».
27

Würdigung:
Das Kriminalgericht hat den Medienschaffenden verboten, darüber zu berichten, was die Kinder des Beschuldigten im Zusammenhang mit dem Sachverhalt gesehen oder nicht gesehen, erlitten oder nicht erlitten haben. Grundsätzlich mutet es befremdlich an, wenn das Gericht «die Tatbegehung vor den Augen des eigenen Kindes als anstössigen Nebenaspekt von bescheidenem Informationswert abqualifiziert»[42]. Die Bemerkung ist auch deshalb verfehlt, weil die Tatbegehung vor den Augen des Kindes sowohl bei der Festsetzung der Strafe wie auch allenfalls bei der Bemessung einer opferrechtlichen Genugtuung eine Rolle spielen kann. Vor allem aber kann und darf es nicht Aufgabe des Bundesgerichts sein zu entscheiden, was für die Medien eine wertvolle und was eine irrelevante Information ist.

VIII. Fazit und Konsequenzen

28

Nach Ansicht der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts ergehen im Rahmen von Vorfragen gefällte Entscheiden über den Ausschluss der Öffentlichkeit und der Erteilung von Auflagen an Medienschaffende in Form eines verfahrensleitenden Beschlusses, der weder gesondert ausgefertigt noch begründet werden muss. Eine allfällige Beschwerde gegen solche Beschlüsse kann erst mit dem Endentscheid angestrengt werden. Vor Fällung des Entscheides müssen anwesende Medienschaffende nicht angehört werden.

29

Mit diesem Urteil wird den Medienschaffenden faktisch die Möglichkeit genommen, Ausschluss oder Auflagen fundiert anzufechten. Da keine Begründung protokolliert wird, ist eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Entscheid gar nicht möglich. Hat sich das Gericht an die Vorgaben von Art. 36 BV gehalten? Hat es tatsächlich das in sachlicher, zeitlicher, persönlicher und räumlicher Hinsicht mildeste unter allen mindestens gleich geeigneten Mitteln gewählt[43]? War das Gericht in der Kürze der Zeit und auf der Basis einseitiger Vorbringen überhaupt in der Lage, die unterschiedlichen Interessen im Rahmen einer fundierten Güterabwägung in praktische Konkordanz zu bringen[44]? Das muss bezweifelt werden. All dies lässt sich aber weder fundiert überprüfen noch sachgerecht anfechten.

30

Die Probleme, die dieser BGE schafft, könnten sich noch akzentuieren – und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen könnten die Parteien versucht sein, einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit oder die Erteilung von Auflagen an Medienschaffende erst im Rahmen der Vorfragen zu stellen, sofern eine Öffentlichkeit überhaupt anwesend ist. Zum anderen könnte auch das Gericht versucht sein, bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung gestellte Anträge auf Ausschluss der Öffentlichkeit und Erteilung von Auflagen an Medienschaffende erst im Rahmen der Vorfragen zu behandeln. Denn auch das Gericht ist gemäss Art. 339 Abs. 2 befugt, Vorfragen aufzuwerfen. Sowohl im einen wie im anderen Fall ersparte sich das Gericht zusätzliche Arbeit – und dies zu Lasten der Medienschaffenden. Im schlechteren Fall wären die Medienschaffenden der Willkür des Sachgerichts ausgeliefert.


Fussnoten:

  1. Der Autor hat als Gerichtsreporter des «Tages-Anzeigers» über 30 Jahren über Strafprozesse berichtet. Der promovierte Politologe war daneben auch Dozent an der Schweizer Journalistenschule MAZ und ist Lehrbeauftragter an der Schweizerischen Richterakademie im Modul «Justiz und Öffentlichkeit». Von ihm in Medialex ebenfalls erschienen: «Schlichte Unkenntnis oder magistrale Ignoranz?» Medialex 2/2020; «Dunkelkammer Justiz» Medialex 7-8/2015, Jahrbuch 2015 S. 19 ff..

  2. Franz Zeller, Leiturteile zur Online-Kommunikation, aber auch zum Journalismus, in: medialex 10/22, DOI: https://doi.org/10.52480/ml.22.24, N 66-68; Marie-Hélène Peter-Spiess, La liberté des médias et l’insoumission à une décision de l’autorité, in : www.lawinside.ch/1029; Christof Riedo und Jasmin Meile, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Strafprozessrecht im Jahr 2021, ZBJV 159/2023, S. 25 ff.

  3. Das Urteil fällte die (erste) strafrechtliche Abteilung, während mit den Artikeln 16, 17, 30 Abs. 3 und 36 BV; Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 14 UNO-Pakt II in Verbindung mit den Art. 69 und 70 StPO die I. öffentlich-rechtliche Abteilung befasst ist.

  4. «Um die gemeinsamen Kinder des Angeklagten und eines der Opfer zu schützen, möchte das Strafgericht jedoch, dass die hier anwesenden Medienvertreter keine Informationen im Zusammenhang mit den Kindern verbreiten. Das Kriminalgericht würde es insbesondere begrüßen, wenn die Kinder nicht lokalisierbar und identifizierbar wären. Aber auch, dass die Öffentlichkeit nicht erfahren kann, was die Kinder im Zusammenhang mit den Ereignissen, über die wir in den nächsten Tagen zu urteilen haben, gesehen oder nicht gesehen, erlitten oder nicht erlitten haben. Der Kriminalgericht fordert die Medien auf, dies zu respektieren.»  (teilweise mit Hilfe von deepl.com/translator übersetzt)

  5. Art. 63 StPO ist dafür der falsche Anknüpfungspunkt. Denn sitzungspolizeiliche Massnahmen, wie eine Wegweisung, sind nur angezeigt, wenn die Person den Geschäftsgang stört oder Anstandsregeln verletzt. Tatsächlich könnten Medienschaffende gestützt auf Artikel 70 StPO aus dem Gerichtssaal gewiesen werden (BGE 137 I 214, Erw. 4.7).

  6. «Den Medienvertretern wird untersagt, über Informationen zu berichten, die die Kinder des Angeklagten und des Opfers lokalisierbar und identifizierbar machen oder die darüber berichten, was sie im Zusammenhang mit dem Sachverhalt gesehen oder nicht gesehen, erlitten oder nicht erlitten haben. Unter Androhung von Artikel 292 StGB, der besagt: «Wer einer Entscheidung nicht Folge leistet, die ihm unter Androhung der in diesem Artikel vorgesehenen Strafe von einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten zugestellt wird, wird mit Geldstrafe bestraft». Im Übrigen und in Anwendung von Art. 63 StPO wird das Gericht die verantwortliche Person ausweisen, wenn sich ein solcher Verstoss wiederholen sollte.» (teilweise mit Hilfe von deepl.com/translator übersetzt) 

  7. BGE 147 IV 155, Erw. 1.4.5.2

  8. BGE 147 IV 152, Erw. 1.4

  9. «Der Vorentscheid, welcher den Medienvertretern, die zu Verhandlungen unter teilweisem Ausschluss der Öffentlichkeit zugelassen sind, die Berichterstattung über bestimmte Informationen untersagt, ist ein verfahrensleitender Beschluss (Art. 80 Abs. 3 StPO), der weder gesondert ausgefertigt noch begründet werden muss, sondern im Protokoll vermerkt und den Parteien in geeigneter Weise, insbesondere auch mündlich, eröffnet werden kann.» (teilweise mit Hilfe von deepl.com/translator übersetzt) 

  10. BGE 143 I 194, Erw. 3.1 ff.; 141 I 211, Erw. 3.1; 137 I 209, Erw. 4.2 mit Hinweisen.

  11. BSK StPO-Nils Stohner (3. Auflage), Art. 80 N 17, mit Hinweisen

  12. Niklaus Schmid (2011), Praxiskommentar, N 4 zu Art. 80 StPO

  13. Zum Anspruch auf rechtliches Gehör von Medienschaffenden: Medienschaffende, gegen die ein Ausschluss verfügt wird, oder deren Berichterstattung mit Auflagen eingeschränkt wird, sind als «durch Verfahrenshandlungen beschwerte Dritte» im Sinne von Art. 105 Abs. 1 lit. f StPO zu betrachten (Schmid/Jositsch (2017), Handbuch des Schweizerischen Strafprozessrechts, N 641). Ihnen stehen gemäss Art. 105 Abs. 2 die gleichen Verfahrensrechte, insbesondere das rechtliche Gehör, wie den Verfahrensparteien. Ausführlicher dazu: «Schlichte Unkenntnis oder magistrale Ignoranz?» in: Medialex 2/2020, Rz 6-8.

  14. BGE 142 III 433, Erw. 4.3.2; 147 IV 409, Erw. 5.3.4.

  15. BSK StPO-Schwendener (2023), Art. 339 StPO N 21

  16. ebenda.

  17. Man kann bzw. muss sich fragen, ob hier eine Normenkollision vorliegt: Vorfragen sollen einerseits unverzüglich und relativ formlos entschieden werden. Nach der hier vertretenen Ansicht kann über die Einschränkung eines Grundrechts aber nicht in einer übers Knie gebrochenen Interessenabwägung auf die Schnelle entschieden werden.

  18. BGE 147 IV 297, Erw. 1.1

  19. «Der Entscheid über den teilweisen Ausschluss der Öffentlichkeit von einer Verhandlung ist ein verfahrensleitender Beschluss im Sinne von Art. 80 Abs. 3 StPO. Er ist nicht mit sofortiger Beschwerde, sondern zusammen mit dem Endentscheid anzufechten (Bestätigung der Rechtsprechung Erw. 1.1).» (teilweise mit Hilfe von deepl.com/translator übersetzt) 

  20. Dass dieser Änderung der Rechtsprechung die Vereinigung der betroffenen Abteilungen zugestimmt hätte (Art. 23 BGG), lässt sich den erwähnten Urteilen nicht entnehmen.

  21. Niklaus Schmid (2013): Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, N 1510

  22. BGer-Urteil 1B_134/2011 vom 14. Juli 2011, Erw. 1.4

  23. BGer-Urteil 1B_87/2018 vom 9. Mai 2018, Erw. 1.1

  24. BGer-Urteil 1C_332/2008 vom 15. Dezember 2008, E. 1.2

  25. BGer-Urteil 1B_134/2011 vom 14. Juli 2011, E. 2.1 (nicht publiziert in BGE 137 I 209)

  26. «Konnte nicht Gegenstand einer sofortigen Beschwerde sein, sondern musste zusammen mit dem Endentscheid angefochten werden».

  27. «Aus dem Protokoll der Verhandlung geht hervor, dass das Kriminalgericht den anwesenden Journalisten nicht die Möglichkeit gegeben hatte, sich zu äussern, bevor es die Anordnung mit der Androhung von Art. 292 StGB formulierte. Der Beschwerdeführer befand sich zu diesem Zeitpunkt im Saal und hätte reagieren können, wenn er die Entscheidung für ungerechtfertigt gehalten hätte. Er hatte sofort den Anwalt des Unternehmens, bei dem er angestellt war, kontaktiert und um Rat gebeten, bevor er sich entschied, das Verbot zu ignorieren. Der Beschwerdeführer nahm dann an der Verhandlung teil, ohne vor dem Strafgericht eine Frage zu diesem Punkt zu stellen, obwohl er die Wiedererwägung hätte verlangen oder sogar eine Beschwerde gegen die Entscheidung hätte einlegen können, indem er auf der Grundlage von Art. 387 StPO die aufschiebende Wirkung beantragt hätte.» (teilweise mit Hilfe von deepl.com/translator übersetzt) 

  28. siehe FN 14

  29. «Das Gericht entscheidet (…), nachdem es den anwesenden Parteien das rechtliche Gehör gewährt hat.»

  30. «On ne saurait en effet envisager, pour des motifs d’efficacité de la justice, qu’un tribunal soit systématiquement contraint, avant de prendre une telle décision, d’entendre chaque chroniqueur judiciaire pouvant être affecté par un huis clos ou par le prononcé de conditions au sens de l’art. 70 al. 3 CPP. Le cas échéant, le droit d’être entendu du chroniqueur judiciaire intéressé doit être exercé devant l’autorité de recours» (Erw. 1.4.5.3, S. 157).

  31. “Il convient par ailleurs de relever que, avant de rendre la décision litigieuse, le tribunal criminel a invité les parties à se déterminer sur la requête de huis clos total présentée. Dans une telle configuration, il n’apparaît pas que les chroniqueurs judiciaires – lesquels n’étaient pas parties à la procédure mais allaient être touchés par la décision à rendre sur la base de l’art. 70 al. 1 ou al. 3 CPP – auraient dû être invités à se déterminer (a.a.O.).

  32. «Zur Begründung des streitigen Entscheids ist festzuhalten, dass diese zwar nicht direkt aus der Protokollierung hervorgeht, das Strafgericht den anwesenden Journalisten jedoch erläutert hat, aus welchen Gründen es der Ansicht ist, dass gewisse Informationen über die Kinder des Beschuldigten nicht veröffentlicht werden sollten. Der Beschwerdeführer hat diese Gründe verstanden und sie sowohl vor dem kantonalen Gericht als auch vor dem Bundesgericht in Kenntnis der Sachlage kritisiert (vgl. dazu BGE 143 IV 40 E. 3.4.3 S. 46)». (teilweise mit Hilfe von deepl.com/translator übersetzt) 

  33. BGer-Urteil 6B_350/2012 vom 28. Februar 2013, Erw. 1.6

  34. Randnotiz: Heute genügt gewissen Gerichten bei Delikten gegen die sexuelle Integrität bereits der allgemeine und nicht weiter spezifizierte Hinweis, dass in der Verhandlung Details sexueller Art thematisiert werden, um dem Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit stattzugeben und den Medien Auflagen zu erteilen. Es gibt auch Fälle, in denen die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde, obwohl die Parteien, auch die Privatklägerschaft, auf eine entsprechende Anfrage des Gerichts nicht einmal reagierten, was wohl bedeutet, dass ein Ausschluss wohl kaum nötig/angezeigt war.

  35. «Nicht ersichtlich ist, dass der Entscheid als willkürlich bezeichnet werden könnte, oder dass er eine offensichtliche Gesetzesverletzung oder einen offensichtlichen Ermessensmissbrauch darstellte, was der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet» (BGE 147 IV 160, Erw. 2.3). (teilweise mit Hilfe von deepl.com/translator übersetzt)

  36. ebda.

  37. Trechsel/Vest, in Trechsel/Pieth (Hrsg.), StGB PK. 2. Aufl., N 1 zu Art. 292 StGB.

  38. BGE 105 IV 248, E. 1

  39. FN 33, N 1 zu Art. 292 StGB

  40. Als Beispiel die Informations und Akteneinsichtsverordnung der obersten kantonalen Gerichte (IAV, LS 211.15), inkraft seit 1. November 2021. Als Sanktionen vorgesehen sind: Verwarnung, Busse bis 10’000 Franken, Suspendierung der Akkreditierung für längstens sechs Monate, Entzug der Akkreditierung.

  41. «Die Beurteilung des kantonalen Gerichts kann hinsichtlich der Abwägung der auf dem Spiel stehenden Interessen und des Vorliegens eines überwiegenden Interesses auf Seiten des Kindes geteilt werden. Insbesondere ist der geringe Informationswert des Elements, dessen Weitergabe untersagt war, hervorzuheben, da es sich höchstens darum handelte, die Öffentlichkeit über einen skandalösen Umstand zu informieren, der für die Verurteilung des Angeklagten nicht entscheidend war». (teilweise mit Hilfe von deepl.com/translator übersetzt) 

  42. zitiert nach: Franz Zeller, Leiturteile zur Online-Kommunikation, aber auch zum Journalismus, in: medialex 10/22, DOI: https://doi.org/10.52480/ml.22.24, N 68

  43. BSK StPO-Saxer/Thurnherr (2014), N 13 zu Art. 70 StPO

  44. BSK StPO-Saxer/Santschi Kallay/Thurnherr (2023), N 14 zu Art. 70 StPO

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