Newsletter 03/23

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CS-Klage, Übersicht zum Öffentlichkeitsgesetz und ein Interview zur «versteckten» Kamera

Liebe Leserin, lieber Leser

Wie Ende letzten Jahres mehreren Medien zu entnehmen war, reichte die Credit Suisse (CS) im Dezember 22 beim Handelsgericht des Kantons Zürich eine Klage gegen das Finanzportal Inside Paradeplatz ein. Auf über 260 Seiten wird geltend gemacht, rund 30 Artikel und nahezu 300 Leserkommentare, worin u.a. Untergangsszenarien der Bank gezeichnet und deren Spitzen als Versager und Abzocker tituliert wurden, hätten die Persönlichkeit der CS verletzt und/oder gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstossen. Nachdem die Bank inzwischen untergegangen und deren Führung von der Finma, der Politik und vielen Aktionären mit heftigster Kritik eingedeckt worden ist, wird die Fortsetzung des Prozesses spannend zu verfolgen sein. Insbesondere auch, ob die Bank bzw. deren Rechtsnachfolgerin Interesse am Aufrechterhalten der Klage haben wird, welche die Beklagten als SLAPP-Klage (siehe zum Begriff Bähler «’SLAPP’ und ‘SLAPP-Back’: Goliath und David», medialex 02/22) betrachten.

Im vergangenen Jahr ergingen zum Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ) wichtige Urteile. So befassten sich zwei Entscheide mit dem Schutz aussenpolitischer Interessen der Schweiz sowie mit dem Schutz der zielkonformen Durchführung konkreter behördlicher Massnahmen. Im Kontext der Covid-19-Pandemie erging ein erstes Urteil zur Ausnahmebestimmung von Art. 7 Abs. 1 Bst. f BGÖ (Gefährdung der wirtschafts-, geld- und währungspolitischen Interessen der Schweiz) im Zusammenhang mit der Beschaffung von Impfstoffen. Die ausführliche Analyse der Urteile von 2022 zum Öffentlichkeitsgesetz finden Sie im Beitrag von Daniel Ladanie und Annina Keller mit dem Titel «Spezialbestimmungen, Schutz behördlicher Massnahmen sowie aussenpolitische Interessen im Fokus».

Der Einsatz einer «versteckten» Kamera hat nicht bloss im Schweizer Journalismus einen schweren Stand. Der beim Westschweizer Fernsehen tätige Journalist Jean-Philippe Ceppi hat für seine historische Dissertation die diesbezüglichen Regelungen in den USA, Grossbritannien, Frankreich und in der Schweiz verglichen. Er kommt im Interview zur Arbeit mit der versteckten Kamera zum Schluss, dass in der Schweiz im Unterschied zu angelsächsischen Staaten investigativer Journalismus aufgrund von Bestimmungen zum Schutz von Persönlichkeitsrechten wie z.B. Art. 179quater StGB «drastische Einschränkungen» erfahre.

Wie üblich finden Sie unter «Aktuelle Entscheide» die Liste mit neu publizierten medienrechtlich relevanten Urteilen der Bundesgerichte, mit UBI-Entscheiden und den jüngsten Stellungnahmen des Presserats. Und «Neue Literatur» bietet Ihnen einen Überblick über neu erschienene wissenschaftliche Publikationen zum Medienrecht.

Der nächste Newsletter erscheint in der ersten Maiwoche.

Gute Lektüre wünscht Ihnen


Simon Canonica
Redaktor «Medialex»

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Medialex ist die schweizerische Fachzeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht. Sie erscheint als Newsletter im Monatsrhythmus (10x jährlich), open access, und enthält Untersuchungen und Brennpunkte zu medienrechtlichen Themen, aktuelle Urteile mit Anmerkungen, Hinweise auf neue medien- und kommunikationsrechtliche Urteile, UBI-Entscheide und Presseratsstellungnahmen sowie auf neue wissenschaftliche Publikationen und Entwicklungen in der Rechtsetzung.

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